Erst mal vorweg: Es freut mich, daß Du und Mercy an der Behauptung, ich kennte die wahre Lehre und die Wahrheit müsse intolerant sein, Anstoß nehmen. Das allein war der Grund, weshalb ich es so geschieben habe. Es sind nämlich nicht meine Worte, sondern die von Vertretern der katholischen Kirche, die ich lediglich Argumenten angefügt habe, mit denen ich hier am Beispiel der Heiligenverehrung zu zeigen versuche, daß sie eben nicht darauf bestehen können, den einzig wahren Glauben zu vertreten.
Auch wenn es aufgrund meiner Provokationen so scheinen mag, als sei ich ein protestantischer Eiferer, habe ich für mich nicht die Frage beantworten können, ob es Gott gibt. Ich würde mich am ehesten als Agnostiker bezeichnen und darum selbstverständlich nicht ernsthaft behaupten, die wahre Lehre zu kennen.
Kirlon schrieb:
Du versuchst also nachzuweisen, dass nur Gott allein heilig ist. Wie bringst du dass denn in Einklang mit dem von dir zugestandenen und in deinem letzten Beitrag sogar untermauerten Faktum, dass die ersten Christen sich selbst als Heilige bezeichneten? Irgendwie ein Widerspruch? Oder vielmehr: Wir gebrauchen wieder mal die Bibel, wie es uns gerade in den Kram passt...
Hier liegt wohl ein Mißverständnis vor. Nach der Aussage der Bibel ist es immer noch richtig, wenn sich die frühen Christen Heilige nannten. Bei der Heiligsprechung, geht es jedoch un den Anspruch der Kirche, über die Heiligkeit eines Menschen zu entscheiden. Das ist meiner Meinung nach Anmaßung, die nicht gerechtfertigt wird. Es steht nicht geschrieben, daß die Kirche jemanden heilig machen kann, der es nicht ohnehin schon ist, oder daß nur der heilig ist, den die Kirche heiligspricht. Man könnte sagen, zur Heiligkeit sind die Gläubigen selbst aufgerufen.
Kirlon schrieb:
Eine Verehrung Heiliger kann im AT nicht zugelassen sein, weil das Judentum keine Heiligen im christlichen Sinne kennt. Mein Einwand bezog sich auf Paulus und darauf, dass das christliche Verständnis von heilig (nicht Heiligen!) an das AT anknüpft.
Das sehe ich auch so. Ich hatte das wohl falsch verstanden.
Kirlon schrieb:
Im Übrigen: Kein Mensch betet Heilige an; diese werden nur verehrt. Die Anbetung ist allein Gott vorbehalten. So und nicht anders vertritt es die Katholische Kirche; damit ist kein Widerspruch zu den Zehn Geboten gegeben.
Ja, wenn es denn noch so wäre! Bei den frühen Christen wurde es so praktiziert, da gab es keinen Widerspruch zu dem ersten Gebot.
Die Heiligenverehrung geht auf den Märtyrertod des Polykarp im Jahr 156 zurück. Seine Gemeinde erhielt danach die Gebeine, setzte sie bei und versammelte sich fortan an der Stelle, um den Geburtstag seines Martyriums zu begehen. Da zu der Zeit Christen von der römischen Obrigkeit verfolgt wurden, gab es viele Märtyrer und man glaubte, sie würden sofort nach dem Tode in den Himmel aufgenommen werden und dort bei Gott für die Gläubigen eintreten, die sie darum anrufen. Daraus entwickelte sich ihre Verehrung, das Wallfahrtswesen und der Reliquienkult.
Im Mittelalter hatte man schließlich den Höhepunkt erreicht. Es gab Heilige mit besonderer Macht für nahezu alle Sorgen, die die Menschen so hatten. Die ursprüngliche Verehrung hatte sich zur Anbetung verselbstständigt. Das ist heute sicherlich rückläufig, jedoch immer noch gängige Praxis. Besonders stark ist es in Peru verbreitet, wo die Heiligenanbetung einen deutlich höheren Stellenwert hat, als die Anbetung Gottes.
Für mich ist es schlicht Augenwischei, wenn jemand da von Verehrung spricht. Was ist es denn sonst, außer Anbetung, wenn Menschen ihr Gebet beispielsweise an Maria ("Gegrüßt seist du Maria, heilige Mutter Gottes...") richten?
Kirlon schrieb:
Das können andere besser und fundierter. Mit dieser Aussage kritisierst du gar nichts, das ist Phrasendrescherei. Da du dich aber offensichtlich in der Gewissheit der reinen Lehre wähnst, würde mich interessieren, wo du diese her hast. Und bitte nicht nur einen erneuten Verweis auf das Augsburger Bekenntnis, das ist mir zu vage.
Bestimmt gibt es viele, die das besser können!
Das mit der "wahren Lehre" ist wie bereits gesagt, die Wortwahl der Ecclesia Catholica. Die wahre Kirche Christi, heißt es z.B. im zweiten Vatikanischen Konzil, sei "verwirklicht in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird". Durch Aussagen wie diese, werden ca. 4000 andere gleichberechtigte und gleichwertige Weltanschauungen diskiminiert, jahrhundertelange Verfolgung und Ermordung von Nicht-Christen legitimiert und der Weltfrieden nicht gerade gefördert. Nochmal: schön, daß sich Leute an solch absoluten Aussagen stören - ich habe sie nicht erfunden.
Kirlon schrieb:
Wer legt denn fest, ob einer irrt? Wenn Jesus die Wahrheit ist, wie soll er dann die lieben, die irren - wo du doch behauptest, dass Wahrheit intolerant ist und dogmatische Toleranz (was auch immer das sein mag) ein Widerspruch in sich ist. Ich stelle dir in diesem Zusammenhang noch einmal die Frage, auf die ich oben schon eingegangen bin: Ist nur Gott heilig, oder waren es die ersten Christen auch? Was ist denn die Wahrheit?
Toleranz und Nächstenliebe sind ein Prinzip des Christentums, das Jesus vorgelebt hat. Ich kann es tolerieren, dass Katholiken Heilige verehren - denn das verstößt nicht gegen den christlichen Glauben!
Das ist auch von der Katholischen Kirche "geklaut". Ich stehe da nicht hinter, kann aber erklären, wie es gemeint ist: Man will nicht intolerant gegen den Menschen sein, der etwas anderes/falsches glaubt, aber man ist intolerant gegen den Irrtum selbst. Nach der katholischen Auffassung steht Toleranz übrigens nicht im Gesetzbuche Christi, weil das zu wenig wäre. Man müsse vielmehr den Nicht-Katholiken aus Nächstenliebe auf den rechten Weg bringen, um seine Seele zu retten. Denn Liebe zu Gott und Nächstenliebe seien die höchsten Gebote Gottes.