Das verstehe ich so nicht, kannst du dies nochmal erläutern?
Wir finden in einem bestimmten Areal zu einer bestimmten Zeitstellung immer wieder wiederkehrende Muster, z.B. von Keramik, von Gewandnadeln oder später Fibeln, Arten des Hausbaus oder der Bestattungskultur. Wir sprechen hier von Redundanzen weil wir immer wieder dieselben Kombinationen finden.
Kurz zu den Befunden der MK (Quelle: C. Nickel)
-ca. 345 Individuen
-144 vollständige Skelette, sonst Teilskelette oder einzelne Knochen
- Bei 14 ist Gewalteinwirkung belegt
- Es gibt nicht nur wenige sondern KEINE gräberfelder der MK
- 27 % Beigaben
Okay, woher haben wir aber die 144 vollständigen Skelette?
Die Indianer stehen in keinem kulturellen Verhältnis zum europäischen Neolithikum. Kulturkontakt unmöglich - wie soll dieses Bestattungsritual nur in einer kulturellen neolithischen Gruppe unter vielen stattgefunden haben.
Selbstverständlich stehen die Plains-Indianer in keinem kulturellen Verhältnis zum Neolithikum. Genauso wenig wie die Zoroastrier. Aber das war ja auch gar nicht die Frage. Die Frage war, warum wir keine Gräberfelder zu einer bestimmten neolithischen Kultur finden. Ich kann dir diese Frage nicht beantworten, ich kann dir nur
Hypothesen anhand von
Analogien* anbieten. Das hat nichts mit Kulturkontakten zu tun sondern damit, dass eine Idee, auf die Menschen an einem Ort X gekommen sind, genauso gut von Menschen an einem Ort Y erdacht werden kann. Nehmen wir die Schrift: die ist in der Menschheitsgeschichte mindestens zwei Mal erfunden worden, einmal in der Alten, einmal in der Neuen Welt. Wahrscheinlich sogar häufiger und zwar sowohl in der Alten als auch in der Neuen Welt. Dazu bedurfte es auch keines Kulturkontakts.
Die Menschen sind den längsten Teil ihrer Geschichte ohne Schrift ausgekommen, trotzdem haben sie Schrift mehrfach erfunden. Aber von Anfang an sind Menschen gestorben. Dazu muss man sich als Gruppe verhalten. Man kann den Toten achtlos in den Wald (oder in die Steppe) schlörren und dort liegen lassen oder aber ihnen einen pietätvollen Totenritus gewähren, was wohl, weil der Mensch sowohl ein soziales als auch ein reflektierendes Wesen ist, dem Regelfall entspricht. Was also den pietätvollen Totenritus angeht, haben die Menschen sich als einigermaßen kreativ erwiesen: Mit verschiedenen Formen der Brand- und Urnenbestattung, mit Körpergräbern, mit unscheinbarer und auffälliger Grabarchitektur und eben auch mit Darbringung der Toten an den Himmel; sogar Kannibalismus gehörte in manchen Kulturen zu einem akzeptierten und in der jeweiligen Vorstellung pietätvollen Totenritual.
Es gibt aber eben nicht viele Formen der Bestattung, die keine (als solche im Befund erkennbaren) archäologischen Spuren hinterlassen.
Wie würdest du das erklären können. Zudem müsste man Pfostenspuren erkennen können - ist auch der Fall, wird jedoch einer anderen Funktion zugesprochen.
Pfostenspuren muss man zunächst einmal als solche erkennen. Ich habe als Student mehrfach als Grabungshelfer gearbeitet. Dabei habe ich z.B. dafür gesorgt, dass mehrere, zunächst als Wurzelgänge identifizierte Pfostenspuren wohl eines Zaunes dokumentiert wurden und habe andererseits erlebt, wie etwas als anthropogen identifiziert wurde, was sich hinterher als mumaßlicher Fuchs-/Dachsbau herausstellte. Nicht jedes Holzgestell ist ein Ständerbau, der ein bis zwei Generationen Wind und Sturm überdauern soll.
Die Türme des Schweigens passen zeitlich nicht. Diese sind erst nach Chr. belegt. Korrigiere mich bitte,wenn ich falsch liege.
Wie gesagt, es ging nicht um Kulturkontakte o.ä. Es ging alleine darum, Möglichkeiten aufzuzeigen, warum von einer Kultur keine Gräberfelder nachgewiesen werden können. Das Totenritual ist einer der wichtigsten kulturellen Marker, besonders in der Archäologie. Wenn wir zu einer Kultur keine Gräberfelder finden, müssen wir uns Gedanken darüber machen, ob das nicht evtl. am jeweiligen Totenritual lag. Und so, wie die Menschen an verschiedenen Orten der Welt unabhängig voneinander die Schrift erfanden, so mussten die Menschen überall auf der Welt eine Umgangsweise mit ihren Toten finden. Siehe oben, was ich zu den Menschen an den Orten X und Y schrieb.
Aber was passierte mit den Überresten?
Zumindest die Zoroastrier haben ja die Knochen, nachdem die Weichteile von den Vögeln gefressen worden waren, wieder eingesammelt. In einer Kultur, die das nicht tut, wären die Knochen innerhalb weniger Jahre nicht mehr nachweisbar, es sei denn, sie würden aus welchen Gründen auch immer in einer für ihren Erhalt günstigen Umgebung landen und zusedimentiert werden.
*Analogiebildungen sind in vielen Wissenschaften ungern gesehen, die Geschichtswissenschaften und die Archäologie sind aber auf Analogiebildungen angewiesen, bei allen Schwierigkeiten, welche Analogismen bedeuten.