timotheus
Aktives Mitglied
Ich zitiere zwei Aussagen, von denen ich annehme, dass sie früher galten und noch heute gelten:
a) "Die Ehe ist von Gott eingesetzt zur Fortpflanzung des Menschengeschlechtes und zur erlaubten Befriedigung des Geschlechtstriebes. Mittel zur Erreichung dieser Zwecke ist die fleischliche Vereinigung, die Herstellung der una caro, die copula carnalis. Daß daraus wirkliche Erzeugung von Kindern erfolge, liegt allein in Gottes Hand. Daher ist die Ehe gültig, auch wenn der Kindersegen fehlt, bei Unfruchtbarkeit oder Sterilität, oder impotentia ad generandum" (Sägmüller, Kirchenrecht, Bd. 2, S. 151, Hervorh. von mir).
b) Wenn "das oft so ersehnte Kind versagt bleibt, besteht dennoch die Ehe als ungeteilte Lebensgemeinschaft weiter und behält ihren Wert sowie ihre Unauflöslichkeit" (Häring, Das Gesetz Christi, Bd. 3, S. 336 mit Verweis auf "Gaudium et spes"). Gewiß ist die Zeugung von Kinder der "Zielsinn" der Ehe, aber sie steht auch unabhängig davon "im Geiste des Heiles und des Lebens" und dient, wenigstens als Sekundärzweck (finis secundarius), "der Heilung der Triebunruhe (remedium concupiscentiae") (a.a.O.).
Dass eine Person, welche die Ehe auflösen wollte, die Kinderlosigkeit als Indiz für den Nichtvollzug der Ehe nahm, mag zwar in betrügerischer Absicht vorgekommen sein, aber Sinn des kirchlichen Eheprozesses war und ist es ja auch, derartige Betrügereien aufzudecken. Als "Ausnahmeregelung" würde ich das, um Gottes willen, nicht bezeichnen wollen.
Es ist so, wenngleich Du den entscheidenden Punkt - Kinderlosigkeit als Indiz für den Nichtvollzug der Ehe - präzise erkannt hast (Du zitierst ihn ja auch zu Recht), und wir dementsprechend nichts Gegenteiliges meinen...
Zunächst der Kurzabriß:
Von Josefsehe ? WikipediaJosefsehe schrieb:...
Nach katholischem Kirchenrecht kommt eine Ehe nicht gültig zustande, wenn das gegenseitige Recht auf den ehelichen Akt ausgeschlossen wird. Beide Partner können jedoch auf Dauer oder zeitweise auf die Ausübung dieses Rechts verzichten, was der Josefsehe gleichkommt. Eine gültig geschlossene Ehe kann kirchlicherseits aufgelöst werden, solange diese noch nicht vollzogen wurde...
Und da Wikipedia bekanntlich desöfteren mit Vorsicht zu genießen ist:
Von Ehe-AuflösungAuflösung der Ehe bei Nichtvollzug schrieb:Eine Ehe unter Getauften oder zwischen einem Getauften und einem Nichtgetauften kann vom Papst aus gerechtem Grund und auf Antrag beider Partner oder auch nur eines Partners, selbst wenn der andere nicht einverstanden ist, gelöst werden, wenn sie nicht vollzogen wurde (can. 1142 CIC; can. 1697 CIC). Unter Nichtvollzug versteht man die Tatsache, dass während der ganzen Ehezeit zwischen den Ehegatten kein vollkommener geschlechtlicher Akt stattgefunden hat.
Wie und wo wird ein Verfahren wegen Nichtvollzugs eingeleitet?
Um ein Nichtvollzugsverfahren einzuleiten, können sich nur die beiden Ehepartner oder einer von ihnen mit einem Antrag an den Papst wenden. Dieser Antrag wird beim zuständigen Diözesanbischof eingereicht, das ist der Bischof, in dessen Bereich der Antragsteller seinen Wohnsitz oder Nebenwohnsitz hat (can. 1699 § 1 CIC). Der Bischof ist verpflichtet, den Antrag zu prüfen und, wenn er Anhaltspunkte für die Tatsache des Nichtvollzuges erkennt, die Beweisaufnahme anzuordnen. Die Beweiserhebung wird vom Diözesangericht durchgeführt und dient als Vorbereitung einer Lösung der Ehe durch Gnadenentscheid des Papstes.
Nach Abschluss der Beweiserhebung werden alle Akten zusammen mit dem Bericht des Untersuchungsführenden und einer Stellungnahme des Bischofs an die Sakramentenkongregation in Rom weitergeleitet, die den Fall prüft und dem Papst vorlegt. Bei positiver Erledigung gewährt der Papst die Erlaubnis zur neuerlichen Eheschließung ("Dispens").
Von Bistum Limburg spezialAblauf und Kosten bei Nichtvollzug schrieb:Die Bitte um Auflösung einer Ehe wegen Nichtvollzugs ist an den eigenen Diözesanbischof zu richten. Er beauftragt in der Regel die Mitarbeiter seines Offizialats mit der weiteren Voruntersuchung. Sie soll Gewissheit über den Nichtvollzug bringen. Dazu sind möglichst beide Ehegatten zu hören, außerdem weitere Personen, die Kenntnis vom Nichtvollzug der Ehe haben. Die Ergebnisse dieser Nachforschungen sind Grundlage für die Entscheidung des Papstes. Er allein kann die Ehe auflösen.
Wichtige Anmerkung noch dazu:
Wir müssen - auch wenn eine Rechtspraxis schon längere Zeit existiert - dabei natürlich auch bedenken, daß sich das kanonische Recht zwar bereits im Mittelalter entwickelte, für seine endgültigen rechtlichen Festschreibungen jedoch historische Entwicklungen (und damit entscheidende Spezifizierungen) zu beachten sind. Die aktuelle Fassung bspw. entstand 1983 nach einer Komplettüberarbeitung!