Liman-von-Sanders-Krise und die Dardanellen. (..Ein Versuch)

De facto hatte das Osmanische Reich von Griechenland so lange nichts zu befürchten, wie es sich nicht militärisch mit der Entente anlegte, weil ohne Rückendeckung der Entente die Griechen keine Aussichten hatten militärisch irgendwas erreichen zu können. So lange es das nicht tat, war ein temporäres maritimes Übergewicht Griechenlands in der Ägäis keine ernsthafte Bedrohung.

Die Bestellung erfolgte vor dem Weltkrieg und die wurde nicht ohne Grund getätigt. Die Osmanen sind ja nach dem Ersten Balkankrieg gründlich gerupft worden, aber das ist dir ja bekannt.
 
as Foreign Office besaß tatsächlich die Stirn, nach dem Einlaufen von Goeben und Breslau, das Osmanische Reich an die Pflichten der Neutralität zu erinnern.
Erwähneswert ist auch die Tatsache, das die osmanische Marine seit 1908 sukzessive kleiner geworden war. Ein großer Teil des alten Materials war zwischenzeitlich abgewrackt oder stillgelegt worden. Die verbliebenen Kriegsschiffen konnten nicht einmal als einigermaßen modern bezeichnet werden. Das wußten auch die Briten; immerhin gab es ja die britische Marinemission in Konstantinopel. Und den Griechen wurden zwei leistungsfähige Kriegsschiffe veräußert. Und dann Konstantinopel an die Neutralität erinnern........

Seit 1909 gab es eine britische Marinemission in Konstantinopel. Die übernommenen deutschen Offiziere warfen den Briten vor, das die ihre Reformen eine Vernachlässigung und eine bewusste Herbeiführung der Kampfunfähigkeit der osmanischen Seestreitkräfte gewesen wäre.Belegt ist jedenfalls, das die Briten die Reparatur eines Panzerkreuerzer in den Balkankriegen verschleppt haben. Auch steht der Vorwurf keine Waffen- und Schießausbildung durchgeführt zu haben im Raum.
Der österreichisch-ungarische militärbevollmächtigte Pomiankowski kam zu einen ähnlichen Schluß, wenn er in seinen Erinnerungen davon schreibt, das Limpus angeblich die osmanische Marine reorganisiert hätte.

@Shinigami
Na wenigstens hast du hier nichts zu kritisieren gehabt.
 
Hatte das Osmanische Reich eigentlich die Alternative einer tatsächlichen Neutralität besessen?

Die Neutralität barg definitiv Gefahren. Erwähnt sei Russland, welches eben die Frage der Meerengen, spätestens ganz sicher nach einem eventuellen Sieg gewaltsam lösen wollt. Frankreich schielte Richtung Syrien und Großbritannien nach Mesopotamien. Die meisten Jungtürken bevorzugten eigentlich eine wohlwollende Neutralität gegenüber dem Deutschen Reich. Berlin wollte kein osmanisches Territorium; ebensowenig Wien. Doch die Kriegspartei um Enver wollte den Krieg an der Seite Deutschlands.
Im osmanischen Kabinett gab es vier Strömungen:

  1. Kriegseintritt auf Seiten der Entente,
  2. Kriegseintritt auf Seiten der Mittelmächte,
  3. Gewährung moralischer und materieller Unterstützung der Mittelmächte, aber Wahrung der Neutralität, bis klar ist, wer die Oberhand behält und schließlich
  4. die vollständige Neutralität.
An der Seite Deutschlands war es möglich, verlorene Territorien zurückzugewinnen aber die Deutschen würden sicher dann künftig noch eine deutlich stärkere Stellung in Konstantinopel haben als bisher.
An der Seite der Entente, drohte nach Ende des Krieges die russische Gewaltaktion gegen die Meerengen und Konstantinopel, Syrien und Mesopotamien würden wohl auch verlorengehen. An der Seite der Entente war also nicht Positives zu erwarten. Das hat ja gerade eindruckvoll die jüngste Vergangenheit gezeigt. Die Entscheidung war also nicht allzu schwer.

Am 02.August wurde das Bündnis mit Berlin geschlossen; am 05.August trat Wien bei. Interessant ist, das von dem Bündnis mit Deutschland in Konstantinopel fast niemand davon wusste. Im bilde waren Enver, Tallaat, Dejemal, der Großwesir Said halim Pascha und der österreich-ungarische Miltärbevollmächtigte Pomiankowski.
 
Wieso fühlst du dich angesprochen?
Weil du mich zitiert hast?

Meinst du, das weiß ich nicht?? Vor dem Ausbruch des Weltkrieges stand allerdings ein Krieg zwischen Athen und Konstantinopel im Raum.
Ja schon richtig, aber wenn, dann hätte Konstantinopel den begonnen um sich die ägäischen Inseln zurück zu holen und nicht Athen.

Insofern verhagelte die Zurückhaltung der Auslieferung der Schlachtschiffe seitens Großbritannien Konstantinopel villeicht die Möglichkeit loszuschlagen.
Es sorgte aber nicht für eine ernsthafte Bedrohung des Osmanischen Reiches.

Es wird wohl einen Grund für die Bestellung der Großkampfschiffe gegeben haben.
Natürlich wird es den gegeben haben.

Nur ich darf darauf hinweisen, dass das Osmanische Reich an mehr als ein Meer grenzte?

Simple Frage an dich:
Würdest du ausgerechnet in der Ägäis gestützt auf schwerfällige, für Torpedos unterhalb der Wasserlinie massiv anfällige Dreadnaughts setzen, wo sich was-weiß ich, wie viele Inseln befinden, die sich als Basen für Schnellbote mit Torpedobestückung eignen?

Oder hältst du es möglicherweise für denkbar, dass man bei der Bestellung der Schlachtschiffe eher an das Schwarze Meer und die Verteidigung der Meerengen nach Norden hin dachte oder an das östliche Mittelmeer, was als Einsatzkonzept für diese Schiffstypen wirklich wesentlich sinnvoller war?

Ich hätte mir ja anstelle der Osmanischen Entscheidungsträger in erster Linie mal Sorgen um die maritimen Kapazitäten Russlands und dessen Ambitionenn wegen der Meerengen gemacht, weniger wegen Griechenland, dass mit einem Krieg gar nicht so viel erreichen konnte.

Die Bestellung erfolgte vor dem Weltkrieg und die wurde nicht ohne Grund getätigt. Die Osmanen sind ja nach dem Ersten Balkankrieg gründlich gerupft worden, aber das ist dir ja bekannt.
Die Bestellung erfolgte übrigens auch bereits vor dem 1. Balkankrieg, nämlich 1911, so dass man darin keine Reaktion auf das Ergebnis des Balkankrieges sehen kann.

Viel mehr wird man sie als Reaktion auf den Krieg mit Italien betrachten können, in dem sich das Osmanische Reich gerade befand, und in diesem Kontext machte es ja auch durchaus Sinn, wenn man bedenkt, dass die afrikanische und vorderasiatische Peripherie des Reichs durch Italiens Seestreitkräfte bedroht waren.

Da das Osmanische Reich, damals noch über seine europäischen Territorien und eine direkte Landgrenze zu Griechenland verfügte, wäre es zu diesem Zeitpunkt wenig sinnvoll gewesen in Sachen gegen Griechenland gerichtete Rüstung übermäßig auf die Marine zu setzen.
Griechenland wäre zu diesem Zeitpunkt eher eine Aufgabe für die Landstreitkräfte gewesen.


Hatte das Osmanische Reich eigentlich die Alternative einer tatsächlichen Neutralität besessen?
In sehr theoretischen Szenarien.

Man hätte sich mit der Entente auf ein Prozedere einigen können, nachdem das Osmanische Reich den Nachschub für Russland hätte aufkaufen und dann später selbst nach Russland reexportieren können.

An- und Verkauf von Kriegsmaterial von und an Kriegsparteien, ist ja mit einem neutralen Status durchaus vereibar, nur dass Durchschleusen von Truppen und Nachschub einer anderen kriegsführenden Partei durch das eigene Gebiet für direkte Kriegszwecke nicht.

Und theoretisch hätte die Entente ein solches Arrangement natürlich auch mit Bulgarien treffen können, dass ja damals auch noch einen Zugang zur Ägäis besaß, dann wäre das Osmanische Reich natürlich aus dem Schneider gewesen.

Oder man hätte die Meerengen und das Marmarermeer zu internationalen Gewässern erklären, jeden Hoheits- und Kontrollanspruch darauf aufgeben und die Regelung des Seeverkehrs in die Hände einer von den Großmächten zu beschickenden internationalen Kommission legen können, um sich der politischen Verantwortung für dieses Frage zu entzienen.


Über die praktische Durchführbarkeit und die politischen wie diplomatischen Hindernisse, wird man sich nicht länger auslassen müssen, das liegt auf der Hand.


Was man wohl praktisch hätte tun können, wäre gewesen zu versuchen auf Zeit zu spielen.
Sicherlich hätte man ein paar Aspekte gefunden, die Raum für juristische Streitfälle geboten hätten und damit hätte man das internationale Gericht in Den Haag als Schiedsinstanz anrufen und bis zu dessen Entscheidung darauf beharren können, die Meerengen grundsätzlich offen zu lassen, aber jedes einzelne Schiff zu durchsuchen und Kriegsmaterial herauszuziehen und zu internieren.

Praktisch hätte ein solches Lavieren allerdings wahrscheinlich dazu geführt, dass man es sich mit beiden Blöcken verdorben hätte.


Ich sehe eigentlich nur 2 Szenarien, in denen das Osmanische Reich tatsächlich hätte neutral bleiben können.

- Eine schnelle Entscheidung des Krieges, bei der die Frage der Materialversorgung Russlands und damit der Meerengen irrelevant geworden wäre.

- Wenn es der Entente gelungen wäre in den ersten Wochen des Krieges die deutsche Flotte oder ihren Löwenanteil zur Schlacht zu stellen und zu versenken oder schwer zu beschädigen, so dass sich für Dänemark die ernsthafte Option eines Anschlusses an die Entente geboten hätte und die Ententemächte damit die Möglichkeit gehabt hätten auch in der Ostsee zu operieren und Russland auf diesem Weg zu versorgen, so dass man auf die Durchfahrt durch die Meerengen hätte verzichten können.

Aber das hatte Konstantinopel natürlich nicht in der Hand.
 
Nur ich darf darauf hinweisen, dass das Osmanische Reich an mehr als ein Meer grenzte?

Das Osmanische Reich hatte auch mehrere Feinde, die auf seinem Territorium schielten.

Insofern verhagelte die Zurückhaltung der Auslieferung der Schlachtschiffe seitens Großbritannien Konstantinopel villeicht die Möglichkeit loszuschlagen.

Zwei Großkampfschiffe wurden nicht ausgeliefert. Das zu einem Zeitpunkt, als Europa am Abgrund stand. Da war ein Angriffskrieg gegen Griechenland wohl nicht mehr auf der Tagesordnung. Die Fragestellung war jetzt ein andere.

Ja, deine Überlegungen sind in der Tat sehr theoretisch und wohl mehr als unwahrscheinlich.
Auch das die Entente einen schnellen Sieg erringen würde, war nicht wahrscheinlich. Die britische Flotte wollte im Gegensatz zu Tirpitz keine "Entscheidungsschlacht" führen. Deshalb wurde ja die illegale Fernblockade als Mittel zum Zweck gewählt.
 
Ich habe den Eindruck, das die Briten als auch die Franzosen den Krieg gegen das Osmanische Reich keine große Bedeutung beimaßen. Die Russen sah das schon realistischer. Jedenfalls haben London und Paris Konstantinopel sträflich unterschätzt.

Es kann auch sein, dass das Foreign Office durch seinen Botschafter Mallet und dessen Dolmetscher Gerald Fitzmaurice nicht korrekt informiert worden waren. Mallet hielt die Jungtürken für Anhänger der jüdischen Internationale und nicht für das, was sie tatsächlich waren: Leidenschaftlich osmanische/türkische Nationalisten.

Der russische Botschafter Giers sandte am 27.Juli an Sasonow ein Telgramm. Er betont dort, wie wichtig es ist, dieses Mal nicht klein beizugeben (interessante Denkweise), andernfalls würde dies unsere gesamt Position in Nahen Osten zerstören. Ein solches Ergebnis, so Giers, würde Russland dann dazu zwingen, gegen das Osmanische Reich den Krieg zu eröffnen. Am 29.07. telegrafierte Januschkewitsch nach Tiflis und gab die Order, die Variante 4 des Generalmobilmachungsplan für einen europäischen Krieg einzuleiten, in dem die Türkei anfangs noch nicht beteiligt war.

Am 30.Juli, es war noch kein Krieg, sandte Sasonow an Benckendorff, russischer Botschafter in London:
" In der gegenwärtigen Krise ist es eine Sache von allerhöchster Bedeutung, dass die Türkei die beiden Schlachtschiffe der Dreadnought-Klasse Sultan Osman I. und Reshadieh nicht erhält. Der Bau der beiden Schiffe ist so weit fortgeschritten, dass das erste innerhalb weniger Wochen, das zweite innerhalb weniger Monaten an die Türkei geliefert werden kann. Bitte machen Sie der britische Regierung klar, welche überragende Bedeutung diese Frage für uns hat und üben Sie energischen Druck aus, das diese Schiffe in England zurückgehalten werden müssen."
Schon in Mail und Juni ließ Sasonow Benckendorff bei Grey und Churchill in dieser Frage vorstellig werden. Sasonow musste gar nicht am 30.07. heftig intervenieren lassen, denn Churchill hatte bereits beschlossen, die beiden Schiffe zu beschlagnahmen und der Royal Navy zuzuführen. Am gleichen Tage begann ja auch offiziell die russische Generalmobilmachung. Sobald der Krieg begann, konnte Russland nicht allen Ernstes darauf hoffen, Kriegsschiffe irgendwelcher Art durch die Meerengen in das Schwarze Meer zu bekommen. Ergo durften dir Osmanen die beiden Großkampfschiffen keinesfalls bekommen.
Als Enver von der russischen Generalmobilmachung Kenntnis erhielt, ordnete er für das Osmmanische Reich die Generalmobilmachung an. Am 03.August befahl Enver die sofortige Schließung und Verminung des südlichen Endes der Dardanellen und des nördlichen Endes des Bosporus.
Der Großwesir warnte des russischen Botschafter Giers, das jegliche Provokation durch die russische Flotte im Schwarzen Meer mit der vollständigen Schließung der Meerengen für russische Schiffe jeder Art beantrwortet werden würde. (1)

Aha, die Meerengen waren also schon vorher auf Veranlassung der osmanischen Regierung mehr oder weniger geschlossen! Haben das Mallet und Morgennthau etwa nicht gewußt? Wohl kaum.


Um zu zeigen, wie es ernst es Enver mit dieser Drohung war, ließ er russische Handelswaren beschlagnahmen. Also im Prinzip das, was die Briten in der Nordee vorexerzierten. Die Russen antworteten mit der Internierung von osmanischen Untertanen.

(1) Die Internationalen Beziehungen im Zeitalter des Imperialismus, Band 5, S.322
 
Zuletzt bearbeitet:
Es wurde doch hier im Faden auch behauptet, das die osmanische Regierung sich "in deutscher Hand" befände.

Wie verträgt sich das mit dem Folgenden:

Als die Goeben und Breslau im August in Besik Bay an der Mündung der Dardanellen eingetroffen waren, hatte der Großwesir "knallharte Bedinungen ausgehandelt, das mit die deutschen Schiffe einlaufen konnten.

Berlin musste die sogenannten Kapitualationen annullieren, die europäischen Staatsangehörigen im Osmanischen Reich eine Art rechtlichen Status exterritorialen verschafften. Des Weiteren musste Berlin versprechen, Konstantinopel bei der Forderung einer Entschädigung zu unterstützen, des Weiteren sollte Deutschland bei der Rückgewinnung der ägäischen Inseln Unterstützung gewähren und schließlich bei der Rückeroberung eines Tels des kauskasischen Territorium, welches die Osmanen 1878 an die Russen verloren hatten. Das waren schon opulente Forderungen. Nun ja, die Schiffe wurden ja letzten Endes an Konstantinopel verkauft.

Die Entente unternahm natürlich alles, damit die Osmanen die deutschen Kriegsschiffe nicht einlaufen lässt. Die Russen gingen dabei soweit, ihrer Schwarzmeerflotte den Befehl zur Versenkung von Goeben und Breslau zu geben wenn dieses in die Meerengen einlaufen würden. Das dabei die Hoheitsgewässer der Osmanen verletzt würden, spielte natürlich keine Rolle.

Am tage des Verkaufs, 11.August, liefen dann die Schiffe ein. Aber die Bereitschaft, das Recht mit den Füßen zu treten, ist schon bemerkenswert.
 
Angriff der Royal Navy auf das osmanische Torpedoboot
@Turgot du möchtest das wohl gerne als kriegerische Aggression darstellen, aber du übersiehst die Tatsache, dass es sich um eine friedensstiftende hochmoralische Maßnahme eines gottgefälligen und darum weltumspannenden Inselreichs handelte, welches - wichtig!*) - eben nicht der menschenverachtenden wilhelminischen Flottenrüstung nacheiferte! Wie man das nicht erkennen kann, ist mir schleierhaft.

Des weiteren @Turgot :
Die Briten haben ganz einfach einen Vertrag nicht erfüllt. Die Schiffe waren bereits bezahlt, die Briten haben die Bezahlung auch nicht zurückerstattet.
willst du gar Kritik an den Segen spendenden geschäftlichen Vorgehensweisen der Heimat des Merkantilismus üben? Wie kann man nur so verblendet sein... Sogar der deutschtümelnde wilhelminisch verprägte Autor der Betrachtungen eines Unpolitischen erkennt, was dir verborgen bleibt, in einem seiner verquasten Nebenwerke**) : es handelt sich da um eine Usance. (Der dumme Grünlich hatte sowas verhampelt, aber Hagenström und Kröger beherrschten das fast so brillant, wie die Briten). Die brillanteste Usance ist der Verkauf eines Produkts, welches der Käufer bezahlt aber nicht erhält: das ist die maximale Optimierung der Gewinnspanne (insbesondere wenn man das verkaufte Produkt dann selber anderweitig verwendet) und darum unter kaufmännischen Aspekten höchster Bewunderung würdig! Das kannst du obendrein wirtschaftswissenschaftlich im Hauptwerk des bedeutendsten ukrainischen Autors - Gogol - bestätigt finden***).

Und nun, nachdem du das hoffentlich eingesehen hast, wirst du die Erläuterungen von @hatl hoffentlich verstehen:
(1) Die Verweigerung der Auslieferung der zwei bereits bezahlten Dreadnoughts wurde als hinterhältig und bösartig empfunden. Und das im Hinblick auf eine sehr angespannte Lage mit Griechenland.
Es war auch als eine schwere Beleidigung empfunden.
Denn mit großem nationalen Enthusiasmus beteiligten sich sehr viele Kleinspender am gemeinsamen Projekt.
(2) (Vielleicht hat das in der Gestalt Ähnlichkeit mit der wilhelminischen Flottenbegeisterung?)
(1) sehr richtig!
Irgendwelche Osmanen kapieren die Brillanz der brit. Usance nicht und haben, ach Gottchen, Empfindungen... das ist indiskutabel, wie jedem sofort einleuchten wird. Denn diese irregeleiteten Empfindungen basieren auf - horribile dictu - der "Ähnlichkeit mit der wilhelminischen Flottenbegeisterung".
(2)
da haben wir´s!
Der Osmane war wilhelminisch indoktriniert, kein Wunder, dass er später mit den Mittelmächten paktierte! Und weil er so extrem indoktriniert von der wilhelminischen Flottenbegeisterung war, arrangierte er 1910 eine britische Marinemission...

;) :D:D:D
Ja, ich gestehe unumwunden: es macht mir Spaß, die schönrednerischen Erläuterungen bzgl britischer Maßnahmen und urrussischer Lebensadern satirisch zu verwerten. Nebenbei: weil sich @Shinigami über meine Späße in Sachen Inselreich-Sonderbefugnisse beschwert hat, sei erwähnt, dass es britische Quellen (Ende 19. Anfang 20.Jh.) gibt, welche die ulkigen Inselreich-Sonderbefugnisse erstmals erwähnten.

_________________
*) das wird weiter unten deutlich
**) Buddenbrooks
***) die toten Seelen, Passagen zum Erwerbssinn und Unternehmer
 
Am 30.Juli, es war noch kein Krieg, sandte Sasonow an Benckendorff, russischer Botschafter in London:
" In der gegenwärtigen Krise ist es eine Sache von allerhöchster Bedeutung, dass die Türkei die beiden Schlachtschiffe der Dreadnought-Klasse Sultan Osman I. und Reshadieh nicht erhält.
Am 30. Juli war die Kriegserklärung Wiens an Serbien bereits raus, Belgrad unter Artilleriefeuer und in Russland die Teilmobilmachung deklariert worden, in Großbritannien die Mobilmachung der Flotte im Parlament gebilligt worden.

Da war durchaus schon klar, dass es sehr wahrscheinlich Krieg geben würde.
Und wenn sich GB selbst bereits auf den Seekrieg vorbereitete, war die Zurückhaltung der Schiffe in dieser Situation verständlich.


Ja, ich gestehe unumwunden: es macht mir Spaß, die schönrednerischen Erläuterungen bzgl britischer Maßnahmen und urrussischer Lebensadern satirisch zu verwerten. Nebenbei: weil sich @Shinigami über meine Späße in Sachen Inselreich-Sonderbefugnisse beschwert hat, sei erwähnt, dass es britische Quellen (Ende 19. Anfang 20.Jh.) gibt, welche die ulkigen Inselreich-Sonderbefugnisse erstmals erwähnten.
Da hast du ich vielleicht etwas falsch verstanden.

Ich hatte das einfach nicht unbedingt als Spaß verstandenn, gerade deswegen, weil mir ja durchaus klar ist, dass man sich in London (in Washington ist diese Eigenart ja damals durchaus auch schon verbreitet gewsen), öffters mal selbst ulkige Sonderbefugnisse und Vorfahrt für Fish'n'Chips attestierte.;)

Genau deswegen sollte man denke ich aber auch auseinanderhalten, wo dass passierte und wo nicht.
Das Zurückhalten der Schiffe war nicht nett, aber nicht unbedingt ein Paradebeispiel fragwürdiger Selbstmandatierung.
 
Die revolutionäre Revolverregierung ist schon gekapert von Wangenheim und Liman von Sanders und dem DR.

Nur mal aus Interesse an deiner interessanten Wortwahl. Wie würdest du die serbische Regierung nach dem Juni 1903, als die Serben den eigenen Monarch, grauenhafte Details kannst du bei Clark, Schlafwandler nachlesen, samt Ehefrau abgeschlachtet haben, bezeichnen? Bitte um Entschuldigung für die Wortwahl, aber das Wort Mord wird dem Geschehenen nicht mehr gerecht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da war durchaus schon klar, dass es sehr wahrscheinlich Krieg geben würde.
Das ist durchaus zutreffend.
Und wenn sich GB selbst bereits auf den Seekrieg vorbereitete, war die Zurückhaltung der Schiffe in dieser Situation verständlich.
Joh, Churchill hatte ohne Billigung des Kabinetts schon mal vorauseilend gehandelt. Die Billigung kam dann nachträglich.

Grey suchte noch einen Grund, um in dem Krieg einzutreten, den er dann für das eigene Parlament und die interessierte Weltöffentlichkeit ins Schaufenster stellen konnte. Motto: Schaut her, wir ziehen aus edlen und uneigennützigen Gründen in dem Krieg, um das arme Belgien vor den Barbaren zu retten.
 
Und wenn sich GB selbst bereits auf den Seekrieg vorbereitete, war die Zurückhaltung der Schiffe in dieser Situation verständlich.
Das Zurückhalten der Schiffe war nicht nett, aber nicht unbedingt ein Paradebeispiel fragwürdiger Selbstmandatierung.
Die Erin wurde ursprünglich vom Osmanischen Reich unter dem Namen Reşad V[1] am 8. Juni 1911 in Auftrag gegeben aber später in Reşadiye umbenannt. Sie wurde am 6. Dezember 1911 in Barrow-in-Furness auf Kiel gelegt, am 3. September 1913 vom Stapel gelassen und im August 1914 fertig gestellt.[A 1] Nach der Ermordung von Erzherzog Franz Ferdinand am 28. Juni verweigerten die Briten zunächst die Auslieferung, obwohl die Zahlungen abgeschlossen waren und eine osmanische Delegation am 21. Juli eintraf, um die Reşadiye und die Sultan Osman I nach Istanbul zu überführen.[2]

Am 2. August 1914, einen Tag nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges, sollte die Reshadije von einer türkischen Mannschaft übernommen werden. Eine Stunde vor der Übergabezeremonie besetzten aber britische Truppen das Schiff und internierten die türkische Crew.[3]

Am 22. August 1914 übernahm die Royal Navy das Schiff und benannte es in HMS Erin um.
(aus HMS Erin – Wikipedia )
Die brillanteste Usance ist der Verkauf eines Produkts, welches der Käufer bezahlt aber nicht erhält: das ist die maximale Optimierung der Gewinnspanne (insbesondere wenn man das verkaufte Produkt dann selber anderweitig verwendet) und darum unter kaufmännischen Aspekten höchster Bewunderung würdig!
...im Amisgerichtsfilm kommt bei solchen Gelegenheiten immer effektvoll "keine weiteren Fragen"...
 
dekumatland schrieb:
Am 2. August 1914, einen Tag nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges, sollte die Reshadije von einer türkischen Mannschaft übernommen werden. Eine Stunde vor der Übergabezeremonie besetzten aber britische Truppen das Schiff und internierten die türkische Crew.

Sehr vornehmes Verhalten.
 
...im Amisgerichtsfilm kommt bei solchen Gelegenheiten immer effektvoll "keine weiteren Fragen"...
Und das halte ich dann für künstliches Hochziehen.

Am 21. Juli war man noch nicht bei der Mobilmachung angekommen, aber es war offensichtlich, dass sich Europa in einer gefährlichen politischen Krise befand, die zum Krieg führen konnte.
Und im Zustand durchaus konkreter Kriegsgefahr, wird jede Regierung zunächstmal ein Embargo für die Auslieferung von Waffen verhängen und diese, sollte der Kriegsfall eintreten möglicherweise auch beschlagnahmen lassen, was für den Besitzer nicht schön, grundsätzlich aber im Rahmen des Zulässigen ist.

Es ist auch durchaus nicht ungewöhnlich, dass in solchen Fällen Auseinandersetzungen wegen Entschädigungen sich einige Zeit hinziehen können, zumal hieran dann natürlich mehrere Parteien beteiligt sind.

Die Osmanissche Regierung hatte die Schiffe nicht direkt bei der britischen Regierung oder einem direkten Staatsbetrieb bestellt, sondern bei Vickers Ltd. und dorthin ging auch die Bezahlung.
Nun wird sich Vickers Ltd. nicht unbedingt veranlasst gesehen haben, die Zahlung rückabzuwickeln, weil man selbst den Auftrag ausgeführt hatte und die Schiffe nicht selbst zurückbehielt, sondern diese von der britischen Regierung beschlagnahmt wurden.

Beim britische Kriegs- oder Marineministerium, je nachdem, wer hier konkret zuständig war, wird dass Thema allerdings kein Einzelfall gewesen sein, weil mit Kriegesbeginn überall krigeswichtige Rohstoffe, Halbprodukte etc. konfisziert wurden, möglicherweise auch das eine oder andere Schiff für Transportzwecke.
Da wird in den ersten Wochen/Monaten des Krieges erstmal eine Welle an Schadenersatzforderungen aufgelaufen sein, über die man sich sicherlich erstmal einen Überblick verschaffen musste und dann konnte die Regierung die entsprechenden Entschädigungsforderungen natürlich nicht aus dem laufenden Budget bedienen.
Es musste also erstmal ein entsprechendes Entschädigungsgesetz durch das Parlament und Kreditaufnahme dafür bwilligt werden.

Und dann kommen natürlich Auseinandersetzungen wegen der Höhe der Entschädigung im Einzelfall, der Art der Zahlung und dem Termin hinzu.

Man darf ja nicht übersehen, dass überall in Europa zu Kriegsbeginn um die Finanzierbarkeit des Krieges sicherzustellen, die Edelmetallbindung der jeweiligen Währung suspendiert wird und munter Kredite aufgenommen, Anleihen aufgelegt und die Notenpressen angeworfen werden.
Das musste im Fall der Rückabwicklung von kaufaufträgen aber natürlich Stoff für auseinandersetzungen geben, weil damit der aktuelle Gegenwert des Nominalwertes geregelter und abgewickelter Zahlungen erstmal ermittelt werden musste.

Da fangen dann die technischen Probleme an, die Einigungen wegen solcher Dinge erschweren und hinauszögern.


Was man den Briten vorhalten kann, ist, dass man den Osmanen nicht rechtzeitig bekannt gab, dass man die Schiffe nicht ausliefern und sie stattdessen beschlagnahmen würde und die Delegation vor vollendete Tatsachen stellte.

Andererseits kann man sich vorstellen, wie überlastet angesichts der sich überschlagenden Ereignisse und des beginnenden Krieges das gesamte Nachrichtensstem war, so dass es durchaus sein kann, dass hier gar kein Versäumnis der britischen Regierungsstellen vorliegt, sondern dass das einfach irgendwo auf den Telegraphenämtern angesichts der Bemühungen den Frieden noch irgendwie zu retten und 1.000 anderer Dinge liegen geblieben ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
(..........) Was man den Briten vorhalten kann, ist, dass man den Osmanen nicht rechtzeitig bekannt gab, dass man die Schiffe nicht ausliefern und sie stattdessen beschlagnahmen würde und die Delegation vor vollendete Tatsachen stellte.

Andererseits kann man sich vorstellen, wie überlastet angesichts der sich überschlagenden Ereignisse und des beginnenden Krieges das gesamte Nachrichtensstem war, so dass es durchaus sein kann, dass hier gar kein Versäumnis der britischen Regierungsstellen vorliegt, sondern dass das einfach irgendwo auf den Telegraphenämtern angesichts der Bemühungen den Frieden noch irgendwie zu retten und 1.000 anderer Dinge liegen geblieben ist.
die schönrednerischen Erläuterungen bzgl britischer Maßnahmen
!
;) :D:D:D:D
 
Die Russen haben auf die britische Regierung, namentlich das Foreign Office, schon einen ganz schönen Druck ausgeübt, damit die beiden Dreadnoughts nicht ausgeliefert werden. Ich hatte es schon oben geschrieben:

Am 30.Juli, es war noch kein Krieg, sandte Sasonow an Benckendorff, russischer Botschafter in London:
" In der gegenwärtigen Krise ist es eine Sache von allerhöchster Bedeutung, dass die Türkei die beiden Schlachtschiffe der Dreadnought-Klasse Sultan Osman I. und Reshadieh nicht erhält. Der Bau der beiden Schiffe ist so weit fortgeschritten, dass das erste innerhalb weniger Wochen, das zweite innerhalb weniger Monaten an die Türkei geliefert werden kann. Bitte machen Sie der britische Regierung klar, welche überragende Bedeutung diese Frage für uns hat und üben Sie energischen Druck aus, das diese Schiffe in England zurückgehalten werden müssen."
Schon in Mail und Juni ließ Sasonow Benckendorff bei Grey und Churchill in dieser Frage vorstellig werde
n. Sasonow musste gar nicht am 30.07. heftig intervenieren lassen, denn Churchill hatte bereits beschlossen, die beiden Schiffe zu beschlagnahmen und der Royal Navy zuzuführen.

Das ist ganz sicher nicht außer Acht zu lassen. Und des Weiteren ist darauf hinzuweisen, das die britische Regierung in der Krise des Juli 1914, die in dem Großen Krieg einmündete, der griechischen Regierung zwei leistungsfähige Kriegsschiffe verkaufte, während die osmanischen beschlagnahmt wurden. Die Briten maßen, nicht zum ersten Male, mit zweierlei Maß.
 
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