Marneschlacht 1914 - Wahrnehmung und Wirkungen

Die als Wettlauf zum Meer bezeichneten Operationen waren von Mitte September bis Mitte Oktober. Danach gab es eine Frontlinie in Frankreich vom Kanal bis zur Schweiz. Im Westen waren danach bis zum Ende des Krieges keine Umfassungen mehr möglich. Eine Umfassung des rechten deutschen Flügels ist spätestens ab Mitte Oktober auch nicht mehr theoretisch möglich. Umfassung bedeutet Überflügelung (eine schwierige Situation für den Angreifer, da er selbst eine ungeschützte langeFlanke hat) des Gegners und dann Abschneiden von den Versorgungslinien (jetzt erst kann er den Gegner schlagen). Eie Überflügelung wäre nur über das Meer möglich gewesen (Landung in Antwerpen, Holland, Ostfriesland, also nicht machbare Operationen). Denkbar wäre eine Durchbruchsschlacht gewesen, das hätten die Deutschen gern gesehen. Die Verbindungslinien der Deutschen waren etwa die Linie Köln – Lüttich. Man hätte den Weg durch Belgien kämpfend zurücklegen müssen. Ein abwegiger Gedanke. Natürlich hätten die Deutschen das gerne gesehen, denn dann hätten die Franzosen eine lange (rechte) Flanke gehabt und einen kurzen Weg zum Meer um die vorgestoßenen Alliierten abzuschneiden. Allerdings war die französische Armeeführung fähig, einen solchen Vorstoß hätte es nie gegeben.

Ypern oder die Erste Flandernschlacht war die erste der nun folgenden Materialschlachten, die dem 1. Weltkrieg sein Gesicht gaben. Aus deutscher Sicht waren sie unnötig und schädlich. Den Durchbruchsversuch bei Ypern haben die Deutschen aus freien Stücken gewählt (vermutlich fühlten sie sich stärker als die Franzosen, in den Grenzschlachten haben sie schwer gelitten und sich unterlegen gezeigt).

Was sich allerdings für jedermann gezeigt hat, war, dass im Osten die an Zahl deutlich unterlegenen Deutschen den Russen schwer zu schaffen machte. Die Mobilität der Deutschen, das dem Verteidiger günstige ostpreußische Gelände, die zu hastige Mobilmachung der Russen, all das wirkte sich aus (Tannenberg, Masurische Seen). Daher verlangten viele, keine Angriffsoperationen an der Westfront durchzuführen, sondern im Osten anzugreifen. Die Entscheidung, dennoch im Westen anzugreifen, ist dennoch überwiegend gebilligt worden (Frankreich war der stärkste Gegner, die Regel ist immer den Stärksten zuerst zu bekämpfen). Ypern zeigte sich bald als Fehlschlag, daher waren die Voraussetzungen andere. Ein Abbruch wurde jetzt mit Nachdruck gefordert. Der gefeierte Hindenburg war der Wortführer und ein weiterer großer Sieg Hindenburgs wäre das Ende Falkenhayns gewesen. Es ging also darum, dass der Angriff in Flandern abgebrochen wird, man dort in Verteidigungsstellung geht und Angriffstruppen nach Ostpreußen transportiert. Das hätte nicht nur zeitlich sehr gut gepasst, die Truppenverschiebung wäre für die Russen vollkommen überraschend gewesen. Überhaupt war die Schlacht um Lodz ein Musterbeispiel für Bewegungskrieg, besonders erwähnenswert die (verschleierte) Verschiebung der 2. ö-u Armee Böhm-Ermolli per Eisenbahntransport aus den Karpaten ins Kampfgebiet. Also das genaue Gegenteil der Ereignisse an der Westfront. Der Ausgang m Osten war absehbar. Natürlich ist im Krieg nichts sicher, wenn aber unterlegene Kräfte ein Einkreisung zu dreiviertel schaffen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass überlegene (noch dazu überraschend auftauchende) starke Kräfte es zu 100% schaffen.

Russland wäre 1914 (vermutlich) noch nicht aus dem Krieg ausgeschieden. Aber in keinem Fall hätte es noch eine intakte Nordfront gegeben. Der Feldzugsplan von Hindenburg 1915 (wiederum abgelehnt von Falkenhayn) hätte unter diesen (wie vermutlich auch unter anderen, d.h. den 1915 tatsächlich vorliegenden) Umständen Russland Armee in jedem Fall kampfunfähig gemacht. Da stellt sich schon die Frage, ob der Zar nicht doch zu Friedensverhandlungen geneigt hätte.

Dann hätte man sich wieder Frankreich zuwenden können. Nach heutigem Wissensstand wäre da strategisch inzwischen nichts passiert. Das bedeutet nicht, dass viele Menschen nicht ihr Leben verloren hätten.

In Deinem letzten Satz meinst Du Moltke, oder?
 
Ich bezog mich vielmehr auf die Briefe im August und September an seine Frau, aus denen mE hervorgeht, welche Bedeutung er dem Durchstoß östlich Paris beimaß und welche düsteren Wolken sich zusammenzogen.

Frau Moltke hat in ihre Auswahl nur zwei Briefe aus dem August aufgenommen ...

  • Am 29.8. berichtet er von einem großen Sieg Bülows (2.A.) und beklagt sich zugleich über den Kaiser: Es sei "herzzerreißend, wie ahnungslos der hohe Herr über den Ernst der Lage ist. Schon kommt [am Hofe] eine gewisse Hurrastimmung auf, die mir bis in den Tod verhaßt ist."
  • Am 31.8. freut er sich über Tannenberg und sieht "heute oder morgen [...] die Armeen der Mitte [sic]" in einem "Entscheidungskampf".
... und 6 aus dem September, worin er sich aber zu operativen Problemen nicht näher äußert.

  • 1.9. Sedanstag, ergo Optimismus
  • 2.9. Kaiser gesehen; "in Österreich geht es schlecht"
  • 3.9. "Heute ist nichts Neues vorgefallen." [sic]
  • 7.9. "Heute fällt eine große Entscheidung, unser ganzes Heer von Paris bis zum oberen Elsaß steht seit gestern im Kampf."
  • 8.9. Noch immer "ist das große Ringen vor der gesamten Front unseres Heeres nicht entschieden. [...] Die schreckliche Spannung dieser Tage, das Ausbleiben von Nachrichten von den weit entfernten Armeen, das Bewußtsein dessen, was auf dem Spiel steht, geht fast über menschliche Kraft. - Die furchtbare Schwierigkeit unserer Lage steht oft wie eine schwarze Wand vor mir, die undurchdringlich erscheint."
  • 9.9. "Es geht schlecht. Die Kämpfe im Osten von Paris werden zu unseren Ungunsten ausfallen. Die eine unserer Armeen muß zurückgehen, die anderen werden folgen müssen. Der so hoffnungsvoll begonnene Anfang des Krieges wird in das Gegenteil umschlagen. [...] Wir müssen ersticken in dem Kampf gegen Ost und West."
Das sieht nach wachsender Depression aus... Seinen körperlichen Zusammenbruch datiert er (erst) auf den 22.10. ("Ich bin nun doch zusammengeklappt [...]".
 
Ich suche dazu mal Zahlen heraus, vorab Folgendes aus der Hand: die Marine hatte in den Jahren 1907-1913 nicht mehr als 25%-Anteil des Militärhaushalts.


Ich kenne die Zusammensetzung der Militärausgaben im Einzelnen nicht, schon deshalb wären deine Zahlen sehr interessant ;), aber ich schrieb vom Schwerpunkt der Rüstung, der m.W. nach bei der Marine lag oder irre ich mich hier?
Zu den Militärausgaben gehören beispielsweise ja auch, sicher nicht ein ganz unwesentlicher Posten, die Personalkosten und da schlägt das Heer aufgrund seiner numerischen Größe sicher stärker zu Buche als die Marine. Sicher, das Flottenwettrüsten war eigentlich aus deutscher Sicht gescheitert, zumindest wenn man sich vor Augen hält was die Briten alles auf Kiel haben. Aber ist dies auch Wilhelm und Tirpitz irgendwann einmal gedämmert?

Friedensstärkeentwicklung des Heeres:
1904 betrug die Friedensstärke des Heeres 600.777 Mann

1905 betrug die Friedensstärke des Heeres 617.239 Mann, also ein Zuwachs von 2,7%

1911 betrug die Friedensstärke des Heeres 621.425 Mann, also ein Zuwachs von 0,7%

1912 betrug die Friedensstärke des Heeres 650.618 Mann, also ein Zuwachs von 4,7%

1913 betrug die Friedensstärke des Heeres 786.046 Mann, also ein Zuwachs von 20,8%
 
Angesichts der übrigen Auszehrung (die Rückhaltungen in Belgien sind wohl nach unklarer Lage nicht zu beanstanden) hätten die zwei Korps in der Marneschlacht mE nichts gebracht, lediglich Stabilität beim Rückzug und somit einen früheren Übergang zum Stellungskrieg. Damit war nichts erreicht, siehe den Kräftebedarf oben.

Und als dann die Eisenbahnlinien wieder zur Verfügung standen, hatte der Transport von Munition hohe Priorität. In der Folge kam viel zu wenige Futter für die Pferde nach vorn. Klucks 84.000 Pferde bnötigten pro Tag schon 2 Millionen Pfund und die kamen eben nicht. Man hat versucht sich mit unreifen Korn zu behelfen, doch davon wurden die Pferde nur krank und es gab zu wenige Vetrinäre. Die Pferde starben und somit wurde natürlich die Beweglichkeit der Geschütze eingeschränkt und das war alles andere als optimal.

Stevenson, Der Erste Weltkrieg, S.78., Düsseldorf 2006
 
@admiral

Die 8.Armee hatte aber auch einen nicht ganz unwesentlichen Vorteil erarbeitet. Ihr war der Einbruch in dem russischen Funkverkehr gelungen, so das die 8.Armee direkt mitlesen konnten, da die Russen unverschlüsselt funken. Das war natürlich unglaublich fahrlässig und die 8.Armee konnte davon entsprechend profitieren. Auch waren die Russen nicht gearde üppog mit Feldtelefonen ausgestattet, die 2.Armee verfügt nur über ganze 25 Apparate.
 
Die als Wettlauf zum Meer bezeichneten Operationen waren von Mitte September bis Mitte Oktober. Danach gab es eine Frontlinie in Frankreich vom Kanal bis zur Schweiz. Im Westen waren danach bis zum Ende des Krieges keine Umfassungen mehr möglich. Eine Umfassung des rechten deutschen Flügels ist spätestens ab Mitte Oktober auch nicht mehr theoretisch möglich. ...
Nur darum ging es mir "bis zum Meer". Wenn Du Dich ein wenig mit den Kräftezuführungen in diesen Wochen auf deutscher und alliierter Seite beschäftigst, ist die kritische Lage klar erkennbar. Sie beginnt mit dem Vorschlag von v.Kluck, Paris rechts liegen zu lassen (erste Bedrohung), setzt sich dann von der Marne bis zum Meer fort. Die fortlaufenden Kräftezuführungen auf deutscher Seite sind nicht wegzudenken, da die alliierte Strategie seit dem Kluckschen Vorgehen auf eine äußere Umfassung des Flügels im Vormarsch (ein regelrechtes "Türmchenbauen" bis zum Meer) beruhte.

Mit Landungen in Ostfriesland hat das nichts zu tun.

Der Hinweis zielte auf das für Dir erwähnte weitere Abziehen von Truppen der Westfront, die zum "Türmchenbauen" benötigt wurden.


Ypern oder die Erste Flandernschlacht war die erste der nun folgenden Materialschlachten, die dem 1. Weltkrieg sein Gesicht gaben. Aus deutscher Sicht waren sie unnötig und schädlich. Den Durchbruchsversuch bei Ypern haben die Deutschen aus freien Stücken gewählt (vermutlich fühlten sie sich stärker als die Franzosen, in den Grenzschlachten haben sie schwer gelitten und sich unterlegen gezeigt).

Der Grundgedanke der 1. Flandernschlacht zielte (jeweils!) auf die Vernichtung des äußersten Flügels beider Seiten. Am Fehlschlag für die deutsche Seite mag man das ex post kritisieren. Stretegisches Ziel war die Erschütterung der Westallierten durch einen größeren Sieg, der im Westen ein Patt und damit Entlastung bedeutet hätte (weiter sollte man nicht denken).

Für den Osten sah man nachvollziehbar - wie in den Vorkriegsüberlegungen - keine Chance zum Kriegsende, selbst bei einem großen Sieg, sofern sich rußland nicht von innen - revolutionär - auflöst. Der weitere Verlauf zeigt ja, wieviel (auch Blutvergießen und Zersetzung der russischen Armee) dazu noch notwendig war, 1914/15 ist das eben nicht erfolgt. Ob ein großer Sieg das beschleunigt hätte, ist reine Spekulation (Repos Onkel mit Brust :D ).
 
Zuletzt bearbeitet:
Was bei den ganzen Ostfront-Spekulationen im Herbst 1914 nicht übersehen werden darf, ist Antwerpen, erst am 10. Oktober erobert.

Am 15. schließlich bei Ostende das Meer erreicht.
 
Militärisch sind die Operationen vor und nach Ypern streng zu unterscheiden. Eine Umfassung und eine Durchbruchsschlacht sind etwas anderes und genau darum ging es bei dem Streit der Militärs bezüglich der weiteren Strategie. Umfassungsangriffe, also Angriffe auf einen freien Flügel mit dem Ziel die Versorgungslinien des Feindes zu durchtrennen (damit er keinen Nachschub mehr erhält) waren nur noch im Osten möglich (dort bis 1915). Ypern war der Versuch eines Durchbruchs um nach erfolgreichem Durchbruch die Umfassung durchzuführen. Ludendorff (ich übertreibe nicht, wenn ich ihn als Feind Falkenhayns bezeichne) meinte, dass man das durchaus versuchen musste. Nur, als erkennbar war, dass der Durchbruch nicht funktionieren würde (und das war ja bald ersichtlich), also die Umfassung nicht möglich sein würde, gab es doch eine starke Meinung, die ein Abbruch in Ypern für richtig hielt. Aber zu bestimmen hatte der Chef des Generalstabs bzw. Wilhelm hätte eingreifen müssen.

Die Situation im Osten war grundverschieden vom 2. Weltkrieg bzw. Napoleon. Russland war damals militärisch zu schlagen und sollte auch geschlagen werden (und zwar gerade nicht durch Blutvergießen und Zersetzen der Armee). Deutschland war der Angegriffene und Russland der Angreifer. Das führte zu der Möglichkeit, die russische Armee im Grenzgebiet einzukesseln und zu vernichten. Darauf zielten doch die einzelnen Generalstabsreisen, Schlussaufgaben, etc. Schlieffens (immer das gleiche Prinzip, unter Ausnutzung des günstigen Geländes und der Mobilität Teilung russischer Kräfte und Schlagen der einzelnen Teile). Das war einer der Grundgedanken des Schlieffenplans. 1914 war von den diversen Möglichkeiten im Osten die Einkesselung der im Weichselbogen eingeklemmten Russen die Beste (auch weil gerade zu diesem Zeitpunkt Verstärkung aus dem Osten kommen konnte). Die Lage war besser wie angenommen, der Generalstabschef vermochte nicht (oder wollte nicht) vom Westen nach Osten schauen.

Hätte ein großer Sieg im Weichselbogen die Situation der Deutschen geändert? Nun, es hätte noch russische Soldaten im Norden gegeben, aber keine (russische) Nordfront mehr. Auch wenn die Russen mehr als 2 Mio Soldaten (mit einer Front von der Ostsee zum Schwarzen Meer und der Kaukasusfront) hatten, 300.000 wären weg gewesen (die 2. Armee war eine der besten, und die 1. Armee lasse ich entkommen) und mit ihnen die Ausrüstung (und die fehlte den Russen und die war nicht zu ersetzen). Auch die Russen brauchen Soldaten zum kämpfen. Und was bei Lodz nicht eingekesselt war, stand in der Gegend von Warschau. Dafür hat man ja den Stoß Richtung Wilna – Minsk (d.h. Abschneiden der 3 wichtigsten Eisenbahnlinien; zur Erinnerung, 1915 haben schwache – d.h. ohne Unterstützung von der OHL - deutsche Kräfte dort die russische Armee durchbrochen und Kowno genommen). Diese Operation sollte mit der bei Gorlice kombiniert werden, damit wäre Polen ein großer Kessel geworden. Das war letztlich der Moltke – Conrad Gedanke.

Reine Spekulation? Wenn wie im konkreten Fall bei Lodz drei Viertel des Feindes (von schwachen deutschen Kräften) eingeschlossen sind, ist das keine reine Spekulation mehr. Und das ist wichtig. Denn es ist schon bemerkenswert, dass es die Deutschen nicht schafften, ihre eigenen Grundsätze anzuwenden. Die tieferen Gründe hierfür würden mich schon interessieren
 
Was bei den ganzen Ostfront-Spekulationen im Herbst 1914 nicht übersehen werden darf, ist Antwerpen, erst am 10. Oktober erobert.

Das würde ich gern ergänzen:

wegen des deutschen Truppenmangels beim Wettlauf von Marne, Aisne bis an die See wurden Verbände vor Antwerpen abgezogen. Die britisch-belgische Besatzung brach aufgrund der Ausdünnung der Belagerungstruppen aus und vereinigte sich mit den an die Küste vorstoßenden alliierten Verbänden.

Wie aus den Abzügen vor Antwerpen (und zuvor aus Belgien an den rechten Flügel der Marne) ersichtlich ist, sind Verlegungen in den Osten im Herbst 1914 Fiktion. Ganz abgesehen von den zahlreichen zugeführten, gerade neu aufgestellten Armeekorps, siehe oben.
 
Reine Spekulation? Wenn wie im konkreten Fall bei Lodz drei Viertel des Feindes (von schwachen deutschen Kräften) eingeschlossen sind, ist das keine reine Spekulation mehr. Und das ist wichtig. Denn es ist schon bemerkenswert, dass es die Deutschen nicht schafften, ihre eigenen Grundsätze anzuwenden. Die tieferen Gründe hierfür würden mich schon interessieren

Mach doch dazu ein eigenes Thema auf: Osten 1914 nach Tannenberg.

Schön wäre eine Einleitung des Operationsverlaufes und eine These bzgl. der zuzuführenden Kräfte (wieviel, wann?)
 
Ich habe gelesen (ich weiß leider nicht mehr wo), dass der französische Generalstab plante, die deutsche, durch Belgien vormarschierende Armee (man rechnete mit einem solchen Vormarsch) sofort anzugreifen. Es soll Churchill (vermutlich als Erster Lord der Admiralität) gewesen sein, der einen anderen Plan durchsetzte: Die rechte deutsche Flügel sollte erst tief in Frankreich angegriffen werden (also etwa das, was zumindest Schlieffen mit dem rechten französischen Flügel plante). Die Deutschen sollten angegriffen werden, wenn sie lange Nachschubwege hatten. Etwa an der Marne. Weiß jemand mehr darüber?
 
Ich habe gelesen (ich weiß leider nicht mehr wo), dass der französische Generalstab plante, die deutsche, durch Belgien vormarschierende Armee (man rechnete mit einem solchen Vormarsch) sofort anzugreifen. ...Etwa an der Marne. Weiß jemand mehr darüber?

Schlieffen rechnete bereits mit dieser späten Schlacht; ich gehe davon aus, dass alles und verschiedene Zeitpunkte in den Planungen auf allierter Seite nachweisbar sind. Mit dem ersten Zusammentreffen sind nach Clausewitz (und Moltke d.Ä.) dann alle Planungen überholt.

Ich kenne die Zusammensetzung der Militärausgaben im Einzelnen nicht, schon deshalb wären deine Zahlen sehr interessant ;),...

Wie zugesagt die Zahlen: 1901-1910-1912-1913 in Mio. RM

Gesamte Militärausgaben: 1162,9-1771,3-1781,3-2406,4
Heeresrüstung: 677,9-831,2-929,1-1467,0
Marinerüstung: 207,8-434,4-262,9-480,1
sonstige (Pensionen, Sonderetats Kolonien etc): jeweils Differenz zur Gesamtsumme.

Die Heeresrüstung entwickelte sich quotal an den Gesamtausgaben von 58,3% auf ihren Tiefststand 1907 mit 47,0% über 52,2% in 1912 bis auf 61,0% in 1913. Die Marine pendelte zwischen 17,9 und 26,3% in den 13 Jahren.

Zum Vergleich die gesamten Staatsausgaben des Deutschen Reiches:
1286,6-1980,0-1992,9-2670,3.
Der Rüstungsanteil betrug zwischen 85,6 und 90,1% der Staatsausgaben.In 1909 ergaben sich 639 Mio. Anleihen, 1910-1912 waren etwa ausgeglichen, 1913 ergab sich eine Schuldenaufnahme über Anleihen von 109,3 Mio. RM bei Gesamt-Staatsverschuldung von 4917,9 Mio. RM.

Witt: Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches von 1903-1913, Anlagenkonvolut.
 
Schlieffen rechnete bereits mit dieser späten Schlacht; ich gehe davon aus, dass alles und verschiedene Zeitpunkte in den Planungen auf allierter Seite nachweisbar sind. Mit dem ersten Zusammentreffen sind nach Clausewitz (und Moltke d.Ä.) dann alle Planungen überholt.



Wie zugesagt die Zahlen: 1901-1910-1912-1913 in Mio. RM

Gesamte Militärausgaben: 1162,9-1771,3-1781,3-2406,4
Heeresrüstung: 677,9-831,2-929,1-1467,0
Marinerüstung: 207,8-434,4-262,9-480,1
sonstige (Pensionen, Sonderetats Kolonien etc): jeweils Differenz zur Gesamtsumme.

Die Heeresrüstung entwickelte sich quotal an den Gesamtausgaben von 58,3% auf ihren Tiefststand 1907 mit 47,0% über 52,2% in 1912 bis auf 61,0% in 1913. Die Marine pendelte zwischen 17,9 und 26,3% in den 13 Jahren.

Zum Vergleich die gesamten Staatsausgaben des Deutschen Reiches:
1286,6-1980,0-1992,9-2670,3.
Der Rüstungsanteil betrug zwischen 85,6 und 90,1% der Staatsausgaben.In 1909 ergaben sich 639 Mio. Anleihen, 1910-1912 waren etwa ausgeglichen, 1913 ergab sich eine Schuldenaufnahme über Anleihen von 109,3 Mio. RM bei Gesamt-Staatsverschuldung von 4917,9 Mio. RM.

Witt: Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches von 1903-1913, Anlagenkonvolut.


@silesia, besten Dank für die Zahlen.:)
 
Zuletzt bearbeitet:
Nochmal zurück zur Wahrnehmung der Schlacht in der Öffentlichkeit. Wenn ich das richtig sehe, ist doch Stegemanns Buch das erste zum Thema im Deutschen Reich gewesen.
Hermann Stegemann ? Wikipedia

Während der Entstehung soll bereits über die Formulierungen zur Marne gerungen worden sein, hier gab es wohl mehrere "Fassungen" und selektiertes Material, das Stegemann überhaupt nur zur Verfügung stand. später folgte dann dieses "Heftchen" des Generalstabs, das in einer Reihe zu den Kriegsereignissen noch während des Krieges publiziert wurde. Damit sollte wohl der Durchhaltewillen gestärkt werden.

Mich würden öffentliche Meinungen von 1914/15 interessieren, die sich speziell auf die Marne-Schlacht beziehen. Repos Hinweis war dazu ein Ansatz.

Kennt jemand dazu Literatur?


EDIT:
Hinweis auf eine neue Publikation:
Holger H. Herwig:
The Marne, 1914 - The Opening of World War I and the Battle That Changed the World, 2009.
 
Zuletzt bearbeitet:
Parallel läuft ein Diskussion zum Thema "Schlieffenplan und Marneschlacht". Einige Aspekte aus dieser Diskussion weisen durchaus Überschneidungen auf, weswegen ich das Thema nochmal aus den Forentiefen hervorhole.

Aber ein ergänzender Hinweis:
Lange, Karl: Marneschlacht und deutsche Öffentlichkeit 1914-1939

Die Rezeptionsgeschichte, von Reichsarchiv über Groener, Ludendorff bis zum Dritten Reich. Interessant ist die Feststellung von Lange, dass die frühen monokausalen Erklärungen der Niederlage (als sie nach dem Krieg in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangte, als ein flankierendes Element der Dolchstoßlegende) bis 1939 doch schon multikausalen Erklärungen gewichen sind.

Besonders hervorzuheben (aber vor dem Hintergrund des Dritten Reiches offensichtlich) ist dabei die zunehmend verbreitete Meinung, den Fehlschlag der Rüstungswirtschaft für die Niederlage mit verantwortlich zu machen.
 
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