Was ist eine Mietskaserne?
Mietskaserne ? Wikipedia
Für unser Thema interessant:
Grundlage der
Bauvorschriften bildete der in
Berlin von
James Hobrecht erstellte erste
Bebauungsplan mit 14 Abteilungen von 1862. Der Innenhof eines Miethauses musste nach Polizeivorschrift mindestens so groß geplant werden, dass eine pferdegezogene
Feuerwehrspritze darin wenden konnte. Laut
Baupolizeiordnung waren das genau 5,34 × 5,34 Meter. Eine Abfolge von drei oder vier Höfen war keine Seltenheit. Die Höfe waren meist über Durchfahrten von der Straße aus erreichbar. Mehrere Mietskasernen bildeten einen
Baublock. Die unglaublich enge Bauweise dieser Wohnblöcke kam einer
Kasernierung der Bewohner gleich, was den Namen begründet hat.
Welche Bezirke also eher Bezirke der Arbeiter und der ärmeren waren und welche überwiegend von Adligen bewohnt gewesen sind.
Bezirke speziell für Adlige gab es nicht.
Meine folgenden Aussagen beziehen sich auf das gesamte Gebiet des heutigen Berlins (Groß-Berlin, gibts es in der Form seit 1920, also erst nach dem Kaiserreich); als der Kaiser noch regierte bestand das heutige Berlin aus fünf Städten und einem dutzend Landkreisen u.ä., daher die große Zersplitterung; noch heute ist Berlin eigentlich keine Stadt, sondern ein Sammelsurium vieler Dörfer...
Daher gab es in Berlin auch eine relativ große Durchmischung der Bevölkerungsschichten; eine typische Situation für Berlin war, dass im Vorderhaus (im ersten Stock, der Belle Etage) ein wohlhabender Unternehmer wohnte; dessen kaufmännischen Angestellten wohtnen mit ihren Familien (wenn vorhanden) ebenfalls im Vorderhaus, je weniger der Verdienst desto höher das Stockwerk; Fahrstühle gab es nicht, und treppen steigen wollte man auch nicht. Tatsächlich nimmt die Raumhöhe in vielen Vorderhäusern mit jeder Etage ab. Unter dem Dach gab es öfters kleine Kammern für Diensboten oder die jüngsten Buchhalter etc.
Im Hinterhof lag oft der Betrieb des besagten Unternehmers. Diese räumliche Nähe zwischen Lebens- und Arbeitswelt war typisch für die frühe Industrialisierung, in Berlin aber angfeblich besonders oft anzutreffen. Es sorgte natürlich für kurze Wege, aber auch für eine starke Belastung der Wohngegenden mit Industrieschmutz, Abgasen und vor allem Lärm.
Die Seiten- und Hinterhäuser blieben oft den Arbeitern vorbehalten. Entsprechend sieht man noch heute, dass diese Gebäude "billiger" gebaut wurden (niedrigere Raumhöhe, dünnere Wände/Decken mit entsprechend schlechteren Isolierung, kleinere Räume bzw Wohnungen).
Dennoch etwas zu den Bezirken, die sich natürlich unterschieden. Wie in vielen europäischen Grostädten konzentrierten sich die Industriegebiete und "Arbeiterbezirke" (also die Gegenden, in denen u.a. viele Arbeiter wohnten, die daher eher ärmlich waren, und wo das oben beschriebene Phänomen mit der engen Verquickung von Wohnen und Industrie) eher im Osten der Stadt, die "bürgerlichen" Vororte eher im Westen. Grund ist die vorwiegende Windrichtung: In Europa kommt der Wind eher aus em Westen als aus dem Osten.
Berühmt-berüchtigte "Problemviertel" mit einer hohen Dichte an miesen Mietskasernen gab es in folgenden Bezirken bzw Ortsteilen: Kreuzberg, Wedding, Rixdorf (Nord-Neukölln), Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Moabit.
Auch in anderen Innenstadtbezirken wird es billige Mietshäuser gegeben haben; zu nennen wären Schöneberg, Tempelhof, Mitte etc. pp.
Interessant ist, dass sich diese Stellung noch heute an vielen Details im Stadtbild erkennen lässt. So gibt es noch heute zwei, drei Hinterhof-Reihen von einer Straße bis zur nächsten; also man betritt von der Straße einen Hinterhof, von dort führt ein Durchgang zum nächsten und so weiter, bis man auf der anderen Seite des Häuserblocks wieder auf der Straße steht(ich glaube, vier oder fünf Höfe sind es heute). Früher war das Normalität, bis zur sieben Höfe lagen damals hintereinander.
Ein andere Beispiel wäre die Berliner U-Bahn, die in den ehemaligen Arbeiterbezirken als oberirdische Hochbahn fährt; war wohl billiger zu errichten, und der Lärm störte nur ein paar Proletarier...
Ein Verweis noch auf diesen Thread, da habe ich mich schon zu einigem geäußert, Berliner Arbeiterwohnviertel betreffend:
http://www.geschichtsforum.de/f58/gesellschaft-alltag-freizeit-und-tagesablauf-29931/#post453193
Auch auf das Zille-Zitat, dass man einen Menschen mit einer Wohnung ebenso erschlagen könne wie mit einer Axt, sei hier noch einmal hingewiesen.
EDIT & P.S.: Berühmt-berüchtigte Villengegenden ist übrigens Wannsee (Ortsteil), im Prinzip ganz Zehlendorf (bis 2001 Bezirk); ähnlich war es schon zu Kaisers Zeiten mit Köpenick, Pankow, Reinickendorf, Spandau, Steglitz etc.pp.; auch in diesen Vororten gab es Wohnviertel, wo die Villen der besser Betuchten eindeutig dominierten.