Mithraskult VS. Christentum

Da werden mal wieder die Kulte durcheinandergewürfelt.

In der Kalendernotiz ist von Mithras nicht die Rede, da ist wohl klar der römische Staatskult gemeint.

Die Mithras-Anhänger haben sicher keine Zirkusspiele zum Geburtstag ihres Gottes veranstaltet.
Wobei die Innenschrift Sol Invictus Mithras schon interessant ist.

Wobei mir grad aufgefallen ist, dass das hier schon der zweite Thread ist zu dem Thema:
http://www.geschichtsforum.de/f78/mithraismus-als-vorlage-des-christentums-3210/index11.html
 
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Das ist doch der erwähnte Chronograph von 354, oder?
Ja, laut Chronograph von 354 ? Wikipedia:
Chronograph von 354 (der Name wurde von Theodor Mommsen geprägt) ist die moderne Bezeichnung für einen spätantiken Codex, den Furius Dionysius Filocalus im Jahre 354 n. Chr. im Auftrag des christlichen Aristokraten Valentinus schuf.
Darin hat Filocalus/ Philocalus wohl ältere chronographische Listen und Arbeiten zusammengestellt.

EDIT:
Wenn ich das richtig verstanden habe, enthält der Chronograph von Filocalus u. a.
- einen Kalender, wo zum 25. Dezember notiert ist: "N[atalis] Invicti, c[ircenses] m[issus] XXX"
- eine Liste "depositio episcoporum" (Begräbnistage römischer Bischöfe), die aufs Jahr 336 zurückgeht und den Beginn des Jahres mit dem 25. Dezember ansetzt. Auf die Liste folgt die Notiz „viii kal. Ian Ianuarius natus Christus in Betleem Iudeae.“


Ich hab jetzt aus Eigeninteresse auch noch mal nachgeschaut:

Die Edition von Mommsen ist, wie gesagt, im Netz verfügbar: dMGH | Band | Scriptores [Geschichtsschreiber] | Auctores antiquissimi (Auct. ant.) | 9: Chronica minora saec. IV. V. VI. VII. (I) | Chronographus anni CCCLIIII.
Der Chronographus anni CCCLIIII besteht aus 13 Teilen; das Inhaltsverzeichnis siehe auf S. 36.
Für den Tag der Feier der Geburt Christi sind die Teile XI Despositiones episcoporum (S. 70) und XII Feriale ecclesiae Romanae (S. 71) von Bedeutung.
Im ersteren Teil auf S. 70 werden die Todestage von zwölf röm. Bischöfen angegeben. Die Liste beginnt mit dem 27. Dez. (VI kal. Ianuaris) als Todestag eines Bischofs Dionysius, geht die Monate der Reihe nach durch und endet vorerst am 8. Dez. (VI idus Decemb.), dem Todestag des Eutychianus. Von diesen auf solche Weise aufgeführten Bischöfen starb der erste 255 n. Chr., der letzte 335 n. Chr. Erst darunter hat man dann noch zwei spätere Bischöfe hinzugefügt, einer starb 336, der andere 352. Diese beiden sind aber nicht mehr in der vorher beobachteten Ordnung der Monate, sondern einfach unten drunter vermerkt. Folglich muss, als die Liste 335/336 n. Chr. (vorläufig) fertiggestellt wurde, das römische Kirchenjahr nach dem 8. Dez. und vor dem 27. Dez. begonnen haben - sehr wahrscheinlich eben am 25. Dez. (wie auch aus Folgendem zu schließen ist).
Im Teil XII auf S. 71 folgt dann eine Liste, die das röm. Kirchenjahr durchgeht, um kirchliche Feiertage u. Märtyrerfeste anzugeben. Sie beginnt mit:
VIII kal. Ian. - natus Christus in Betleem Judeae


Der Rest hat mich Nerven gekostet.:weinen: Den 25. Dez. als Geburtstag des sol invictus kann man in Mommsens Ausgabe gar nicht finden.:motz: Irgendwann bin ich drauf gekommen, dass jener "Kalender", in dem der Tag angegeben sein soll, etwas mit dem Teil VI Imagines mensium XII cum fastis menstruis (S. 48) zutun haben könnte. Dort ist er aber nicht abgedruckt und den lateinischen Erläuterungs-Text des Herausgebers verstehe ich nicht. Dafür findet sich in dem Text allerdings ein Verweis auf "C.I.L. I p. 379". Also dort nachgeschaut und: :confused: der erste Band hat ja gar nicht so viele Seiten.:mad: Dann kam mir die Idee mal auf S. 279 nachzuschauen.:detektiv: Tatsächlich!!!
Die Fasti Philocali p. Chr. 354 sind im CIL I (http://arachne.uni-koeln.de/Tei-Viewer/cgi-bin/teiviewer.php?scan=BOOK-878766-0014_533246) auf den S. 254-279 zu finden. Dieser Kalender geht von Jan. bis Dez. jeden einzelnen Tag des julian. Kalenders durch und vermerkt Spiele, Feiertage usw. Unter mensis december steht auf S. 279:
VIII KAL IAN - N INVICTI CM XXX
Der Text ist wohl so zu vervollständigen wie bei Sepiola.
 
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The Chronography of 354 AD. Part 1: title page and dedication.* Die Calenderbilder, Berlin (1888) figure 3.
Hier ist nocheinmal das Original der Chronographie (ein Scan der Originaltexte/Kopien) sowie er in den Museen liegt.

Super, die Seite kommt sofort in meine Linksammlung.

Part 6, letzte Seite, Zeile 25 findet man den 25. Dez. als Geburtstag des sol invictus. Dazu mal noch eine Frage:
Die Zahl XXX hinter den "angeordneten Spielen" (C[ircenses] M[issus]), was sagt die aus? Dass die Spiele zur Zeit der Abfassung des Philocalus-Kalenders zum 30. Mal stattfanden? Oder was sonst?
 
Kann auch sein, dass 30 Wagenrennen gemeint sind.

Ja, sowas könnte wohl eher hinhauen. Hab den Kalender nochmal überflogen: Hinter den CM stehen zig-mal immer nur XXIIII. Ausnahmen finde ich nur in drei Fällen: am 1. Juni (CM XII), am 22. Okt. (CM XXXVI) und eben am 25. Dez. (CM XXX). Stimmt schon, kaum vorzustellen, dass die unzähligen Spiele, hinter denen die Zahl 24 steht, alle um 330 n. Chr. (354-24) eingesetzt worden sind. Außerdem wäre der Kalender dann im Jahre 355 n. Chr. in dieser Hinsicht ja schon wieder überholt gewesen.
 
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In der pseudocyprianischen Schrift "De pascha computus" finden wir den Hinweis, dass Jesus am gleichen Tag wie die "Sonne" geboren sein soll.
Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum - Google Books (Der Anfang von Kapitel 19)

Und der Tag, an dem die Sonne erschaffen und Christus geboren ist, ist:
Mittwoch, 28. März.

O quam praeclara et diuina Domini prouidentia, ut in illo die quo factus est sol in ipso die nasceretur Christus, V kl. Apr. feria IIII
 
Nach dem Buch "The Cult of Sol Invictus" von Brill Archive steht die XXX für 30 Wagenrennen die an diesem Tag durchgeführt wurden.
Also wird damit eure Vermutung noch einmal bestätigt.
 


Simone Paganini (Prof. für Theologie an der RWTH Aachen) behauptete eben im Mittagsmagazin auf dem ZDF, die Geburt habe im Frühjahr stattgefunden. Leider habe ich die Begründung nicht mitbekommen. Grundsätzlich hatte ich aber mit einigen seiner Aussagen Probleme, - gut der Mann ist Theologe, kein Historiker, aber ich hatte durchaus den Eindruck, dass er sich auch von Historikern ernstgenommen fühlen wollte.
 
Passenderweise gibt es seit kurzem auch ein Buch von Paganini.
Ein paar Stückchen daraus gibt es da: DAS! mit Theologe Simone Paganini
In dem Link heißt es ja sogar ...Simone Paganini [...] hat nun gemeinsam mit seiner Frau [...] einen amüsanten Faktencheck zur Weihnachtsgeschichte vorgelegt. "Von wegen Heilige Nacht" heißt ihr lesenswertes Buch.
Ich will dem Buch gar nicht absprechen, dass es amüsant und lesenswert ist. Aber bei "Faktencheck" habe ich gaaaanz große Skepsis.
Er sagte selber in der Sendung heute (ZDF mima, sinngemäß): Da sich auch jüdische und römische Quellen darin einig sind, dass Jesus gestorben ist, muss er auch geboren sein. Darauf kann ich mich intersubjektiv einigen. Alles weitere finde ich als Historiker extrem grenzwertig.
 
Simone Paganini (Prof. für Theologie an der RWTH Aachen) behauptete eben im Mittagsmagazin auf dem ZDF, die Geburt habe im Frühjahr stattgefunden. Leider habe ich die Begründung nicht mitbekommen.

Eine faktenbasierte Begründung wird er ebensowenig gehabt haben wie in dem Interview, das er vor drei Jahren gab.

Hier die korrekte Antwort:
Wann hat das Jesuskind denn dann Geburtstag?


Paganini: Das weiß man nicht. Die antiken Quellen sagen uns gar nichts darüber.

Und hier eine Portion Spekulatius:
Gibt es noch eine andere Erklärung für den Geburtstag im Winter?


Paganini: Weniger romantisch ist die touristenfreundliche Erklärung. Im dritten und vierten Jahrhundert begannen Pilgerfahrten ins Heilige Land. Da kamen die Leute aus ganz Europa, um an den historischen Orten die wichtigen Feste des Christentums zu feiern. Zum Beispiel Ostern, das Fest der Auferstehung, und Weihnachten, das Fest der Geburt. Es ist wahrscheinlich, dass Jesus gar nicht im Winter, sondern im Frühjahr geboren wurde. Aber weil man nicht zwei wichtige Feste direkt hintereinander feiern wollte, hat man sich für den 24. Dezember entschieden. So konnte man mehr Touristen anlocken — im Winter und im Frühling.
Aachen: Kinderuni: Wann hatte Jesus Geburtstag?


EDIT:

Hier wird es nachvollziehbarer:
Herr Paganini, jetzt feiern wir Weihnachten seit Ewigkeiten im kalten Dezember und am liebsten mit Schnee – und nun machen Sie uns das madig.
Simone Paganini: Ewigkeiten würde ich nicht sagen, wir feiern Weihnachten etwa seit dem Jahr 354 im Dezember. Davor hat man Weihnachten gar nicht gefeiert, und wenn, dann im Frühjahr.
Interview: Die gar nicht so Heilige Nacht - Kultur
So ist es einigermaßen korrekt.

Das mit dem Mai habe ich inzwischen gefunden, bei Clemens von Alexandria:
"Manche wollen mit übertriebener Genauigkeit bei der Geburt unseres Heilands nicht nur das Jahr, sondern auch den Tag angeben; sie setzen die Geburt in das 28. Jahr des Augustus, und zwar auf den 25. Pachon."
https://www.unifr.ch/bkv/kapitel167-44.htm

Der 25. Pachon entspricht dem 20. Mai.
 
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Ich unterhielt mich eben mit einem Muslim, der meinte, Jesus müsse im Sommer geboren sein. Ich: "?"
Er: "Im Qur'ân steht, dass Meriyam mit Jesus schwanger unter einer Palme saß und ihr eine Dattel auf den Kopf fiel. Das kann nur im Sommer gewesen sein."
 
"Im Qur'ân steht, dass Meriyam mit Jesus schwanger unter einer Palme saß und ihr eine Dattel auf den Kopf fiel. Das kann nur im Sommer gewesen sein."
Leider steht im Koran nicht im wievielten Monat Maria schwanger war als sie unter der Palme saß. Somit würde eigentlich nur das Frühjahr als Jahreszeit der Geburt Jesu ausscheiden.
 
Leider steht im Koran nicht im wievielten Monat Maria schwanger war als sie unter der Palme saß.
Die Wehen hatten schon eingesetzt, da erübrigt sich die Frage nach dem Monat. (Sure 19)

Ich unterhielt mich eben mit einem Muslim, der meinte, Jesus müsse im Sommer geboren sein. Ich: "?"
Er: "Im Qur'ân steht, dass Meriyam mit Jesus schwanger unter einer Palme saß und ihr eine Dattel auf den Kopf fiel. Das kann nur im Sommer gewesen sein."
Wenn Allah unversehens ein Bächlein aus dem Boden hervorsprudeln lassen konnte, dann konnte er auch im Winter Datteln von der Palme fallen lassen.
 
Als Historiker wird man wohl kaum wirklich sagen können, ob Jesus im Frühling, Sommer, Herbst oder Winter geboren wurde.

Alle Ideen es irgendwie aus der Bibel hinaus zu lesen, sind aus einem wissenschaftlichen methodischen Atheismus zum scheitern verurteilt.

Warum ich das sage, sehen wir uns mal die Idee man könnte den Stern von Bethlehem, mit einer Konstellation von Saturn und Jupiter erklären. Das impliziert ja, dass Jesus Geburt von einem astronomischen Konstellation begleitet war, dies kann man aber nur annehmen, wenn man Jesus als Messias annimmt. Als Theologe möglich, aber für einen Historiker nicht möglich.
 
Als Historiker wird man wohl kaum wirklich sagen können, ob Jesus im Frühling, Sommer, Herbst oder Winter geboren wurde.

Alle Ideen es irgendwie aus der Bibel hinaus zu lesen, sind aus einem wissenschaftlichen methodischen Atheismus zum scheitern verurteilt.

Sie sind auch ohne methodischem Atheismus zum Scheitern verurteilt, weil die Bibel keinerlei Aussage zur Jahreszeit macht.
Das gilt auch für den Stern von Bethlehem, den man je nach Gusto mit irgendeiner Konjunktion, einem Kometen oder einer Nova verbinden mag. Aus den diversen Stern-Hypothesen lassen sich keine gültigen Schlussfolgerungen ziehen, weder auf historischer noch auf theologischer Ebene.
 
Alle Ideen es irgendwie aus der Bibel hinaus zu lesen, sind aus einem wissenschaftlichen methodischen Atheismus zum scheitern verurteilt.
Methodisch kann man sagen, dass die Geburtsgeschichte wahrscheinlich so, wie erzählt unwahr ist und Jesus mit einiger Wahrscheinlichkeit in Galiläa und dort wahrscheinlich in Nazareth geboren wurde (wenngleich es immer wieder Behauptungen gibt, dass Nazareth zu Jesu Zeit noch gar nicht bestanden habe, ein belastbares Argument, warum das so seo, ist mir noch nicht untergekommen).
Warum ist die Geburtsgeschichte in der überlieferten Form vermutlich unwahr? Es scheint zunächst einmal so, dass das mit Quirinius und der Volkszählung passt, aber irgendwie passen all die historischen Angaben zu Geburtskontext tatsächlich nicht so recht zusammen. Dann der Ort Bethlehem - übersetzt 'Haus des Fleisches' - geradezu eine toponymische Einladung die Menschwerdung Gottes hierher zu verfrachten, zumal dies auch "die Stadt Davids" war, an den Jesus genealogisch angeknüpft wurde. Als König der Juden trat er gewissermaßen im Gegensatz zu den herodianischen Emporkömmlingen sein rechtmäßiges Erbe an. Lassen wir die ganzen wundersamen Erscheinungen - Paganini versucht wohl auch Engel und Schäfer zu rationalisieren - mal beiseite.
 
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