Guten Abend allerseits,
ich habe mich in letzter Zeit des öfteren mit der politisch vll interessantesten und letztlich wohl auch aus deutscher Sicht entscheidendsten Zeit des Zweiten Weltkriegs beschäftigt - also der Zeit vom Sommer 1940 bis zum Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941.
Als Interessierter ist klar, dass man dabei auf diplomatischer Ebene sehr schnell auf den Molotow-Besuch von November 1940 stößt.
Nach diesem Besuch kommt es letztlich von deutscher bzw. Hitlers Seite zu der Erkenntnis, dass "der Russe nach Europa will".
Trotz der Versuche, das sowjetische Interesse auf eine im Falle einer britischen Niederlage entstehende Konkursmasse in Südasien (Indien) bzw. dem nahen Osten (Irak) zu lenken, besteht die SU wohl auf Ihre Forderungen bzgl. Europa.
Ob Barbarossa letztlich daraus resultierte oder ob dies Hitler letztlich egal war, da er so oder so die SU plante anzugreifen, soll hier nicht Gegenstand der Diskussion sein.
Interessant scheinen mir letztlich einige Punkte, die ich so aus diplomatischer und auch militärischer Sicht nicht nachvollziehen kann und wobei mir gerne klar wäre, ob es diesbezüglich auf deutscher Seite Überlegungen gab.
Konkret geht es um die Forderungen bzgl. Finnland, Rumänien, Bulgarien und der Türkei.
S. 15/16:
https://www.degruyter.com/downloadp...e-1/mgzs.1998.57.1.199/mgzs.1998.57.1.199.pdf
Gab es jemals auf deutscher Seite die Überlegung, der sowjetischen Forderung bzgl. Finnlands und der Türkei wenigstens temporär nachzuweben?
Denn ein dürfte klar sein:
Ein erneuter Krieg der SU ggü Finnlands und sogar ggü der Türkei hätte Deutschland scheinbar doch nicht geschwächt.
Wo wären denn die Interessen Deutschlands in Finnland gewesen? Worin hätte eine Schwächung Deutschlands bestanden, wenn die SU Finnland besetzt hätte?
Im Gegenteil, die SU wäre in einem Angriffskrieg verstrickt gewesen, welcher sie international weiter diskreditiert hätte, bei einer Besetzung hätte die SU Mittel aufwenden müssen, die sie nicht zur Verteidigung ihrer Kerngebiete hätte aufbringen können.
Wenn sie den Feldzug ähnlich wie 39/40 wieder mit großen Schwierigkeiten geführt hätte, wäre dies für das Deutsch Reich sogar ein Gewinn gewesen.
Bei Rumänien sind die Bedenken aufgrund der Erdölfelder klar ersichtlich, aber was ist bezogen auf die Türkei?
Wenn man auf Deutscher Seite gesagt hätte: Bitte sehr, vergreift euch ruhig an der Türkei (ohne unser Zutun verständlich), wir werden nicht eingreifen, was hätte dies denn für Deutschland für negative Folgen gehabt?
Die SU hätte horrende Kräfte aufwenden müssen, wäre endlich auch in einem aktiven Krieg verstrickt gewesen und hätte nicht nur zuschauen können, wie das Deutsche Reich gegen GB ausblutet.
Letztlich würden sich selbst bei einer Besetzung der Türkei durch die SU für das Deutsche Reich die Nachteile in Grenzen halten, da die SU:
1. wieder international diskreditiert wäre
2. Kräfte Ihrerseits gebunden wären
3. sich die strategische Verteidigung ggü dem Deutschen Reich nicht verbessert hätte
4. man bei einem Deutsch-Sowjetischen Krieg sogar mit Aufständen in der Türkei rechnen könnte.
Also nochmal kurz und knapp:
Fasste die Deutsche Führung 1940/41 niemals die Option ins Auge, die Sowjetunion durch Kriege in peripheren Randgebieten wie Finnland und der Türkei zu binden, wobei selbst bei einem (wahrscheinlichen irgendwann erfolgenden) Sieg der SU strategische Nachteile marginal gewesen wären und diese zum Teil hätte "ausgeblutet werden können" um selbst 'Zeit zugewinnen?
Die Westmächte wären nebenbei wahrscheinlich in so einem Falle eher gehemmt gewesen, die SU als gleichberechtigten Bündnispartner zu akzeptieren.
Gibt es dazu irgendwelche Überlegungen?
Ich finde es seltsam, dass das Deutsche Reich zu dem Zeitpunkt alleine Krieg gegen das Empire führte, ein Krieg gegen die SU in vielen Bereichen bereits geplant wurde, man aber (aus meiner Kenntnis heraus) zu keinem Zeitpunkt die Strategie verfolgte, die SU selbst auch an irgendwelchen Fronten zu binden, damit diese ebenfalls beschäftigt gewesen wäre.
Wäre sehr dankbar über Infos oder eine angeregte Diskussion
Viele Grüße
Trojan
ich habe mich in letzter Zeit des öfteren mit der politisch vll interessantesten und letztlich wohl auch aus deutscher Sicht entscheidendsten Zeit des Zweiten Weltkriegs beschäftigt - also der Zeit vom Sommer 1940 bis zum Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941.
Als Interessierter ist klar, dass man dabei auf diplomatischer Ebene sehr schnell auf den Molotow-Besuch von November 1940 stößt.
Nach diesem Besuch kommt es letztlich von deutscher bzw. Hitlers Seite zu der Erkenntnis, dass "der Russe nach Europa will".
Trotz der Versuche, das sowjetische Interesse auf eine im Falle einer britischen Niederlage entstehende Konkursmasse in Südasien (Indien) bzw. dem nahen Osten (Irak) zu lenken, besteht die SU wohl auf Ihre Forderungen bzgl. Europa.
Ob Barbarossa letztlich daraus resultierte oder ob dies Hitler letztlich egal war, da er so oder so die SU plante anzugreifen, soll hier nicht Gegenstand der Diskussion sein.
Interessant scheinen mir letztlich einige Punkte, die ich so aus diplomatischer und auch militärischer Sicht nicht nachvollziehen kann und wobei mir gerne klar wäre, ob es diesbezüglich auf deutscher Seite Überlegungen gab.
Konkret geht es um die Forderungen bzgl. Finnland, Rumänien, Bulgarien und der Türkei.
S. 15/16:
https://www.degruyter.com/downloadp...e-1/mgzs.1998.57.1.199/mgzs.1998.57.1.199.pdf
Gab es jemals auf deutscher Seite die Überlegung, der sowjetischen Forderung bzgl. Finnlands und der Türkei wenigstens temporär nachzuweben?
Denn ein dürfte klar sein:
Ein erneuter Krieg der SU ggü Finnlands und sogar ggü der Türkei hätte Deutschland scheinbar doch nicht geschwächt.
Wo wären denn die Interessen Deutschlands in Finnland gewesen? Worin hätte eine Schwächung Deutschlands bestanden, wenn die SU Finnland besetzt hätte?
Im Gegenteil, die SU wäre in einem Angriffskrieg verstrickt gewesen, welcher sie international weiter diskreditiert hätte, bei einer Besetzung hätte die SU Mittel aufwenden müssen, die sie nicht zur Verteidigung ihrer Kerngebiete hätte aufbringen können.
Wenn sie den Feldzug ähnlich wie 39/40 wieder mit großen Schwierigkeiten geführt hätte, wäre dies für das Deutsch Reich sogar ein Gewinn gewesen.
Bei Rumänien sind die Bedenken aufgrund der Erdölfelder klar ersichtlich, aber was ist bezogen auf die Türkei?
Wenn man auf Deutscher Seite gesagt hätte: Bitte sehr, vergreift euch ruhig an der Türkei (ohne unser Zutun verständlich), wir werden nicht eingreifen, was hätte dies denn für Deutschland für negative Folgen gehabt?
Die SU hätte horrende Kräfte aufwenden müssen, wäre endlich auch in einem aktiven Krieg verstrickt gewesen und hätte nicht nur zuschauen können, wie das Deutsche Reich gegen GB ausblutet.
Letztlich würden sich selbst bei einer Besetzung der Türkei durch die SU für das Deutsche Reich die Nachteile in Grenzen halten, da die SU:
1. wieder international diskreditiert wäre
2. Kräfte Ihrerseits gebunden wären
3. sich die strategische Verteidigung ggü dem Deutschen Reich nicht verbessert hätte
4. man bei einem Deutsch-Sowjetischen Krieg sogar mit Aufständen in der Türkei rechnen könnte.
Also nochmal kurz und knapp:
Fasste die Deutsche Führung 1940/41 niemals die Option ins Auge, die Sowjetunion durch Kriege in peripheren Randgebieten wie Finnland und der Türkei zu binden, wobei selbst bei einem (wahrscheinlichen irgendwann erfolgenden) Sieg der SU strategische Nachteile marginal gewesen wären und diese zum Teil hätte "ausgeblutet werden können" um selbst 'Zeit zugewinnen?
Die Westmächte wären nebenbei wahrscheinlich in so einem Falle eher gehemmt gewesen, die SU als gleichberechtigten Bündnispartner zu akzeptieren.
Gibt es dazu irgendwelche Überlegungen?
Ich finde es seltsam, dass das Deutsche Reich zu dem Zeitpunkt alleine Krieg gegen das Empire führte, ein Krieg gegen die SU in vielen Bereichen bereits geplant wurde, man aber (aus meiner Kenntnis heraus) zu keinem Zeitpunkt die Strategie verfolgte, die SU selbst auch an irgendwelchen Fronten zu binden, damit diese ebenfalls beschäftigt gewesen wäre.
Wäre sehr dankbar über Infos oder eine angeregte Diskussion
Viele Grüße
Trojan