Freund07
Ein konventionelles Übergewicht der Sowjetunion hat es in den Jahren 1945 bis 1949 gegeben, danach entspringen diese Behauptungen der Propaganda des Kalten Krieges.
Was die Geostrategischen Vorteile angeht: da würde ich die Nato nicht überbewerten. Zwar hatte diese ein räumlich deutlich größeres Netz, aber das ist nicht automatisch ein Vorteil. Während Russland alle notwendigen Rohstoffe im eigenen Land gehabt hat, war die Nato viel anfälliger.
Die genannte viel stärkere Flotte der Nato resultierten genau daher, weil man keinen solchen Vorteil der Inneren Linie hatte wie die Sowjetunion.
Den Krieg auf See hätte die Nato Flotte aber nicht logischerweise gewonnen. Flugzeugträger waren zu diesem Zeitpunkt bereits recht anfällig für Racketen wie Landgestützte andere Waffen, überhaupt wäre die Seekriegsführung nachrangig der Landschlacht gewesen.
Wie sieht es nun in der Luft und am Land aus.
Du nennst hier die Jahre bis 1949 und behauptest, ab 1949 wäre das nur noch Propaganda gewesen, das sehe ich nicht so. Die Sowjetischen Landtruppen waren noch deutlich länger deutlich stärker als die Nato Landtruppen.
Entschieden worden wäre aber ein konventioneller Konflikt wie auch andere moderne Kriege über die Frage der Lufthoheit.
Der Primärpunkt den man also diskutieren müsste ist, ob die Nato Luftwaffen die Sowjetische hätten schlagen können. Hier per se eine Überlegenheit der Nato zu attestieren finde ich verwegen, es gibt viele Beispiele wie z.b. den Korea Krieg, in denen im Vergleich zum Gesamt vorhandenen geringe Anzahlen neuester sowjetischer Flugzeuge größte Probleme bereiteten.
Auch erstaunt dann wieder die Aussage einer Überlegenheit nur bis 49, viele bedeutende sowjetische Waffensysteme die konventionell eine echte Bedrohung waren kamen ja erst deutlich später.
Man kann viel über die Tatsächliche Situation ja auch aus den Reaktionen der Nato in Bezug auf die konventionelle Rüstung ableiten.
Die Nato rüstete primär defensiv und setzte extreme Schwerpunkte bei Luftabwehr und Panzerabwehr.
Noch in den 70er und 80er Jahren hatte der Warschauer Pakt ungefähr 6 bis 8 Mal so viel Kampfpanzer wie die Nato insgesamt. Und obwohl die westlichen Panzer zu diesem Zeitpunkt bereits besser waren, waren sie nicht so gut um bei einem solchen Zahlenverhältnis noch auszureichen. Üblicherweise ging man z.b. von 3 T 72 aus die einen Leopard 2 aufwiegen würden, und die Sowjets hatten 5 mal so viele T 72 wie Leopard und andere vergleichbar moderne westliche Panzer.
Selbst noch in den 90er Jahren sah die Sache immer noch so aus:
UDSSR:
4000 T-80
9500 T-64
10 000 T-72
10 000 T- 62
18 000 T- 54/55
1000 PT-76
sowie:
25 000 BMP 1/2
40 000 BTR -50/ -60/ -70/ -80/ -152
2000 BMD
4000 MT-LBs
Rohrartillerie:
ca. 40 000 122mm, 130mm, 152mm FH´s; sowie 122mm und 152mm PzH´s
Mörser:
14 000 82-, 120-, 160-, und 240mm
Raketenaritillerie:
7 500 122-, 140-, und 240mm sowie SMERCH 300mm
PaK:
ca. 8000 57-, 70-, 85-, und 100mm Geschütze und ASU-57/85 SP guns
Dazu kamen noch ca. 1700 Startgeräte für Kurzstreckenraketen wie FROG und SCUD
Quelle: World Defense Almanac von 1991 (Military Technology Magazine)
Außerdem sollte man grundsätzlich bedenken, dass die Sowjets nie mit einem rein konventionellen Krieg gegen die Nato rechneten. Ihre gesamte rüstung sah im Kriegsfall den massivst möglichen Einsatz taktischer Nuklearwaffen vor.
Die ABC Abwehr der Warschauer Pakt Staaten war Prioritär und der in den Nato Staaten weit überlegen. Während die Nato Streitkräfte in einem Atomkrieg in kürzester Zeit ausgefallen wären, wären immer noch ausreichende Zahlen von Streitkräften der UdSSR ausreichend lange vorhanden gewesen.
Folgender Text ist von einem Bekannten von mir von dem ich ihn dankenswerter Weise kopiere (dank an den Zeitgeist) :
Alles was nach der Wende aus den östlichen Archiven ausgegraben wurde, insbesondere zu den verschiedenen WP-Manövern 82-84, deutet darauf hin, dass eine Offensive gegen AFCENT unmittelbar mit taktischen Nuklearwaffen eröffnet worden wäre, was vor allem die angebliche Überlegenheit der NATO im Bereich der Luftstreitkräfte (zu diesem Mythos gleich noch mehr) praktisch neutralisiert hätte.
2. Luftstreitkräfte
Wenn man dennoch einen konventionellen Konflikt annimmt, wird oft das Argument der Überlegenheit der NATO in diesem Bereich vorgebracht, ausgehend von Erfahrungen in den Jahren 1982 (Bekaa-Tal mit phänomenalen Abschussquoten zugunsten der Israelis), 1986 (Libyen), und 1991 (Irak). Das stimmt leider nur teilweise. Zwar lief die Einführung von sowjetischen Mustern der 4. Generation (MiG-29, Su-27 etc.) erst ab 1985 halbwegs an (von Hokum und Havoc gar nicht zu reden, die gibt es auch heute nicht in substantieller Zahl), so dass man in den kritischen Jahren hauptsächlich mit älteren Mustern konrontiert worden wäre, aber auch diese waren weitaus leistungsfähiger, als die Ergebnisse mit Exportversionen in diversen "Stellvertreterkriegen" vermuten lassen würde.
Vor allem im Bereich der präzisionsgelenkten Waffen und BVR-Luft-Luft-Bewaffnung war man der NATO lange Zeit sogar deutlich voraus, wenn man die Verbreitung über verschiedene Flugzeugmuster betrachtet. Die vielgepriesene F-16, die damals einen großen Teil der NATO-Luftstreitkräfte ausgemacht hätte, war damals (bis ca. 1991) in der F-16A, Block-10-Version im Grunde ein Schönwetterjäger, der außer AIM-9 und ungelenkter Luft-Boden-Bewaffnung nichts spektakuläres zu bieten hatte. Jedenfalls nichts, mit dem man die ungeheure quantitative Übermacht an MiG-23 mit (wenn auch rudimentären) BVR-Fähigkeiten beikommen konnte. Im Mittelabschnitt stützte sich die NATO BVR-mäßig zu dieser Zeit lediglich auf eine geringe Zahl amerikanischer F-15 mit AIM-7 Sparrow, ansonsten sah es ziemlich düster aus.
Genauso karg war die Verbreitung von PGMs im Luft-Boden-Einsatz. Hier war man primär auf die F-111F aus Lakenheath/UK angewiesen, RAF-Tornados mit TIALD/GBU-16 wurden erst 1991 eingeführt, die Bundeswehr hatte zehn Jahre später immer noch nichts vergleichbares. Tatsächlich ging durch durch die Einführung der F-16 in der USAF sogar ein Teil dieser Kapazität verloren, da die F-4E mit Pave Tack abgezogen wurden. Wie "erfolgreich" man mit konventioneller, "dummer" Bewaffnung bei Counter-Air-Einsätzen ist, konnte man 1991 sehen, als die JP233-Angriffe der Briten im Irak insgesamt ein ziemlicher Fehlschlag waren. Ohne bunkerbrechende Präzisionsbewaffnung wäre ein Schließen der Flugplätze in Ostdeutschland wohl kaum möglich gewesen. Weiterhin stand nur eine einzige Staffel F-4G für SEAD-Einsätze zur Verfügung, ansonsten konnte damals noch niemand HARM einsetzen.
Im Vergleich dazu war im Osten praktisch jedes Luft-Boden-Muster (vor allem Su-22, MiG-27, Su-24) für TV- bzw. lasergelenkte Bewaffnung ausgelegt, weiterhin konnte man auch Anti-Radar-Flugkörper mit jedem genannten Flugzeug einsetzen.
Wenn man sich nun vor Augen führt, dass der NATO von der ersten Stunde an nicht nur jeweils eine Staffel gegenüberstand, sondern die Luftoffensive in mindestens 3 Abschnitten mit jeweils mehr als tausend Maschinen geführt worden wäre, würde ich gerade im Kräfteverhältnis der Luftstreitkräfte nicht in Euphorie verfallen.
Zusammenfassung:
Der Warschauer Pakt war der Nato konventionell deutlich überlegen. Diese Überlegenheit endete erst ab den 80er Jahren und ist keine Kalter Krieg Propaganda. Die Sowjets waren nicht bis 1949 überlegen und dann nie wieder, die Überlegenheit kam sogar erst danach, ab der Gründung des Warschauer Paktes.
Die Geostrategische Lage die den Sowjets eine Innere Linie ermöglichte bei gleichzeitiger räumlicher Nähe eines Gros der Europäischen Nato Kernländer hätte eine Landschlacht in Europa stets zu ihren Gunsten ausgehen lassen. In Zentralasien gilt dies ebenso. Eine Invasion der Sowjetunion selbst durch die USA wäre ebenso unmöglich gewesen wie umgekehrt eine Invasion der USA, daher wäre das konventionelle Kriegsgeschehen auf Europa und Zentralasien begrenzt gelaufen und hier hätte der Warschauer Pakt Luftüberlegenheit herstellen können und die Landstreitkräfte wären ohnehin weit überlegen gewesen.
Noch eine Anekdote: als die Wende war sind von der BW etliche rüber zur Aufklärung was den nun die NVA alles hat, es war nur noch erstaunlich, wie stark selbst zu dieser Zeit militärisch nur diese Streitmacht noch gewesen wäre. Und das war schon ganz am Ende.