Neronische Christenverfolgung

Der eigentliche Buchtip bei Krämer/Trenkler lautet:
Philipp Vandenberg: Nero: Kaiser und Gott, Künstler und Narr, München 1981.
Eine Neuauflage hat Bastei Lübbe 2000 herausgebracht.
 
Mein Buchtipp:

"Lothar Baus

Quo Vadis Kaiser Nero?

Die Rehabilitation des Nero Caesar und der Stoischen Philosophie

Asclepios Edition"


Sehr spannend, Nero mal anders. :hoch:
 
Ich empfehle Dir mein Buch, das aber leider noch nicht erschienen ist. Darin einige neue Einsichten in die Zielgerichtetheit Neros, die Vermischung von Christen und Senatsaristokratie und über den nicht nur zeitlichen Zusammenhang von Christenverfolgung und Pisonischer Verschwörung. Wenn Du magst könnte ich dir (noch nicht völlig zum Druck freigegebene) Auszüge per email zusenden.
 
Hey, ja gerne! Bin für jeder Hilfe dankbar :) Wie heißt denn Dein Buch? Wann erscheint es denn voraussichltich?
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LG Sissi
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Freut mich!
Also: Arbeitstitel: "Das Satyrische Evangelium des Petronius. Die Wiederentdeckung einer Evangelienparodie aus der Zeit der ersten Christen in Rom" Zusammen etwa 550 Seiten, ich hoffe, dass es doch noch bis Weihnachten auf den Gabentischen liegen wird.
Im Historischen Teil behandle ich ausführlich die Frage, wer zu den römischen Christen gehörte.
Kann ein paar Tage dauern, weil ich grad Stress mit meinem Compu habe. Konkrete Fragen kannst du ja schon mal so stellen... Geduld!
 
Hallo Sissi!
Ja, Tacitus glaubte nicht an die Schuld der Christen. Das gibt einem schon zu denken, da er eigentlich gegen sie eingestellt war.
Nero ließ die zerstörten Viertel nach seinen Vorstellungen wieder Aufbauen. Das erhärtete den Verdacht gegen ihn.
Aber für mich liegt es durchaus im Beriech des Möglichen, dass Rom von alleine anfing zu brennen. Ist ja öfters vorgekommen. Dieser Brand war sicherlich ein sehr schwerer, deshalb wurde krampfhaft nach einem Schuldigen gesucht. Nero konnte natürlich nicht zulassen, dass der Verdacht an seiner Person hängen blieb und wälzte sie auf die Christen ab. Diese dürften nach der Hinrichtung des Paulus im gleichen Jahr noch in den Köpfen des Volkes gewesen sein.
Ich frage mich auch, ob es eine Rolle gespielt hat, dass Neros Frau sich zum Judentum bekannte?
Jedenfalls sind Neros Bemühungen, die Schuld von sich abzuwälzen gescheitert. Geht man nach Tacitus glaubte kein Mensch an die Schuld der Christen!
 
Hallo Panthea!
Es soll ja auch gerüchte gegeben haben, daß Nero während des Brandes auf seinem Balkon gestanden haben soll, und Homers Ilias rezitierte, um den Brand von troja "live" zu erleben. Das widerum würde die anschuldigungen bestätigen. Brände hat es immer gegeben, aber in den Ausmaß waren sie doch eher selten.
 
Meines Wissens richtete nur noch ein Brand annähernd großen Schaden an. Der war im Jahr 390v. Also, das ist schon richtig: derart gebrannt hat es nicht oft!
Nero war in Antium als der Brand anfing. Er eilte dann natürlich sofort nach Rom. Es entstand das Gerücht, er habe auf dem Turm des Maecenas gestanden und seine eigene Komposition vom Untergang Trojas gesungen! Sein eigener Palast ist ja auch abgebrannt.
Aber auch die Kritiker von Nero müssen ihm bescheinigen, dass seine Katastrophenhilfe und sein Wiederaufbauprogramm erstklassig war, und auch eine große Fähigkeit als Herrscher erkennen lassen.
 
Es gibt eine Reihe von ...Erzähltem...dass die Schuld Neros an diesem Brand untermauern soll.
Fakt ist jedoch erstmal: Ca. am 19.07 64 n.Chr. brach nahe dem Circus Maximus ein Brand aus. Für einen Staatsmann wie Nero wäre die Vernichtung des Circus ein verheerendes Ereignis gewesen, da dortige Veranstaltung für sein Ansehen wichtig waren und er ja auch selbst wie wir wissen der Rennleidenschaft frönte.
Das Feuer selbst fraß nicht nur fast die gesamte Stadt bis auf ca 14 Stadtteile sonder auch Bereiche des Palastes auf dem Palatin. Wäre Nero also in seinem Palast gewesen und hätte jubiliert hätte er einen heißen Auftritt gehabt (entschuldigt bitte den Wortwitz).
Aber: Nero war zum Ausbruch des Feuers in Antium. Statt dessen ließ er Notunterkünfte organisieren, und zwar in öffentlichen Gebäuden (die Priesterschaft wird dafür eine Aufwandsentschädigung von ihm bekommen haben), außerdem gab es eine große Versorung mit Getreide.
Nach dem Brand brachte er sehr strenge Gesetze auf den Weg, die diese Katastrophe zukünftig verhindern sollten. Auch spendete er Geld für den Wiederaufbau (und ließ einige neue Gebäude errichten).
Aber da er auch mit dem Bau seines "Goldenen Hauses" begann paßt natürlich eine Theorie, wie sie eher auf Crassus zutraf.

So heißt es z.B. dass seine Soldaten, nachdem der Brand schon ausgedehnt war, durch Rom liefen und mit Fackeln Häuser ansengten. Oder in anderen Gebieten die Menschen wegtrieben.
Aber: hätte Nero einen solchen Brand legen lassen, wäre dies nicht unverborgen geblieben und keine Mutmaßung gewesen sondern Sicherheit. Die Soldaten wären dann wohl nicht erst losgelaufen als es schon brannte.
Vielmehr werden dies Maßnahmen gewesen sein eine Schneise zu brennen, die der Feuerwalze die Nahrung raubt. Auch heute wird dies noch so gemacht. Und Evakuierung ist das wohl naheliegendste.

Die Geschichte um den Gesang Neros stammt, glaube ich aus dem Film mit Peter Ustinov oder aus einer sehr späten Chronik...es fällt mir Momentan nicht ein, ist als Quelle in meiner Erinnerung aber sehr negativ bewertet....muß ich mal wieder rauskramen... *murmelkram*

Neros Ansehen war eh am Boden, denn seine Machtübernahme war, wie wir ja wissen von seiner Mutter herbeigeführt, ein Muttermord ist sehr wahrscheinlich und seine erste Frau fand ebenfalls ein gewaltsames Ende. Auch sagte man ihm den Mord an Britannicus nach, dem leiblichen Sohn des ehemaligen Kaisers Claudius, der bei einem Abendessen plötzlich verstarb und dessen Leiche schnellstens und heimlich verbrannt wurde.
Das einem solch skrupellosen Mensch noch mehr zugetraut wurde ist nicht verwunderlich.
Dazu kam seine liebe zur Musik, die damals als lieerlich angesehn wurde, als griechisch und sehr gut zu seinem lüsternen Lebensstil paßte, denn man sagte ihm auch exzesse mit Frauen und Hetären nach, ebenso wie Vergewaltigungen und Saufgelage.

In Erinnerung blieb dann sein Auftritt 64 auf einer neapolitanischen Bühne. Er tratt als Schauspieler gewandet und singend, vielleicht sogar Lyra spielend auf. Ein Skandal, denn Schauspieler und Musiker standen gesellschaftlich in Rom nur wenig höher als Gladiatoren, die geächtet waren. Ein Skandal!

Auch Geschichten wie das Verbot während seines Auftrittes während der Olympischen und Nemeanischen Spiele zu gehen und die unglaubliche Dauer von bis zu 8 oder 9 Stunden seiner Auftritte regte zu wilden Spekulationen an (während der Vorstellung Kinder geboren, ein eingeschlafener Vespasian....).

Ergo: Nero wird mit dem, wie Panthea ja schon sagte, nicht überraschenden Brand nicht viel zu tun gehabt haben. Er hätte sich ins eigene Fleisch geschnitten und war ja nicht mal da.

Aber es verwundert nicht, dass dies heute so überliefert ist. Nachdem er seinen Sündenbock blutig hatte Sühnen lassen werden diese an ihm natürlich kein gutes Haar gelassen und alles versucht haben, ihm ein schlechtes Licht zu verpassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Geschichte mit dem Gesang während des Brandes stammt nicht aus dem Film "Quo vadis" und auch nicht aus der -übrigens hervorragenden- Romanvorlage, sondern steht im Tacitus ann. XV 39. Tacitus schreibt von einem Gerücht.
Aber sonst stimme ich dir zu: es gab zahlreiche Gründe durch die sich Nero verhasst gemacht hat, und nicht wenige Historiker haben ihn im Laufe der Zeit negativer dargestellt als er war.
Aber in der modernen Wissenschaft ist Nero durchaus Gerechtigkeit widerfahren. Also ich habe noch kein Fachbuch gelesen in dem die Brandstiftung nicht mindestens stark angezweifelt wird. Und ein Talent als Musiker wird ihm auch bescheinigt. Manche sprechen sogar von Begabung!
Alles in allem könnte man Nero als recht intelligenten Exzentriker charakterisieren -ein Künslter eben.
 
Wie es um seine Begabung als Musiker bestellt war, können wir nicht wissen (immerhin beschreibt Suetonius sie als heiser und krächzend).
Seine Siege bei Veranstaltungen könnten auf seinem Rang und Bestechung beruht haben.
Zu dem Thema verweise ich aber an der Stelle mal auf die Musikarchäologie und Projekte wie etwa die "Musica Romana".

Tacitus muß ich mir dann wohl doch nochmal unter die Lupe nehmen... *seufzt theatralisch*
 
Ja, seine Stimme wurde als "dünn" bezeichnet. Aber Sueton hatte die Originalmanuskripte eingesehen und bescheinigt, dass Nero seine Werke selbst verfasst und sich dabei Mühe gegeben habe. Es sind auch ein paar Fragmente überliefert, das längste sind 3 Zeilen aus "Neros erstem Buch".
Die Preisrichter bei den Wettbewerben waren sicher nicht objektiv, obwohl Nero das angenommen haben dürfte. Das hat uns glaube ich auch Sueton überliefert.
Wie man nun aus diesem Material auf Begabung schließen kann, weiß ich nicht.
 
Diesen zweiten Link hab ich schon mehrmals rauf und runter gelesen. Die Thesen darin kommen mir manchmal arg weit hergeholt vor! Wer hat ihn noch gelesen und hat eine Meinung dazu?
Vorab sag ich mal mit den Worten von Allan Massie:"Historiker sind wie andere Menschen auch, sie glauben das was sie wollen und finden dann die Gründe dafür."
 
Zu zweitem Link: Quellen wie Sueton und Tacitus werden dort generalisiert.
Es stimmt das Suetonius gerade in seinen Kaiserbiogrpahien gerne auch Leichen aus dem Keller zerrt, die möglicherweise nicht mal echt waren.
Auch stimmt das Tacitus seinen Ambitionen folgt und gerne auch mal politisiert (genau das ist der Grund warum mein Wissen über seine Werke mehr als lückenhaft ist).
Darum aber eine Quelle als generell abzustempeln, und der Eindruck entsteht für mich hier finde ich unangebracht.

Auszüge wie: "Außerdem war der 17-jährige Nero zu einem solchen Verbrechen psychisch gar nicht in der Lage. Zu jener Zeit genügte bereits die Unterschrift unter ein Todesurteil, damit sich ihm der Magen umdrehte." entfalten ohne Quellenangabe Rückschlüsse, die man kaum nachvollziehen kann...

Die Spekulationen um fanatische Christen zeichnen den Charakter des Textes.
Halte ich nicht viel von, wobei die Grundlagen dem Stand der üblichen Litertaur entsprechen.
 
Ja, das ist ungefähr auch mein Eindruck. Ich weiß auch keine Quelle die belegt, dass die Christen über den Brand gejubelt hätten.
Meines Wissens sind die Annalen des Tacitus älter als die Kaiserbiographien von Sueton. Und Tacitus scheibt von dem Gerücht der Brandstiftung.
Was mir auch aufgefallen ist, wäre der Abschnitt um den Tod des Britannicus und das schnellwirkende Gift. Ich weiß nicht, ob ein solches damals bekannt war, aber wenn nicht hätte Tacitus sein Geschichtswerk vor seinem ganzen damaligen Leserkreis als Lüge enttarnt! Oder wurde zwischen dem Tod von Britannicus und den Erscheinen der Annalen ein solches entdeckt? Eher weniger,oder?
Dann hätte Tacitus also von einem Gift geschrieben das niemand kannte! So ungeschickt war der nicht. Noch dazu wurde beim Tod des Claudius auch von einem solchen berichtet.
Übrigens kann man Tacitus als Quelle durchaus ernst nehmen. Es ist nur große Vorsicht beim Lesen geboten. Er verschachtelt Fakten mit Anspielungen und seiner eigenen Meinung. Sei feiner Stil macht es schwierig alles zu unterscheiden. Außerdem sind seine Texte, wie alle historischen Quellen, sehr interpretationsfähig.
Aber der Historiker Zvi Yavetz schreibt, bis heute wäre Tacitus nicht in einem Fall der direkten Lüge überführt worden!
 
Die Annalen brechen etwa 112 n Chr. ab, evtl. starb er bevor er sein Werk vollenden konnte.
Suetonius wird von Plinius d.J. (also schon wesentlich früher als die Jahrhundertwende) in Briefen öfter gebeten, doch endlich mit seinem vollendeten Werk an die Öffentlichkeit zu treten, denn es könne nicht besser werden, da es perfekt sein. Derzeit vertreten viele Historiker die Meinung das es bei diesem Werk eben um seine Biographien handelte (er schrieb ja nicht nur Kaiserbiogrpahien sondern allgemein über berühmte Menschen, aufgteilt nach "Berufsgruppen").
Wenn überhaupt eines der Werke also älter ist als das andere würde ich eher auf Suetonius tippen, wobei die Veröffentlichung möglicherweise später erfolggte (das müßte ich jetzt auf die schnelle nachlesen), aber der Unterschied erscheint mir nicht prägnant, eher schon die absicht und das Umfeld aus dem die beiden heraus veröffentlichten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Veröffentlichung der Kaiserbiographien von Sueton wird nach meinen Quellen mit frühestens 119n angegeben. Aber natürlich: er kann sie schon viel früher geschrieben haben. Daran denkt man gar nicht!
Das mit Plinius war mir auch neu. Klingt intressant.
 
Kann mir jemand zu dem Thema noch mehr Primärquellen geben? Ich darüber eine Seminararbeit schreiben und hab bis jetzt leider nur Tacitus, was ja ein wenig dürftig ist. Wär nett, wenn jemand ein paar nützliche Sachen parat hat ;)
Danke :bussi:
 
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