Die Mitteilung der LWL-Archäologin Dr. Tremmel zum Zaumzeug des Varus und dem Pferdefund in Warendorf stammt vom 01.04. (!)2009. Mich verwundert nicht, dass man danach nichts mehr davon gehört hat.

Ich muss zugeben, dass ich im ersten Moment auch verwirrt war, obwohl der 1. 4. ja sogar im Text genannt wird. Besonders die Herleitung des Ortsnamens Warendorf von Varus ist ja schon einigermaßen überraschend. ;)
 
Aber in prähistorischen Hügelgräbern könnten die Germanen Friedhöfe im Sinne heiliger Stätten gesehen haben.
Könnten oder könnten auch nicht. Wir wissen davon nichts. Also ist jeglicher Zusammenhang zwischen germanischer Religion/Kult oder Grabsitten und nachweislich sehr viel älteren Hügelgräbern reine Spekulation.

Was uns die Quellen überliefern ist die kultische Verehrung der Donareiche, der Irminsul oder auch des Semnonenhains, bei denen keine Hügelgräber in irgendeinerweise erwähnt werden. Bei Donareiche und Irminsul kann man auch eindeutig von "Baumverehrung" reden.
 
Im Heft "Archäologie in Deutschland Nr. 5 / 2023" findet sich ein lesenswerter Artikel über eine Ausgrabung in Alken Enge. Die Ausgrabungsstätte befindet sich südwestlich von Aarhus in Dänemark. Am Rand eines verlandeten Sees als auch im See selbst machten die Ausgräber Funde mit einer Zeitstellung 2. Jahrhundert vuZ bis zum 5. Jahrhundert uZ. Was ist daran für Kalkriese interessant?

Man fand dort Überbleibsel einer Schlacht, welche wohl in Dänemark im 1. Jahrhundert uZ stattfand. Es kämpften damals zwei germanische "Heere" gegeneinander. In einem Massengrab fand man 2.095 menschliche Knochen, welche sich auf mindestens 380 Individuen verteilten. Man fand jedoch nur bestimmte Knochen (Schädel, Becken, Schulterblätter und ähnliches). Diese waren auch nicht in einer anatomisch korrekten Lage. Dagegen fehlten bestimmte Knochenarten (Füße, Hände und Rippen usw.). Der Archäologe Harald Andersen hatte schon um 1960 vermutet, dass es sich um eine Opferstätte handelte und nicht um das eigentliche Schlachtfeld. Neuere Untersuchungen belegen, dass die Knochen wohl drei bis sechs Monate im freien gelegen haben. Erst dann hat man die großen Knochen ausgelesen und diese nach Alken Enge gebracht. Dort wurden sie wohl auf Holzgestelle ausgestellt. Die Waffen der Verliererseite hat man rituell zerstört und in Opfergruben in Alken Enge deponiert.

In antiken Schriftquellen ist ja zu lesen, dass die "Germanen" ihre Feinde in heiligen Hainen geopfert hätten. Jesper Tae Jensen als Autor des Berichtes im AiD-Heft meint, dass wir diese Berichte ernst nehmen müssen.

Für mich stellt sich die Frage, ob auf dem Schlachtfeld von Kalkriese nicht ähnlich verfahren wurde. Sollten die germanischen Sieger die großen Knochen vom Schlachtfeld entfernt haben, ist für die heutige Fundsituation nur noch mit kleinen Knochen (zum Beispiel von Händen und Füßen) zu rechnen, deren Erhaltungswahrscheinlichkeit natürlich gering ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht sollte man auch die "Sollstärke" einer römischen Legion in Zweifel ziehen. Aus moderneren Kriegen weiß man, dass die Sollstärke einer Truppe stark abweichen kann. Ein Römischer Feldherr hat sicherlich gerne gemeldet, dass er eine riesige Truppe hat. Dass machte ihn wichtiger und förderte seinen Ruf (und sorgte vielleicht für ein erweitertes Einkommen der "Sold-Überweisung!" . Auf der germanischen Seite ist belegt, dass teilweise auch Frauen mitgekämpft haben. Wenn man sich beispielsweise die nachgebauten Häuser in Haithabu anschaut, da waren eng zusammen 8-10 Schlafplätze in einem Zimmer. Ich denke der Ansatz, wieviel Ackerfläche man braucht, um Menschen zu ernähren ist ein besserer Ansatz, um Rückschlüsse auf die Bevölkerungsdichte zu machen ?
 
Vielleicht sollte man auch die "Sollstärke" einer römischen Legion in Zweifel ziehen. Aus moderneren Kriegen weiß man, dass die Sollstärke einer Truppe stark abweichen kann. Ein Römischer Feldherr hat sicherlich gerne gemeldet, dass er eine riesige Truppe hat. Dass machte ihn wichtiger und förderte seinen Ruf (und sorgte vielleicht für ein erweitertes Einkommen der "Sold-Überweisung!" . Auf der germanischen Seite ist belegt, dass teilweise auch Frauen mitgekämpft haben. Wenn man sich beispielsweise die nachgebauten Häuser in Haithabu anschaut, da waren eng zusammen 8-10 Schlafplätze in einem Zimmer. Ich denke der Ansatz, wieviel Ackerfläche man braucht, um Menschen zu ernähren ist ein besserer Ansatz, um Rückschlüsse auf die Bevölkerungsdichte zu machen ?

Hallo KWT.
Nicht nur die Dimension der Ackerfläche war von Bedeutung, auch ihre Beschaffenheit also die Bodenqualität. Denn nicht umsonst gehörten in Deutschland die eiszeitlichen Bördelandschaften (Soest, Magdeburg, Warburg) aufgrund ihrer sehr hohen Bodenwertkennzahlen zu den Regionen in denen die Menschen schon sehr früh sesshaft wurden weil sich dort mehr Menschen satt essen konnten und im Ernstfall kräftige Krieger zur Verfügung standen. Ein Umstand der auch im Zusammenhang mit der Varusschlacht eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben könnte. Jüngste Grabungen in Ostdeutschland weisen auf erstaunliche Bevölkerungsdichten hin.
Gruß
Ulrich Leyhe
 
Ein Römischer Feldherr hat sicherlich gerne gemeldet, dass er eine riesige Truppe hat. Dass machte ihn wichtiger und förderte seinen Ruf (und sorgte vielleicht für ein erweitertes Einkommen der "Sold-Überweisung!" .

"Ein interessantes Schriftstück ist ein Stärkebericht der Cohors I Tungrorum milliaria (1. Doppelkohorte der Tungrer, 1000 Mann)[7] von einem 18. Mai in einem nicht genannten Jahr des ausgehenden ersten Jahrhunderts n. Chr. Er gibt einen Einblick in den Alltag einer römischen Auxiliareinheit. Die Gesamtstärke der unter dem Kommando des Kohortenpräfekten (Praefectus cohortis) Julius Verecundus, stehenden Truppe wird in der Akte mit 752 Mann inklusive ihrer Offiziere angegeben, wobei 456 Soldaten zu verschiedenen Kommandos abgestellt worden waren.[8] Somit befanden sich noch 296 Mann unter einem Centurio in Vindolanda, von denen rund zehn Prozent (31 Soldaten) dienstuntauglich geschrieben waren:[9] 15 waren krank (aegri), sechs verwundet (volnerati) und zehn litten an Augenentzündung (lippientes).[10] Selbst bei voller Mannschaftsstärke besaß die Kohorte nur sechs Centurionen. Von den extern abgestellten Männern waren 46 als Gardereiter des Statthalters (singulares legati) einem gewissen Ferox (officio Ferocis) überstellt worden."​

Vindolanda-Tafeln – Wikipedia

Inwiefern es dem Ruf eines Feldherrn dienlich sein sollte, wenn er falsche Ist-Stärken meldet, erschließt sich mir nicht. Ein Feldherr, der dem Kaiser meldet, mit 10.000 Mann zum Feldzug aufgebrochen zu sein (obwohl er in Wirklichkeit nur über 3.000 verfügte) und der bei seiner Rückkehr nur noch 2.900 Mann vorweisen kann, wird damit wohl kaum seinen Ruhm befördern.


Ich denke der Ansatz, wieviel Ackerfläche man braucht, um Menschen zu ernähren ist ein besserer Ansatz, um Rückschlüsse auf die Bevölkerungsdichte zu machen ?
Das ist doch viel umständlicher. Du müsstest feststellen, wieviel von der theoretisch verfügbaren Ackerfläche tatsächlich landwirtschaftlich genutzt wurde, und dann auch noch, auf welche Weise. Wer Rinder züchtet, braucht vielleicht zehnmal so viel Fläche (ich weiß es nicht genau), um seinen Proteinbedarf zu decken wie jemand, der Bohnen anbaut.
Wenn Du nicht weißt, welche Anteile einer Fläche von sagen wir 10.000 km² als Wald, Brachland, Weideland, Ackerland usw. tatsächlich genutzt wurden, kannst Du auch nicht sagen, wie viele Leute in der Gegend gelebt haben können.
 
Ein Römischer Feldherr hat sicherlich gerne gemeldet, dass er eine riesige Truppe hat. Dass machte ihn wichtiger und förderte seinen Ruf
Eher nicht; stattdessen wurden gegnerische Heeresstärken häufig zu hoch angesetzt - sei es aus Unkenntnis, sei es aus absichtlicher Übertreibung, um den Sieg über dieses (angeblich) gewaltige feindliche Heer noch pompöser erscheinen zu lassen (oder sich im Fall einer Niederlage allenfalls damit entschuldigen zu können, dass man gegen einen zahlenmäßig haushoch überlegenen Gegner nicht gewinnen konnte). Da wäre es kontraproduktiv gewesen, die eigene Heeresstärke ebenfalls zu übertreiben.
Außerdem wurden vor allem in der Kaiserzeit Feldherren mit allzu vielen Truppen eher als potentielle Umstürzler beargwöhnt. Ein Feldherr, dem Leben und Karriere lieb waren, war da eher gut beraten, sich als nicht allzu mächtig zu präsentieren.
 
"Ein interessantes Schriftstück ist ein Stärkebericht der Cohors I Tungrorum milliaria (1. Doppelkohorte der Tungrer, 1000 Mann)[7] von einem 18. Mai in einem nicht genannten Jahr des ausgehenden ersten Jahrhunderts n. Chr. Er gibt einen Einblick in den Alltag einer römischen Auxiliareinheit. Die Gesamtstärke der unter dem Kommando des Kohortenpräfekten (Praefectus cohortis) Julius Verecundus, stehenden Truppe wird in der Akte mit 752 Mann inklusive ihrer Offiziere angegeben, wobei 456 Soldaten zu verschiedenen Kommandos abgestellt worden waren.[8] Somit befanden sich noch 296 Mann unter einem Centurio in Vindolanda, von denen rund zehn Prozent (31 Soldaten) dienstuntauglich geschrieben waren:[9] 15 waren krank (aegri), sechs verwundet (volnerati) und zehn litten an Augenentzündung (lippientes).[10] Selbst bei voller Mannschaftsstärke besaß die Kohorte nur sechs Centurionen. Von den extern abgestellten Männern waren 46 als Gardereiter des Statthalters (singulares legati) einem gewissen Ferox (officio Ferocis) überstellt worden."​

Vindolanda-Tafeln – Wikipedia

Inwiefern es dem Ruf eines Feldherrn dienlich sein sollte, wenn er falsche Ist-Stärken meldet, erschließt sich mir nicht. Ein Feldherr, der dem Kaiser meldet, mit 10.000 Mann zum Feldzug aufgebrochen zu sein (obwohl er in Wirklichkeit nur über 3.000 verfügte) und der bei seiner Rückkehr nur noch 2.900 Mann vorweisen kann, wird damit wohl kaum seinen Ruhm befördern.



Das ist doch viel umständlicher. Du müsstest feststellen, wieviel von der theoretisch verfügbaren Ackerfläche tatsächlich landwirtschaftlich genutzt wurde, und dann auch noch, auf welche Weise. Wer Rinder züchtet, braucht vielleicht zehnmal so viel Fläche (ich weiß es nicht genau), um seinen Proteinbedarf zu decken wie jemand, der Bohnen anbaut.
Wenn Du nicht weißt, welche Anteile einer Fläche von sagen wir 10.000 km² als Wald, Brachland, Weideland, Ackerland usw. tatsächlich genutzt wurden, kannst Du auch nicht sagen, wie viele Leute in der Gegend gelebt haben können.

Das ist wohl wahr, aber es macht einen Unterschied ob es Sumpfland ist, hochwertiger Ackerboden, oder ob man im gebirgiges Waldland siedelt. Es nach zu rechnen ist immer mit Toleranzen verbunden auch wann man Viehwirtschaft und wann man Anbau bevorzugte bedarf der Analyse. Und ob man sich vor 2000 Jahr mehr vom Fleisch oder vom Getreide etc. ernährte auch. Die Ernährungsbedingungen richtig einzuschätzen hängt von vielen Faktoren ab.
 
Es ist aber nicht so, dass zwingend aller verfügbarer Boden optimal genutzt wurde. Erstens wurde nicht automatisch aller verfügbarer Boden bewirtschaftet, zweitens wurde er nicht zwingend so bewirtschaftet, dass man das Maximum an Nährwert aus ihm herausholte. Ein Viehzüchter wird z.B. nicht zwingend zum Ackerbauern, nur weil er plötzlich fruchtbaren Boden zur Verfügung hat. Das sind viele Variablen und Unsicherheitsfaktoren.
 
Es ist aber nicht so, dass zwingend aller verfügbarer Boden optimal genutzt wurde. Erstens wurde nicht automatisch aller verfügbarer Boden bewirtschaftet, zweitens wurde er nicht zwingend so bewirtschaftet, dass man das Maximum an Nährwert aus ihm herausholte. Ein Viehzüchter wird z.B. nicht zwingend zum Ackerbauern, nur weil er plötzlich fruchtbaren Boden zur Verfügung hat. Das sind viele Variablen und Unsicherheitsfaktoren.


Cassius Dio "so dass sie sogar offenes Gelände erreichen konnten"
Was könnte er gemeint haben ?
 
Ein Viehzüchter wird z.B. nicht zwingend zum Ackerbauern, nur weil er plötzlich fruchtbaren Boden zur Verfügung hat. Das sind viele Variablen und Unsicherheitsfaktoren.

Und auch wenn man wüsste, dass eine bestimmte Fläche ausschließlich als Weideland nutzbar war und da theoretisch 100 Rinder hätten weiden könne, ließe sich nicht bestimmen, ob da 100 oder 40 oder nur zwei Kühe standen.
Wenn ich jedoch eine Siedlung ausgrabe, kann ich anhand der Größe der Stallungen den Großviehbestand schätzen. Wer nur zwei Kühe hat, baut keinen Stall für 40 Rinder.
 
@El Quijote das beliebte plumpe Römer versus Legolas Cherusker in Wald und Sumpf Narrativ ist zäher als Unkraut:
Sie waren geschickte Jäger und Krieger, die in kleinen Gruppen agierten und mit dem Gelände vertraut waren. So konnten sie sich mühelos durch die dichten Wälder und Sümpfe des Teutoburger Waldes bewegen. Ihre Kenntnisse über das Terrain nutzten sie, um die Römer in Hinterhalte zu locken und sie dann mit schnellen und überraschenden Angriffen zu überwältigen.
Mythos Varusschlacht: 5 Gründe für den verheerenden Kampf im Teutoburger Wald
;):D
 
@El Quijote das beliebte plumpe Römer versus Legolas Cherusker in Wald und Sumpf Narrativ ist zäher als Unkraut:

Mythos Varusschlacht: 5 Gründe für den verheerenden Kampf im Teutoburger Wald
;):D

was Sophie - Claire Wieneke so alle weiß, ich bin beeindruckt. Auch wenn Ihr es nicht hören wollt, auf der von mir favorisierten Zugroute gab es zwar einige Senken die sich bei Regen füllten, aber nur ein tückisches Waldmoor und ein etwa 25o breites versumpftes vermutlich mittels Bohlen überbrücktes Bachtal. Über 90 % waren trocken da man bestehende Höhenwege nutzte.
 
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