Niederländische Kolonialgeschichte

collo

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Beim Stichwort „Kolonialmächte“ denkt man meist an Großbritannien, Frankreich oder Deutschland und die Aktivitäten dieser Länder im Afrika des 19. und 20. Jahrhunderts. Doch die Kolonisierung weiter Teile der Welt setzte schon viel früher ein. Zunächst waren es vor allem die Portugiesen und Spanier, die im 16. Jahrhundert Entdeckungsreisen unternahmen und nachfolgend Gebiete in Südamerika und Südostasien für sich beanspruchten.

Im 17. Jahrhundert trat eine weitere See- und Kolonialmacht hinzu: Die Niederlande. Sie waren weltweit aktiv, zunächst nur als Handelsmacht. Nach und nach erhoben sie in allen Teilen der Welt auch Besitzansprüche: In der Karibik (Antillen), in Südamerika (Suriname), Afrika (Südteil Südafrikas) und v.a. dem heutigen Indonesien. Wie und wozu die Niederländer diese Gebiete nutzten und wie sie diese Gebiete kontrollierten, davon handelt dieses Kapitel.
aus: http://www.uni-muenster.de/HausDerNiederlande/Zentrum/Projekte/Schulprojekt/Lernen/Kolonialzeit/index.html

sehens- und lesenswerte seiten zur niederländischen kolonialgeschichte
 
Nicht zu vergessen, dass die Niederlaender die einzigen waren, die waehrend der Zeit der Abschliessung noch eine Niederlassung in Japan hatten!
 
Die Niederländer waren mehr als 360 Jahre in Indonesien (ab ca 1596). Wobei sie natürlich aufgrund ihrer begrenzten Mittel nicht in der Lage waren, das Inselreich, das zu der Zeit in zahlreiche kleine Königreiche aufgespalten war, sowie portugiesische und arabische Kolonien, auf einen Schlag zu erobern.
Sie bedienten sich einer ausgefuchsten "Zünglein an der Waage"-Politik, indem sie in Konflikte regionaler Fürsten (Radschas, Maha-Radscha= König) eingriffen, und zu ihren Gunsten ausnutzten. Das dauerte allerdings auch über Jahrhunderte. Erst Anfang 1900 wurde die letzte Provinz (Aceh im Norden Sumatras, bekannt durch den Tsunami. War immer sehr renitent. Bis vor kurzem noch Krieg von Separatisten gegen die indonesische Zentralregierung. Damals ebenfalls Partisanenkrieg gegen die holländischen Besatzer) eingenommen.
Die letzten holländischen Gebiete in Indonesien wurden erst 1965 (?) aufgegeben, nachdem die UNO (auf Druck der USA !?) eine Intervention angedroht hatte.

Sehr aufschlussreich, aus obiger Quelle:

Bezeichnend für die schlechte militärische Position, in die sich die niederländische Armee manövriert hatte, war die Tatsache, dass in den Monaten nach der Militäraktion vom Dezember 1948 auf niederländischer Seite beinahe genau gleich viele Soldaten fielen wie in den fast drei Jahren davor: 1275 seit dem Anfang des neuen Kriegs gegenüber 1251 in der Periode zuvor. Aber vor allem die indonesische Zivilbevölkerung hatte unter all der Gewalt schwer zu leiden. Einige Quellen sprachen Ende März sogar von 150.000 Toten auf indonesischer Seite, die vor allem durch niederländische Artillerie- und Luftbombardements umgekommen waren.

Weiss nicht, erinnert mich irgendwie an ....?
 
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Das "holländische Modell"

(Kurfürst, ich hatte dich bereits per PN angeschrieben, aber das können wir ja hier offen besprechen)

Vor einigen Monaten las ich in dem Buch "Rote Männer in Ruanda" von Otto Felsing, Elberfeld 1905 einen Begriff, der mir neu war. Es geht um das "holländische Kolonisationsmodell", das als spezielle Verwaltungsform in den Kolonien beschrieben wird, wobei den einheimischen Herrschern zivile "Berater" zur Seite gestellt werden, die die Interessen der Kolonisationsmacht wahrnehmen, ohne den Eingeborenen gegenüber eine eigentliche Verwaltungstätigkeit zu entfalten. Man verzichtete also auf eine direkte Machtausübung. Die bisherigen Herrschaftsstrukturen im inneren Machtbereich blieben im wesentlichen unangetastet. Der Kolonialbeamte neben dem Herrscher achtete eigentlich nur auf die "Aussenbeziehungen" zu anderen Regionalherrschern sowie natürlich europäischen Kolonisationsmächten. Weiterhin kümmerte er sich vermutlich um Regelungen wie freier Durchzug von Expeditionen und Sicherung des Handels.
Dieses Modell wurde von den Deutschen bei den Residenturen Ruanda, Burundi und Bukoba in Deutsch-Ostafrika angewandt, wo man Residenten einsetzte.

Ich habe seit dem versucht näheres über dieses Modell herauszubekommen, konnte aber unter den Stichworten nichts finden. Ich frage mich, warum?

Es könnte sein, daß dieses Modell unter einem anderen Namen bekannter ist. Weiß jemand etwas dazu?
Andererseits erinnert mich dieses Modell auch an übliche Verwaltungsformen in manchen französischen und britischen Kolonien(Indien?) - wobei ich mich dort nur wenig auskenne. Kann es sein, daß dies Verwaltungsmodell weniger holländischen als britischen(?) Ursprungs ist? :grübel:
 
offene Antwort

Also, ich weiss auch nichts näheres. Alles, was ich gehört bzw gelesen habe, kommt aus weniger zuverlässigen Quellen, wie zB Reiseführern, mündlichen Berichten, Internet, Museumsbesuchen vor Ort.

Was ich aber bisher sagen kann ist folgendes:
Holland/Niederlande ist ein kleines Land, dem es trotzdem gelungen ist, ein riesen Inselreich (mit einer Ausdehnung von West-Europa und einer mehr als 10 mal so grossen Bevölkerung) zu kolonialisieren. Der dazu erforderliche Personalaufwand für militärische Eroberung sowie straffe Verwaltung überschritt mit Sicherheit die Möglichkeiten der Niederlande.
Die Niederländer haben daher Chinesen ins Land geholt, die als Zwischenpuffer zwischen die einheimischen Arbeiter und die holländischen Kolonialherren als Verwalter und Aufpasser eingesetzt wurden. Ist das das holländische/britische Modell? Möglicherweise, da dasselbe aus Malaysia bekannt ist, welches eine britische Kolonie war.
Sobald es Unruhen und Aufstände gegen die Besatzer gab, richtete sich die Unzufriedenheit und die Gewalt meistens gegen die Aufpasser, und das waren die Chinesen. Die Holländer konnten sich dadurch geschickt aus der direkten Schusslinie halten.
Apropos Schusslinie: Sämtliche Waffen und ähnliche Objekte waren den Einheimischen verboten, sogar Schulbesuche und jede Art von Bildung war untersagt. Es war sogar verboten, Häuser aus Stein zu bauen (Deckung gegen Schusswaffen?).
Bis 1942 standen die potentiellen Aufständischen daher mit Messern und selbstgebauten Pfeil und Bogen gegen Maschinengewehre und Panzer auf verlorenem Posten.
Erst das Kriegsende (WK-II) brachte die Wende, als die kapitulierenden japanischen Soldaten ihre Waffen abgaben, an die Indonesier (auch z.B. an die Vietnamesen...!) und nicht an die Amerikaner (die zu dieser Zeit in Indonesien garnicht anwesend waren). Das verschaffte den Freiheitskämpfern um ersten mal die Möglichkeit, effektiv gegen die Kolonialherren zu kämpfen.

Der Besitz der Kolonie Indonesien (apropos, nicht Holland sondern die VOC war Verwalter Indonesiens, eine Handelsgesellschaft) war ausgesprochen lukrativ. Indonesien hatte so ziemlich alle Rohstoffe, die man sich vorstellen kann, Öl, Metalle. Ausserdem ist das Klima ideal für Plantagen, Kaffee, Tee, Kautschuk, Gewürze.
Die Inseln Indonesiens waren auch als Gewürzinseln bekannt. Die Suche nach dem Seeweg nach Indien galt eigentlich garnicht dem heutigen Indien, sondern den Gewürzinseln (Hinter-Indien= Indonesien), da damals bestimmte Gewürze ausschliesslich dort zu bekommen waren.

Ein weiterer spezieller Punkt: Die Holländer hatten ausschliesslich ökonomisches Interesse, Sendungsbewusstsein (à la: am deutschen Wesen soll die Welt genesen) gab es nicht. In die lokale Kultur bzw Religion wurde nur eingemischt, falls es erforderlich war.
So ist zu erklären, dass nach so langer Kolonialzeit kaum (protestantische) Christen zu finden sind.
 
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Wenig bekannt ist auch, dass im indonesischen Unabhängigkeitskrieg viel mehr Menschen umgekommen sein sollen, als im Vietnamkrieg.
Genaue Zahlen kann ich aber nicht nennen.

Die ganze Problematik wird in Indonesien heutzutage aber nicht (mehr) thematisiert. In Museen sind Berichte und Ausstellungen darüber oftmals nur in den hintersten Ecken zu finden.

Man will wohl die mittlerweile guten Beziehungen zu den Niederlanden nicht gefährden. In den Niederlanden weiss selbst kaum einer genau über dieses spezielle Kapitel der Geschichte bescheid.
 
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