Oh ja... Gib mir Tiernamen!

Der Mäuseturm bei Bingen kommt entgegen der Sage allerdings tatsächlich nicht von den Mäuschen die dort ein-und ausgegangen sein sollten um Bischof Hatto anzuknabbern sondern von dem allen Bajuwaren heiligen Begriff "Maut"
Das ist interessant. Im rechtsrheinischen Köln gibt es nämlich den Mauspfad, einer Jahrhunderte alten Landstraße, die den Niederrhein bis zum Taunus verband. Auch hier hatte man den Ursprung "Maut" vermutet, nach Carl Rademacher – Wikipedia soll der Ausdruck jedoch von plattdeutsch "Mus" = Morast herstammen.

Ja, Ente bei Wipperfürth kenne ich von einigen Wanderungen her. Ob hier wirklich die Ente angesprochen wird? Ein schon etwas älteres Handbuch "Bergische Ortsnamem" von Julius Leithäuser aus dem Jahr 1901 gibt S.24f folgendes an:

Die Herkunft dieses in bergischen F.N. recht häufigen Wortes ist unklar. An Ente (anas) ist kaum zu denken, obwohl sich in Nassau neben Entengrube, -loch, -pfuhl etc. auch Im Enterich findet. Auch sonst lässt sich nicht nachweisen, dass der Tiername auf örtliche Verhältnisse unmittelbar übertragen sei, und in den folgenden Namen handelt es sich offenbar um eine charakteristische Örtlichkeit. An mnd. ente Reis, Zweig zum Pfropfen ist wohl auch nicht zu denken. Ebensowenig, der Form und des Geschlechtes wegen, an Ende, das mnd. übrigens auch Gegend, Richtung, Ort bezeichnet und in unseren F.N. am Ende, unten am Ende K. Düsseldorf vorkommt.
Besonders zahlreich ist An der Enten K. Gummersbach u. a., ferner Auf der Enten K. Wipperfürth (Kürten), Lindlar (Breidenbach), Siegburg (Ruppichteroth) u.s.w., Auf der Ente Waldbröl (Denklingen), In der Enten K. Hückeswagen (Katern): dazu Enterweg und Im Enthof K. Gummersbach (Windhagen). Letzteres lässt allenfalls eine Beziehung zur Ente zu.
 
Toro in León trägt im Wappen den Stier für Toro und den Löwen für León, hat also ein sprechendes, gleichwohl aber pseudoetyologisches Wappen. León kommt von der Legio VII Gemina, Toro ist ein verstecktes Ethnonym: Campo Gotthorum, 'Felder der Goten'.
 
Bin gerade auf Ziegenrück mit dem schönen sprechenden Wappen gestoßen:

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Tatsächlich wird der Ortsname aber auf das Sorbische zurückgeführt - Czegenruck - und soll 'Flussschlinge' (an einer solchen der Saale liegt es) bedeuten.

Wobei Udolph einen deutschen Ortsnamen sieht:
In der Deutung kann man den Ausführungen von T. Hecklau ohne Probleme folgen. Er sieht - wie andere auch - in dem Ortsnamen ein Kompositum aus mittelhochdeutsch zige "Ziege" und rück(e), ruck(e) "Rücken, Bergrücken". Es geht also um einen Ziegenrücken = "Rücken der Ziege", mit hoher Wahrscheinlichkeit bezogen auf den langgezogenen Berg im Winkel des Zusammenflusses von Saale und Dreba.
Ortsname: Ziegenrück im Saale-Orla-Kreis | MDR.DE
 
Interessant, das Udolph, der ja selber auch Slavist ist, hier die slawische (und für mich absolut plausible) Deutung zurückweist.
 
Interessant, das Udolph, der ja selber auch Slavist ist, hier die slawische (und für mich absolut plausible) Deutung zurückweist.

Wie sieht denn die slawische Herleitung aus? Der zweite Bestandteil wäre sicherlich sorbisch rěka 'Fluss', Genitiv rěki, wie käme man da auf den Vokal der alten Belege, die alle -ruke lauten? Was wäre auf sorbisch 'Flussbogen'/'Flussschlinge'?
 
Ich kann zwar zur Etymologie von Ziegenrück nichts beisteuern, aber ich hatte schon auf den Ortsnamen Ziegenhals hingewiesen:

Mir fällt der merkwürdige Ortsname Ziegenhals ein, von denen es zwei gibt: einen in Brandenburg und einen weiteren im heute polnischen Oberschlesien. Das Stadtwappen des letztgenannten zeigt in der Tat einen Ziegenhals:



https://de.wikipedia.org/wiki/Ziegenhals
https://de.wikipedia.org/wiki/Głuchołazy

Da beide Orte in einem historisch slawischen Sprachgebiet liegen, könnte ich mir vorstellen, dass ein slawischer Ortsname mißverstanden wurde und zu einem deutschen Ziegenhals umgedeutet wurde (ähnlich wie Berlin und der Bär, der auch als Wappentier dient).


Hier eine Karte von Ziegenhals in Oberschlesien:

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Und hier das Ziegenhals in Brandenburg (süd-östlich von Berlin):

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.
Möglicherweise ist das Ziege in Ziegenrück und Ziegenhals in beiden Fällen ein slawischer Begriff, der irgendetwas mit dem gewundenen Gewässer zu tun hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und hier noch ein Auszug aus der polnischen Wiki (ÜS mit Google Translate):

Der frühere Name der Stadt, Kozia Szyja , wurde vom gewundenen Verlauf des Flusses Biała Głuchołaska abgeleitet. Sein deutsches Gegenstück war Ziegenhals. Der deutsche Name wurde auch in der lateinisierten Form von Caprae Colium geschrieben [11] . In der Vergangenheit wurden auch die polnischen Namen Złoty Zakątek [12] und Cygenhals [2] verwendet .​

Głuchołazy – Wikipedia, wolna encyklopedia

Jetzt müßte man gute Kenntnisse im mittelalterlichen Polnisch oder Sorbisch haben, um der Frage nachzugehen.
 
Möglicherweise ist das Ziege in Ziegenrück und Ziegenhals in beiden Fällen ein slawischer Begriff, der irgendetwas mit dem gewundenen Gewässer zu tun hat.

Es gibt auch ein Altziegenrück in Mittelfranken. (das "Alt-" ist sekundär, im 12. Jahrhundert finden wir die Schreibweise Cigenrucge). Hier gibt es keine Flussschleife und auch keine altsorbische Besiedlung.

Eine alternative Etymologie könnte mit der Kiefer zusammenhängen; das Wort scheint allerdings auf den bairischen Bereich beschränkt zu sein:
2) pinus silvestris, kiefer, föhre: die zihen, zigen (oberpfälz.) Schmeller-Fr. 2, 1105; in den monaten november, december, januar, februar oder martio soll man die zapfen ... vom nadelholz, sonderlich den forn oder zigen, abplatten Neuburg. forstordn. von 1690 s. 9 ebda; spän- oder liechtzigen (oberpfälz. waldordn. von 1694) Lori bergr. 573; z. forche, föhre Heppe wohlred. jäg. 158; dazu collect. ziegach, n., föhrenzweige und -äste: es wurde in dem Donaugestade unter der hölzernen brücke das zigach gelegt und stein und koth darauf geführt (1466) Gemeiner Regensb. chron. 3, 401; auch ziegicht (ma. zigət, zihhət) föhrenwald kommt auszer in Bayern auch in Österreich bei Kremsmünster vor, dort kennt Popowitsch vers. 138 das zieget; zigach, n., (Bayern) föhrenwald Buck flurnamenb.² 308
DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache
Das Tier 'Ziege' heißt im Bairischen Geiß. Hier finden wir auch Toponyme wie Geißruck, Gaisruck.
 
Bin gerade auf Ziegenrück mit dem schönen sprechenden Wappen gestoßen:

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Tatsächlich wird der Ortsname aber auf das Sorbische zurückgeführt - Czegenruck - und soll 'Flussschlinge' (an einer solchen der Saale liegt es) bedeuten.

Da muss ich an Ziegenhain denken, einen Ort dieses Namens gibt es im deutschsprachigen Raum zweimal: 1. Ziegenhain nahe Jena 2. Ziegenhain, seit 1973 Ortsteil von Schwalmstadt in Nordhessen.

Über Ziegenhain in Thüringen weiß ich nicht viel. Der Ort war ein beliebtes Ausflugsziel Jenaer Studenten. In der Gegend wuchs die Kornelkirsche, die das wohl härteste einheimische Holz liefert. Manche Bewohner verdienten sich ein Zubrot, indem sie Wander- und Spazierstöcke aus Kornelle machten. Durch Jenaer Studenten verbreiteten sich die "Ziegenhainer" in ganz Mitteleuropa. Zeitweise trugen Studenten Raufhändel mit Stöcken aus, und auch um Kontrahenten bei der Mensur zu trennen wurden gerne Ziegenhainer verwendet.

Ziegenhain in Nordhessen ist sozusagen ein "klassischer Morast", in den 1530er Jahren ließ Landgraf Philipp den Ort zu einer Wasserfestung ausbauen. Der Ort wurde urkundlich als "Ciggenbruga" im 9. Jahrhundert erstmals erwähnt, mit Ziegen hat der Name nichts zu tun. Zwischenzeitlich war auch dass Staatsarchiv und der Staatsschatz in der Festung Ziegenhain untergebracht. 1777 wurde die Festung Rekrutendepot für die hessischen Truppen im Unabhängigkeitskrieg. Zu diesen Rekruten gehörte Johann Gottfried Seume, der sich von 1780-1781 dort aufhielt. Die Festungsanlagen wurden 1807 geschleift, die Festungsgräben sind aber noch gut erkennbar. Seit den 1840er Jahren wurden das Schloss und das Kornhaus als Gefängnis/Zuchthaus genutzt, und die JVA Schwalmstadt dürfte nach Butzbach und Kassel-Wehlheiden (inoffiziell die Rattenburg genannt) die drittälteste JVA in Hessen sein.
1539 wurde dort eine Kirchenzuchtordnung ausgearbeitet und erstmals die Konfirmation eingeführt. Seit ein paar Jahren nennt sich Schwalmstadt-Ziegenhain "Konfirmationsstadt".
 
Da muss ich an Ziegenhain denken, einen Ort dieses Namens gibt es im deutschsprachigen Raum zweimal: 1. Ziegenhain nahe Jena 2. Ziegenhain, seit 1973 Ortsteil von Schwalmstadt in Nordhessen.

Laut Wiki gibt es ihn sogar viermal:
Ziegenhain – Wikipedia


Der Ort wurde urkundlich als "Ciggenbruga" im 9. Jahrhundert erstmals erwähnt, mit Ziegen hat der Name nichts zu tun.

Die Urkunde ist eine Fälschung des 11. Jahrhunderts, die Schreibweise lautet Siggenbrucca. Der Name der Brücke steht mit dem Ortsnamen Ziegenhain in keinem etymologischen Zusammenhang; letzterer wird erstmals 1144 als Cigenhagen erwähnt. Und dieser Ortsname hat sehr wohl mit Ziegen zu tun. (Niemeyer, Deutsches Ortsnamenbuch)
 
In einem Interview hat der Professor Ahmed Sabir gemeint ,dass der Tajete auf Fuerteventura Ziege bedeuten soll.
Ich hab mal Ziege im online-dictionary eingeben und es kam unteranderem Taghat raus ,was Ziege bedeutet.
ṭaɣat - AmawalAmawal
 
Da Ziegenhain auch Stadt meiner Vorfahren ist, habe ich oft genug lesen können dass der Name nix mit den Ziegen, aber viel mit den Seggen zu tun hat...
Ja, bei Ortsnamen werden schräge/geheimnisvolle Deutungen gern geglaubt und halten sich besonders hartnäckig.
Soweit man den Namen Ziegenhain zurückverfolgen kann, bedeutet er immer dasselbe: Ein Hain (Hag) für Ziegen, aber das ist manchen Leuten wohl zu banal. Saarbrücken ist eine Brücke an oder über der Saar, aber man glaubt halt lieber an eine keltische Ableitung. Wir hatten das im Forum schon (Saarbrücken ), aber die Saarbrücker Zeitung hält eisern an den Kelten fest: Alle Infos zur Landeshauptstadt: Saarbrücken: Name, Geschichte und berühmte Persönlichkeiten
 
In einem Interview hat der Professor Ahmed Sabir gemeint ,dass der Tajete auf Fuerteventura Ziege bedeuten soll.
Ich finde keine Ortschaft dieses Namens auf Fuerteventura. Nur einen Kindergarten nahe Madrid, der aber offensichtlich nach Tagetes (Studentenblumen) benannt ist.
Ich will nicht ausschliefen, dass es auf den Kanaren Ortsnamen gibt, die von Taghat rühren, aber in der Form, wie das mutmaßliche Etymon vorliegt und wie du den spanischen Ortsnamen geschrieben hast eigentlich nicht. Wenn berberisches -gh- dem arabischen -gh- entspricht, welches phonetisch ein sehr weit hinten, fast schon in der Kehle artikuliertes Rachen-R ist, dann geht das nicht mit spanisch -j- zusammen, welches zwar heute einen Reibelaut im Rachen darstellt, zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Entlehnung aber noch klang wie ein arabisches djim (djihad) oder ein italienisches gi (buon giorno).
 
Oh,ein Buchstabendreher ; Tejate soll der Ort auf Fuerte eigentlich heissen ,klingt nach einem Kakaogetränk.
 
Tejate soll der Ort auf Fuerte eigentlich heissen

Ändert nichts daran, dass der im Berberalphabet verwendete Buchstabe ɣ als stimmhafter uvularer Frikativ (Zäpfchen-R) ausgesprochen wird. (Achtung, dasselbe Zeichen wird in IPA stimmhafter velarer Frikativ verwendet, hier geht es aber um die lautliche Realisierung eines Buchstabens in Berbersprachen, bitten dadurch nicht verwirren lassen).
Die Schreibung -j- bleibt bei einer aus taɣat hergeleiteten Vokabel erklärungsbedürftig und somit zunächst einmal ein Indiz dafür, dass Ahmad Sabir* im Irrtum ist.



*wer ist das überhaupt? Du schreibst „Professor“, in Dtld. ist das ein höchster akademischer Titel, aber schon in den Marokko sehr geprägt habenden Ländern Frankreich und Spanien ist das schlicht ein „Gymnasiallehrer“. Welche Kompetenzen hat Sabir auf dem Gebiet der spanischen Historiolinguistik? Hat er die Herleitung mal am Rande als schnell hingehauene Hypothese geäußert oder einen wissenschaftlichen Artikel darüber verfasst, in dem er argumentiert?
 
Es gibt wenig im Net über ihn; auf linked.springer.com habe zu einem Artikel eine Anmerkung über ihn gefunden
"The work of the Moroccan linguist Ahmed Sabir (2008), focusing on an analysis of the linguistic and cultural parallels between the Canarian and Moroccan Amazigh environments, is an exception. This is the first publication in which a North African Moroccan researcher has engaged with the study of the indigenous Canarian world. However, Sabir’s work is closely tied to Canarian ethnohistorical sources which, as noted in the Introduction, were written by European colonialists and presented an ethnocentric view of the indigenous Canarian past. In addition, the work makes repeated use of concepts that are the result of this colonial legacy within Canarian archaeological discourse (pre-Hispanic, aboriginal, prehistory). The conceptual problematic within Canarian archaeology has been analyzed elsewhere (Farrujia, 2010). Sabir’s main contribution lies in contextualizing the cultural evidence of the indigenous Canarian culture in terms of indigenous Canarian words that have been preserved in the sources, using an ethnolinguistic approach. The study highlights the unquestionable Amazigh roots of the indigenous Canarian societies, although the research, in terms of African studies, is restricted to the present-day South Moroccan region."
 
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