Out-of-Afrika + Toba-Katastrophe?

Mein Wissensstand gründet sich auf Michael Bolus und Ralf W. Schmitz, Der Neandertaler, Ostfildern 2006, S. 165:


Bolus/Schmitz schrieb:
Die zunächst ermittelten Radiokohlenstoff-Daten schienen anzudeuten, dass beide Menschenformen im Zeitraum zwischen etwa 110.000 und 50.000 Jahren vor heute zwar jeweils in unterschiedlichen Höhlen lebten, dies jedoch möglicherweise gleichzeitig, so dass unmittelbare Kontakte für möglich gehalten wurden.
[...]
Inzwischen gibt es eine ganze Reihe neuer, verlässlicherer Datierungen für diese Fundstellen, und es zeichnet sich ab, dass in Qafzeh bei Nazareth sowie in Skhul im Karmel-Gebirge vor etwa 90.000 bis 110.000 Jahren moderne Menschen lebten, im benachbarten Tabun vor etwa 80.000 bis 90.000 Jahren Neandertaler und dann vor etwa 60.000 Jahren in Kebara im südlichen Karmel-Gebirge und vor etwa 50.000 Jahren in Amud nördlich des Sees Genezareth auch wieder Neandertaler.
 
Meine Frage: Es ist ja belegt (so weit ich weiß), dass es in der menschlichen entwicklung tatsächlich einen oder mehrere genetische flaschenhälse gab (wenn ich hier falsch liege, bitte aufklären!^^).
in dem wiki-artikel steht weiter "(...)dass es zeitnah mit der Toba-Eruption nur eine 1.000 bis 10.000 Menschen umfassende lokale Population gegeben hat, von der der moderne Mensch abstammt."

weiß jemand, ob das tatsächlich so stimmt?
Und wenn ja, kann man dann sagen, dass die entw. des modernen menschen von solchen flaschenhälsen "abhängig" war?

Zumindest erklärt "Spektrum der Wissenschaft" die Toba-Katastrophe im Bezug auf Sapiens so:
Für die damals lebenden Vertreter der Art Homo sapiens hatte dies jedenfalls verheerende Folgen, denn auch ihre Population ging rapide zurück. Wissenschaftler vermuten, dass einst nur fünf- bis zehntausend Menschen die Hungerperiode überlebten und die Menschheit deshalb damals durch einen genetischen Flaschenhals musste, der unser Erbgut nachhaltig vereinheitlichte. In den Mitochondrien unserer Zellen lässt sich dies heute noch erkennen. Durch den Temperaturrückgang in Europa und Nordasien sowie die Verwüstungen in Südasien überlebte unsere Spezies wohl nur in äquatornahen Regionen Afrikas.

Über den Erectus liess sich der Verfasser nicht aus, der noch bis ca. 40000 v.u.Z. lebte.
 
Über den Erectus liess sich der Verfasser nicht aus, der noch bis ca. 40000 v.u.Z. lebte.

Ich frage mich allerdings, wo vor 40 000 Jahren noch ein "Erectus" gelebt haben soll, wie das Wiki so schön berichtet und alle davon abgeleiteten Publikationen das wiederholen. Meines Wissens sraeb der Homo erectus vor etwa 200-150 000 Jahren aus, sodass an Altmenschen nur noch der Neandertaler und Frühformen des Homo sapiens existierten.
 
Aber warum starb er aus ?

Wenn die Leiter vom Australopithecus, Homo habilis, Homo rudolfensis, Homo erectus, Homo nenanderthalensis und Homo sapiens verfolgst, dann überlebte stets die mobilere, geschicktere, intelligentere und durchsetzungsfähigere menschliche Spezies (wobei Australopithecus noch keine war!). :haue:
 
Dass es eine Blaumeise gibt, ist für die Kohlmeise noch lange kein Grund auszusterben. Dieses "Gesetz", dass eine neu entstandene Form die ältere verdrängt, scheint mir doch sehr menschenspezifisch zu sein (sonst hätte das hoch entwickelte Mammut ja den plumpen afrikanischen Elefant verdrängt).

Es sei denn, es gibt eine direkte Konkurrenz, also Krieg oder Wettbewerb um Nahrung. Nur - vor 150...200.000 Jahren war der Homo Erectus in ganz Eurasien & Afrika verbreitet, der Homo Sapiens, falls es ihn schon gab, lebte nur in Afrika. Wie soll er seine "Vorgänger" dann verdrängt haben ?

Es sei denn, man betrachtet die Neanderthaler als die letzten Vertreter des Homo Erectus in Europa und den Floresmenschen als die letzten in Asien, dann aber ist der HE erst viel später ausgestorben (worden).
 
Es sei denn, es gibt eine direkte Konkurrenz, also Krieg oder Wettbewerb um Nahrung. Nur - vor 150...200.000 Jahren war der Homo Erectus in ganz Eurasien & Afrika verbreitet, der Homo Sapiens, falls es ihn schon gab, lebte nur in Afrika. Wie soll er seine "Vorgänger" dann verdrängt haben ?

Das Hirnvolumen des Erectus war erheblich größer als das des Homo rudolfensis und das des Homo sapiens wiederum erheblich größer als das des Homo erectus.

Die neuen Formen waren also nicht nur "neu", sondern erheblich pfiffiger und klüger! Wenn das kein Grund war!
 
Hohoho.
Es lag sicherlich auch daran, dass sich die verschiedenen Arten miteinander vermischten, oder? Und da mehr Individuen einer bestimmten Spezies überlebten, war ihre Population zahlreicher und sie blieben übrig.
Bis sich eine andere Spezies entwickelte.
 
Es lag sicherlich auch daran, dass sich die verschiedenen Arten miteinander vermischten, oder?

Weder die Fossilien noch die Gene deuten aus dieses Szenario hin. Die zunehmende Grazilität des modernen Menschen, besonders nach Aufkommen der Landwirtschaft hat andere Ursachen und seit einigen Generationen ist dieser Trend wieder gegenläufig.
 
Ausgestorben?

Wäre die heutige existierende Menschheit beinahe mal ausgestorben?

Gibt es evt. Hinweise darauf?
 
Danke. Also, wenn ich das richtig verstanden habe, waren wir nicht weit davon entfernt. Die unterschiedlichen Zeit-und Zahlenangaben, lasse ich mal bei seite.
 
Ein Grund für diese Unsicherheiten ist, dass die wichtigsten Hinweise auf ein solch "weitgehendes Aussterben" genetischer Natur sind, wenn ich das richtig verstanden habe; da ist immer mit einer sehr großen Ungenauigkeit zu rechnen.
 
Der Streit oben betraf bereits die mtDNA Haplogruppe N, für den direkten Weg raus aus Afrika.
N ist ein Nachfolger der L3-Haplogruppe, die Entstehungssignale dieser L-Gruppe wiederum gibt Rätsel auf.
Haplogruppe N (mtDNA) – Wikipedia

Ein Teil davon scheint nun geklärt: Die L-Urspünge in Südafrika weisen offenbar direkt vor dem L3/N- out of Africa eine Bewegung von Südafrika nach Ostafrika auf.

Publikation in der Nature:
A dispersal of <i>Homo sapiens</i> from southern to eastern Africa immediately preceded the out-of-Africa migration

Ganz anschauliche Erklärung für den größeren Kontext (bei dem man ansonsten kaum die Übersicht behalten kann) in der Presse
Researchers shed new light on the origins of modern humans

Übersicht
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Wie wir HS zu dem "Menschen" wurden gibt es viele Theorien, manche sind zur Zeit mehr plausibel andere weniger. Es gilt als gesichert, die Gattung Homo stammt aus Afrika, die ältesten HS hat man auch in Afrika gefunden. Jetzt geht es schon los, früher hieß es vor 100.000 Jahren, dann vor 200.000 Jahren mittlerweile sind schon 300.000 Jahre im Gespräch.
Wann haben "wir" Afrika verlassen? Als HS haben wir Afrika vor 70.000 Jahren verlassen oder? Es gibt HS im Nahen Osten die 110.000 Jahre sind. In Australien galt immer, seit ca. 45.000 Jahren sind "wir" dort. Auf einmal heißt es seit 120.000 Jahren in Australien

[mod/ link gelöscht]

Keiner war dabei, keiner weiß was genaues. :)
Sicher ist der Vorläufer des Neandertalers genannt Heidelbergmensch oder auch Mensch von Mauer (imho H. erectus) lebte schon 800.000 Jahren in Europa.
Der Homo erectus lebte vor 1.8 Millionen Jahren in Asien. Das waren auch Menschen, vielleicht noch nicht ganz wie "wir". Die Unterschiede dürften aber eher äußerlich gewesen sein.
Da sich Neandertaler und HS gekreuzt haben gilt als sicher. Jeder Nichtafrikaner hat bis zu 2% Neandertalergene, allerdings jedes Volk andere 2%. Je nachdem was sie für ihr Überleben brauchen konnten blieb übrig, der Rest wurde durch evolutionäre Auslese eliminiert.
Ob Asiaten auch Homo erectus Gene besitzen, kann man nicht mehr nach voll ziehen. Viele chinesische Wissenschaftler gehen davon aus, das die Chinesen vom HE abstammen.
Die Genetik sagt was anderes, danach stammen wir alle von einer Frau ab, die aus Afrika kam.
"Unsere" Abstammung ist immer noch ein Rätsel.
Persönlich tendiere ich zu einer Mischung aus "out of Afrika" und der "multiregionalen These". Weil die HS oft auf andere Homo-Arten stießen und sich mit ihnen vermischt haben. Aber das nur ist meine Meinung.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Den Artikel in der RSoV, in dem die Möglichkeit einer Frühbesiedlung Australiens älter als 65 kya diskutiert wird, findet man hier:
Erstbesiedlung Australiens vor 50.000 (nun: 65.000?) Jahren

Link zum Artikel:
CSIRO PUBLISHING | Proceedings of the Royal Society of Victoria
The Moyjil site, south-west Victoria, Australia: excavation of a Last Interglacial charcoal and and burnt stone feature — is it a hearth?

"On balance, the broad range of discrimination criteria marginally point more towards CBS1 representing a cultural hearth and not exclusively a naturally burnt feature. As such, some evidence exists for CBS1 representing a ~120,000 year old hearth. However, the evidence for CBS1 as a hearth must be definitive and irrefutable for such a substantial claim to be considered credible, given the significant implications that this would have for world history. At this juncture, CBS1 does not meet this high level evidential threshold."

(der Ansatz dabei ist, dass die Kälteperiode in den vergleichbaren Zeiträumen wegen der damit deutlich niedrigeren Meereshöhe (ca - 120 Meter) eine Querung der Meeresengen zum Sahul-Kontinent ermöglicht haben könnte - so wie vor der bislang angenommenen Besiedlung. "Wer" da besiedelt haben könnte, wenn schon vor 65 kya besiedelt worden wäre, ist die zweite Frage. Zwischen 120/80 kya ist der Meeresspiegel wegen der Warmperiode so gelegen, dass eine Querung ausgeschlossen wird)

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