Paulus zentraler Kern seiner Lehre musste zwangsläufig auch die Götterwelt der Griechen und RÖmer in Frage stellen. Das widerspricht aber dem Geist der Toleranz griechischer Lebensart. Inwieweit das der entscheidende Knackpunkt war weiß ich nicht.
Da Paulus diesen Misserfolg offenkundig später dann gut weg gesteckt hatte ist über diesen Disput offenkundig recht wenig bekannt. In der Regel mussten offensichtlich auch die Apostel bei Ihrer Missionierung sich selten mit anderen Weltanschauungen auseinandersetzen sondern vielmehr mit Todesdrohungen die ja auch nicht eine leere Phrase blieben.
Leider weiß ich jedoch nicht was ausgerechnet die doch sehr liberalen Philosophen Paulus entgegnet gehalten haben. Das wäre für mich interessant zu wissen. Der Absolutheitsanspruch als monotheistische Weltreligion war bestimmt nicht der ausschlaggebende Zankapfel hier gewesen.
Der Punkt ist, dass keiner weiß, was Stoiker und Epikureer Paulus geantwortet haben, der Athenbesuch von Paulus ist in der Apostelgeschichte beschrieben, andere, nichtchristliche Quellen existieren nicht. Ob die Missionsreise ein Misserfolg war, wieviel "Erfolg" ein Anhänger einer recht dubiosen jüdischen Sekte überhaupt erwarten konnte, deren Stifter von den Römern gekreuzigt wurde, dazu hat sich El Quichote schon geäußert. Immerhin hat Paulus laut ApG einige Anhänger gefunden und genug Interesse, dass er auf dem Areopag sprechen durfte und genug Zuhörer fand, dass sich eine Vorlesung überhaupt lohnte.
Du ziehst aus sehr dünn überlieferten Informationen die Schlussfolgerung, dass die Missionsreise ein Misserfolg war und stellst das als Tatsache hin.
Was die Zuhörer Paulus antworteten, wäre für jeden interessant zu wissen- wir wissen es aber nicht, da die Quellenlage so dünn ist, dass man darüber nur (mehr oder weniger plausible) Vermutungen anstellen kann. Daraus ziehst du wieder eine Schlussfolgerung und behauptest, der Absolutheitsanspruch einer monotheistischen Weltreligion könne es nicht gewesen sein.
Eine Weltreligion war das Christentum damals aber nicht, sondern eine von vielen jüdischen Gruppierungen, dass daraus einmal eine Weltreligion werden würde, konnte nicht einmal Paulus vorhersagen.
Wie und wo die Apostel predigten darüber gibt es außer der ApG keine Quellen, auch hier ziehst du Schlussfolgerungen, die die Quellen nicht hergeben und sagst, die Apostel hätten sich nicht mit anderen "Weltanschauungen" auseinandergesetzt. Der Stoizismus, der (Neo)Platonismus oder die Lehren Epikurs waren keine "Weltanschauungen", sondern philosophische Schulen.
Das Neue Testament ist in Griechisch verfasst. Juden lebten nicht nur in Palästina, und viele von ihnen sprachen kein Aramäisch oder Hebräisch, sondern mussten auf griechische Übersetzungen der Septuaginta zurückgreifen. Als Diasporareligion hätte das Judentum niemals überlebt, wenn es sich nicht an die Umwelt angepasst hätte. Paulus sprach sich für die Heidenmission aus und setzte sich anscheinend gegen Petrus durch. Er predigte zunächst in Synagogen und sprach dabei auch die "Gottesfürchtigen" an. Das waren Menschen, die sich für das Judentum interessierten, die Synagogen besuchten, aber nicht alle komplizierten Speisegebote einhielten und wohl auch wenig Neigung verspürten, sich als
Erwachsene beschneiden zu lassen.
Paulus und andere Apostel hätten es niemals geschafft, das Interesse von Leuten wie L. Sergius Paullus zu wecken, wenn sie nicht wenigstens mit deren Gedankengut auch in philosophischer Hinsicht vertraut gewesen wären.
Das Christentum hat sich im hellenistischen Osten des Reiches innerhalb von 1-2 Generationen recht stark verbreitet, in Palästina selbst blieb es eine kleine Splittergruppe. Diese Missionserfolge wären niemals möglich gewesen, wenn sich Paulus und seine Mitarbeiter nicht auf die Mentalität und das Bewusstsein der hellenistisch geprägten Bevölkerung hätten einstellen können, wenn sie nicht deren Sprache gesprochen hätten.
Was und wie Paulus gepredigt hat, ist wegen des Mangels an Quellen recht spekulativ. Dieses Loch lässt sich weltanschaulich füllen, ändert aber nichts daran, dass die Folgerungen auf Mutmaßungen basieren.
Auch Paulus war wohl als Prediger Formschwankungen ausgesetzt, in Troas einer Hafenstadt nahe Alexandria hielt er mal eine Predigt, die wohl so langweilig war, dass einer der Zuhörer einschlief und später aus dem Fenster fiel. (ApG 20, 7-10)