Freunde, Mitbürger, Römer,
(auch Germanen sind darunter zu verstehen...)
Die Altwegeforschung steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Und dies liegt m.E. an folgenden Problemen:
1. Bauweise. Im GGs. zu den Straßen der lukrativeren Provinzen (Gallien, Iberien, Ostprovinzen) waren die Römerstraßen in Unter-/Obergermanien, Raetien und Noricum zumeist nur gekiest und nicht mit dem bekannten Römerpflaster belegt. Nur im unmittelbaren Vorfeld größerer Städte wurde aufwändig gepflastert.
Da dieses sichere Kennungszeichen in unseren Breiten fehlt, bleiben dem Altwegeforscher nur trügliche Hinweise durch Augenschein – ziert man sich, zum Spaten zu greifen und mal nachzugucken, was unter dem verdächtigen Feldweg für ein Fundament schlummert. Dabei gilt es, meiner Meinung nach mit alten Lehrmeinungen aufzuräumen:
a) Da ist zum einen ihr immer wieder postulierter "schnurgerader" Verlauf:
"Da die Römerstraßen für die Legionen gebaut wurden und diese zu Fuß gingen, mußte man etwaige Steigungen keine Rücksicht nehmen"
Aus zwar oberflächlicher eigener Recherche ist mir bekannt, daß man dieser Regel nur bedingt trauen darf. Zur Umgehung von z. B. Sumpfgebieten, derer es ja gerade in Germanien genügende gab, biegt und beugt sich die Via Strata wie es eben notwendig ist. Darüber hinaus knicken aber (durch archäolog. Befunde nachgewiesene!) Römerstraßen auch ohne (!) erkennbare geländetechnische Gründe.
http://www.geschichtsforum.de/images/smilies/confused.gif Letztendlich ist das Argument (Legion auf dem Fußmarsch=kürzester daher gerader Weg) ein sehr kurzatmiges: Was machte der arme Troß mit seinen Maultierkarren?
Fazit: Wo flaches Gelände: So gerade als möglich (schon wegen der Tätigkeit der Landvermesser) - oder eben auch nicht.
b) "hoher, gewölbter Straßendamm, beidseitige Drainagegräben und die Materialgruben" Diese Kennzeichen gelten aber leider nur bei den Staatsstraßen (also "die Autobahnen") nicht für sekundäre Verbindungswege (immerhin "Bundesstraßenniveau")
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c) "Die Existenz von Meilensteinen" legt eine Römerstraße leider nur nahe. Das frühe Mittelalter neigte zu Steinraub und Steinverschleppung – Da konnte so ein dicker Meilenstein schon einige ´zig Kilometer zurücklegen.
Big Mommsen publizierte aufgrund fehlerhaft interpretierter Meilensteile eine "Via Decia" nördlich der Alpen. Wurde aber unlängst sehr glaubhaft widerlegt.
d) Es folgt die alte Weisheit: "vorrömische Wege (Hell- und Heerwege) auf Bergen und Hügelkuppen, Römerstraßen im Tal" Naja, da hat der Professorengeist wieder Blüten getrieben! Gewiß war der Barbar des Nachbar-Barbaren Feind und mußte auf Schusters Rappen denselbigen von oben herab im Auge behalten. Er könnte ja beim nächsten Baum die Keule über den unvorbereiteten Schädel ziehen! Dagegen konnte der feingeistige Römer im Genuß der Pax Romana bequem im Tale reisen.:devil: wozu nach Blödsinn! Zum einen nutzte der Römer Altwege und baute diese nur aus, zum andern war so manches Tal durch Sumpf unwegsam. Und übrigens war es um die Sicherheit im Reich gar nicht so gut bestellt, wie immer gedacht (Tod durch fiese Straßenräuber).
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e) Schließlich die Ortsnamenetymologie: Ortsnamen wie Straß-, -straß, o.ä. weisen auf Römerstraßen hin.
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2. Fehler in der Peutinger-Tafel. Spätestens mönchischen Kopisten unterliefen einige Fehler beim Abzeichnen der Karte, so daß auch hier einiger Interpretationsbedarf besteht.
a) in den Streckenangaben: aus vii mp können sehr leicht viii mp werden (z.B. Strecke Ctm Boiodurum (Passau) - Petrensibus)
b) in der Streckendarstellung: So ist eine auf der Tabula eingezeichnete Straße von Arbor Felix (Arbon) über Curia (Chur) zum Comer (?) See geographisch unmöglich.
Auf der Strecke von Reginum (Regensburg) nach Grinario (Köngen) wurde der Donauübergang bei Abusina vergessen, so daß die nachfolgenden Strecken irrtümlich südlich der Donau eingetragen wurden.
3. Schwierigkeiten bei der Datierung von Altstraßenkörpern. Hat man keine verlässlichen Angaben auf Meilensteinen (die nur bei Staatsstraßen aufgestellt wurden) wo Tribunizische Gewalt und Konsulat aufgeführt sind wirds schwierig. Außerdem: Bedeutet eine Inschrift "Imp. Caes. XY hat diese Straße gebaut" wirklich "gebaut" oder soll damit "erneuert, ausgebaut, ausgebessert" propagandistisch verklärt werden.
Darüberhinaus änderte sich in den 3 Jahrhunderten der Römerherrschaft Verlauf der Straßen recht häufig (z. B. beim Überwinden von Geländesteigungen).
4. mangelndes Interesse: die letzten Altwegeforscher sind wohl mit dem Ende des 19. Jahrhunderts ausgestorben! :weinen
Neue Erkenntnisse, die über das Studium der Urkataster-Karten hinausgehen lassen sich aus unter Punkt 1 ausgeführten gründen nur durch archäologische Schnitte klären und fatalerweise radiert instinktloser Geschwindigkeitswahn und damit begründeter moderner Straßenbau die letzten Reste von Altwegen aus.
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