Pope
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Hallo Freunde!
Ich interessiere mich für das Lautspektrum (-repetoir) der europäischen Sprachen und insbesondere ihre geographische Verteilung.
So, wie die Khoisan ihre Klicklaute in die Sprache der Xhosa eingebracht haben, wo sie heute von fast 10 Millionen Sprechern tagtäglich verwendet werden, kann man sicherlich ähnliche Phänomene für Europa nachvollziehen.
Wahrscheinlich bin ich nicht der erste, der sich darüber Gedanken macht, aber ich stelle mir vor, dass Menschen und somit Völkerschaften ein begrenztes Lautspektrum zur Verfügen haben (und hatten).
Beispiele:
Ein anglophoner Menschen trifft im Deutschen auf drei phonetische Hürden, die er bestenfalls im Laufe von etlichen Jahren zu überwinden vermag:
- das kratzige deutsche ch (Ik liebe dik)
- das helle deutsche r (uvularer oder alveolarer Vibrant, im Gegensatz zum "amerikanischen" retroflexem r)
- das deutsche ü (was zu den amerikanischen Unarten, wie Mjuler für Müller führte)
Analog gibt es für die Spanier und Franzosen kein h, und im Deutschen eben kein rollendes r (abgesehen von einer kleinen Minderheit im Siegerland und in Hessen) und auch kein th (is sis se reit way?).
Gibt es darüber Forschungen zu Verbreitung und Genese dieser Laute?
Meine Vermutung ist es, dass das Lautrepetoir viel konservativer ist, als der Sprachschatz. In den Zeiten vor der allgemeinen Schulbildung fand die Sozialisierung (und der Spracherwerb) im Alltagsleben statt. Mit dieser phonetische Grundausstattung ging man durch das Leben, und sie liess sich nur sehr mühselig im späteren Leben erweitern.
Meine zweite Vermutung ist, dass neue Laute nicht einfach so entstehen, sondern von anderen Sprechern importiert werden müssen. Endogene Lautkreativität halte ich für Ausnahmefälle.
(Das Dumme an der Phonetik ist nur, dass wir zwar Schriftstücke haben, die ins Altertum zurückreichen, aber über die Aussprache nur begrenzte Aussagen treffen können.)
Meine Annahmen führen zur Frage, ob die zweite deutsche Lautverschiebung nicht vielleicht immer schon da war und auch die Diphthongierung schon mit der Übernahme des Altdeutschen erfolgte, was aber einfach in der Schriftsprache keinen Niederschlag fand, weil sie von der herrschenden Schicht dominiert wurde? Ob vielleicht erst mit der allmählichen Diffusion der Grenze zwischen den germanischen 'Ausländern' und den vom indigenen Volk gesprochenen Deutsch die Dialekte sichtbar wurden?
Wenn ich das richtig sehe, dann können demnach Sprachen und Dialekte samt ihrer spezifischen phonetische Ausstattung die Geschichte ihrer Sprecher nachzeichnen. Denn:
Fakt ist, dass Mitteleuropäer das englische th nicht kennen und nicht auf Anhieb beherrschen. Woher haben es die Angelsachsen bzw. wenn es im Germanischen vorkam: welche Teile Deutschlands haben es nicht aussprechen können und einfach als d oder t gesprochen?
Fakt ist, dass die romanischen Sprachen arge Probleme mit dem h haben, während die Römer es offenbar nutzten. Hatten etwa die Kelten ein Problem damit, das h zu sprechen und ließen es umgangssprachlich einfach weg?
Danke für Eure Antworten!
Ich interessiere mich für das Lautspektrum (-repetoir) der europäischen Sprachen und insbesondere ihre geographische Verteilung.
So, wie die Khoisan ihre Klicklaute in die Sprache der Xhosa eingebracht haben, wo sie heute von fast 10 Millionen Sprechern tagtäglich verwendet werden, kann man sicherlich ähnliche Phänomene für Europa nachvollziehen.
Wahrscheinlich bin ich nicht der erste, der sich darüber Gedanken macht, aber ich stelle mir vor, dass Menschen und somit Völkerschaften ein begrenztes Lautspektrum zur Verfügen haben (und hatten).
Beispiele:
Ein anglophoner Menschen trifft im Deutschen auf drei phonetische Hürden, die er bestenfalls im Laufe von etlichen Jahren zu überwinden vermag:
- das kratzige deutsche ch (Ik liebe dik)
- das helle deutsche r (uvularer oder alveolarer Vibrant, im Gegensatz zum "amerikanischen" retroflexem r)
- das deutsche ü (was zu den amerikanischen Unarten, wie Mjuler für Müller führte)
Analog gibt es für die Spanier und Franzosen kein h, und im Deutschen eben kein rollendes r (abgesehen von einer kleinen Minderheit im Siegerland und in Hessen) und auch kein th (is sis se reit way?).
Gibt es darüber Forschungen zu Verbreitung und Genese dieser Laute?
Meine Vermutung ist es, dass das Lautrepetoir viel konservativer ist, als der Sprachschatz. In den Zeiten vor der allgemeinen Schulbildung fand die Sozialisierung (und der Spracherwerb) im Alltagsleben statt. Mit dieser phonetische Grundausstattung ging man durch das Leben, und sie liess sich nur sehr mühselig im späteren Leben erweitern.
Meine zweite Vermutung ist, dass neue Laute nicht einfach so entstehen, sondern von anderen Sprechern importiert werden müssen. Endogene Lautkreativität halte ich für Ausnahmefälle.
(Das Dumme an der Phonetik ist nur, dass wir zwar Schriftstücke haben, die ins Altertum zurückreichen, aber über die Aussprache nur begrenzte Aussagen treffen können.)
Meine Annahmen führen zur Frage, ob die zweite deutsche Lautverschiebung nicht vielleicht immer schon da war und auch die Diphthongierung schon mit der Übernahme des Altdeutschen erfolgte, was aber einfach in der Schriftsprache keinen Niederschlag fand, weil sie von der herrschenden Schicht dominiert wurde? Ob vielleicht erst mit der allmählichen Diffusion der Grenze zwischen den germanischen 'Ausländern' und den vom indigenen Volk gesprochenen Deutsch die Dialekte sichtbar wurden?
Wenn ich das richtig sehe, dann können demnach Sprachen und Dialekte samt ihrer spezifischen phonetische Ausstattung die Geschichte ihrer Sprecher nachzeichnen. Denn:
Fakt ist, dass Mitteleuropäer das englische th nicht kennen und nicht auf Anhieb beherrschen. Woher haben es die Angelsachsen bzw. wenn es im Germanischen vorkam: welche Teile Deutschlands haben es nicht aussprechen können und einfach als d oder t gesprochen?
Fakt ist, dass die romanischen Sprachen arge Probleme mit dem h haben, während die Römer es offenbar nutzten. Hatten etwa die Kelten ein Problem damit, das h zu sprechen und ließen es umgangssprachlich einfach weg?
Danke für Eure Antworten!
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