Polizeiarbeit im 17. jahrhundert

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Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich recherchiere für einen Roman, der im 17. Jahrhundert spielt. Ich frage mich, wer in dieser Zeit (ca. 1650) die Polizeiarbeit erledigt hat, sprich Leute verhaftet hat, sie dem Gericht überstellte, etc. Also das getan hat, was bei uns heute die Polizei macht. Leider bin ich bei der Internetrecherche nicht weit gekommen. Auch die genauen Aufgaben der Büttel und Schergen konnte ich nicht definitiv klären.

Für ein Hilfe sei schon jetzt gedankt.

Meddi Müller
 
Ohne das ich besonders viel davon weiß, denke ich mal, daß es hilfreich wäre zu wissen von welcher Gegend du es wissen willst. Ich nehme mal an, daß du irgendwo in Deutschland meinst, aufgrund der Frage nach Bütteln und Schergen. Ein Büttel ist meines Wissens nach ein Gerichtsdiener oder 'Polizeiknecht', der auch für die Verwahrung von Angeklagten zuständig war- die Hand möchte ich für diese Information aber nicht ins Feuer legen :rotwerd:.

Vielleicht hilft dir ja eines der folgenden Bücher:

Holenstein, Konersmann, Pasuer, Sälter (Hrsg) (2002) 'Policey in lokalen Räumen: Ordnungskräfte und Sicherheitspersonal in Gemeinden und Territorien vom Spätmittelalter bis zum frühen 19. Jahrhundert' Klostermann

Karl Härter (2005) 'Policey und Strafjustiz in Kurmainz: Gesetzgebung, Normdurchsetzung und Sozialkontrolle im frühneuzeitlichen Territorialstaat'
Klostermann


Wolfgang Wüst (2004) 'Die"gute" Policey im bayerischen Reichskreis und in der Oberpfalz' Akademie Verlag


Ursula Löffler (2005) 'Dörfliche Amtsträger im Staatswerdungsprozess der frühen Neuzeit: Die Vermittlung von Herrschaft auf dem Lande im Herzogtum Magdeburg, 17. Und 18. Jahrhundert'

LIT Verlag Berlin-Hamburg-Münster


Und noch ein link: Arbeitskreis POLICEY/POLIZEI im vormodernen Europa

LG, Simone
 
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Hallo Simone,

herzlichen Dank! Das hilft mir sehr weiter, die Buchtitel hören sich ausgezeichnet an und ich werde sie wohl mal durchackern.

Falls noch jemand etwas weiß: Es handelt sich um Frankfurt am Main und nähere Umgebung (Umkreis ca. 1 Tagesreise zu Fuß/Pferd)

Grüße

Meddi
 
@ Saint-Simone
Weitesgehend passt das schon so.

Es käme bei der Frage darauf an, welche Gerichtsbarkeit hier gefragt ist. In Frankfurt selbst käme zuallererst diejenige der Freien Reichsstadt in Frage. Auf dem Lande (Meddi sprach ja von "Umgebung") gab es eventuell andere Institutionen wie Vögte, Schulzen, etwas in die Richtung, welche von der Obrigkeit eingesetzt waren. Diese Amtsträger auf Ebene der Gemeinden (sie saßen also in den Dörfern) hatten meist einiges mehr an Bildung als die Bauern um sie herum, während sie je nach dem mehr oder wenige Dienstleute aus der Gegend um sich versammelten, welche zwar nicht sonderlich gebildet, aber immerhin rechtschaffen und diesbezüglich einwandfrei sein sollten.

Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass Meddi mit der Internetrecherche gleich an Grenzen stößt. Wenn Meddi aus der Gegend von Frankfurt ist, würde ich empfehlen einfach mal in eine bedeutende Bibliothek oder gar ins Archiv zu gehen. In Schriften von Geschichts- oder Heimatvereinen findet man gerade zum Gerichtswesen immer wieder einiges. Gerade die Bezeichnungen der "Polizisten" (in Anführungsstrichen, weil damals nicht so gebraucht) und ob und wieviele es davon gab, sind sehr, sehr unterschiedlich. Gerade im Raum Frankfurt stoßen viele Staaten aneinander. Eine Tagesreise zu Fuß oder zu Pferd führt schnell mal in die obrigkeitlichen Gefilde des Kurfürsten von Mainz, hessischer Landgrafen usw.! Daher auch diesbezüglich aufgepasst!
Auf dem Lande wurde z.B. lange Militär für die Ermittlungen z.B. zum Aufspüren von Räubern eingesetzt. Das Gendarmariewesen wie heute kam erst viel später auf...
 
...ich recherchiere für einen Roman, der im 17. Jahrhundert spielt. Ich frage mich, wer in dieser Zeit (ca. 1650) die Polizeiarbeit erledigt hat, sprich Leute verhaftet hat, sie dem Gericht überstellte, etc. Also das getan hat, was bei uns heute die Polizei macht. Leider bin ich bei der Internetrecherche nicht weit gekommen. Auch die genauen Aufgaben der Büttel und Schergen konnte ich nicht definitiv klären.


Da es um einen Roman bzw. Charakter geht, solltest Du dich fragen, wie Du ihn siehst und dann nach der historischen Entsprechung dafür suchen. Also, welche Aufgaben siehst Du für ihn vor?
Eine Polizei im heutigen Sinne gab es damals nicht. Erste Begrifflichkeiten wie "Polizey" entstanden zwar um 1500, aber sie hatten ganz andere Aufgaben und Befugnisse als ein Polizist unserer Tage. Dieselben unterschieden sich zusätzlich auf dem Lande, in einer Kleinstadt und in Großstädten nicht unerheblich, zumal Großstädte natürlich viel früher Verwaltungen einrichteten, die vielleicht an einen Polizeiapparat erinnern könnten.
In Mainz z.B. gab es eine Bürgermiliz, die Polizeiaufgaben übernahm.
http://www.festung-mainz.de/bibliothek/aufsaetze/festungsgeschichte/buergermiliz.html
 
Vielen herzlichen Dank an alle.

Wie in Ihren Aussagen bereits erwähnt, ist alles sehr wage in dieser Zeit, was die öffentliche Ordnung angeht. Es war halt doch nicht die "gute alte Zeit".

Der von mir eingesetzte "Polizist" ist nur eine sehr kleine Rolle. Dennoch sollte es authentisch sein. Diesen Anspruch habe ich einfach. Er muss einen der Protagonisten verhaften. Hier stellt sich die Frage, wer diese Verhaftungen seinerzeit auf dem Lande vorgenommen hat.

Aber ich denke mit Vogt, Schulz und Co. könnte man dieses Problem schon lösen. Ich werde wohl mal in der Bibliothek vorstellig werden. Für was sonst hat man denn die Deutsche Nationalbibliothek in der Stadt, da wird sich sicher was finden ;-)

Nichtsdestotrotz höre ich mir hier weiter gerne ein paar Ausführungen zu diesem Thema an.

Grüße
 
@ Brissotin

Klar, auf dem Land sieht die Situation etwas anders aus. Ich glaub' es war in Löfflers Buch über Dörfliche Amtsträger (s.o.) in der sie beschreibt, daß die Konfliktbewältigung auf dem Lande doch eher im Rahmen den Dorfgemeinschaft durchgeführt wurde, ohne sich an die Obrigkeit oder jegliche die mit solcher in Verbindung stand zu wenden. Zumindest um Magdeburg herum, aber wie genau sie das wissen will, wenn's im Kreise des Dorfes blieb, ist mir unklar. :pfeif:

Ansonsten stimme ich dir voll und ganz zu, oftmals gibt es trotz aller Liebe zum Internet, nichts besseres als eine Bibliothek. :)
 
Der von mir eingesetzte "Polizist" ist nur eine sehr kleine Rolle. Dennoch sollte es authentisch sein. Diesen Anspruch habe ich einfach. Er muss einen der Protagonisten verhaften. Hier stellt sich die Frage, wer diese Verhaftungen seinerzeit auf dem Lande vorgenommen hat.

Aber ich denke mit Vogt, Schulz und Co. könnte man dieses Problem schon lösen. Ich werde wohl mal in der Bibliothek vorstellig werden. Für was sonst hat man denn die Deutsche Nationalbibliothek in der Stadt, da wird sich sicher was finden ;-)

Fällt mir noch der Schultheiß ein, aus dem mancherorts später der Schulze wurde, der auf dem Lande eine Art niedriger Richter war, später als Ortsvorsteher oder Bürgermeister über Verhaftungen entschied.
Schultheiß ? Wikipedia
 
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@ Brissotin

Klar, auf dem Land sieht die Situation etwas anders aus. Ich glaub' es war in Löfflers Buch über Dörfliche Amtsträger (s.o.) in der sie beschreibt, daß die Konfliktbewältigung auf dem Lande doch eher im Rahmen den Dorfgemeinschaft durchgeführt wurde, ohne sich an die Obrigkeit oder jegliche die mit solcher in Verbindung stand zu wenden. Zumindest um Magdeburg herum, aber wie genau sie das wissen will, wenn's im Kreise des Dorfes blieb, ist mir unklar.
Also zumindest im 18.Jh. war der Schulze zwar aus dem Kreise der Dorfgemeinschaft von der Obrigkeit gewählt worden, aber er war eben von der Obrigkeit eingesetzt und nur dieser verpflichtet. Eine Justiz der Dorfgemeinschaft selbst gab es also in der Regel nicht, sondern diese genauso wie die Exekutive waren eigentlich zumeist in der Hand des Grundherren/Gutsherren. Wobei die Obrigkeit wie im Falle der ländlichen Besitzungen der Reichsstadt Frankfurt ja auch drittständisch-bürgerlich sein konnte.
Ausnahmen könnten freie Reichsbauern sein. Aber dazu kenne ich mich nicht aus.
 
Also zumindest im 18.Jh. war der Schulze zwar aus dem Kreise der Dorfgemeinschaft von der Obrigkeit gewählt worden, aber er war eben von der Obrigkeit eingesetzt und nur dieser verpflichtet. Eine Justiz der Dorfgemeinschaft selbst gab es also in der Regel nicht, sondern diese genauso wie die Exekutive waren eigentlich zumeist in der Hand des Grundherren/Gutsherren. Wobei die Obrigkeit wie im Falle der ländlichen Besitzungen der Reichsstadt Frankfurt ja auch drittständisch-bürgerlich sein konnte.
Ausnahmen könnten freie Reichsbauern sein. Aber dazu kenne ich mich nicht aus.

Ich hab' nochmal nachgeschaut und Löffler hat geschrieben als hätten oftmals Dorfgemeinschaften in kompletter Abwesenheit irgendwelcher Amtsträger gehandelt. Aber- mea culpa- sie hat sich dabei auf Konflikte bezogen bei denen man sich bewusst nicht an die Obrigkeit gewandt hat, womit dann die Frage der dörflichen Selbstjustiz im Alleingang eher wegfällt. Mein Fehler- ich sollte erst mehr Kaffee trinken und dann tippen :)
 
Ich hab' nochmal nachgeschaut und Löffler hat geschrieben als hätten oftmals Dorfgemeinschaften in kompletter Abwesenheit irgendwelcher Amtsträger gehandelt. Aber- mea culpa- sie hat sich dabei auf Konflikte bezogen bei denen man sich bewusst nicht an die Obrigkeit gewandt hat, womit dann die Frage der dörflichen Selbstjustiz im Alleingang eher wegfällt. Mein Fehler- ich sollte erst mehr Kaffee trinken und dann tippen
Interessant wäre dann en detail um welche Art von Konflikten es dann ging. Z.B. Nachbarschaftsstreitigkeiten unter Bauern wären denkbar. Wenn schwerere, echte Vergehen von der Dorfgemeinschaft unter sich "geregelt" wurden, wäre spannend, was dann die Obrigkeit tat, wenn sie davon erfuhr. Natürlich wollte diese ja grundsätzlich zumindest dem Anspruch nach ein Monopol auf die Rechtsprechung und Vollstreckung der Urteile haben.
 
Interessant wäre dann en detail um welche Art von Konflikten es dann ging. Z.B. Nachbarschaftsstreitigkeiten unter Bauern wären denkbar. Wenn schwerere, echte Vergehen von der Dorfgemeinschaft unter sich "geregelt" wurden, wäre spannend, was dann die Obrigkeit tat, wenn sie davon erfuhr. Natürlich wollte diese ja grundsätzlich zumindest dem Anspruch nach ein Monopol auf die Rechtsprechung und Vollstreckung der Urteile haben.
Die Frage ist ja auch, wie man die Streitfälle dann unter sich geregelt hat. Jemanden einfach aufknüpfen ging sicher nicht, aber Entschädigungen konnten ja durch Schwur und Handschlag besiegelt werden, ohne dass die Obrigkeit sich übergangen fühlte. Ich denke, es musste in jedem Fall der Entscheid dem Schultheiß, Vogt u.ä. vorgetragen werden, um ihn nachträglich absegnen zu lassen.

Ich habe allerdings einmal gelesen, dass im Fall längerer Abwesenheit ein Vertreter bestimmt wurde, oder man sich an die nächstgelegene Obrigkeit zu wenden hatte. :grübel:
 
Interessant wäre dann en detail um welche Art von Konflikten es dann ging. Z.B. Nachbarschaftsstreitigkeiten unter Bauern wären denkbar. Wenn schwerere, echte Vergehen von der Dorfgemeinschaft unter sich "geregelt" wurden, wäre spannend, was dann die Obrigkeit tat, wenn sie davon erfuhr. Natürlich wollte diese ja grundsätzlich zumindest dem Anspruch nach ein Monopol auf die Rechtsprechung und Vollstreckung der Urteile haben.


Leider hält sich da Löffler etwas vage und schreibt nur über 'Konfliktbewältigung', da es ihr in erster Linie darum geht zu beschreiben wie das Monopol auf Rechtsprechung im Laufe der Zeit im dörflichen Raum angenommen wurde und somit zur Machtkonsolidierung des Landesherren geführt hat. Dabei wird es sich wahrscheinlich eher um Nachbarschaftsstreitereien handeln, und um die auf dem Lande immernoch beliebte Frage nach den Grenzen der Felder, und wer wann, wo und wie sein Vieh weiden darf. Löffler zufolge hat man sich im Konflikt erst langsam an die Obrigkeit gewandt, will heißen, daß das Vertrauen in die Rechtsprechung der Obrigkeit im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte zunahm, aber sie hält sich vage in der genauen Beschreibung solcher Konflikte.

Es würde mich auch interessieren wie es bei schweren Vergehen und dörflicher Justiz aussah. Ich würde mal fast mutmaßen, daß dort wo der Schulz aus der Dorfgemeinschaft kam hin und wieder schon mal die Justiz nicht mit rechten Dingen zuging, aber das wären dann einfach nur meine unwissenschaftlichen Mutmaßungen was das Landleben angeht. :red: Die einzigen Fälle von dörflicher Selbstjustiz die mir spontan einfallen stammen aus verschiedenen Kriegen der frühen Neuzeit und gingen gegen durchziehende Soldaten, also passt das hier nicht.

Ich mach' mich mal auf die Suche und schaue ob ich was finde. :)
 
@ Brissotin

Geschieht mir recht, wenn ich hier Mutmaßungen anstelle und nach genauem Nachschauen doch die Hälfte revidieren muß. :autsch:

Ich hab' die von mir verunglimpfte Frau Löffler nochmal etwas genauer betrachtet und es geht ihr zwar in Kapitel 2 um die Herrschaftskonsolidierung, aber in Kapitel 4, wo sie die verschiedenen Ämter genauer beschreibt stimmen sie und ich Dir vollkommen zu. Auf S. 102 wird sogar ausdrücklich von ihr gesagt, daß es Aufgabe des Schulzen war Selbstjustiz wo möglich zu verhindern und nötigenfalls bei seinen Vorgesetzten anzuzeigen, da er ja im Interesse der Obrigkeit für Ruhe und Ordnung sorgen sollte. Und er war auch für die Streitigkeiten über Weiderechte zuständig. (Neben solchen Aufgaben war es anscheinend im Kreis Magdeburg auch noch die Aufgabe des Schulzen 'dem Priester alle 14 Tage eine warme Mahlzeit zu reichen'. Darauf wäre ich auch nicht gekommen. :) ) Also, auf die Gefahr hin mich zu widerholen: Mea Culpa und ohne ausreichend Kaffee stelle ich keine unfundierten Mutmaßungen über Geschichtliches im Deutschen Raum an. :still:
 
Hier im Norden gab es im ländlichen Bereich für polizeiliche Aufgaben den Heidereiter. Der reiste sozusagen zwischen den Gemeinden hin und her. Man konnte zu ihm kommen um seine Anzeige oder Beschwerde aufzugeben. Im Auftrag des Vogtes nahm er dann auch Verhaftungen vor. Er beförderte aber auch Post und hatte weitere Aufgabe. Von wem er bezahlt wurde, was ja gar nicht so unwichtig ist, weiß ich aber leider nicht. Die Vögte allein waren oft nicht vermögender als die sie umgebenden Bauern.
 
@ Brissotin

Geschieht mir recht, wenn ich hier Mutmaßungen anstelle und nach genauem Nachschauen doch die Hälfte revidieren muß.
Ist doch alles in Ordnung und Deine Beiträge waren sehr interessant wie stets zu lesen. Immerhin machst Du Dir die Mühe nachzuschauen. Also meinen Respekt hast Du.:yes:

Ich hatte nur das geschrieben, was ich aus dem Krünitz und vom Hörensagen noch im Kopf hatte.
 
Ist doch alles in Ordnung und Deine Beiträge waren sehr interessant wie stets zu lesen. Immerhin machst Du Dir die Mühe nachzuschauen. Also meinen Respekt hast Du.:yes:

Ich hatte nur das geschrieben, was ich aus dem Krünitz und vom Hörensagen noch im Kopf hatte.

:D Danke und das Kompliment gebe ich mit dem größten Vergnügen zurück!
 
Hallo Gast,

"Polizeiordnungen des 16. bis 19. Jahrhunderts" (S. 369 - 478) titelt ein Kapitel in dem einschlägigen Werk: Ch. Hinckeldey (Hrsg.), Justiz in alter Zeit. Band VIc der Schriftenreihe des Mittelalterlichen Kriminalmuseums Rothenburg ob der Tauber. Rothenburg o. d. T. 1989.

Hilft dir das (?) - fragt der Galgenpapst
 
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Wow,

zunächst einmal ein Lob an Ihren stilvollen Umgangston!! Sieht man nicht oft in Foren!!

Der Fall, den ich da konstruiert habe, handelt von Brandstiftung mit Todesfolge. Ich habe es jetzt erst mal dem Landvogt bzw. dessen Büttel überlassen, den Verdächtigen zu verhaften und eben diesem Landvogt vorzuführen, der dann richten soll. Ich hoffe, das geht in Ordnung, werde das mit Sicherheit noch einmal nachrecherchieren, aber ich muss weiterschreiben und will mich deshalb nicht damit aufhalten. Hinterher kann man das im Lektorat immer noch ändern ;-)

Aber es gab doch sehr interessante Hinweise in Ihren Antworten! Respekt und herzlichen Dank für Ihre Mühe!

Grüße

Meddi Müller
 
Wie Brissotin bereits geschrieben hat, wurde erst in napoleonischer Zeit eine qualifizierte ausgebildete Gendamerie ins Leben gerufen. Streifkommandos wurden meist von Militär übernommen. Daran erinnern ja noch die begriffe Gendarm (Gens d´armes= schwere Kavallerie) bzw. Carabinieri. Eigentlich hätte eine organisierte Truppe aus Militär und örtlichen Bauern durchaus Chancen haben können, doch in der Praxis sah es dann so aus, dass die Landbevölkerung gezwungen wurde an der Gaunerjagd teilzunehmen und dafür keinerlei Aufwandsentschädigung erhielt. Meist wurden Räuber und Gauner gewarnt und setzten sich rechtzeitig ab. Dazu wurden Streifkommandos angehalten, auf die Wildbanne achtzugeben, um das geliebte herrschaftliche Schalenwild nicht zu beunruhigen!

Oft genug rekrutierten sich Landreiter aus recht fragwürdigen Existenzen. So fand der berüchtigte Räuber anthoine La Grave, genannt der "Große Galantho" Unterschlupf als Landleutnant in kurmainzischen Diensten, ehe er schließlich enttarnt und um 1720 in Darmstadt exekutiert wurde. Eine Besonderheit war die Verwendung sogenannter "Fleischmänner", Polizeispitzel, die pardoniert wurden und dafür ehemalige Kollegen ans Messer lieferte. Dem schwäbischen Banditen Konstanzer Hans bot man einen Job als Hatschier an, was er allerdings ablehnte, da er sich die nötige Härte nicht mehr zutraute. Friedrich Schwan, genannt Sonnenwirtle, der Schiller zu seiner Erzählung "Der Verbrecher aus verlorener Ehre inspirierte, erhoffte sich Gnade und wollte sich stellen, wenn man ihm einen solchen Job verschaffte, es wurde allerdings nichts daraus. Um 1811 konnte die Bande des Räubers Philipp Lang, alias Hölzerlips nicht verfolgt werden, da nur ein einziger, alter Husar mit einem alten Klepper zur Verfügung stand. Der Räuber Adrian Bosbeck sollte nach Holland ausgeliefert werden, wo ihn die Todesstrafe erwartete, doch konnte er fliehen, da einer seiner Bewacher ein ehemaliger Kollege war. Auch der Bandit Adam Grasmann konnte dank der Unterstützung der Bewacher fliehen, und sein Patensohn Johan adam Heusner setzte noch einen drauf. Als die Bewacher ihr Pulver auf den flüchtigen Grasmann verschossen, schlug er sich ebenfalls seitwärts in die Büsche. Das kurioseste Beispiel war allerdings ein Räuber namens Holzapfel. Nach seiner festnahme in Hanau sollte er nach Buseck in Franken transportiert werden. auf einer der Zwischenstationen gelang es dem Schultheis nicht, auch nur einen Bauern als Bewacher zu mobilisieren. Schließlich fand man nur eine alte Frau, die den Räuber bewachen sollte. Der Fußmarsch war aber zu anstrengend, worauf sie ihren zehnjährigen Enkel damit
betraute. Der begleitete den Gauner einige Kilometer auf der Landstraße und sagte dann, Holzapfel, er solle bis zum nächsten Ort laufen und sich dann beim Schulzen einen neuen Bewacher geben lassen. Natürlich dachte Holzapfel nicht daran und schlug sich in die Büsche.
 
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