Polytheismus vs. Monotheismus

Ashigaru

Premiummitglied
Am Ende der Antike setzt sich - über einen sehr langen Zeitraum - ja der Monotheismus durch. Grundsätzlich sehe ich es so, dass der Monotheismus eher neue Konflikte heraufbeschwor. Der Polytheismus scheint die friedlichere religiöse Variante gewesen zu sein - dies zeigt sich schon im Alten Testament, in dem sich Gott gegen die Israeliten wendet, die die "Götzen" der Kanaaniter etc. anbeten oder auch nur dulden. Der Polytheismus bot die Möglichkeit, die religiösen Vorstellungen anderer Völker zu integrieren, wie sich im römischen Reich zeigte. Der Monotheismus ließ diese Möglichkeit nicht zu - in der religiösen Welt des Mittelalters bedeutete Heidentum auch Feindschaft (selbst wenn es auf politischer Ebene Allianzen zwischen heidnischen und christlichen Staaten geben konnte, besonders galt dies für Byzanz).
Andererseits setzte sich der Monotheismus aber bei allen europäischen Völkern durch. Zur Diskussion möchte ich stellen, welche Vorteile darin lagen, denn wenn es die nicht gegeben hätte, wäre der Monotheismus nicht so erfolgreich gewesen.
 
Die Heilserwartungen an die alten Götter wurden nicht mehr erfüllt und somit wandte man sich der Lehre vom neuem Gott zu, um es vereinfachend zu sagen, dessen Lehre eine vermeintliche Lösung der Probleme versprach. Um es im Hinblick auf die römische Christianisierung zu sehen gab es für die alten Götter keine andere Alternative als das Christentum, da die römische Religion zu diesem Zeitpunkt bereits Elemente aller anderen großen polytheistischen Religionen enthielt. (ursprünglich griechische-, persische- und ägyptische Kulte und Götter)
Und das Judentum verschloß sich von selbst durch die Abgrenzung "auserwähltes Volk" bzw. stellte die kaiserliche Autorität infrage, was der Christ nicht tat.
 
Welchen Vorteil der Monotheismus hatte? Weniger Feiertage ;)

Im Ernst: ich halte die Entwicklung vom Polytheismus zum Monotheismus ganz "historisch-materialistisch" einfach für Fortschritt. Die Argumentation lies hier.
 
Um es im Hinblick auf die römische Christianisierung zu sehen gab es für die alten Götter keine andere Alternative als das Christentum, da die römische Religion


Es gab selbstverständlich noch andere Optionen, von denen der Mithras-Kult die bedeutendste war. Auch er war monotheistisch ausgerichtet und ebenso wie das Christentum eine Heilslehre. Der Mithras-Kult hatte eine breite Anhängerschaft, war unter den Soldaten besonders beliebt und über eine längere Zeit hinweg war es durchaus ungewiss, ob nicht vielleicht Mithras den Sieg uber Jesus davontragen würde. Das galt besonders für den Osten des Reichs.

Bekanntlich ist es anders gekommen!
 
Am Ende der Antike setzt sich - über einen sehr langen Zeitraum - ja der Monotheismus durch. Grundsätzlich sehe ich es so, dass der Monotheismus eher neue Konflikte heraufbeschwor. Der Polytheismus scheint die friedlichere religiöse Variante gewesen zu sein - dies zeigt sich schon im Alten Testament, in dem sich Gott gegen die Israeliten wendet, die die "Götzen" der Kanaaniter etc. anbeten oder auch nur dulden. Der Polytheismus bot die Möglichkeit, die religiösen Vorstellungen anderer Völker zu integrieren, wie sich im römischen Reich zeigte. Der Monotheismus ließ diese Möglichkeit nicht zu - in der religiösen Welt des Mittelalters bedeutete Heidentum auch Feindschaft (selbst wenn es auf politischer Ebene Allianzen zwischen heidnischen und christlichen Staaten geben konnte, besonders galt dies für Byzanz).
Andererseits setzte sich der Monotheismus aber bei allen europäischen Völkern durch. Zur Diskussion möchte ich stellen, welche Vorteile darin lagen, denn wenn es die nicht gegeben hätte, wäre der Monotheismus nicht so erfolgreich gewesen.

Ich glaube, du hast dir bereits selbst die Antwort gegeben. Dem Polytheismus in Europa wurde seine eigene Toleranz zum Verhängnis. Alle monotheistischen Religionen implizieren einen Absolutheitsanspruch (wenn es nur einen Gott gibt, müssen Andersdenkende zwangsläufig falsch liegen), während man umgekehrt so nicht argumentieren kann. Vernachlässigen sollte man aber nicht, dass Monotheismus nicht automatisch das modernere Konstrukt ist; der Hinduismus ist z.B. eine sehr lebendige Religion und nicht monotheistisch.
 
Nicht zu vergessen sind auch organisatorische Aspekte und der Missionierungsgedanke. Erfolgreiche monotheistische Religionen sind in ihrem Organisationsgrad vielleicht mit einer Armee zu vergleichen. Sie sind streng hierachisch aufgebaut, Abweichler (z.B. Arianer, Manichäer, Bahai) werden nicht geduldet und systematisch bekämpft. Der besondere Erfolg der (ursprünglich nahöhstlichen) monotheistischen Religionen wie Islam und Christentum und der originär neue Gedanke dürfte aber der Missionsbefehl sein (gibt es im Judentum so nicht), wo es nicht ausreicht, allein im Besitz der "Wahrheit" zu sein, sondern ich diese Wahrheit auch anderen zu oktroyieren habe.
 
Angrivarier schrieb:
Dem Polytheismus in Europa wurde seine eigene Toleranz zum Verhängnis. Alle monotheistischen Religionen implizieren einen Absolutheitsanspruch (wenn es nur einen Gott gibt, müssen Andersdenkende zwangsläufig falsch liegen), während man umgekehrt so nicht argumentieren kann. Vernachlässigen sollte man aber nicht, dass Monotheismus nicht automatisch das modernere Konstrukt ist; der Hinduismus ist z.B. eine sehr lebendige Religion und nicht monotheistisch.

Aber irgendwo müssen auch die Vorzüge der monotheistischen Lebensweise gelegen haben. Es ist ja nicht so, dass das Christentum nur aufgezwungen wurde. Zuerst musste es sich im römischen Reich durchsetzen. Dann kam es während der Völkerwanderung dazu, dass die "Sieger", nämlich die heidnischen germanischen Könige, dass Christentum doch mehr oder weniger freiwillig übernahmen. Allerdings entwickelte sich hier - bis sich dies spätestens im 8./9. Jahrhundert änderte - doch noch mal ein Klima der relativen religiösen Toleranz, ein auf lange Sicht labiles Miteinander zwischen Heiden und Christen, das nicht von den Kulturkämpfen im zerfallenden spätantiken Reich geprägt war.

Angrivarier schrieb:
Der besondere Erfolg der (ursprünglich nahöhstlichen) monotheistischen Religionen wie Islam und Christentum und der originär neue Gedanke dürfte aber der Missionsbefehl sein (gibt es im Judentum so nicht), wo es nicht ausreicht, allein im Besitz der "Wahrheit" zu sein, sondern ich diese Wahrheit auch anderen zu oktroyieren habe.

Ich denke, da kommen wir der Sache schon näher - obwohl sich noch die Frage nach den realen Fortschritten stellt. Denn die Geschichten, wie Bonifatius und andere durch symbolische Handlungen die Macht Gottes
bewiesen, sind doch eher naivistische Legenden und die wahren Motive zur Konversion müssen tiefer liegen.


Dieter schrieb:
Der Mithras-Kult hatte eine breite Anhängerschaft, war unter den Soldaten besonders beliebt und über eine längere Zeit hinweg war es durchaus ungewiss, ob nicht vielleicht Mithras den Sieg uber Jesus davontragen würde.

Er konnte sich vielleicht deshalb nicht so durchsetzen, weil er doch mehr oder weniger stark an eine zwar mächtig, doch abgegrenzte soziale Schicht gebunden war - die Soldaten. Der Kult blieb z.B. Frauen verschlossen.

Dagobert schrieb:
Und das Judentum verschloß sich von selbst durch die Abgrenzung "auserwähltes Volk" bzw. stellte die kaiserliche Autorität infrage, was der Christ nicht tat.

Weiß nicht - einerseits ist was dran, aber andererseits hatten die Christen ein zwiespältiges Verhältnis zum Reich. Einerseits ist die Trennung zwischen Staat und Religion schon in der Bibel angelegt ("redde caesari quae sunt caesari"), andererseits weigerten sich die Christen ja, den Kaiserkult zu befolgen, und wurden deshalb auch verfolgt. Der Schlüssel liegt hier, weshalb die Kaiser das Christentum zunächst akzeptierten und schließlich selbst annahmen. Denn hier lag wohl schon ein deutlicher Vorteil - die Verbindung weltlicher Machstellung mit religiöser Überhöhung, die schließlich im "Gottesgnadentum" kulminierte. Allerdings ist noch anzumerken, dass die Kirche schon früh (Augustinus) die Legitimät weltlicher Herrscher überhaupt in Frage stellte, und es während des gesamten Mittelalters ja wegen dieses Problems immer wieder zu Konflikten zwischen dem Papst und den europäischen Königen bzw. Kaisern kam.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und das Judentum verschloß sich von selbst durch die Abgrenzung "auserwähltes Volk" bzw. stellte die kaiserliche Autorität infrage, was der Christ nicht tat.
Hm... damit bin ich nicht ganz einverstanden. Zwar gibt es die bekannte Bibelstelle, in der Jesus sagt: "So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört und Gott, was Gott gehört." Aber die Stelle ist in ihrer Bedeutung nicht unumstritten. Handelt es sich hier wirklich um Beugung vor der Autorität eds Kaisers, bzw. der Besatzungsmacht Steuern zu zahlen? Oder wird hier die Einhaltung eines jüdischen Gebotes gefordert, nämlich dem Bilderverbot? Die Münze, um die sich die Diskussion entfacht ist nämlich eine mit einem Bild des Kaisers. Die Christen jedenfalls haben den Kaiserkult genauso wie die Juden abgelehnt. Und genauso, wie es auch Juden und Christen gab, die dem Kaiser politisch ergeben waren, gab es welche, auf die das eben nicht zutrifft. Von römischer Seite aber wurde die Ablehnung des Kaiserkultes als Affront der Christen angesehen und dürfte somit auch den Auslöser der Christenverfolgungen gebildet haben.

Ich glaube, du hast dir bereits selbst die Antwort gegeben. Dem Polytheismus in Europa wurde seine eigene Toleranz zum Verhängnis.
Wie tolerant der Polytheismus wirklich war, inbesonderer der römische der Kaiserzeit, kann man an den vorherigen Ausführungen sehen.

Vernachlässigen sollte man aber nicht, dass Monotheismus nicht automatisch das modernere Konstrukt ist; der Hinduismus ist z.B. eine sehr lebendige Religion und nicht monotheistisch.
Dass der Hinduismus eine sehr lebendige Religion ist, macht ihn nicht zu einer modernen Religion. Es handelt sich hier um eine sehr alte Religion, älter als das Christentum.

Nicht zu vergessen sind auch organisatorische Aspekte und der Missionierungsgedanke. Erfolgreiche monotheistische Religionen sind in ihrem Organisationsgrad vielleicht mit einer Armee zu vergleichen. Sie sind streng hierachisch aufgebaut, Abweichler (z.B. Arianer, Manichäer, Bahai) werden nicht geduldet und systematisch bekämpft.
Auch in polytheistischen Religionsgemeinschaften gibt es religiöse Hierarchien, und auch polytheistische Religionsgemeinschaften kennen innere und äußere Kämpfe: Muslime und Hindus in Indien, altägyptischer Polytheismus vs. Aton-Kult etc. Die einfache Gleichung Monotheismus = kriegerisch/intolerant // Polytheismus = friedlich/tolerant geht nicht auf.
 
Wie tolerant der Polytheismus wirklich war, inbesonderer der römische der Kaiserzeit, kann man an den vorherigen Ausführungen sehen.
Polytheistische Toleranz beruht auf Gegenseitigkeit. Rom akzeptierte mWn jeden Glauben, Religion, Götter, die die römischen nicht in Frage stellten. Das Christentum (und auch Judentum) kamen mit ihrem Absolutheitsanspruch dem nicht entgegen.
In solchen Fällen hört dann Toleranz auf (und wenn die Intoleranz als Angriff auf staatliche Prinzipien - Kaiserverehrung - zu deuten ist).
 
Nicht zu vergessen sind auch organisatorische Aspekte und der Missionierungsgedanke. Erfolgreiche monotheistische Religionen sind in ihrem Organisationsgrad vielleicht mit einer Armee zu vergleichen. Sie sind streng hierachisch aufgebaut, Abweichler (z.B. Arianer, Manichäer, Bahai) werden nicht geduldet und systematisch bekämpft. Der besondere Erfolg der (ursprünglich nahöhstlichen) monotheistischen Religionen wie Islam und Christentum und der originär neue Gedanke dürfte aber der Missionsbefehl sein (gibt es im Judentum so nicht), wo es nicht ausreicht, allein im Besitz der "Wahrheit" zu sein, sondern ich diese Wahrheit auch anderen zu oktroyieren habe.

Im (orthodoxen sunnitischen) Islam gibt es keinen "Missionsbefehl". Zumindest nicht theoretisch. Erst recht nicht gewalttätig "mit Feuer und Schwert". Praktisch wurde sicher zu einigen Zeiten der Satz gesagt: "Ich mache dir ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst."... ;)

(Bekannt ist der vielzitierte Vers: "Kein Zwang im Glauben." Durch Vorbildhaftes Leben kann man durchaus den einen oder anderen die Sache schmackhaft machen, aber nicht durch überreden. Wie oben schon gesagt, in der Theorie.)

Aber ich glaube, wir dürfen nicht über Religion und Politik reden?
 
Im (orthodoxen sunnitischen) Islam gibt es keinen "Missionsbefehl". Zumindest nicht theoretisch. Erst recht nicht gewalttätig "mit Feuer und Schwert". Praktisch wurde sicher zu einigen Zeiten der Satz gesagt: "Ich mache dir ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst."... ;)
Sicherlich gab es im Koran keinen Missionsbefehl, wie in der Bibel, dass es eine Art von Missionsauftrag gibt, könnte ich -falsch gewünscht- durch Koranzitate und Hadithe belegen. Mir geht es ja auch gerade nicht um gewalttätige Mission, sondern um Mission und Absolutheitsanspruch monotheistischer Religionen. Und wenn ich von "Bekämpfen" von Abweichlern gesprochen habe, so meine ich zuallererst auch die theologische Bekämpfung, wie z.B. in der Auseinandersetzung mit der Gnosis.
(Bekannt ist der vielzitierte Vers: "Kein Zwang im Glauben." Durch Vorbildhaftes Leben kann man durchaus den einen oder anderen die Sache schmackhaft machen, aber nicht durch überreden. Wie oben schon gesagt, in der Theorie.)

Aber ich glaube, wir dürfen nicht über Religion und Politik reden?
 
Was ist eigentlich von folgender Internet Seite zu halten. (ist schon klar, die ist parteiisch und von so einem Neuhellenen), aber ein wahrer Kern und ein bisschen Recherche scheinen reingeflossen zu sein? http://www.rassias.gr/9011.html
 
vieles davon ist einfach aus der Vita Constantini wenn ich das so überfliege, und das ist ein christlich geprägtes Werk.

Daneben sollte man im Kopf behalten, dass gerade wiederholte nennungen von Aktionen in den Codices/Gesetztexten nur darauf schließen lassen, dass die vorherigen Erlasse eben nicht sooo wirklich eingehalten wurden;)
 
.. Auch in polytheistischen Religionsgemeinschaften gibt es religiöse Hierarchien, und auch polytheistische Religionsgemeinschaften kennen innere und äußere Kämpfe: Muslime und Hindus in Indien, altägyptischer Polytheismus vs. Aton-Kult etc. Die einfache Gleichung Monotheismus = kriegerisch/intolerant // Polytheismus = friedlich/tolerant geht nicht auf.

Oben genannte Beispiele allerding stellen polytheistischen Religionen jeweils eine monotheistischen gegenüber, also eher ein Indiz für Konfliktpotezial zwischen Mono- und Polytheismus, als ein Indiz für Konfliktpotenzial polytheistischer Religionen untereinander.

Natürlich gibt es auch genug Beispiele aus dem Altertum, wo einzelne Gottheiten aus dem Pantheon herhalten mussten, um Eroberungen und Machtkämpfe von Stadtstaaten gleicher Religion untereinander, zum Ruhme der jeweils eigenen Stadtgottheit religiös zu begründen. (Sumer, Mesopotamien, Griechenland).

Der Weg zum Monotheismus über Geisterglauben, und Polytheismus scheint mir auch recht nachvollziehbar, nur für den nächsten Schritt, die voreilige Annahme, dass es keinen Gott gäbe, fehlt uns noch eine erhebliche Menge an Wissen über die Vorgänge in unserer Welt.
 
Zuletzt bearbeitet:
vieles davon ist einfach aus der Vita Constantini wenn ich das so überfliege, und das ist ein christlich geprägtes Werk.

Daneben sollte man im Kopf behalten, dass gerade wiederholte nennungen von Aktionen in den Codices/Gesetztexten nur darauf schließen lassen, dass die vorherigen Erlasse eben nicht sooo wirklich eingehalten wurden;)

Danke für die Antwort, vieles in der Seite datiert aber später. Es muss also weitere Quellen geben und mein nicht vorhandenes Neugriechisch reicht für die längere (griechische) Version nicht aus. Klar wurden die Erlasse nie eingehalten oder hältst du dich an die Strassenverkehrsordnung.
 
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