A) Vor allem würde mich interessieren die Überfahrt durch den Kanal, also z.B. Le Havre - London
B) Was auch interessant wäre: z.B. Plymouth - Boston (MA)
Ich habe mal gelesen, dass die Atlantiküberquerung im besten Fall in 6 Wochen geschafft werden konnte aber durchaus auch 10 Wochen in Anspruch nehmen konnte, wenn Strömung/Winde nicht so mitspielten.
Kennt jemand da konkretere Quellen mit denen man arbeiten könnte?
C) Ist es wahr, dass zwischen November und Januar gar keine Schiffe über den Atlantik gingen, weil die Witterung da so mies war, dass keiner das Risiko eingehen wollte? Ich meine so etwas mal gelesen zu haben, weiß aber nicht mehr wo. :-(
D) Ist es richtig, dass die Hinfahrt etwa zwei Wochen kürzer dauerte als die Rückfahrt, oder umgekehrt? Ich meine dass einmal in einer Dokumentation auf ARTE gehört zu haben (da ging es um das Sklavendreieck). Dieser Umstand sollte auch mit der Strömung zusammenhängen, aber ich bekomme das nicht mehr so genau zusammengesetzt...
Tu, was auch Napoleon hätte tun sollen - mach Dich mit der Physik der Seefahrt unter Segeln vertraut. Die Bewegungsrichtung von Segelschiffen ist in erster Linie von den Windverhältnissen, den Strömungsverhältnissen, der Takelung und der Rumpfform des jeweiligen Schiffes abhängig. Dazu kommen das Können und die Risikofreude der Besatzung. Dazu gibt es auch Unterschiede, die von der Organisation, die das entsprechende Schiff betreibt, abhängig sind. Einzelnes Schiff oder Konvoi? Das ist ein sehr weites Feld, das Du da auftust.
Anbei eine Karte, die das nordatlantische Strömungssystem zeigt. Für die Planung einer Reise sind Richtung und Stärke der Meeresströmungen fast noch wichtiger als das tägliche Wetter. Es ist für die Dauer einer Passage wie Du siehst durchaus relevant, in welcher Richtung man unterwegs ist:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/16/Ocean_current_2004.jpg
zu A) Eine KanalÜBERquerung geht gemeinhin auf kurzer Strecke z. B. von Dover nach Calais. Das sind bummelig 21 Seemeilen. Ein Segler, der irgendwo zwischen 3 und 10 Knoten (Seemeilen pro Stunde läuft, braucht 2-7 Stunden. Gerade in stark tidenabhängigen Gewässern versucht Hein Seemann, mit dem Tidenstrom zu laufen, nicht gegen ihn.
Read the ebook Annals of Dover. by John Bavington Jones
Gemeinhin ist man im in der Westwindzone gelegenen Kanal von West nach Ost im Schnitt zügiger unterwegs als von Ost nach West. Problematisch wird Deine Strecke: Während der Stropp von Le Havre bis zur Themsemündung recht zügig gehen konnte, musste das Schiff dann erst in den Downs warten, bis der Wind günstig stand, um in die Themse zu gehen: Stromaufwärts - man benötigte Winde aus östlicher Richtung. Ein Schratsegler konnte dabei mehr aus dem Wind herausholen als ein Rahsegler.
B) Plymouth-Boston kann schweinelang dauern und ggf. auch daran scheitern, dass das Schiff bei Stürmen aus Westen noch nicht mal aus dem Kanal rauskommt. Minimum dürften 6-8 Wochen gewesen sein - zu den besten aller Bedingungen. 10-12 eher wahrscheinlich.
Konkrete Quellen: 1. Die in jedem guten Archiv gelegenen Schiffstagebücher derjenigen Schiffe, die auf dieser Reise unterwegs waren.:friends:2. Jedes gute Buch über die Auswandererschiffe bzw. über die Operationen der der auf Plymouth gestützten Verbände der Royal Navy im Siebenjährigen Krieg, im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg oder im Krieg von 1812. 3. Jedes gute Buch über Design und Konstruktion von Rigg und Rumpf der zeitgenössischen Segelschiffe.
C) Risiko ist immer eine Frage des erhofften Gegenwertes. Sicherlich gab es im Winter weniger Schiffe auf der Route als im Sommer. Auch wurde - wegen Eises - dann gerne eine südlichere Route eingeschlagen. Im Winter war es halt stürmischer, das konnte aber in West-Ost Richtung eine sehr schnelle Passage bedeuten, von Ost-nach West einen Albtraum.
D) siehe A).
Triangular trade - Wikipedia, the free encyclopedia Atlantischer Dreieckshandel ? Wikipedia
Wenn Du die in den wiki-Artikeln abgebildeten Routen über die Strömungskarte aus A) legst, wirst Du eine bemerkenswerte Entdeckung machen.
Schreibst Du immer noch an Deinem Roman? Falls ja, zwei Ratschläge. Wenn Deine Protagonisten die von Dir oben genannten Routen befahren haben sollten, dann kopiere möglichst das historische Vorbild der entsprechenden Reise, das schützt vor Peinlichkeiten (von denen die Bücherregale, Abt. historischer Roman rappelvoll sind). Dazu wird der Gang in Archive oder auch der Blick in zeitgenössische Zeitungen unumgänglich sein. Thematisiere Dinge, bei denen Du Dich nicht auskennst nur so tief, wie Du es wirklich plausibel machen kannst. (Oder lass Dich bei den Passagen von jemandem vom Fach beraten - für einen Roman ist das legitim. Nur in diesem Fall müsstest Du auch konkrete Angaben machen. In jeder der von Dir genannten Hafenstädte gibt es mit Sicherheit ein Museum, das sich mit der lokalen und regionalen Seefahrtsgeschichte auseinandersetzt und die können - und werden Dir in der Regel auch - gern helfen. Wenn's nur um die Typen an Bord geht, dann lass sie "per Schiff von Pleimünde nach Boston übersetzen" und gut ist. Bei
Manon Lescaut hat das auch gereicht...