Wie war das mit den Wahlen in der DDR...
Gute Frage.
Gewählt wurde ja immer irgendetwas
.
Mitunter verwendet man da auch die Redeart: „geht auf keine Kuhhaut“.
Und in der Tat, diese Menge an Wahlen geht wirklich nicht auf eine Kuhhaut. Wenn ich das mit nach 1990 vergleiche, ich glaube da waren wir in der DDR Weltmeister.
Aber hier geht es um die Volkskammer der DDR, um den Bezirkstag, Kreistag, kreisfreie Städte (Stadtverordnete) und ggf. um den Gemeinderat.
Was unter diesen Wahlen zu verstehen ist (politisch und ideologisch), da bin ich der Meinung, da kann man nur wenig bis gar nicht neues schreiben. Inzwischen findet man sehr vieles auch im Netz dazu, auch m.E. sehr viel Seriöses (Hetzfreies).
Ein paar Gedanken wie es in meinem Umfeld in der Praxis aussah:
Klar gab’s damals schon bei uns Diskussion darüber ob es sich hier überhaupt um Wahlen handelt.
Sicher verwendeten wir auch diesen Begriff im Sprachgebrauch, aber hauptsächlich nannten wir es
Stimmabgabe.
Vorherrschend war im Sprachgebrauch: „
Stimmabgabe für die Kandidaten der „Nationalen Front“.
Früh, ich glaube 7.00 Uhr, wurden die Wahllokale geöffnet. Bestückt mit Leuten aus den verschiedensten Parteinen und gesellschaftlichen Organisationen.
Der 1. Wähler erhielt einen Blumenstrauß. Kann auch sein, der 2. und 3. erhielt auch noch einen.
Einen Blumenstrauß erhielt auch jeder „Erst- Wähler“ (18. Lebensjahr).
Wahlen waren m.W. auch immer in so einer Zeit wo es Blumen gab damit der Staat keine Kopfstände machen musste wie z.B. zum 8. März – Frauentag – um Blumen ausreichend heranzuschaffen.
Wer das miterlebt hat, weis wovon ich hier schreibe.
In den Wahllokalen erschienen meistens auch Gruppen von JP und trugen Gedichte und oder Lieder vor.
In den Betrieben gab es kurz vor dem Wahltag Hinweise/Erinnerungen, dass man vormittags seine Stimme abgeben sollte.
Die Wahllokale standen ja auch in so einer Art Wettbewerb. Es ging darum, wer kann als „Erster“ dem übergeordneten Wahlleiter im Kreis/Stadt vermelden, in seinem Wahlkreis haben alle gewählt.
Wenn dann so ab 12.00 Uhr die Agitatoren einrückten, erhielten diese Namenslisten von Bürgern die aufzusuchen waren, um sie höflich auf ihr „
Wahlrecht“ aufmerksam zu machen und dieses auch wahrzunehmen.
Ich gehe mal davon aus, dass hier nicht jeder weis was mit „Agitatoren“ gemeint ist.
In der Regel handelte sich um Menschen aus den Betrieben und Kombinaten, meisten in Verantwortung stehend.
Diese Leute wurden auch in der Regel festgelegt, freiwillige Meldungen habe ich in meinem Umfeld nicht erlebt.
Und wer einmal dabei war, der konnte schon davon ausgehen, dass nächste mal ist er wieder dabei.
Da wo ich es kenne war es nie der Fall, dass da hauptamtliche Leute aus dem SED/FDJ Apparat oder gar Angestellte des MFS diese Rolle übernahmen. Anderswo durchaus möglich.
Was passierte mit Nichtwähler?
Dass sich mit denen die Stasi beschäftigte, wie hier auch zu lesen ist, ist mir so nicht bekannt.
Die Stasi beschäftigte sich mit Leuten die Ausreiseantrag gestellt hatten und die waren automatisch Nichtwähler.
Möglicherweise gab es aber auch andere Fälle. Sicher auch abhängig von der jeweiligen Person. Ich meine wie derjenige laut und deutlich machte, dass er nicht wählen gehen wird.
Was mir bekannt ist, diese Leute wurden den Betrieben gemeldet und da beschäftigte man sich dann mit diesen.
Da war von Bedeutung um wem es sich handelt, da wurde differenziert.
Es gab Aussprachen, ggf. auch Versetzungen in andere Bereiche.
War derjenige in Leitfunktion, wurde er sofort davon entbunden.
Kam auch auf das Kollektiv an zu den derjenige gehörte.
War nicht vereinbar mit dem Titelkampf und auch nicht vereinbar mit dem Kampf Brigade der DSF. Das passte da absolut nicht rein und dazu.
Außerdem, FDGB Urlaubsplatz, derjenige brauchte gar keinen Antrag zu stellen, Lohn – oder Gehaltserhöhung waren m.W. auch erst einmal in Ferne gerückt, einen PKW aus Schwerpunktversorgung konnte derjenige auch vergessen, ebenso wurde ggf. der Wohnungsantrag auch erst einmal im Karteikasten nach hinten geschoben, auch Antrag auf Fernseher (Farbfernseher – lief mal eine Zeitlang über die betriebliche Gewerkschaft) wurde auf Eis gelegt, ging’s um eine Delegierung zum Studium, war die auch gestrichen u.a.
Hinzukommend im Wohngebiet.
HVM und ABV waren da auch informiert.
HVM nur dann, wenn er als vertrauenswürdig galt.
Das alles hier hört sich nach sehr viel an.
Betraf aber in der Regel wenige. Ich mache hier nur deutlich, man gab es denjenigen zu spüren wenn er von seinem Wahlrecht keinen Gebrauch machte.
Im Vorfeld der Wahlen und m.W. zunehmenden mit den Jahren kamen waschkörbeweise Eingaben beim Staatsrat der DDR an. Aber auch bei anderen Organen wie z.B. Gewerkschaft, Partei, FDJ, ABI und den Räten der Gemeinden, Städte, Kreise.
Da bemühte man sich das Anliegen zu lösen, was aber nicht immer gelang.
In der Überzahl ging es wohl um Eingaben, um aus der alten fast unbewohnbaren Wohnung in eine neue Wohnung zu kommen.
Oder die Wohnungsgröße passte absolut nicht zur Zahl der Familienmitglieder (Überbelegung/Scheidungen etc.).
Gegenstände von Eingaben waren aber auch Handwerkerleistungen (DM Problematik) die schwer zu bekommen waren u.v.a.m.
Dies ein paar Gedanken dazu.
Sind ein paar Zeilen mehr geworden, aber bei so einem Thema...