Ritter gegen Schnecken?

Zitat von Freund Mashenka: „ein Schwein mit Brautschleier auf Stelzen, das auf einer Harfe spielt.
Warum nicht. Warum sollte man ein Schwein nicht vermenschlicht so darstellen?
Erinnert mich an „Miss Piggy“. Und da erinnere ich mich sogleich an „Statler und Waldorf“. Habe da im Westfernsehen zu DDR-Zeiten viele, viele Shows gesehen (ZDF 1977-1982).

Aber mal etwas zum Schwein und zum Eber...
Hier hätten wir:
  • die Sau oder zivilisierter ausgedrückt das (Haus-) Schwein und
  • den Eber das männliche Wildschwein.
Zum Schwein:
Das Schwein steht ja für:
  • Wollust,
  • Sünde,
  • Trägheit,
  • Gier,
  • Vollerei und
  • Dummheit.
Das einzige Schwein welches positiv bewertet wird ist das Schwein des heiligen Antonius. Da steht das Schwein als Zeichen des Sieges über fleischliche Begierden und Verlockungen des Bösen.
Man findet ja das Schwein des heiligen Antonius z.B. in den Wappen des Dorfes Merfeld/OT der Stadt Dülmen/Münsterland.. Auch findet man das Schwein in Murau/Österreich/Steiermark in einer ikonografischen Darstellung. Man sieht da ein Schwein mit einer Glocke um den Hals.
Auch bei einige Malern/Künstlern z.B. Hieronymus Bosch (* um 1450 - † 1516), oder beim Maler David Teniers (* 1610 Antwerpen - † 1690 Brüssel) Gemälde „Versuchung des heiligen Antonius" und andere.

Zum Eber:
Der Eber steht ja für:
  • Stärke,
  • Wildheit,
  • Angriffslust.
Bei den gläubigen Christen ist der Eber ein Symbol für das Heidentum was den Weinberg des Herrn verwüstet. Siehe Psalm 19,16 f. (der wilde aper de silva).

In einigen Sagen wurde ja der Eber auch positiv verewigt.
So z.B.:
  • Artus – der Eber von Cornwall,
  • Dankwart der Bruder des Hagen von Tronje wurde auch „Eberschwein“ genannt.
Auch in „Tristan und Isolde kommt der Eber vor.
Der oberste Truchsess (Seneschall) am Königshof Cornwall namens Marjodo (ein Freund von Tristan) träumt eines Nachts von einem wilden Eber. Dieser Eber erstürmt den Palast, dringt gewaltsam bis in das Gemach des Königs vor, wo er das Ehebett von König Marke verwüstet und mit seinem Geifer (Speichel, Sabber) besudelt.
 
Zitat von Freund Mashenka: „ein Schwein mit Brautschleier auf Stelzen, das auf einer Harfe spielt.
Warum nicht. Warum sollte man ein Schwein nicht vermenschlicht so darstellen?
[…]
Nun, der Schleier soll eine Verhüllung der (angeblichen) Realität darstellen. Die Stelzen täuschen Leichtigkeit/Eleganz vor, quasi das Schwein benimmt sich gestelzt. Und die Harfe ist bekannt als Erzeuger der lieblichsten Töne. Es wird sich um die Darstellung eines Wesens handeln, dem der Bildautor Heuchelei vorwirft.
Da fehlt noch die Interpretation des Schweins. Der Aussage nach muss es sich um eine negativ bewertete Person handeln. Nehmen wir die Verkörperung von »Völlerei«/»Gier« (bei »Wollust« hätte man im SMA eher einen Affen abgebildet), hieße: die Völlerei/Gier gibt sich als elegant und gefällig; ginge einigermaßen, aber wer soll die Zielgruppe für die Aussage sein. Soll das etwa ein Appell an Nonnen und Mönche sein, weniger zu essen, wenn sie attraktiv, sexuell anziehend sein wollen? Wohl kaum. Es bleibt also die aggressive Verleumdung: siehe »Judensau», de. Wikipedia.

EDIT: Hier nochmals der Link zu den Darstellungen des Duells zwischen Hase und Schnecke sowie des gestelzten Schweins: : “The Froissart Harley: Caricature on the Margins?”, Medieval Studies Research Blog, University of Notre Dame, Indiana, 2015.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da fehlt noch die Interpretation des Schweins. Der Aussage nach muss es sich um eine negativ bewertete Person handeln. Nehmen wir die Verkörperung von »Völlerei«/»Gier« (bei »Wollust« hätte man im SMA eher einen Affen abgebildet), hieße: die Völlerei/Gier gibt sich als elegant und gefällig; ginge einigermaßen, aber wer soll die Zielgruppe für die Aussage sein. Soll das etwa ein Appell an Nonnen und Mönche sein, weniger zu essen, wenn sie attraktiv, sexuell anziehend sein wollen? Wohl kaum. Es bleibt also die aggressive Verleumdung: siehe »Judensau», de. Wikipedia.
@Mashenka der Link in deinem Beitrag verweist nicht auf das Motiv der Judensau, sondern:
Auch der Meister der Froissart Harley verschont in seinen Karikaturen nicht die höfischen Frauen. Am Rand von Folio 19v stellt der Illustrator eine Sau auf Stelzen mit konischem Hut dar, die Harfe spielt. Diese Sau lenkt die Aufmerksamkeit auf die Miniatur weiblicher Höflinge, die alle konische Hüte tragen und in der Mitte der Seite das Turnier beobachten. Auch diese Charakterisierung ist im burgundischen Kontext paradox: Schweine symbolisierten typischerweise Unsauberkeit und Gier, ungünstige Eigenschaften für eine Frau, die versucht, sich durch die Wechselfälle des Hofes zu navigieren.
 
@Mashenka der Link in deinem Beitrag verweist nicht auf das Motiv der Judensau, sondern:
Danke für die Ergänzung. :) War mir bewusst, dass der Link nur die Darstellung zeigt, während anders interpretiert wird. Aus meiner Sicht ist die Deutung als Darstellung von Heuchelei naheliegender.
Die Interpretation als Karikatur halte ich für eine heutige Sichtweise, die bei der oberflächlichen Belustigung steckenbleibt, anstatt sich über den Sinn/Unsinn der Requisiten des dargestellten Schweins Gedanken zu machen (um mal die ungewisse Symbolik der Sau beiseitezulassen): die Hofdamen mögen zwar solche Hüte getragen haben; sie werden wohl hin und wieder auch Harfe gespielt haben; dass sie sich aber gerne auf Stelzen fortbewegten, bezweifle ich stark.
 
anstatt sich über den Sinn/Unsinn der Requisiten des dargestellten Schweins Gedanken zu machen
höfischer spitzer/konischer Damenhut (sozusagen Schultütendesign), durchsichtiger Schleier und Harfe, aber auch Stelzen sind Accessoires, die sich ansonsten bei keiner Darstellung der Judensau finden: das spricht nach meinem Dafürhalten gegen die Deutung als Judensau.
Frivol/drastisch könnte die immanent moralisierende Aussageabsicht der gestelzten Kombination von höfischen Damenmoden mit drall "bezitzter" Sau sein und in diesem Sinne auf das Motiv "Frau Welt"/"törichte Jungfrauen" verweisen (?!)
 
Zuletzt bearbeitet:
(((drei Klammern auf - vielleicht verweisen die Stelzen auf grausame Rituale einer Geheimgesellschaft! - drei Klammern zu)))
;) :D :D :D
 
Zurück
Oben