"Römersteine" - in Kirchen eingemauert

Der Gedanke kam mir zugegebenermaßen auch schon. ...

Ich meinte nicht, dass der antike Stein erst dann eingesetzt wurde, sondern dass er von Restauratoren erst in jüngster Zeit hervorgehoben wurde.

Bei deiner Kirche ist es ja zu prominent. Also muss er wohl absichtsvoll eingesetzt worden sein.

Mir schwebten hingegen die Millionen Spolien vor, die ich in der Türkei (oder Spanien, oder Italien, ...) im Laufe meiner Reisen gesehen habe, wobei einige interessante Stücke in der Landmauer von Istanbul, oder in der Mauer der Kreuzritterburg von Bodrum, oder der Burg von Anamur verbaut wurden, hingegen erst im 20. Jh. restauratorisch hervorgehoben wurden, z.B. durch Reinigung, durch Anleuchtung, durch Abtragung von Putz oder (teilweise) Vermauerungen, usw. Viele dieser Steine hatten damals keine weitere Bedeutung, aber heute schon, und der Besucher könnte sich fragen, ob es immer schon so gewesen sei, wenn er nicht weiß, dass erst die Moderne mit ihren Restauratoren den Steinen eine größere Bedeutung beimisst.
 
Bei der ein und anderen Limestour sind mir diese Spolien an manchmal nahegelegenen, manchmal weiter entfernten Kirchen auch begegnet.
Ich fand das persönlich immer sehr interessant, und habe mich schon auch gefragt, ob mehr Zufall bzw. "Vorortbedienung" an Material als (religiöse) Absicht mit im Spiel sein könnte.
Als Beispiele kann ich drei Fotos mit beisteuern, bei denen Spolien verarbeitet wurden:
Bild 1 die Friedhofskirche neben dem Limesmuseum in Aalen.
Bild 2 zeigt das Innere der Basilika von Seligenstadt.
Bild 3 und 3 a zeigt die Kirche in Langenhain.
 

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@Silke: Vor allem dieses erste Foto sieht wirklich interessant aus. Da kann man gut erkennen, dass man wohl die Fundamente und einen Teil der darüber liegenden Steinreihen, mit wiederverwerteten älteren Material gebaut hat, bevor man zu neuen Steinen gegriffen hat.

In dem Zusammenhang wäre vielleicht grundsätzlich interessant, ob Archäologen in der Umgebung von Gebäuden, die offensichtlich mit teilweise antikem Material gebaut wurden, gezielt graben.
Denn es ist doch naheliegend, dass sich dort irgendwo römische Grundmauern unter der Erde befinden müssten, plus anderem Material.
Von weiß Gott woher wird man diese antiken Steine ja nicht hergeholt haben, das muss wohl in unmittelbarer Umgebung gewesen sein (vielleicht steht die Kirche sogar selbst auf römischen Fundamenten?).

Edit: Mir fällt da gerade ein, dass man in der Antike selbst bereits Material im großen Stil wiederverwendet hat. In Ephesus (oder in einer Stadt in der Nähe, weiß das nicht mehr so genau), hat man nach einem Erdbeben im vierten Jahrhundert, Steinblöcke mit Inschriften die sich einst meterhoch über der Erde befanden, kopfüber in die Grundmauern neu errichtete Gebäude integriert, auch Teile von Säulen usw. Deshalb wissen Archäologen heute auch meist, welche Gebäude vor dem Beben errichtet wurden und welche danach.
 
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Ein Trugschluß.
Von der Eifelwasserleitung bis zum Amphitheatrum Flavium diente die Antike als Steinbruch für die nachfolgenden Zeiten (bis heute im übrigen, nicht selten wird einfach weitergebaut, Funde verschwiegen). Dafür wurde Baumaterial gerne auch bewegt.
Das dabei nicht hunderte km zurückgelegt wurden stimmt zwar, aber bereits 5 km Distanz bedeuten für die Archäologie mitunter unauffindbarkeit eines möglicherweise ohnehin ausgeplünderten und damit fundarmen Platzes.
 
Uhtred, in der Tat.
Hier eine kleine Übersicht über das Kastell in Aalen: Stadt Aalen - Museen - Limesmuseum Aalen oder hier:
Stadt Aalen - Museen - Archäologischer Park Der Bursche schaut also so ziemlich Richtung Friedhof und Kirche.
Die Kirche steht unmittelbar vor der (nicht mehr sichtbaren) Porta Praetoria des Kastells.
Wieviel genau "fehlt" weiß ich nicht, aber die anderen Kastellreste sind unter dem Friedhof verborgen, bis auf eine kleine Ecke, wenn ich nicht irre.
Vor der Kirche wurden aber auch Reste von mittelalterlichen Bauten gefunden.

Hier auch noch ein link: http://www.deutsche-limeskommission...ischer_limes_baden_wuerttemberg/45_aalen.html
 
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Da sieht man mal wieder, wie wichtig die Rechtschreibung ist. Ich schrieb von Balken.
Das heißt, die "Rechtlesung" natürlich ebenfalls.:pfeif:

Die "Burgruinen" sind doch weitgehend nur deshalb derartige Ruinen, weil die Bauern der Umgebung sie als "Steinbruch" benutzten.

Noch um 1860 herum haben die Bürger von Rosenfeld/Württ. nach einem Stadtbrand mit königl. Erlaubnis 2 Flügel des Klosters Kirchberg abgebrochen, um billig Bausteine und Bauholz für den Wiederaufbau ihrer Stadt zu bekommen.

Das sind doch Sachen die schon im "Heimatkundeunterricht" der Grundschulen gelehrt werden.
Für den "Balkon" schäm ich mich, ich wollte "Balken" schreiben; hier das fehlende "e" zum auswechseln.

Deine Definition von Spolien entspricht aber nicht der gängigen Theorie. Was du beschreibst ist das übliche wiederverwenden von Baumaterial (Bausteine, Sand, Bauholz...). Mit "Spolien" bezeichnet man (zumindest seit dem Mittelalter) geplant eingebaute Steine aus anderen/älteren/fremden Bauten. Spolien werden bewusst eingesetzt und Spolien machen oft auch eine Aussage an die Betrachter, wie viele der angeführten Beispiele zeigen...


Gruss Pelzer


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Ich habe meine Literatursammlung nach entsprechend verbauten "Römersteinen" geprüft. Dabei habe ich folgende Römersteine gefunden:

Bad König:
In der 1479 errichteten evangelischen Kirche wurde ein fragmentierter Grabstein im Turm verbaut. Das Fragment ist im unteren Bereich ein Viereck und im oberen Teil ein Dreieck. Nicht gerade gut zu verbauen. Trotzdem wurde es in dieser Form verwendet. Das Fragment steht "aufrecht". Also von den verschiedenen Verbaumöglichkeiten so, dass man den Text noch lesen konnte.

Dreieich-Dreieichenhain:
In der Burgruine befindet sich ein römischer Grabstein, der zu einem unbekannten Zeitpunkt zusätzlich mit einem Kreuz versehen wurde und wohl einige Zeit als Altarvorsatzstein diente. In der Burg selbst diente er als Zinnenstein und ist daher als Spolie anzusehen.

Erbach-Bullau:
In der dortigen Kirche war ein Weihestein verbaut, dieser wurde bereits im 18. Jahrhundert für eine Sammlung ausgebaut.

Groß-Umstadt:
In der dortigen Stadtkirche sind Steine von mindestens zwei Grabmälern verbaut. Diese wurden jedoch als Spolien verwendet, sie waren für den Besucher nicht sichtbar.

Mümling-Grumbach:
In der dortigen Friedhofskapelle war ein Matronenstein verbaut. Die dortigen Heimatforscher gehen davon aus, dass das Motiv zu späterer Zeit christlich gedeutet wurde und deshalb in dem sakralen Bauwerk eingefügt wurde.

Lorsch:
Im dortigen Kloster wurde ein römischer Weihestein an die Götter der Straßenkreuzung zu einem Altarstein umfunktioniert.

Desweiteren befinden sich im Kloster mehrere Fragmente von römischen Kunstwerken, welche als Spolien verbaut sind.

Quellen:
Dietwurf Baatz / Fritz-Rudolf Herrmann "Die Römer in Hessen"
Stuttgart, 1982 sowie eigene Recherchen

wird fortgesetzt
 
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