Ich weise auf einen Text von Georg Eggenstein hin, der einen schlaglichtartigen Überblick des "derzeitigen" Forschungsstandes (2005) wirtschaftlichen und politischen Austausches zwischen Römischen Reich und den angrenzenden Rhein-Wesergermanen (Norwestdeutschland) gibt:
Die Römische Kaiserzeit in Westfalen. Archäologie in Ostwestfalen 9.
Die archäologischen Ausgrabungen dokumentieren für diesen Bereich:
1.einen von der politischen Gesamtlage abhängenden Güteraustausch, insbesondere in der Spätphase eine Teilhabe an der römischen Geldwirtschaft
2. Eine landwirtschaftliche Subsistenzwirtschaft, eine entsprechende Siedlungsstruktur mit Einzel - und Gruppengehöften, die in einer dicht kultivierten Landschaft verortbar sind - und reiche Zentralorte, mit Produktionsstätten, spezialisiertem Handwerk und reichen Funden römischer Importware insbesondere entlang des Hellwegbereichs: Soest -Ardey, Kamen-Westwick, Paderborn - Balhorn.
3. Neben dem Güteraustausch vermutlich über den Hellweg ins römische Gelduba (Krefeld) von Naturprodukten (Honig, Wachs, Frauenhaar, Felle, Wildtiere (für die Arenen), Leder, Vieh) fanden sich auch Hinweise für eine eigenständige Buntmetallverarbeitung z.T. aus römischen Bronzeresten
eine Nutzung von Salzquellen (Werl), einen Bleiabbau und eventuell auch ein Zusammenhang mit der Salzgewinnung (Salzsiederei in Bleipfannen), neben der Lieferung von Bleibarren (Funde von Barren mit der Aufschrift "plumbum germanicum" im Rhonedelta). Seit dem 2.Jahrhundert auch mehrere Produktionsstätten von Drehscheibenware /Töpferwerkstätten auf "germanischen" Gebiet.
4. Eggenstein weist auf die unterschiedlichen Phasen hin, friedliche und kriegerische im Verhältnis römisches Reich und Germania, aber auch, dass selbst in den unfriedlichen Endphase eine politische Symbiose zwischen Klienteln, die als Stammesgefolgschaften in das römische Grenzverteidigungssystem bzw. Militär unter Führung ihrer Aristokratie aufgenommen wurden (fränkische Kriegergefolgschaften z.B.) Die germanischen Gruppen, die sich in den grenznahen römischen Provinzen niederließen, (z.B. Nordgallien) beeinflussten diese und wurden selbst beeinflusst, und kamen z.B. in Kontakt mit der christlichen Staatsreligion des vierten Jahrhunderts.
Eine polarisiernde Beschreibung, auf der einen Seite das "wilde, barbarische, anarchische Germanien", auf der anderen Seite das "unattraktive, politisch und militärisch nicht kompatible und einflußlose römische Reich" mystifiziert die realen gesellschaftlichen Verhältnisse, und bildet die vielfältigen und differenzierten Beziehungen zwischen den gesellschaftlichn Gruppen, Politik, Wirtschaft, Kultur nicht ab.
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www.gefao.de/bilder/publikation/AIO9-PDF/Eggenstein.pdf