Römische Besatzungspolitik in Germanien

nun, was machten die Römer in "Germanien" falsch? Eigentlich wenig, denn sie hatten keine Landkarte, auf der Italien , Gallien und "Germanien" abgebildet war.

Drusus an der Elbe hatte ja ganz grob den "germanischen Siedlungsraum" angekratzt.
Selbst die Frage" Was haben die Römer bei den Rhein-Wesergermanen" falsch gemacht, erklärt sich z.T. auch aus der Ausdehnung des Landes und der Ahnungslosigkeit der Römer.
 
Es gab sehr wohl Weltkarten, wie die des Agrippa. Und man darf annehmen, daß auf ihr auch Gallien und Italien eingezeichnet waren. Und Germanien war spätestens seit Caesar das Gebiet östlich des Rheins und nördlich der Donau, auch wenn das ethnologisch nicht vollkommen korrekt war.

Leider gibt es nur moderne Rekonstruktionen auf Basis antiker Texte:
https://www.google.de/search?q=map+...v&sa=X&ei=R-1IVOaGO-q4ygPWv4LgCg&ved=0CCsQsAQ

Das geografische Verständnis der Römer war ein Anderes als Unseres, gerade in Sachen Osteuropa, und es hatte auch sicher Auswirkungen auf die römische Expansionspolitik, aber was diese geografischen Vorstellungen mit der konkreten römischen Besatzungspolitik in Germanien und etwaiger Fehler zu tun haben, musst du mir erklären. Die Ausdehnung Germaniens bis zur Elbe ist im Vergleich mit Spanien oder Gallien auch nicht sonderlich eindrucksvoll. Und was genau meinst du mit "Ahnungslosigkeit"?
 
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Stimmt, Spanien ist größer als "Germanien" und Gallien ~ genauso groß.
Nur das die Kolonialisierung Spaniens doch recht lane dauerte und auch Gallien in 2 Schritten kolonisiert wurde.

Germanien wollte man auf einen "Haps". In Spanien und Gallien trafen die Römer auf vergleichsweise kleine , aber geordnete Staatswesen, in Germanien war in der Beziehung Anarchie. Ein Vertrag mit Herrn x band nicht Herrn Y ...
 
Ich weise auf einen Text von Georg Eggenstein hin, der einen schlaglichtartigen Überblick des "derzeitigen" Forschungsstandes (2005) wirtschaftlichen und politischen Austausches zwischen Römischen Reich und den angrenzenden Rhein-Wesergermanen (Norwestdeutschland) gibt:
Die Römische Kaiserzeit in Westfalen. Archäologie in Ostwestfalen 9.
Die archäologischen Ausgrabungen dokumentieren für diesen Bereich:
1.einen von der politischen Gesamtlage abhängenden Güteraustausch, insbesondere in der Spätphase eine Teilhabe an der römischen Geldwirtschaft
2. Eine landwirtschaftliche Subsistenzwirtschaft, eine entsprechende Siedlungsstruktur mit Einzel - und Gruppengehöften, die in einer dicht kultivierten Landschaft verortbar sind - und reiche Zentralorte, mit Produktionsstätten, spezialisiertem Handwerk und reichen Funden römischer Importware insbesondere entlang des Hellwegbereichs: Soest -Ardey, Kamen-Westwick, Paderborn - Balhorn.
3. Neben dem Güteraustausch vermutlich über den Hellweg ins römische Gelduba (Krefeld) von Naturprodukten (Honig, Wachs, Frauenhaar, Felle, Wildtiere (für die Arenen), Leder, Vieh) fanden sich auch Hinweise für eine eigenständige Buntmetallverarbeitung z.T. aus römischen Bronzeresten
eine Nutzung von Salzquellen (Werl), einen Bleiabbau und eventuell auch ein Zusammenhang mit der Salzgewinnung (Salzsiederei in Bleipfannen), neben der Lieferung von Bleibarren (Funde von Barren mit der Aufschrift "plumbum germanicum" im Rhonedelta). Seit dem 2.Jahrhundert auch mehrere Produktionsstätten von Drehscheibenware /Töpferwerkstätten auf "germanischen" Gebiet.
4. Eggenstein weist auf die unterschiedlichen Phasen hin, friedliche und kriegerische im Verhältnis römisches Reich und Germania, aber auch, dass selbst in den unfriedlichen Endphase eine politische Symbiose zwischen Klienteln, die als Stammesgefolgschaften in das römische Grenzverteidigungssystem bzw. Militär unter Führung ihrer Aristokratie aufgenommen wurden (fränkische Kriegergefolgschaften z.B.) Die germanischen Gruppen, die sich in den grenznahen römischen Provinzen niederließen, (z.B. Nordgallien) beeinflussten diese und wurden selbst beeinflusst, und kamen z.B. in Kontakt mit der christlichen Staatsreligion des vierten Jahrhunderts.
Eine polarisiernde Beschreibung, auf der einen Seite das "wilde, barbarische, anarchische Germanien", auf der anderen Seite das "unattraktive, politisch und militärisch nicht kompatible und einflußlose römische Reich" mystifiziert die realen gesellschaftlichen Verhältnisse, und bildet die vielfältigen und differenzierten Beziehungen zwischen den gesellschaftlichn Gruppen, Politik, Wirtschaft, Kultur nicht ab.
Link zur PDF: www.gefao.de/bilder/publikation/AIO9-PDF/Eggenstein.pdf
 
Speziell zum Bleiabbau kopiere ich einen Artikel ein, ihr findet ihn auch als PDF auf https://www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Wirtschaft/Bergbau/Bleiwirtschaft/:
Römisch-germanische Bleiwirtschaft

Am Südrand der Westfälischen Bucht liegen zwei natürliche Rohstoffvorkommen nur etwa 25 km auseinander, die in der Wirtschaftsgeschichte schon in der Römischen Kaiserzeit in einen technologischen Verbund eintraten. Solequellen finden sich im Hellweggebiet entlang eines Quellhorizonts zwischen Unna und Paderborn (s. Beitrag Harnischmacher), und im südlich angrenzenden Süderbergland hat sich Bleiglanz hydrothermal in den Spalten und Klüften des südwestfälischen Erzgebirges niedergeschlagen. Durch Gase oder aufsteigende heiße Wässer sind die Mineralien in die Klüfte und Spalten des Mittelgebirges eingelagert worden. Das in der Ernährung und im Kult unentbehrliche Salz wurde bereits in der Eisenzeit durch Sieden in erhitzten Tonbechern (Briquetagen) gewonnen, wie die Grabung einer Salzsiederei in Werl 2008 belegte.
Germanische Bleibarren aus dem Nordsauerland

Bleiobjekte aus dem 1. u. 2. Jh. n. Chr. wurden 1951 in der Siedlung Fülsenbeck bei Brilon gefunden, darunter ein gelochter Kleinbarren, der damals als Gewicht interpretiert wurde. 10 ähnliche Kleinbarren aus der frühen römischen Kaiserzeit erbrachte ein bei Balve-Garbeck ergrabener germanischer Verhüttungsplatz. Im Zuge der Grabung Soest-Ardey von 2000 bis 2005 konnten erstmalig im Hellweggebiet fünf kleine Bleibarren und ungewöhnlich viel Bleigussabfall des 1. Jh.s n. Chr. geborgen werden. Der Gussabfall stammte aus einer Gussproduktion auf hohem technischen Niveau. Durch Metalldetektorfunde wurden ca. 70 weitere Kleinbarren aus Oberflächenfunden mit Schwerpunkten auf der Briloner Hochfläche und im Umfeld der Solequellen des Hellweggebietes geborgen (Abb. 1). Es handelt sich überwiegend um trapezförmige Barren, etwa 8 cm hoch, 2 cm dick, mit einem durchschittlichen Ge*wicht von 400 g. Damit stellte sich erneut die Frage der Herkunft und Funktion der Kleinbarren.

Bleiglanz aus den Klüften des Briloner Massenkalks

Die Kartierung der historischen Bergbauplätze durch den "Arbeitskreis Bergbau im Sauerland" erwies die unmittelbare Nähe des alten Bleiabbaus zu den Barrenfundorten. Es handelt sich überwiegend um oberflächennahen Schachtpingenabbau des Bleiglanzes in den verlehmten Karstspalten des devonischen Massenkalks auf der Briloner Hochfläche. Auch obertägig anstehenden Erz*nes*tern im Massenkalk wurde teilweise durch den Einstieg in Bachschwinden oder Karsthöhlen nachgegangen, bis eindringendes Grundwasser Grenzen setzte. Die Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Geowissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ergab eine weitgehende Übereinstimmung der Bleiisotopendaten von 50 Kleinbarren mit den Bleilagerstätten der Briloner Hochfläche. Namentlich die formalen Ähnlichkeiten der Kleinbarren in der regionalen westfälischen Fundprovinz sprechen für die Herkunft des Bleis aus dem rechtsrheinischen Schiefergebirge. Da sie Da sie anderenorts nicht vorkommen, können linksrheinische römische Bergbaugebiete in der Eifel ausgeschlossen werden. Nunmehr erschloss sich eine neue Produktionskette: Germanischer Bergbau und Verhüttung im Nordsauerland und Weiterverarbeitung der Kleinbarren im Hellweggebiet, namentlich in Siedlungen des 1. Jhs. n. Chr. bei Soest. Ein römisches Großbarrenfragment von Sassendorf-Heppen weist umlaufende Oxidschichten in etwa einem cm Abstand auf, die auf das wiederholte Einfüllen kleinerer Chargen schließen lassen. In der Börde um Soest dürfte daher eine Manufaktur zu suchen sein, in der die Kleinbarrenproduktion des benachbarten Bleireviers im Sauerland für den Fernhandel umgeschmolzen wurde. Auffällig ist auch die Korrelation der Barrenfundorte mit den Solequellen des Hellwegs. Hier liegt die Vermutung nahe, dass Bleipfannen bei der Salzgewinnung verwendet wurden. Archäologisch ist dieses Produktionsverfahren bisher nur für das Frühmittelalter in Soest nachgewiesen, es geschah allerdings nach römischen Vorbildern.

''Die Westfalen errichten aus Kohlen einen Haufen am Fuße des Hanges'' (Georg Agricola)


Diese überraschende Umkehrung der Handelswege vom früher vermuteten Importhandel zu autochtonen Montanaktivitäten erweiterte auch das Wissen um das Erwerbsspektrum der im Sauerland ansässigen Bevölkerungsgruppen. Viehwirtschaftlich orientierte Bauern wussten durchaus die montanen Ressourcen zu nutzen. Das Wissen um die schwierigere Verhüttung von Eisen war immerhin schon seit der älteren vorrömischen Eisenzeit vorhanden., wie Ausgrabungen der LWL-Archäologie Olpe auf dem Madfeld südlich von Bleiwäsche belegen. Der Wissenschaftler Georg Agricola be*schreibt im 16. Jh. in "Vom Berg- und Hüttenwesen" eine einfache westfälische Methode Bleiglanz zu verhütten, indem man auf einen Holzkohlehaufen Erzstücke auflegt und später die entstehenden Bleikuchen erneut über einem Tiegel durch Erhitzen im Holzfeuer (Schmelzpunkt 328°C) reinigt und auffängt. In der weißlich blauen Schla*cke finden sich dann noch kleine Bleiglanzstückchen, geschmolzene Bleikügelchen und Holzkohlereste.

Germanische Bleibarren im Mittelmeer

Einen unerwarteten Fund erbrachte die französische Unterwasserarchäologie 1989 in einem römischen Schiffswrack bei Saintes-Maries-de-la-Mer in der Rhonemündung. Die Inschriften der 99 Großbarren (5,5 t) lieferten neben dem Händlernamen Lucius Flavius Ve*rucla auch den der Produktionsregion plumbum germanicum (= germanisches Blei). Auch an der Nordküste von Sardinien bei Rena Maiore konnten 2,8 t Bleibarren germanischer Herkunft durch Wracktauchen geborgen werden. Die Bleiisotopenanalyse von beiden Fundpunkten weist auf die Nordwesteifel oder das Nordsauerland hin. Auffällig sind auch die Namensübereinstimmung des Großbarrenfragments von Sassendorf-Heppen Lucius Flavius mit der Eigentümerinschrift der Wrackladung (Lucius Flavius Vercula) sowie die Inschrift PUDENS auf einer Bleiplatte von Brilon-Altenbüren mit der Kennzeichnung PUDENTIS GERM (= Germanisches Blei des Bleiproduzenten Pudens) auf einem Großbarren aus einem Wrack an der Nordküste Sardiniens. Somit erschließt sich der Fernhandel mit Blei in Augus*täischer Zeit aus den Bleilagerstätten im Nordsauerland zu den Hafenstädten des Imperium Romanum. Blei wurde beispielsweise für Wasserleitungen, Dächer, Schiffsrümpfe und Schleuderbleie verarbeitet. Der Transport lief wohl über die Lippe und den Rhein-Rhone-Graben zu den Hafenstädten am Mittelmeer. Das Römerlager Kneblinghausen bei Rüthen am südlichen Rand der Westfälischen Bucht, in Zwischenlage von Hellweggebiet und Briloner Hochfläche errichtet, könnte als Handelsstation fungiert haben. In jedem Fall bestätigt sich die Hellweglinie als Handelsachse für den Warenverkehr der frühen römischen Kaiserzeit. Die Bleifertigprodukte aus dem Soester Raum tauchen in zeitgleich bestehenden westfälischen Siedlungen nicht auf, waren also für den Export ins linksrheinische Imperium Romanum bestimmt. Die althistorische Forschung geht von einem römischen Bergbau im Sauerland in der Zeit des Augustus aus. Auch im 1. Jh. n. Chr. gab es germanische Montanaktivitäten, wahrscheinlich durch römischen Technologietransfer gefördert, die Rom trotz militärischer Niederlagen den Zugriff auf diese Ressourcen sicherten.



 
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Was noch mehr für Germanien seit den Kimbern und Teutonen gilt.
Woraus leitest Du das ab?

Octavian/Augustus plante dreimal Feldzüge nach Britannien. Beim ersten Mal wandte er sich dann doch lieber Dalmatien zu, beim zweiten Mal kümmerte er sich dann doch lieber um Gallien, und beim dritten Mal musste er sich stattdessen um Probleme in den Alpen und in Spanien kümmern. Zu Tiberius passte ein derartiges Unterfangen nicht, aber Caligula unternahm dann ja auch wieder einen Anlauf.
Die Römer, sogar Cicero, waren von Britannien fasziniert: Ihm scheint es besonders der Umstand, dass die Britannier noch Streitwagen verwendeten, angetan zu haben, jedenfalls spielte er in mehreren Briefen an Gaius Trebatius (den später berühmten Juristen, der in jungen Jahren - allerdings mit wenig Begeisterung und Eifer - unter Caesar in Gallien diente) darauf an. Unter Augustus wurde von verschiedenen Autoren (Vergil, Horaz) die baldige Eroberung Britanniens propagiert; lediglich Strabon tanzte aus der Reihe, weil er eine Eroberung für ökonomisch sinnlos hielt.

Aber Germanien? Caesar kratzte nur zweimal am Rand, und die Eroberung unter Augustus erfolgte zunächst zur Sicherung Galliens gegen germanische Einfälle (die ja tatsächlich wiederholt stattfanden, es wurde also nicht bloß eine Gefährdungssituation propagiert, um einen Angriff zu rechtfertigen), also aus einer Verlegenheit heraus.

Hätte sich Augustus wie auch in Gallien persönlich um die Sache gekümmert, wären die Dinge vielleicht anders gelaufen. Fühlte er sich zu alt dazu? Selbst wenn er gewollt hätte, so kam ihm der pannonische Krieg dazwischen.
Augustus verließ Italien zu Beginn seiner Alleinherrschaft mehrmals für längere Zeit: Gallien (27), Spanien (27-24), der Osten (22-19), Gallien (16-13). 8 v. Chr. begab er sich mit Tiberius persönlich nach Gallien/Germanien, blieb aber selbst am Rhein zurück. Mag sein, dass er sich später zu alt für solch ausgedehnte Reisen fühlte. Vielleicht wurde er aber auch einfach vorsichtiger, denn immerhin hatte seine mehrjährige Reise in den Osten dazu geführt, dass in Rom wieder ein bisschen die Republik auflebte (inkl. Straßenschlachten bei den Konsulatswahlen), und auch der Vorfall mit Egnatius Rufus hatte gezeigt, dass er nicht gänzlich vor möglichen Rivalen sicher war.
 
Woraus leitest Du das ab?

Mein von dir zitierter kurze Satz sagt nur, daß aus römischer Sicht die Gallier, seit der Eroberung Roms, und die Germanen seit den Kimbern, Erzfeinde waren. Caesar musste gegen Ariovist erst einmal gegen das römische Trauma beim Anblick von Germanen ankämpfen. Durch die Clades Variana und die verlustreichen Kämpfe des Germanicus sollte das nicht wirklich besser geworden sein.

Zumindest hätte es wohl die Mehrheit aller Römer gut geheissen, wenn man statt in Britannien einzumarschieren, diese germanische Gefahr endgültig beseitigt hätte. Das man dazu schlichtweg nicht fähig war, vermittelte die römische Propaganda natürlich nicht. Im Gegenteil, selbst römische Autoren rätselten spöttisch, welche Provinz man nun öfters erobert hatte: Germanien oder Mesopotamien.

Das es da noch eine Faszination Britannien gab, wie auch einem Alexander im Osten nachzueifern, will ich nicht abstreiten. Aber Wollen und Können sind halt zwei paar Schuhe, wie man nicht nur in Germanien und Mesopotamien sondern dann selbst im kleinen und endlichen Britannien erkennen musste.

Daß Claudius sich dann für Britannien entschieden hat, mag daran liegen, daß Caligula bereits weitgehendere Vorbereitungen getroffen hatte, als uns die senatorische Geschichtsschreibung wissen lassen will. Aber nicht weil Germanien nicht mindestens so hoch auf der Liste des römischen Volkes stand.
 
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