Rovere schrieb:
Michelangelo Merisi - "Caravaggio" - war ein Totschläger, Betrüger, charakterloser Egoist, aber noch 400 Jahre später zählen seine Bilder zu den großartigsten Werken die Menschen hervorgebracht haben, nur ein Beispiel von vielen.
Wie Benvenuto Cellini... noch "so einer" und lebte in der selben Gegend, Epoche, Zeit..
Sie waren halt alle auch Kinder ihrer Zeit und der Verhältnisse. Caravaggio ist zumindest zu Gute zu halten (Anführungszeichen!! Gottseidank, meine ich), dass er sich weniger mit Politik und Intrige befasste als Cellini, der zu all dem, was du Caravaggio vorwirfst, auch noch ein gewissenloser Opportunist war und dem Material, dass er am liebsten verwendete auch völlig verfallen war.
Ironie der Geschichte... Geschichte IST ironisch!: Ich fand es so genial von dieser Wahrhaftigkeit der Geschichte, dass Cellinis berühmtes (goldenes) Salzfass, über das sich einst dieser "erschreckende" französische König erfreute (Karl VII?), wieder und wieder "seinen Besitzer wechselte", zu Schmeichelei und Bestechung benutzt, zuletzt aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien gestohlen wurde. *g*: .. und der WITZ lag dann auch noch im Detail, wie dieser Raub geschehen konnte..
Rovere schrieb:
Ich würde es nicht wagen den Wert von Kunst nach der (politischen) Einstellung des Künstlers zu bemessen, eines der schwierigsten Themen der Kunstgeschichte überhaupt. Ich denke da nichteinmal an Dali (eine Fußnote in seiner Biographie) oder an Riefenstahl (schon hundertmal diskutiert).
Aber was macht man mit z.B. Architektur des E.U.R. in Rom. Gebaut zur Verherrlichung des Faschismus, gleichzeitig aber wegweisend für die Moderne.
Ist das Palais de Tokyo in Paris bessere Architektur weils in einer Demokratie gebaut wurde als das Haus der Kunst in München obwohl der Unterschied im Baustil beider Gebäude minimal ist?
Keine einfache Frage, mit Schwarz-Weiß-Argumenten a lá kommt man auch nicht weiter.
Ich denke, wenn "Kunst" nicht mehr nur als wunderschön und beglückend oder als treffend und ängstigend, insgesamt also beeindruckend bewertet wird, sondern 1. in einen anderen, den schnöden!, materiellen Wert umgerechnet wird, dann verliert sie ihre Würde. Und Betrachtungen über die Lebensumstände des Künstlers als 2. mögen Verständnis für ein Werk erzeugen, müssten aber ganz und gar nicht notwendig sein. Sie entweihen ein Werk ebenso. (s.o.,- wobei ich Riefenstahl "nicht besonders" finde, wenn ich zB. ihr "Blaues Licht", dass ja Hitler so beeindruckte, betrachte. Da hatten Fritz Lang, Murnau, Sternheim (alle von Hitler gehasst, na, warum wohl...) "lichttechnisch" und (vor allem) dramaturgisch alles schon vorgegeben... Lenimaus war ne kleine Epigonin mit großem Ehrgeiz + Glück "der Stunde". Die passte schon zu Adolf H.)..
Bin ganz deiner Meinung, was die Architektur betrifft. Man spricht zu Unrecht von "faschistischer oder nationalsozialistischer Architektur", so wird ein Kunstbegriff auch verfälscht, wenn Historiker(!) die Einstellung der Zeit/der Auftraggeber oder der jeweiligen Urheber seinen Taten/Werken zuordnet und einen neuen Begriff schafft.
"Faschistische Architektur" war nichts anderes, als eine Monumentalisierung (aus den USA) und nochmal ein Schritt Vergröberung des letzten Schrittes Art deco, der aus den Schritten des Jugendstils aus dem Historismus kam.
Als Riefenstahl die olympischen Spiele im den neuen Berliner Olympiastätten filmte, wollte man die zuvorgegangen Spiele in den USA (Los Angeles?) natürlich übertreffen, ich fand, das Olympiastadion der Amerikaner von 1932 ist an "faschistischem Stil" unübertrefflich!
Als "Beginn der faschistischen Architektur" wird ein röm. Gebäude eines Italieners eben aus den 20-Jahren = den frühen faschistischen Jahren in Italien bezeichnet (Name ist mir entfallen). Dieses Gebäude ist bloß klar strukturiert. Ein Abschied von aller Zierde, ein Idealbeispiel von Ponderation, geometrischen Verhältnissen, aber klassischen Maßen verpflichtet (somit wohl zum Gegensatz zu Loyd Wright, van der Rohe, Wittgenstein und dem Bauhaus von den Faschisten ausgerufen). De Chirico, dessen Unbedarftheit in Sachen Faschismus unbezweifelbar sind, hat diese Art von Gebäuden ständig in seine utopisch-surrealen Bilder hineingebaut und Pate, also Vorvater dieses Baus war mit Adolf (Adolf!) Loos ein liberal-sozialistischer Wiener Jude.
Und Speer hat doch die Lichtsäulen nicht erfunden!! Die militärische Scheinwerferindustrie hat sie erfunden, er hat sie zur Inszenierung verwendet, und hat es zuvor Filmern abgeschaut. Und das ist insgesamt für mich "faschistische Kunst": Effekt.
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Und mein Lieblingsbild in der Auswahl, liebe parago, ist gerade jetzt der Mann als Schiff oder das Schiff als Mann, weil das hab ich so lang nicht mehr gesehen, weil Dali für mich da hineinmalte, dass der "Papalagi" ein böser Mann ist, der nur Gold rauben will und Spanien schon mal bessere Zeiten gesehen hatte oder aber der Mann immer ein Schiff ist oder ständig unter Segeln steht, da er einen Hafen sucht... oder eine einsame Küste. Alles zum "In Besitze nehmen"... *smile*
PS: Das mit dem Klavier scheint mir gedanklich von Magritte gefladert zu sein... (kannt' ich noch gar nicht)