Schlechte Geschichtsbücher

mitsamt den damals noch völlig unbekannten Problem der Inflation und seinen Auswirkungen

Die Inflation war durchaus als Prinzip bekannt, überhaupt ist es erstaunlich, was schon alles in der Antike einigen wenigen bekannt war. Die Betonung liegt hier halt auf einige wenige. Einige wenige Griechen berechneten schon auf wenige Kilometer genau zu dieser Zeit den Erdumfang !!, man baute primitive Dampfmaschinen und auch in der Geldwirtschaft gab es erstaunliche Erkenntnisse.

Das Problem war, daß all dieses Wissen auf sehr wenige Personen beschränkt war und vor allem anderen daß es keine praktische Anwendung fand. Was soll ich mit Geldwirtschaft wenn der Gros des Handel Tauschhandel ist ? Was soll ich mit Inflation wenn es fast grundsätzlich zu wenig Münzen gibt ? Was soll ich mit Finanzwirtschaft wenn die Könige die Einnahmen Thessaurieren ? Wozu Maschinen wenn es so viele Sklaven gibt usw

Es war wengier ein Problem des Wissens als eines der Umstände.

Trotzdem ist Haefs natürlich nicht historisch, im Gegensatz zu vielen Filmemachern und Schreiberlingen hat er aber gar nicht diesen Anspruch: Er selbst äußerte sich auf die Frage inwieweit seine Romane historisch mit Lachen, daß es Romane seien, bei denen er das Wort Historisch für verfehlt halte.

Wenn der Autor schon selber so dazu steht, was will man dann erwarten ?

Trotzdem sind seine Bücher recht unterhaltsam und voller Anspielungen auf alle möglichen Sagen und Überlieferungen.

ich glaube mich dunkel an ein Gesetz der Punier zu erinnern das es Fremdvölkern verbot Punische Häfen oder Kolonien anzusteuern

Es gab ja in Karthago eine Minderheit dort lebender Griechen, aus deren Reihen stammt ja z.B. auch die Hauptfigur. Es gab also folglich durchaus priveligerte Seefahrer die punische Häfen anfahren durften.

Zum Handel allgemein sollte vielleicht Marbod was sagen, es gab zwar in der Antike Handel, aber nicht in der beschriebenen Modernen Form. Auch Karthago war primär ein Staat der nicht auf Handel, sondern auf seinen Kolonien, also auf Landbesitz und der Ausbeutung von beherrschtem Land basierte. Afrika (und früher Sizilien) bildete dabei die agrarische Basis, Spanien lieferte die anderen Rohstoffe und Edelmetalle. Der Handel war gegenüber der Ausbeutung der Kolonien und der Landwirtschaft selbst in Karthago nachrangig (auch wenn es Handel gab).

Ich mag Haefs, das einzige Problem daß ich mit ihm habe ist seine zu moderne Darstellung vieler Figuren. Diese Figuren sind geistig sozialkulturell zu modern, zu westlich/europäisch modern. Das ist aber bei vielen Romanen so.

Ein weiteres Beispiel dafür und ein Roman den ich ungeachtet aller Lobhudeleien für SEHR schlecht halte ist da z.B.

Gates of Fire (Sparta in der deutschen Ausgabe)

von Pressfield. Da ist sogar das Glossar bei recht einfachen Begrifflichkeiten grundfalsch.
 
"Die Napoleonischen Kriege" von Gunther Rothenberg fand ich zum Beispiel recht unsäglich. Das zeigt sich am schönsten an den Beschreibungen zu manscher Abbildung. So zum Beispiel ein Gemälde das einen Grenadier mit Treuewinkeln darstellt, der dann aber (vermutlich weil die heutigen amerikanischen Uffz.-Winkel ähnlich ausschauen) als Korpal benannt wird. Es gab gleich mehrere Bücher der Reihe über verschiedene Kriege. Eines über die des 18.Jh. habe ich kurz überflogen, fand es aber noch schlimmer.

Besonders Historiengemälde und überhaupt Abbildungen von Gemälden ohne zeitliche Datierung finde ich stets sträflich!:motz:

Bücher zur Kostümgeschichte gerade die älteren sind meistens ganz schlimm. Da wird oft keine Wertung mit Kriterien wie "unbequem" usw. ausgelassen. Dabei haben viele Autoren nur die Klischees der letzten Hundert Jahre aufgesammelt. Sehr gern wird das ganze noch politisch gewürzt, besonders was das Rokoko und Barock betrifft.
Zum Glück gibts da Norah Waugh und Linda Baumgarten, Janet Arnold die Koriphäen auf dem Gebiet. :anbetung:
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider muss ich auch "Das Grab der Legionen" von Rolf Krohn zu dieser Liste hinzufügen. "Leider", weil seine fantastischen Kurzgeschichten in "Begegnung im Nebel" wirklich gut sind. Das "Grab" hingegen ist ein dicker Klops, irgendwo zwischen Jugendroman, historischem Roman und sozialistischer Erbauungsliteratur, trotz eines spannenden Exposees unfokussiert (wer ist denn jetzt die Hauptfigur?) und langwierig.
Die geschichtliche Authentizität ist im Rahmen des Plausiblen, wenn ich auch in meiner privaten Meinung anzweifle, dass es 137 v. Chr. solche internationalen Brigaden in Iberien gab.
Und irgendwie kann ich auch das Happy End der Geschichte nicht geniessen, wenn im Epilog stehen müsste dass vier Jahre danach Numantia eingekesselt, ausgehungert und vernichtet wurde …
 
Das macht mich neugierig, und ich werde mir das Buch ansehen, wenn ich mal wieder in die Bibliothek komme. Es tut mir ja leid, da ich den Autor empfohlen habe. Wahrscheinlich hat er sich mit dem Roman übernommen. (Mich interessieren solche Beispiele.) Ich finde den Titel schon nicht sehr einladend.
 
Mummius Picius schrieb:
Leider muss ich auch "Das Grab der Legionen" von Rolf Krohn zu dieser Liste hinzufügen. "Leider", weil seine fantastischen Kurzgeschichten in "Begegnung im Nebel" wirklich gut sind. Das "Grab" hingegen ist ein dicker Klops, irgendwo zwischen Jugendroman, historischem Roman und sozialistischer Erbauungsliteratur, trotz eines spannenden Exposees unfokussiert (wer ist denn jetzt die Hauptfigur?) und langwierig.
Die geschichtliche Authentizität ist im Rahmen des Plausiblen, wenn ich auch in meiner privaten Meinung anzweifle, dass es 137 v. Chr. solche internationalen Brigaden in Iberien gab.
Und irgendwie kann ich auch das Happy End der Geschichte nicht geniessen, wenn im Epilog stehen müsste dass vier Jahre danach Numantia eingekesselt, ausgehungert und vernichtet wurde …

Was hat denn das mit " schlechten Geschichtsbüchern" zu tun?

Rolf Krohn war in erster Linie science fiction Autor.
Es verwundert mich immer wieder, wie ihr Roman und Geschichtsforschung durcheinander bringt. Soll ich jetzt noch Roman definieren?

Zum Inhalt:
Verdrossen und vorsichtig ziehen die römischen Legionäre durch das Tal des Duro. Als sich auf der Hochebene Reiter zeigen, erkundet der junge Centurio Titus Fulvius Flaccus mit einigen seiner Leute die Lage. Und dann geht alles sehr schnell. Der Hinterhalt der Iberer, der Überfall; mehrere Legionäre stürzen getroffen nieder, Titus wird gefangen genommen. Aber die Iberer opfern ihn nicht dem Sonnengott Netos, Titus soll ...

Viele Jugend-Bücher über die Römerzeit gibt es - gab es auch 1979 schon -, aber über Roms Spanienkriege las und liest man wenig. Es gab nämlich nichts Großes zu erzählen. Schlimmer noch: Die anscheinend unbesiegbaren Legionen (Arbeitstitel des Romans war: „... doch die Legionen siegen nicht!“) kamen einfach nicht voran, bluteten aus. (Man bedenke: Das Wort Guerilla entstand in Spanien.)
„Das Grab der Legionen“ sollte zeigen, warum sie strauchelten ..., und warum Spanien letztendlich doch unterlag - unterliegen musste. Zudem sollte es das Jugendlichen erklären, was Handlung, Sprache und Bilder festlegte.
 
Ich meine, du musst nicht definieren, was ein Roman ist. ;)
(Kann leider die Zitierfunktion nicht benutzen, aber vielleicht bin ich so spät am Abend auch zu doof dafür.)
In diesem Themenbereich "Geschichtsliteratur" wurde schon öfter über Romane diskutiert. Wenn das unerwünschte Ausnahmen sind, müsste mich mal jemand aufklären.
 
Marcia schrieb:
Ich meine, du musst nicht definieren, was ein Roman ist. ;)
In diesem Themenbereich "Geschichtsliteratur" wurde schon öfter über Romane diskutiert. Wenn das unerwünschte Ausnahmen sind, müsste mich mal jemand aufklären.

Nein, ich meine, ein Roman ist doch zumindest eine erfundene Geschichte, genau wie ein Spielfilm das ist. Da gehört etwas Dramatik, Liebe, Verschwörung usw rein. Das kann man doch nicht an tatsächlichen Begebenheiten der Vergangenheit festmachen.
 
Ein weites Feld. ;) Was in einen Roman hineingehört, hängt auch davon ab, welchen Anspruch er erhebt.
Mummius Picius hat seinen Beitrag meiner Meinung nach sehr "romanbezogen" bzw. genrebezogen geschrieben, insofern verstehe ich deinen Beitrag nicht ganz. Historische Romane werden immer auch an ihrer historischen Authentizität gemessen, das müssen sie sich schon gefallen lassen. Dass ein Roman, den man der Trivialliteratur zuordnet, es mit der Authentizität nicht so genau nimmt, ist klar. Da ich "Das Grab der Legionen" von Rolf Krohn noch nicht gelesen habe, kann ich das Buch schlecht einordnen, kenne mich auch mit den historischen Fakten jener Zeit nicht so aus. Mich interessiert eher das Erzähltechnische (was mit dem Anspruch zu tun hat), und zu diesem Zweck will ich mir das Buch ansehen.
 
@ Marcia: danke! Ich bin auch etwas unschlüssig über das Buch; nach den sehr guten und flüssigen Kurzgeschichten habe ich eher die Vermutung, dass hier ein beflissenes Lektorat seine Finger im Spiel hatte: und viel von der Hölzernheit letztlich Resultat einer political correctness (Ost-Version) sein kann. Aber das ist, wie gesagt, Vermutung, ich kann nur für mich ein Ergebnis ziehen. Das leider nicht berauschend ausfällt.

@*Florian: klar, ich habe sogar selber als Themenstarter Belletristik ausgeschlossen. Als dann aber Faultier den Haefs ins Spiel brachte, haben wir alle fleissig mit dem neuen Ball weitergekickt, und nicht zu Unrecht: sind es doch die Bilder der Belletristik, die üblicherweise in den Köpfen kleben bleiben (weshalb populärwissenschaftliche Bücher auch immer bilderreicher und immer jüngere Zielgruppen ansprechend werden); ich kann mir vorstellen, dass z. B. ein Haefscher "Hannibal" rein auflagenmäßig sämtliche Werke von Sabatino Moscati und Werner Huß locker überrundet.
Deswegen die Inkonsequenz. Übrigens finde ich auch das "Grab der Legionen" von der Authentizität her plausibel, ein Etikett, das ich nur mit Vorsicht vergebe.
 
Apropos Haefs, nohmal das Schwertschmieden mit Gänsefütterung.
Möglich, dass das Eisen am Anfang zu weich war und sich noch feilen ließ. Aber wenn es mit jeder Verdauung härter wurde, wie lange sollte dann Wieland oder Ylan (haefsche Variante) nach der vorletzten Fütterung mit der Feile am Shcwert sitzen, bis die Späne klein genug waren fürs Entenfutter?
 
"Das Grab der Legionen" von Rolf Krohn

Mein Eindruck nach dem Diagonallesen in der Bibliothek (hat ein bisschen gedauert):
Das Buch ist in der DDR in der Reihe „Spannend erzählt“ erschienen; diese Reihe richtet sich vor allem an jugendliche Leser. Ich finde, es bietet genau das, was die Reihe dem Namen nach verspricht: solide Unterhaltung. Dass in diesem Roman ein „gutes“, „gerechtes“, noch „ursprüngliches“, einer kommunistischen Gesellschaft näheres ;) , nicht durch räuberisches und dekadentes Streben einer Sklavenhaltergesellschaft kompromittiertes Volk ;) ein letztes Mal den Sieg davonträgt, ist natürlich ein Zugeständnis an das DDR-Geschichtsbild, es hält sich aber, meine ich, in erträglichen Grenzen. (Naja, möglich, dass ich als Leserin mit DDR-Vergangenheit geübter darin bin, so was zu überlesen.:cool: )
Ich finde, das Buch macht neugierig, ist auch (beneidenswert!) gut erzählt – ich habe nicht den Eindruck, dass der Autor mit der Romanform überfordert ist, und wer die Hauptfigur ist, war mir nach den ersten Seiten klar; der einführende Textausschnitt, den Florian zitiert hat, sorgt ohnehin vorab für Klarheit, wer der Held ist und wohin sich die Geschichte bewegt.
Das Buch ist nach meinem Empfinden auch nicht kitschig.
Was die historische Korrektheit des Romans angeht, bin ich überfragt, da ich mich fast ausschließlich mit der (römischen) Kaiserzeit befasse.
Fazit: Wenn mich spannende, kurzweilige historische Romane interessieren würden, könnte ich mir gut vorstellen, das Buch zu kaufen, ich bevorzuge aber eher historische Gesellschafts- und Entwicklungsromane, die nicht immer (oder eher selten) kurzweilig sind.
 
Ich möchte gern noch ein weiteres sehr mäßiges Geschichtsbuch
anbringen, und zwar "Piraten des Kaisers" von John Walter.

Das Buch beschränkt sich nicht auf Fakten, sondern stellt Annahmen
und Bewertungen an, die extrem tendenziös sind.

Ein Beispiel: am 14. März 1915 versenkten die britischen Kreuzer
KENT und GLASGOW den dt. Kreuzer DRESDEN in den neutralen
chilenischen Gewässern der Insel Mas a Tierra.

Der Kommandant der DRESDEN wollte sich mit seinem Schiff auf Grund
von Brennstoffknappheit und enormem Reparaturbedarf ohne Aussicht
auf Hilfe in Chile internieren lassen.

Die Bewertung Walters geht dahin, daß dieser kriegerische Akt in neutralen
Gewässern nicht so schlimm wäre, da die DRESDEN zuvor des öfteren
gegen Neutralitätsgebote verstoßen habe.



Eine erheblich bessere Quelle ist da das Buch "Kreuzer DRESDEN" der
chilenischen Autorin de Bassi:

Tatsächlich hatte die DRESDEN zuvor gegen die Gebote bezüglich
Aufenthaltsdauer in neutralen Gewässern verstoßen und sich in
den chilenischen Buchten und Schären verborgen, dies jedoch zum
Brennstoff (Kohlen) nehmen und zum Ausführen von Reparaturen.

Wenn Walter nun das mit dem Versenken eines anderen Schiffes
gleichsetzt, vergleicht er Äpfel mit Birnen, allzumal die DRESDEN
während ihres Kreuzerkrieges in vergleichbarer Situation
einmal ein alliiertes Frachtschiff entkommen ließ, da dieses sich
in die neutralen chilenischen Gewässer fliehen konnte!
 
Noch ein kleiner Nachtrag zu der Thematik:

Es liefen vor kurzem 2 Folgen namens "unter kaiserlicher Flagge" im Fernsehen. Die Folge, die sich mit der "EMDEN" und dem abenteuerlichen Zug ihres Landungstrupps durch die arabische Wüste befasste war auch gut gelungen, ich war gespannt auf die 2. Folge über die "DRESDEN".
Dann die Enttäuschung: bei der Recherche für diese Folge hatte man festgestellt, daß einer der Offiziere der "DRESDEN" OLtzS Canaris war, der spätere Admiral und Chef der dt. Abwehr im 2. WK. Das fanden die Fernsehmacher wohl so erwähnenswert und interessant, daß sie im Rahmen der künstlerischen Freiheit diese Tatsache grandios aufbauschten, Tatsachen und Fakten verdrehten (u. a. die Rolle und das Verhalten des damaligen Kommandanten) und viele andere eigentlich interessante und erwähnenswerte Begebenheiten unter den Tisch fallen ließen, so die Begebenheit um den aufrechten und vaterlandsliebenden Auslandsdeutschen Albert Pagels, die Gegenstand meines u.a. Zitates ist!

Wie gesagt, besondere Enttäuschung empfand ich, weil die 1. Folge sehr gut recherchiert war; bei der 2. Folge war wohl der Ruf des Namens Canaris zu verlockend!

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Canaris hat damals sehr wohl seine Pflicht gewissenhaft erfüllt als Offizier der "DRESDEN" und als pers. Adjutant des Kommandanten, jedoch war er nicht allein "der Mann der Stunde", wie es das Fernsehen darstellt!
 
In meinem Bücherschrank befindet sich etwas, das ich aus einer Laune heraus mal gekauft hatte und eigentlich niemandem zumuten (auch nicht verkaufen) will, sondern am liebsten irgendwo verscharren würde:
Ivar Lissner: So lebten die römischen Kaiser, dtv, 1977, mit dem vielsagenden Untertitel Macht und Wahn der Cäsaren.
Zu diesem Buch wird einführend „Die Tat, Zürich“ zitiert:

Ein nahezu unabsehbarer Zug strahlender wie düsterer Herrschergestalten zieht an uns vorüber: Mit rätselvoller Gesetzlichkeit folgen „Schreckens-„ auf „Segenskaiser“ und umgekehrt, lösen weise, gütige Staatslenker und terroristische Tyrannen, geniale Heerführer und heimtückische Streber, ausschweifende Lüstlinge, unfähige Phantasten einander ab.
Das Buch hält, was es verspricht: Klatsch auf Groschenromanniveau.
Ein paar Kostproben:

Es hat mich immer interessiert, dass Julius Cäsar schwarze, lebhafte Augen besaß

Steif, ernst, düster und schweigsam schritt der schreckhafte, argwöhnische, krankhaft ängstliche Kaiser Tiberius durch seine Gärten auf Capri. Der uralte Mann war sehr grausam...

Aulus Vitellius, 15-69 n. Chr. Tiefrot vom vielen Wein war sein Gesicht. Sein Leib war aufgedunsen durch Zecherei. Er war ein ungelenker Koloß, und er hinkte. Vergleicht man ihn mit den Versagern, Galba und Otho, so war Kaiser Vitellius die größte Niete des Jahres 69 n. Chr

Sabina wurde nie glücklich

und meine Lieblingsstelle: :ironie:

Wir hören von der Hauptstadt der Atrener. Sie ist weder groß noch reich. Öde und leer ist das Gebiet ringsum. Das Wasser ist ungesund. Es gibt kein Holz, keine Weiden für das Vieh. Belagerung ist hier sehr gefährlich, denn die Stadt steht „unter dem Schutz des Sonnengottes“...Ein Wüstensturm und eine Mückenplage zwingen den Kaiser, die Belagerung aufzugeben. So weit reicht unser Wissen. Aber wo lag die Stadt Atra oder Hatra? Unter welcher Wüstendüne ist sie heute begraben? Das wissen wir nicht.
Zu Hatra:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hatra
 
Das mit Hatra war natürlich ein ganz schöner Bock. Da gibts ja noch hochragende, gut erhaltene Gebäude. Den Lissner kenne ich aber noch, war das allererste Buch über die römischen Kaiser, das ich gelesen habe.
 
Ich möchte ja nicht den Eindruck erwecken, ich hätte was gegen unterhaltsame Präsentation von Geschichte - dem ist nicht so.:)
Was mich stört, ist vor allem die Wortwahl in dem von mir erwähnten Buch: reißerisch und polarisierend, die Kaiser sind entweder Supermänner oder Scheusale, die antiken Quellen sind da differenzierter.
Und obwohl das hier der Negativ-Thread ist, möchte ich doch ein positives Beispiel zum gleichen Thema bringen: "Römische Charakterköpfe" von Theodor Birt, erschienen 1922. Es enthält 19 Biografien von Persönlichkeiten der römischen Republik und Kaiserzeit, und ich vermute, Ivar Lissner hat dieses Buch gelesen und sich davon inspirieren lassen. Nur ist das sehr viel ältere Buch um einiges besser. Die subjektiven Meinungen des Autors nehme ich ihm weitgehend ab, es liest sich einfach gut, ist spannend und unterhaltsam, und die Fakten stimmen im Großen und Ganzen. (Auch Theodor Birt beschreibt Hatra als "märchenhafte arabische Wüstenstadt", entscheidend ist der Gesamteindruck, und manchmal - wie bei dem von mir erwähnten Taschenbuch - ist die Schmerzgrenze schnell überschritten.)
Wenn ich mich mit einer Persönlichkeit Roms näher befassen will, beginne ich immer mit "Römische Charakterköpfe".
Letztlich ist ein Fehlkauf natürlich die Schuld des Käufers. ;) Und da meine Wunschliste der zu erwerbenden Bücher ständig länger wird, ärgere ich mich über jeden Euro, den ich fehlinvestiert habe.
 
Ich habe Anthropologie Europas: Völker, Typen und Gene vom Neandertaler bis zur Gegenwart von Andreas Vonderach ausgeliehen und halbwegs durchgelesen. Davon versprach ich mir einen Überblick besonders über neue gentechnische Untersuchungen.
Neu ist das Buch aber eigentlich nur vom Erscheinungsjahr 2008, ansonsten enttäuscht es durch ellenlange Aufzählungen von Schädelformen, Stirnneigungswinkeln, Augenlagen und prominenten Nasen, das ganze garniert mit uralten Schwarz-Weißfotos von Menschen, denen ich niemals in der U-Bahn begegnen werde.
Vieles in diesem Buch fand ich schon von der Argumentation unwissenschaftlich, manches gefährlich und menschenverachtend.
Beispiel
In Schweden beschreibt er erst das Äußere einen sog. "Tydal-Typus".....
Zitat: "Der Typus findet sich im Inneren Dalarnas nahe der norwegischen Grenze, kommt aber wohl auch in anderen Waldgegenden Schwedens und Norwegens vor. Bemerkenswert ist die weitgehende Übereinstimmung mit archemorphen Formen in Irland. Bertil Lundman, der bei seinen Untersuchungen die Landschaft Dalarna durchwanderte und Tausende von Einwohnern in ihren Häusern aufsuchte, erschien das Wesen der Tydaler weniger aufgeweckt und energisch als das der nordiden Dörfler derselben Gegend, als anspruchsloser und bisweilen starrköpfig oder apathisch."

Der Autor verkauft sein Buch als unvoreingommene Darstellung und streut dann an den passenden Stellen solche Schmonzetten ein, manchmal geschmückt von genetischen Wahrscheinlichkeiten, die statistisch korrekt als zwar nicht signifikant wiedergegeben werden aber trotzdem im Zusammenhang mit seinen Theorien erwähnt werden.

Nunja, das Buch hat mich richtig geärgert aber ich gebe es morgen in der Bibliothek ab. Wenn ich es allerdings gekauft hätte, wäre es wahrscheinlich das erste Buch, das bei mir im Altpapier gelandet wäre.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich habe gerade mal ein wenig gegoogelt.... @rena, vielleicht solltest du in der Bibliothek mal ein Gespräch führen, nach welchen Aspekten die angeschaffte Literatur ausgewählt wird und eine Beschwerde hinterherschicken.

Ich habe in der Google-Suche nach dem Autoren nur die ersten fünf Seiten angesehen: dort tauchen alle möglichen rechtsextremen Buchversandhäuser auf, die Vonderachs Bücher vertreiben. Mit Ausnahme der Seite 1 enthielten die anderen angesehen Seiten jeweils Vermerke, Google habe mehrere Einträge gelöscht....

Zum Verlag, in dem das 'Buch' erschienen ist, hier ein Wiki-Link:

Leopold Stocker Verlag ? Wikipedia
 
Zurück
Oben