Kernkraft-SciFi vor hundert Jahren
Anfang 1914 wird „A World Set Free“ von
H.G. Wells veröffentlicht.
Wells beschreibt die Entwicklung der Menschheit von deren kargen Beginn zu immer höherer Erkenntnis und Fähigkeit im Stil einer populärwissenschaftlichen Geschichtsschreibung.
Fließend geht er davon über die Gegenwart in die Fiktion der Zukunft über.
Der radioaktive Zerfall war bereits bekannt, und Wells fantasiert, dass es technologisch möglich sein werde diesen nahezu nach Belieben zu beschleunigen. 1943 gelingt der Durchbruch und alsbald revolutioniert diese Methode die Energiegewinnung.
Selbst Automobile und Flugzeuge werden von der Atomkraft vorangetrieben.
1956 bricht ein Krieg aus und auch das Militär hat nun Atomwaffen („atomic bomb“ das nennt er wirklich so). 1959 sind die Hauptstädte der Welt im Atomfeuer verglüht und mit ihnen hundert andere Metropolen.
Die gesamte Infrastruktur ist international zusammengebrochen und eine neue Weltordnung muss geschaffen werden.
Das ist schon eine geile Story, geschrieben 1913. (Deutscher Titel: „Befreite Welt“)
Doch leicht liest sich das nicht.
Denn aus jeder Seite, ja manchmal fast aus jedem Satz, fließt der schwere Pathos des Bedeutsamen.
Aber wie gesagt eine echt geile Story (nur Scheiße geschrieben, wenn ich mir diese subjektive Bemerkung erlauben darf).
1922 (lassen wir es gelten im Sinne der Hundert Jahre, denn geschrieben wurde der Roman ja schon vorher) erscheint von
Carel Capek „Das Absolutum oder die Gottesfabrik“
Und das ist nun wirklich skurril hintergründig und lustig. Der Ansatz ist pantheistisch:
Wenn Gott in allem gebunden ist, dann doch insbesondere auch in der Materie.
Wandelt man diese Materie gänzlich in Energie um (E = mc^2, Einstein 1915) dann entsteht Gott, das Absolutum.
https://deutsch.radio.cz/das-absolu...k-karel-capeks-albtraum-vom-befreiten-8574120
Solche Maschinen für die Energiegewinnung werden nun erfunden und zahlreich gebaut.
In deren Umgebung bricht eine Heiligkeit unter den Menschen aus, die alles in Frage stellt.
Vergleiche ich Capek mit Wells, so finde ich Capek weit vergnüglicher und gewiss nicht weniger tiefgründig.
Tolle SciFis haben beide geschrieben zum Thema Kernkraft vor 100+ Jahren.