Sisebut und seine antijüdische Gesetzgebung

Der Glaube führt uns nicht weiter. Tatsache ist, dass Sisebut gegen die üblichen Normen verstieß. Und ja, es gab Kritik an Sisebuts antijüdischer Gesetzgebung.
Die Rebellion gegen Rekkared in Septimanien war - folgerichtig nach der Katholisierung der westgotischen Elite des Reiches - eine von Arianern. Es ist doch beinahe typisch, dass an der Peripherie eines Reiches - und das war der verbliebene Teil des ehemaligen Zentrums des Westgotenreiches nach der Niederlage von Vouillé und der "Toletanisierung" des Westgotenreiches - separatistische Bestrebungen bestehen. Was sollten die Juden - die auch in der Septimania eine Minderheit darstellten damit zu tun haben? Und wenn sie es hätten, hätte man dann nicht eine antijüdische Gesetzgebung bei Rekkared festzustellen? Oder eine speziell antijüdische Gesetzgebung Wambas, nach dessen Zug gegen Paulus?
 
Wenn ich mich recht entsinne, fand man es im ostgotischen Italien aufsehenerregend, dass Theoderich den Besitz der jüdischen Gemeinden vor Übergriffen gesetzlich schützte (irgendwo - Ravenna? Neapel? - musste glaube ich eine zerstörte Synagoge wiederaufgebaut werden).
Ob man es aufsehenerregend fand, geht aus den Quellen nicht hervor. Allerdings unterstellte der Anonymus Valesianus Theoderich, sich aus Antikatholizismus judenfreundlich zu verhalten.
Das war in Ravenna. Geschildert wird der Vorfall bei Anonymus Valesianus 2,14: Auf das Gerücht von Fällen von Hostienschändung hin brannte der Mob die dortigen Synagogen nieder. Theoderich ließ sie auf Kosten der romanischen Bevölkerung wieder aufbauen. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich auch in Rom. Möglicherweise ist derjenige gemeint, um den es in Cass. Var. 4,43 geht: Als in Rom die Synagoge niedergebrannt wurde und christliche Sklaven ihre jüdischen Herren ermordeten, ordnete Theoderich die Bestrafung der Täter an.
Aber auch anderweitig unterstützte er die Juden, siehe Cass. Var. 5,37, in dem er den Mailänder Juden seinen Schutz gegen Übergriffe auf ihre Synagogen zusagte.
Etwas restriktiver war sein Verhalten gegenüber den Juden in Genua (Cass. Var. 2,27): Er gestattete ihnen die Renovierung ihrer Synagoge, untersagte aber jeglichen Ausbau. In Cass. Var. 4,33 sagte er ihnen aber die Wahrung ihrer Rechte zu.
Allerdings unterließ er es in seinen Briefen auch nicht, seine ablehnende Haltung gegenüber der jüdischen Religion zu bekunden.

Bei Neapel hast Du möglicherweise etwas mit Dahns "Ein Kampf um Rom" verwechselt, wo Totila eine jüdische Familie in Neapel rettet.
 
hätte man dann nicht eine antijüdische Gesetzgebung bei Rekkared festzustellen?
Und genau das ist ja auch der Fall.Zu den Konzilsbeschlüssen des 589 von Rekkared einberufenen 3.Toletanums gehörten auch die ersten Maßnahmen der Westgoten gegen die Juden so das Verbot der Verbindung mit christlichen Ehe- und Lebenspartnern und die Zwangstaufe von Kindern aus solchen bereits bestehenden Verbindungen .
Was sollten die Juden - die auch in der Septimania eine Minderheit darstellten damit zu tun haben?
Die Juden gehörten in dieser frühen Phase zum Stadtpatriziat von Narbonne ,der Hauptstadt der Septimania und waren bis ins 9 Jahrhundert dort von bestimmendem Einfluss. Als Teil des Statdpatriziats waren sie sicherlich auch in die diversen septimanischen Verschwörungen und Revolten involviert und durch die religiöse und wirtschaftliche Unabhängigkeit ein stark emanzipatorischer Faktor für Stadt und Region.Damit gerieten sie zwangsläufig in Gegensatz zum westgotischen Königtum..
Unter Egica boten die Behauptungen, die Juden hätten im Zusammenwirken mit ausländischen Glaubensgenossen eine Verschwörung gegen das westgotische Reich unternommen. den Anlass für verstärkte antijüdische Gesetzgebung.Sie spielten möglicherweise bei der sarazenischen Besetzung Narbonnes eine Rolle,sicher jedoch bei der karolingischen Eroberung der Septimania , wo sogar von Waffenhilfe für Karl d.Gr. und davon die Rede ist,daß sie ein Drittel der Stadtbevölkerung ausmachten.
 
ist das eine Deutung aus heutiger Sicht, oder gibt es Quellen aus dem frühen Mittelalter, welche diese Gesetze kritisieren?

Ja gibt es, bezeichnender Weise in Isisors antijudaistischer Schrift De fide catholica contra Iudeos in der er seinen Freund Sisebut als theologisch ungebildet bezichtigt und auch Gregor der Große schrieb - allerdings war der zum Regierungsantritt Sisebuts schon tot - dass man den Seelen der Zwangsgetauften mehr Schaden als Nutzen antäte, weil die Taufe eben nicht freiwillig sei und der Getaufte bzw. die Seele des Getauften dann durch Schuld des unter Zwang Taufenden mehr Höllenqualen zu ertragen hätte.
Direktere Kritik an Sisebut von Seiten Isidors gibt es nicht, aber Isidor hat sich auch selbst als Feigling bezeichnet, was man vielleicht an seinem Verhältnis zu Suinthila bestätigt sehen kann. Während dessen Regierungszeit lobte Isidor diesen, danach schimpfte er über ihn.

Und genau das ist ja auch der Fall.Zu den Konzilsbeschlüssen des 589 von Rekkared einberufenen 3.Toletanums gehörten auch die ersten Maßnahmen der Westgoten gegen die Juden so das Verbot der Verbindung mit christlichen Ehe- und Lebenspartnern und die Zwangstaufe von Kindern aus solchen bereits bestehenden Verbindungen .

Genau das ist aber "nur" die Bestätigung alter Gesetze, die auch dem Recht des römischen Imperiums entsprachen, wie ich nun schon mehrfach geschrieben habe. Ist es denn so schwer zwischen den Kontaktverboten von Juden und Christen und den weit darüber hinaus gehenden Gesetzen des Sisebut zu differenzieren?


Die Juden gehörten in dieser frühen Phase zum Stadtpatriziat von Narbonne, der Hauptstadt der Septimania und waren bis ins 9. Jahrhundert dort von bestimmendem Einfluss. Als Teil des Statdpatriziats waren sie sicherlich auch in die diversen septimanischen Verschwörungen und Revolten involviert und durch die religiöse und wirtschaftliche Unabhängigkeit ein stark emanzipatorischer Faktor für Stadt und Region. Damit gerieten sie zwangsläufig in Gegensatz zum westgotischen Königtum.

Das ist also nur eine Hypothese. Gibt es für die auch irgendwelche Belege?


Unter Egica boten die Behauptungen, die Juden hätten im Zusammenwirken mit ausländischen Glaubensgenossen eine Verschwörung gegen das westgotische Reich unternommen den Anlass für verstärkte antijüdische Gesetzgebung.

Wir springen hier ganz schön. Rekkard - Sisebut - Wamba - Egica.
Bezeichnenderweise waren aber in den Gesetzen des Egica die septimanischen Juden von der harten antijüdischen Gesetzgebung ausgenommen. Wie erklärst du dir das, wenn doch die Septimania angeblich Zentrum jüdischer Aufstände gewesen sein soll?

Sie spielten möglicherweise bei der sarazenischen Besetzung Narbonnes eine Rolle, sicher jedoch bei der karolingischen Eroberung der Septimania, wo sogar von Waffenhilfe für Karl d.Gr. und davon die Rede ist, daß sie ein Drittel der Stadtbevölkerung ausmachten.
Damals war Septimanien aber längst nicht mehr westgotisch.
 
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