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Eine Frage ist, ob "diese weiten staatsfernen Räume" 1823 noch bestanden, die wohl wichtige aber, konnten diese Räume und damit die Aktivitäten 1823 eine Rolle spielen, weil im Gegensatz zur Kampagne von 1808 1823 keine Besetzung des Landes im Vordergrund stand. Das wäre dann auch eine Erklärung, warum es 1823 keinen/wenig Widerstand gab.
Grüße
excideuil
Vor 1808 gab es ein weit verbreitetes Bandenwesen in Spanien, Räuber und Schmugler, vor allem im Süden. Die Sierra Morena zwischen dem kastilischen Hochland und den Andalusischen Vegas waren praktisch Niemandsland und sind in der spanischen Folklore als "das" Räuberland par excellance bekannt.
Privatarmeen von irgendwelchen Magnaten sind mir keine bekannt, man kann jedoch denken, dass die Großgrundbesitzer in Andalusien sich und ihren Besitz irgend wie gegen die zahlreichen Banditen schützten.
Politisch motivierte bewaffnete Gruppen gab es vor 1808 m.W. keine. Nach 1814 jedoch fast ständig bis in das 20. Jahrhundert hinein.
Spanische Historiker haben den "Erfolg" der Guerilleros als einen der Gründe für die immer wieder aufflackernden Bürgerkriege während des 19. Jahrhunderts interpretiert. Die Karlistenkriege begannen mit dem Tode Ferdinands VII. hatten aber schon Vorläufer während seiner Regierung in den liberalen Aufständen gegen ihn und den "Partidas" seiner Anhänger während des Trienio Liberal. Der letzte Karlistenkrieg war eigentlich der Bürgerkrieg 1936-39 bzw. ein Teil davon.
Eine Interessante Figur in diesem Zusammenhang ist Francisco Espoz y Mina.
Geboren in einer Bauersfamilie in Navarra, unterstüzte er 1808 erst einmal die Franzosen. 1809 lief er dann über und schloss sich einem Regiment leichter Infanterie aus Aragon an, das vom britischen Obersten Doyle zur Verteidigung Jacas aufgestellt wurde um dann, nach der Kapitulation Jacas, zu der Truppe seines Neffens "Mina el mozo" (Mina der jüngere) überzuwechseln, interesanterweise genannt, "Corso terrestre de Navarra" was die "private" Komponente hervorhebt.
Mina el Mozo wurde 1810 von den Franzosen gefangen genommen und die Truppe ab da von seinem Onkel geführt. Er sammelte zu einem Zeitpunkt über dreitausend Mann um sich, die sich sehr geschickt zwischen Navarra, dem westlichen Aragón, dem Baskenland und dem Ebrotal bis zu der Alcarria bewegten und dabei viel größere französische Truppen banden. Er erzielte eine ganze Reihe kleinere Siege über die franzosen, nach der klassischen Methode größeren Verbänden aus dem Wege zu gehen und nur dann den Kampf anzunehmen, wenn er im eindeutigen Vorteil war. Er hatte aber auch das Geschick, seine Gruppen so zu bewegen dass sie sich zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle einfanden.
Auf Grund seiner Erfolge wurden ihm von der Junta ein militärischer Rang erteilt, und nach und nach bis zum General befördert, seine Einheit zur "Division de Navarra" erklärt.
Nach dem Ende des Krieges, plädierte er erfolglos für eine Beibehaltung der Einheiten die aus der Guerrilla hervorgegangen waren, was aber nicht stattfand.
1814 nahm er in Zaragoza an einer misslungenen Verschwörung zur Wiedereinführung der Verfassung von 1812 ein und musste paradoxerweise nach Frankreich fliehen. aus dem Ausland nahm er an verschiedenen Verschwörungen teil, um dann nach dem Aufstand Riegos, 1820 nach Spanien zurück zu kehren.
Als General der liberalen Regierung verfolgte er ab 1822 Absolutistische Guerrilleros in Katalonien, wo er sehr effektiv und vor allem sehr hart vorging. Als 1823 Angouleme einmarschierte, versuchte er sich diesem in den Weg zu stellen, musste jedoch mangels Unterstützung zurückweichen. Wieder ging er ins Exil, zuerst nach England und dann wieder Frankreich, wo er die Regierung des "Bürgerkönigs" Louis Philippe de Orleans um Unterstützung der Liberalen Sache in Spanien bat. 1830 gab es einen Versuch ins Baskenland einzudringen der aber misslang.
1833 mit dem Tode Fernando VII. und der Regentschaft Maria Cristinas. wurde er amnestiert, kehrte nach Spanien und es wurde ihm sein militärische Rang zurückerstattet.
Für die Liberale Regierung unter Isabel II (bzw. der Regentin Cristina) kämpfte er als Vizekönig Navarras gegen die Karlisten, mal mit mehr mal mit weniger Erfolg (er wurde mehrfach von dem fast legendären Zumalacarregui besiegt, einen weiteren Veteranen der Guerrillas gegen die Franzosen, der jetzt die karlistischen Partidas anführte) und dabei wieder mit äusserster Härte. So liess er z.B. die Mutter von den Karlistenführer Cabrera ( der Tiger des Maestrazgo) erschiessen was ihn Kritiken sogar im eigenen Lager einbrachte. 1836 trat er Zurück und wollte wieder ins Exil gehen, starb aber während der Vorbereitungen.
Der von mir weiter oben erwähnte Morillo hatte eine ähnliche Laufbahn, kämpfte aber von 1815 bis 1820 Zeit in Amerika gegen die Aufständischen, zu denen sich einige Liberale geflüchtet hatten wie z.B. der Neffe von Espoz y Mina, Javier Mina "el mozo" der nach seiner sehr späten Befreiung durch die Franzosen nach Mexiko ging, dort gegen die Regierung Ferdinands kämpfte und nach der Niederlage in Venadito erschossen wurde (jedoch nicht von den Truppen Morillos sondern vom Vizekönigs von Neu Spanien, Apodaca).
Morillo kehrte gerade nach der Liberalen Revolution aus Amerika nach Spanien und erhielt dort eine militärisches Kommando über die Truppen in Kastilien.
Bei dem Einmarsch der Franzosen ging er zur absolutistischen Seite über und seine Truppen folgten ihm. Er führte eine französische Brigade nach Galizien die dort Vigo und La Coruña besetzten. Aus gesundheitlichen Gründen ging er 1824 nach Frankreich und wurde während seiner Abwesenheit von der Absolutistischen Regierung vor ein Kriegsgericht gestellt und seines Posten und Ranges enthoben, weil er angeblich Konstutionalistisch eingestellt war. Offensichtlich reichte Ferdinand sein späteres Überlaufen so wie seine früheren treuen Dienste nicht. Später diente er noch für einige Zeit der Regentin Maria Cristina.
Er soll eigentlich eher Liberal gewesen sein, jedoch in erster Linie Königstreu, was sein verhalten 1823 erklärt. Er wollte es anscheinend nicht auf einen Bürgerkrieg hinauslaufen lassen, wie er ihn in Amerika geführt hatte.
Espoz y Mina portraitiert durch Goya, Angouleme und Morillo: