Suche Infos zu Ur-Uropa Kgl. Bayer. Gendarmerie (Foto)

Rip_Steakface

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Hallo zusammen,

ich betreibe gerade etwas Ahnenforschung und suche nach Infos zu meinem Ur-Urgroßvater, den ihr auf dem Foto im Anhang seht.

Er war Jahrgang 1859, Angehöriger des Königlich Bayerischen Gendarmeriekorps und laut Angaben meiner Mutter/Großmutter in der Leibwache König Ludwigs II. eingesetzt. Die Pickelhaube scheint das Devisenband „In Treue Fest“ zu tragen, weshalb ich darauf tippe, dass das Bild zwischen 1886 und Mitte/Ende der 1890er entstanden ist. Zu dieser Zeit ist er aufgrund einer Verletzung durch einen Pferdetritt aus dem Dienst ausgeschieden.

Zum einen interessiert mich das Foto. Was könnt ihr mir sagen über

- Dienstgrad (anhand der Tressen an Kragen und Ärmelaufschlag würde ich auf Wachtmeister tippen?)
- die Dienstauszeichnung/Bandschnalle auf seiner Brust
- Seitengewehr (Gendarmeriesäbel M/1864?)
- Sonstige Details, die euch ins Auge fallen?

Meine Anfrage hat aber auch noch einen reizvollen historischen Teil:

Wie gesagt, heißt es in unserer Familie, der gezeigte Gendarm war in der Leibwache König Ludwigs II. Seine Frau hat ihren Enkeln (u.a. meiner Oma) später von Schlössern, Bällen, Paraden in München usw. berichtet. Es ist schwer, hier zwischen Realität und ausgeschmückter märchenhafter Erzählung für Kinder zu unterscheiden.

Meine Oma hat sogar erzählt, dass er es war, der den toten König aus dem Starnberger See gezogen hat, was ich natürlich mit Skepsis betrachte. Ich habe eine literarische Quelle (Biographie über eine andere Verwandte), die seine Tätigkeit in der Leibwache sowie die Mithilfe beim Bergen des Leichnams bestätigt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie verlässlich diese Quelle ist, da sie womöglich nur auf Berichten aus meiner Familie beruht.

Meine Fragen an euch in diesem Zusammenhang:

- Gab es eine Gendarmerie-Einheit, die als Leibwache Ludwigs II. fungiert hat, temporär oder dauerhaft? Wenn nicht, gibt es irgendwelche Hinweise darauf, welcher Einheit mein Ur-Uropa angehört haben könnte? Man liest von Füssener Gendarmen, die dem König in den letzten Tagen beigestanden haben und Münchner Gendarmen, die ihn festsetzen sollten.

- Es heißt in der genannten Quelle, er habe seine Karriere als "Gendarmerie-Kommandant" beendet. Welcher Dienstgrad oder Posten könnte damit gemein sein?

- Gibt es ein Archiv, an das ich mich zur genaueren Nachforschung wenden kann?


Danke euch im Voraus für die Unterstützung!
 

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Ich bin kein Uniformenexperte, aber das Thema interessiert mich und vielleicht helfen die Ergebnisse meiner Recherche weiter:
Quellen:
http://www.polizeiuniform.de/html/gendarmerie1.html
https://www.seitengewehr.de/bayern.html

Zum Dienstgrad: es scheint, dass die zusätzliche Litze am Ärmel nicht Zeichen eines Dienstgrads gewesen ist, sondern die Klasse der Schützenauszeichnung auf der Brust angibt.
siehe: https://www.seitengewehr.de/bage5-4.html
Ein Hinweis auf den Dienstgrad ist sicherlich das Portepee am Seitengewehr. Es ist mir aber unklar, welche Dienstgrade dieses nach der Dienstgradreform von 1872 tragen durften, mMn eigentlich nur Oberwachtmeister, also ehemalige Oberbrigadier 1. Klasse bzw. ehemalige Feldwebel, doch dafür müssten die Schulterklappen eine silberne Tresseneinfassung haben und die sehe ich nicht. Vermutlich doch ein Wachtmeister.
Gemäss den bisher gesichteten Informationen, wäre Stationskommandant ursprünglich kein Dienstgrad, sondern eine Funktion, die jeder Dienstgrad inne haben konnte. Später könnte es ein Dienstgrad geworden sein, der aber wiederum 1872 abgeschafft wurde. Jedenfalls muss die Bezeichnung 1887 in irgendeiner Form noch existiert haben: https://www.seitengewehr.de/BayernGendarm1881-1887.pdf
 
Vielen Dank für deine Recherche!

Tatsächlich sind wir beim Stöbern auf genau die gleichen Seiten gestoßen - was wohl zeigt, wie wenig Infos es im Internet zu dem Thema gibt. Das ist erstaunlich, macht die Sache aber auch interessant.

Die Schießauszeichnung auf dem von dir verlinkten Foto ist aber offenbar eine weiße Bandlitze, wie beim Heer. Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass sie nicht um den Ärmel herumgeht, im Gegensatz zur Tresse über dem Ärmelaufschlag meines Vorfahren.

Der Beamte hier hat dieselben Tressen und wird als Wachtmeister eingeordnet:
bage5-7

Ich würde also, wie du, auf Wachtmeister tippen. Oder könnte eine Analogie zum Heer bestehen, wo diese zweite Tresse am Ärmel den Spieß gekennzeichnet hat?

Ich habe auch noch etwas wegen der Schnalle auf der Brust recherchiert. Ich tippe auf eine Dienstauszeichnung 2. Klasse für Unteroffiziere, die nach 15 Jahren Dienst verliehen wird:
Dienstauszeichnung 2. Klasse für Unteroffiziere Schnalle 1876

Ich denke, dass er als Gendarm empfangsberechtigt war. Als Jahrgang '59 hat er das nötige Dienstalter wohl erst gegen Mitte der 1890er erreicht. Ausgeschieden ist er dann spätestens 1898 - in diesem Jahr hat er eine Schreinerei eröffnet, und meine Uroma (die bis 1989 gelebt hat) kam zur Welt.
Theoretisch könnte es natürlich auch eine Art Gefechtsspange sein, halte ich aber für eher unwahrscheinlich.

Wenn du noch was rausfindest, freu ich mich über jeden Input. Das betrifft natürlich auch alle anderen Interessierten.
 
Danke auch dir für deine Antwort, Tannhaeuser! Bei Gelegenheit werde ich es dort probieren.

In der Zwischenzeit bin ich über Ancestry auf einen handgeschrieben Zettel aus dem Kirchenarchiv gestoßen. Berufsbezeichnung: "Gendarmerie-Oberwachtmeister a/D" - was natürlich nicht ausschließt, dass er auf dem Foto nur den Wachtmeisterdienstgrad hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde also, wie du, auf Wachtmeister tippen. Oder könnte eine Analogie zum Heer bestehen, wo diese zweite Tresse am Ärmel den Spieß gekennzeichnet hat?
Vielleicht kennst Du diese Dokumente auch schon, sie helfen jedenfalls weiter:
Verordnungsblatt des Königlich Bayerischen Kriegsministeriums
Seite 285 Verordnungsblatt Nr. 44 vom 10. September 1873 Bestimmungen über Uniformirung und Adjustirung der K.B. Gendarmerie
Zitat:"Die Oberwachtmeister tragen die Rang- und Gradabzeichen der Werkmeister, cf Unterbeilage 5 zum Kriegsministerial-Rescript vom 11. April 1873 Nro. 7065 Verordungsblatt Nro. 18"

Im Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche 1905 steht über die Landgendarmerie:
"Die etatsmäßigen Wachtmeister führen den Titel "Ober-Wachtmeister" Vf. 6.Dez 37 (KA 717) u. 21. Juni 67 (MB 257)"
Wobei in der Verfügung von 1837 noch stand, dass der Titel "Erster Wachtmeister" sein soll und auf der Schulterklappe oberhalb der Brigade-Nr. eine Offizierstresse zu tragen sei.
In Die Uniformen der Deutschen Armee 1899 sehe ich zum ersten Mal die zweite Tresse (die sog. Kolbenringe) für "etatsmäßige Feldwebel" am Ärmel.
Offenbar gab es einen Rang "etatsmäßiger Wachtmeister" und es scheint, dass gegen Ende des 19. Jh. diese eine zusätzliche Tresse am Ärmel erhielten.
 
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