Tanzbären - wie lange gab es sie in Deutschland?

Spessarter

Neues Mitglied
Hallo,
ich möchte eine Sage lokalisieren, die in einer von drei Mühlen bei mir in der Umgebung spielt. Dabei kommt auch ein Tanzbär vor. Da die Mühlen unterschiedlich alt sind, würde es mir möglicherweiise helfen, zu wissen, seit wann es in Deutschland keine Tanzbären mehr gibt bzw. wann diese Unsitte selten geworden ist.
Vielleicht kennt sich hier jemand damit aus?
 
Ganz unverbindlich:
Aus der Antike ist mir nichts von Tanzbären bekannt; Bären wurde allerdings als "wilde Tiere" in die Zirkusspiele mit einbezogen.
Im Mittelalter, schon ab dem 7. Jh. tauchen die Tanzbären in Europa bei den wandernden Schaustellern auf.
Tendenziell gibt es sie aber eher in Osteuropa, Balkan, auch Türkei bis nach Indien.
Sie werden bis ins 19. Jh. bestaunt (s. Smetanas "Verkaufte Braut").

Im Verlauf des 20.Jh. wird ihre Zurschaustellung aus Tierschutzgründen nach und nach eingeschränkt. Es gibt inzwischen ja auch andere Attraktionen...

In Deutschland gibt es seit 1990 ein absolutes Verbot... Auf ländlichen Jahrmärkten in Bulgarien, Rumänien mag es sie aber auch heute noch geben....
 
Lange Zeitspanne

Danke für die Infos schon mal.:winke:
Vom 7. Jahrhundert bis zu 1901 ist ja eine lange Zeitspanne.
Klar ist damit zumindest, dass mit der Info Bärenführer die Sage nicht auf eine der drei in Frage kommenden Mühlen lokalisieren kann. Ist ja immerhin auch schon mal was.
Dass so eine Sage nicht unbedingt in eine der in der Erzählung gennaten Mühlen abgespielt haben muss, sondern dass ein beliebtes Motiv ist, das wahrscheinlich einfach adaptiert wurde, sehe ich auch.
Trotzdem wäre es schön gewesen, einen bestimmten Ort identifizieren zu können, an dem die Sage angeblich gespielt haben soll.
 
Ich habe gestern mal den regionalen Sagenschatz durchforstet und keinen einzigen Hinweis auf das Motiv gefunden.
Der Zedler kennt nicht mal den Begriff "Tanzbär". In den Physikatsberichten ist bei den Antworten "Vergnügungen" ebenfalls kein Hinweis zu finden.
Literarisch kommt das Motiv in der Aufklärung (etwa bei Lessing) vor als Fabel.
 
Bärenführer

Hallo Mercy,
die Geschichten vom Bären in der Mühle, der einen Wassermann, Geist, o.ä. vertriebt, gibts doch in jeder Region.
Dass Du unter Tanzbär nichts findest, mag sein. Dann such mal nach Bärenführer. Die Bären, die die mit sich führten, waren Tanzbären, weil sie nach einer Melodie tanzten. Das Ganze diente zur Unterhaltung und Belustigung der Bevölkerung und die Bärenführer verdienten ihren Lebensunterhalt damit. Dressiert wurden die Bären, indem Sie auf glühenden Holzscheiten o.ä. stehen mussten und die Melodie dazu gespielt wurde. Die hilflosen Bewegungen, die eigentlich zur Schmerzvermeidung dienten, wurden dabei der Melodie zugeordnet und die Bären "tanzten" irgendwann auch ohne Schmerzen. Verstärkt wurde das Verhalten auch mit Belohnungen wie Alkohol oder zuckerhaltigen Leckerbissen. Viele Bären werden deshalb wohl unter Alkoholismus und Zahnfäu gelitten haben. Möglich war das Ganze auch dadurch, dass die Bären an einem Nasenring geführt wurden. Hier ist ein Bär sehr schmerzempfindlich und kann leicht dirgiert werden.
Genau so spielt sich das heuzte übrigens in Südosteuropa immer noch ab.
Gruß:nono:
Ernst
 
Hallo Mercy,
die Geschichten vom Bären in der Mühle, der einen Wassermann, Geist, o.ä. vertriebt, gibts doch in jeder Region.

Ernst

Naja.

Nun muss man fragen, wann sind Braunbären in Deutschland "ausgestorben", wann Wassermänner und wann Geister?


Ich glaube, so um 1700undetwas war hier der letzte Braunbär heimisch.
Von Tanzbären weiss ich, das Sinti und Roma noch bis mitte der 1930er Jahre mit diesen hier waren. Im Mittelalter lese ich auch nur von Vagabunden, die solche mit sich führten.
Da jetzt eine Linie vom Tanzbär zur Mühle zu ziehen, ist Sagenhaft.
 
Mühlen waren aber recht häufig außerhalb der Dörfer gelegen, Müller waren Außenseiter, die immer im Ruf standen, den Bauern etwas mehr als nötig abzunehmen und das mitunter auch per Magie. Außenseiter Müller und Außenseiter Vagabund haben daher schon das gemeinsame Interesse der gegenseitigen Gesellschaft.
 
Mühlen waren aber recht häufig außerhalb der Dörfer gelegen, Müller waren Außenseiter, die immer im Ruf standen, den Bauern etwas mehr als nötig abzunehmen und das mitunter auch per Magie. Außenseiter Müller und Außenseiter Vagabund haben daher schon das gemeinsame Interesse der gegenseitigen Gesellschaft.


Krabat.

Sind die Bären die heute im Zirkus auf dem Motorrad ihre Runden drehen etwas anderes als Tanzbären?

Der letzte Bär in Deutschland wurde, soweit ich weiß so ca. 1830-40 im Karwendel geschossen, Ludwig Thoma schreibt davon. (In den 1890er Jahren gabe es glaube ich noch einen "Bruno" der zugewandert war)
Bis nach dem 30jährigen Krieg gab es aber zumindest in Oberschwaben welche.
 
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