Teutonen = Kelten?

Gast schrieb:
Hi,
waren die Teutonen ein keltischer Stamm und stammt der Name Teutonen vom ketischen Gott Teutates?
Wenn der Siedlungsraum der Teutonen im nördlichen Niedersachsen bzw. Schleswig Holsteins war, liegt das doch außerhalb des keltischen Siedlungsraumes, oder?
Danke für Eure Antworten

Die Teutonen waren im Raum Jütland und die ganze Westküste hinunter bis nach Schleswig-Holstein angesiedelt. 325v.Chr. erwähnt der Entdeckungsreisende Phytheas sie zum ersten Mal.
Keltische Stämme gab es soweit im Norden nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht.

Der nördlichste Bereich der Kelten wird z.Zt. im Raum Osnabrück angesehen. Dort fand man aber nur keltische Exportware und kopierte keltische Gegenstände. D.h. hier geht man von einer keltisch beeinflußten Bevölkerung aus, die aber vielleicht zu gar keinem keltischen Stamm gehörte. Das wird sich vielleicht erst in der Zukunft zeigen.

Die Germanen haben ihren ursprünglichen Siedlungsraum in Dänemark, Schleswig-Holstein und dem nördlichen Niedersachsen. Wann sie genau mit der südlichen Ausbreitung begannen ist bisher nicht eindeutig festgelegt. Sie breiteten sich im ganzen heutigen Niedersachsen aus und NRW, Hessen und östliche Gebiete hinter der Elbe wurden auch besetzt.
Hierbei kam es zur Assimilierung mit keltischen Stämmen.
Die keltischen Anlagen im Norden wurden in der Zeit 2.-3.Jh.v.Chr. verlassen (es gibt auch Brandspuren). Um die Zeitenwende waren die Germanen noch in der Expansion. Daher kam es schon kurz vor der Christi-Geburt zu den ersten Auseinandersetzungen mit den Römern.

Da der Zug der Kimbern und Teutonen auch durch keltisches Gebiet ging (Bayern, Frankreich, usw.) haben sich auch Kelten dieser Wanderung angeschlossen. Es gab somit eine Vermischung und einige Zugteilnehmer sollen später auch im Gebiet der Belgen seßhaft geworden sein. Der Zug der Kimbern und Teutonen resultierte aus einer Landnot heraus und war nicht als Beutezug gestaltet. Aber alles was sich in den Weg stellte wurde beseitigt....


P.S.
Der "Teutonenstein", der am Südhang des Greinbergs (Main) gefunden wurde, wird in das 1.Jh. n.Chr. datiert.
 
Falls du den Teutonenstein von Miltenberg meinst: So eindeutig ist die Zuordnung da nicht.

Zwar wurde der Stein tatsächlich in der Nähe eines keltischen Ringwalls gefunden, des Greinbergs. Allerdings stammt er dort wohl von einem Steinbruch und hatte wohl Arbeitsfehler, wie man es auch von anderswo her kennt. Es muss also kein Kausalzusammenhang zum Ringwall bestehen. Die Inschrift ist auf lateinisch, es spricht also vieles dafür, dass er während der Existenz des Limes zwischen 160 und 260 gebrochen wurde, als es bei Miltenberg zwei Kastelle gab. Die Funktion ist ebenfalls unklar, obwohl die Form und die kryptische Inschrift einen Meilenstein nahe legen. Auf dem Stein werden Toutones genannt, die nicht ohne weiteres mit den Teutonen gleichzusetzen sind.

Mit dem Stein lässt sich also eigentlich wenig anfangen, gleichwohl er öfters mal in der Literatur genannt wird und z.B. bei Pörtner (?) für eine Theorie herhalten muss.
 
Ashigaru schrieb:
Falls du den Teutonenstein von Miltenberg meinst: So eindeutig ist die Zuordnung da nicht.
Das Märchen wurde schon da ad akta gelegt:
RÖDER, J. (1960): Toutonenstein und Heunesäulen bei Miltenberg Ein Beitrag zur alten Steinindustrie am Untermain.- Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte Heft 15, 32 Abb. im Text, 30 Tafeln im Anhang und 3 farb. Kartenbeilagen in Umschlagtasche, [Verlag M. Lassleben] Kallmünz/Oberpf.
 
Mercy schrieb:
Das Märchen wurde schon da ad akta gelegt:
RÖDER, J. (1960): Toutonenstein und Heunesäulen bei Miltenberg Ein Beitrag zur alten Steinindustrie am Untermain.- Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte Heft 15, 32 Abb. im Text, 30 Tafeln im Anhang und 3 farb. Kartenbeilagen in Umschlagtasche, [Verlag M. Lassleben] Kallmünz/Oberpf.

Guten Abend, Mercy,

bin neu hier und zunächst mal wegen Toutonenstein & Co. eingeloggt:
Was meinst du mit dem "Märchen", das ad acta gelegt wurde? RÖDER ist offenbar nicht mehr aktuell, aber kannst du in aller Kürze umreißen, welches "Märchen" er denn geschrieben hat und was / warum das nicht mehr aktuell ist?

Was die Toutensteine usw. angeht, am Greinberg bei Miltenberg und in der ganzen Nachbarschaft (Heunesälen / Heunefässer am Ringwall Wannenberg bei Bürgstadt, Heunesäule am Bullauer Berg usw.), da hat man es ja eben nicht - mal ganz vorsichtig gesagt - mit Relikten aus e i n e r Zeitphase zu tun, sondern gewisse Bearbeitungsspuren weisen offenbar darauf hin, dass an diesen Standorten über viele Jahrhunderte hinweg Steinbearbeitung betrieben wurde. Datierungsfragen dürften da schwer eindeutig klärbar sein.

Soweit für heute aus dem südlichen Odenwald,
von
"Micha"
 
Micha schrieb:
Guten Abend, Mercy,
bin neu hier und zunächst mal wegen Toutonenstein & Co. eingeloggt:
Was meinst du mit dem "Märchen", das ad acta gelegt wurde? RÖDER ist offenbar nicht mehr aktuell, aber kannst du in aller Kürze umreißen, welches "Märchen" er denn geschrieben hat und was / warum das nicht mehr aktuell ist?
Hallo Micha,
zunächst einmal herzlich willkommen hier im Forum.

Mit Märchen meinte ich die Bezeichnung Teutonenstein , der dann als Beweis herhalten musste, die Teutonen am Main nachzuweisen.
In dem von mir zitierten Beitrag von Roeder ist dieser Schwachsinn korrigiert: Die Inschrift enthält das Wort Toutones, deshalb wird auch in der Fachliteratur die Bezeichnung Toutonenstein benutzt.

Micha schrieb:
Was die Toutensteine usw. angeht,
Es gibt nur einen Toutonenstein (heute im Museum in Miltenberg).
Was die Heunesäulen / Heunefässer anbelangt, sind die zeitlich ca 1000 Jahre später anzusetzen und ein Kapitel der Sandsteinbe- und verarbeitung am Untermain.

Zum Toutonenstein werde ich noch einmal nachschauen.
 
Mercy schrieb:
Hallo Micha,
zunächst einmal herzlich willkommen hier im Forum.

Mit Märchen meinte ich die Bezeichnung Teutonenstein , der dann als Beweis herhalten musste, die Teutonen am Main nachzuweisen.
In dem von mir zitierten Beitrag von Roeder ist dieser Schwachsinn korrigiert: Die Inschrift enthält das Wort Toutones, deshalb wird auch in der Fachliteratur die Bezeichnung Toutonenstein benutzt.

Ah, okay, dann ist RÖDER rehabilitiert, ich dachte, du hieltest IHN für den Märchenerzähler. Gut, dann wäre nur noch zu klären, was denn dieses "Toutonen" eigentlich bedeutet.
Diverse Lautverschiebungen etc. gabs ja immer wieder, so dürfte auch ein sog. "Hunnenstein" (auch irgendwo am Untermain) nichts mit den "Hunnen" zu tun haben, sondern eine gewissermaßen mythische Bezeichnung für die vermeintlichen "Hünen" (oder "Heunen") sein, die jene Riesen-Säulen gemacht haben müssten - wenn es nicht die Steinhauer für diverse Kirchen oder Residenzen gewesen wären, wie wir Gebildeteren heute lesen können.

Ist der RÖDER deiner Ansicht nach jedenfalls heute noch aktuell?



Mercy schrieb:
Es gibt nur einen Toutonenstein (heute im Museum in Miltenberg).
Was die Heunesäulen / Heunefässer anbelangt, sind die zeitlich ca 1000 Jahre später anzusetzen und ein Kapitel der Sandsteinbe- und verarbeitung am Untermain.

Zum Toutonenstein werde ich noch einmal nachschauen.

Ja, klar, es gibt nur EINEN Toutonenstein, da habe ich mich ungenau ausgedrückt.

Ich bin ebenfalls gerade dabei, mehr über die Heunesäulen / - fässer nachzulesen, in den offziellen Denkmaldingenstexten (Literaturangabe wird auf Wunsch nachgereicht); in den nächsten Tagen weiß ich mehr darüber! - Wir können ja hier mal am Ball bleiben und uns noch etwas darüber austauschen.

Besonders die Altersfrage werde ich noch mal unter die Lupe nehmen!



Die Sandsteinverarbeitung am Untermain wurde irgendwann von den Hängen und Bergrücken in die Talbereiche verlegt, um die Sandsteinvorkommen direkt am Main zu erschließen. Aus der geologischen Perspektive: Man hat in früheren Zeiten besonders Sandsteine aus den hiesigen Blockströmen (Felsenmeeren) entnommen, also Blöcke, die sowieso an den Hängen verstreut lagen (durch eiszeitliche Einwirkungen). Mit diesen Blöcken hat man auch die Fliehburgen errichtet. Dann ging man direkt an den Main, um den dortigen "Miltenberger Sandstein" unmittelbar aus dem Gesteinskomplex herauszuholen, man hat also Steinbrüche am Main angelegt. Seit etwa 1000 n. Chr. exportierte man diesen Mainsandstein auch bspw. nach Mainz, später im 15. Jahrhundert nach Frankfurt etc. und noch später sogar bis nach Petersburg. Ab 1910 ist die Steinbruchwirtschaft vom Untermain dann gewaltig implodiert; Kunststeine kamen auf...



Viele Grüße
Micha
 
Micha schrieb:
Die Sandsteinverarbeitung am Untermain wurde irgendwann von den Hängen und Bergrücken in die Talbereiche verlegt, um die Sandsteinvorkommen direkt am Main zu erschließen.
...
Seit etwa 1000 n. Chr. exportierte man diesen Mainsandstein auch bspw. nach Mainz, später im 15. Jahrhundert nach Frankfurt etc. und noch später sogar bis nach Petersburg. Ab 1910 ist die Steinbruchwirtschaft vom Untermain dann gewaltig implodiert; Kunststeine kamen auf...
Ein regionalgeschichtlich spannendes Thema, mit Sagen und Mythen behaftet.
Das sollten wir in einem separaten Thread angehen.
 
Gerne, schlag doch eine Kategorie vor oder eröffne eine (mit Link vielleicht); du kennst dich hier besser aus ;-)
 
hyokkose schrieb:
Nein, denn der Name "Deutschland" kommt nicht von den Teutonen.

Und wo kommt der Name "Deutschland" denn nun her? :confused: Ich hatte bis jetzt auch immer gedacht, daß er von den Teutonen kommt und nur eine Lautverschiebung von "t" nach "d" stattfand.

(Oder gibt's zu diesem Thema schon anderswo einen Thread?)
 
"deutsch" kommt von althochdeutsch "tiudisk(um 1000 n. Chr.),
mittelhochdeutsch "diutisch", "diutsch", "tiutsch" und neuhochdeutsch "teutsch"
(im 16./17./18 Jh. teilweise noch bis ins 19. Jarhundert).

mittelniederdeutsch "düdesch", mittelniederländisch "duutsc" (woraus das
englische "dutch" entstanden ist), niederländisch "duits", flämisch "dietsc"
entspricht.

bedeuten tun alle dasselbe:
"zum eigenen Volk gehörig"

oder einfach "Volk/große Menge"
 
Haben die Teutonen eigentlich etwas mit dem Reich der Deutschritter zu tun? Die Deutschritter heißen nämlich auf englisch "Teutonic Knights". In meinen Augen gibt es da schon einen Zusammenhang.

EDIT: In irgendeiner anderen Sprache heißen sie auch Ordo Teutonicus. Könnte Latein sein. Ich hoffe halt, dass mir da jemand weiterhelfen kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
William Wallace schrieb:
Haben die Teutonen eigentlich etwas mit dem Reich der Deutschritter zu tun? Die Deutschritter heißen nämlich auf englisch "Teutonic Knights". In meinen Augen gibt es da schon einen Zusammenhang.

EDIT: In irgendeiner anderen Sprache heißen sie auch Ordo Teutonicus. Könnte Latein sein. Ich hoffe halt, dass mir da jemand weiterhelfen kann.

Nachdem das Wort "tiutsch" etabliert war, stellte sich die Frage, wie das auf Latein zu übertragen wäre. Da kam man irgendwann darauf, auf das alte Wort "teutonicus" zurückzugreifen.
 
Valao schrieb:
"deutsch" kommt von althochdeutsch "tiudisk(um 1000 n. Chr.),
mittelhochdeutsch "diutisch", "diutsch", "tiutsch" und neuhochdeutsch "teutsch"
(im 16./17./18 Jh. teilweise noch bis ins 19. Jarhundert).

mittelniederdeutsch "düdesch", mittelniederländisch "duutsc" (woraus das
englische "dutch" entstanden ist), niederländisch "duits", flämisch "dietsc"
entspricht.

bedeuten tun alle dasselbe:
"zum eigenen Volk gehörig"

oder einfach "Volk/große Menge"

Nicht so hastig.
Vermutlich liegen die Wurzeln tiefer.
786 n. Chr. berichtet uns nämlich die Textzeile "tam latine quam theodisce, quo omnes intellegere possunt", dass den Menschen die Beschlüsse der Synoden unter Nuntius Georg von Ostia sowohl in Latein als auch der Volkssprache mitgeteilt bekamen.
Dieses thedoisce findet sich noch öfter, und dies nicht nur im "deutschen" Kontext, sondern, wie das erste Beispiel, in England oder Frankreich.
Mein persönlicher Lieblingssatz lautet dazu "in rusticam Romanam linguam aut theodiscam, quo facilius cuncti possint intellegere, quae dicuntur"

Das Wortscheint keinen lateinischen Ursprung zu haben.
Ganz bedeutend dann das auftauchen jenes teudisca.
Als Lothar von Ludwig und Karl gestürtzt werden sollten schworen sie: "Ludhuuicus romana, Karolus vera teudisca lingua iuraverunt", der eine also nutzte wiederum Latein, der andere die Sprache des Volkes

In dieser Weise lassen sich also die Wurzeln des "Deutsch" noch weiter zurück verfolgen.
 
Das heißt so viel wie: die Teutonen haben nichts mit den Deutschrittern zu tun?
Aber was haben die Deutschritter mit Deutschland zu tun? Sie hatten ein eigenes Reich (die Deutschritter), aber wie ist das entstanden? Ist das Gebiet von deutschen Adeligen besiedelt worden, oder wie war das?
 
William Wallace schrieb:
Das heißt so viel wie: die Teutonen haben nichts mit den Deutschrittern zu tun?
Aber was haben die Deutschritter mit Deutschland zu tun? Sie hatten ein eigenes Reich (die Deutschritter), aber wie ist das entstanden? Ist das Gebiet von deutschen Adeligen besiedelt worden, oder wie war das?

Deutschritter ist ein Phantasiename.

Der Deutsche Orden
auch Ordo Teutonicus, Ordo domus Sanctae Mariae Theutonicorum Ierosolimitanorum, Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem, Deutschherrenorden, Kreuzritterorden, Deutschritterorden oder Deutscher Ritterorden
hat nix mit den Teutonen zu tun.

http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Orden
 
tiudisk oder theodisce gehört zu einem alten gemeingerm. Wortstamm, Thiud, Thiod etc. "Volk". Ein gotischer thiudans ist z.B. ein "Volks-König". Da im Frankenreich die Amtssprache Latein war, wurde die Volkssprache davon geschieden. thiodisk oder tiudiskj ist also die Sprache des "ungebildeten, einfachen Volkes". Von dieser Bedeutung aus wandelte sie sich zur Allgemeinsprache, um dann im Hochmittelalter auch auf ihre Sprecher überzugehen. Das heißt, erst bezeichnete man eine Sprache mit Deutsch, dann die Sprecher selbst als Deutsche und schließlich das Land als Deutschland.
Die Teutonen heben insofern mit "deutsch" etwas zu tun, da "teuta" eine noch ältere Form von thiud ist und halt einfach "Volk" bedeutet.
 
beorna schrieb:
Die Teutonen heben insofern mit "deutsch" etwas zu tun, da "teuta" eine noch ältere Form von thiud ist und halt einfach "Volk" bedeutet.

Ich hab mal gelesen dass diese alte Form "teuta" oder "touta" keltisch sein soll.
Und der der Teutates ein "Volksgott oder Stammesgott" gewesen sein soll der überall im keltischen Europa lokal anders "definiert" wurde.
Aber wenn "teuta" keltisch ist, würde es doch eher bedeuten dass die Teutonen eigentlich keltischen Ursprungs sind?
Ist das richtig? Was haltet ihr davon?
 
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