Mercy schrieb:
Grimms Märchen als Rüstzeug für den Antisemitismus?
(Bitte nicht wieder
diese Nummer :gaehn
Zunächst einmal geht es um die Christen. Die Juden haben - einmal mehr - nichts damit zu tun, sondern kamen erst später dazu.
Die These ist, dass das Christentum die alte Religion nicht von einem Tag auf den anderen ablöste, sondern dies ein langer Prozess war. So lang, dass er heute noch nicht ganz abgeschlossen ist (wie ja auch z.B. bei afrikanischen Christen die Verehrung der Ahnengeister heute noch eine Bedeutung hat und vielleicht noch lange haben wird).
Die Germanen & Co waren allerdings ziemlich schreibfaul, so dass wir nicht allzu viel über ihre Religion(en) wissen. Selbst die Edda entstand erst einige Jahrhunderte nach der Christianisierung. Die meisten mündlichen Überlieferungen sind vom Winde verweht. Einige Elemente überlebten bis in unsere Zeit, wurden von den Grimms gesammelt,von diesen noch einmal kräftig durch den christlichen Wolf gedreht und als "Volksmärchen" veröffentlicht. Deshalb habe ich Grimms Märchen als die letzten verstümmelten Spuren eines Teils der vorchristlichen Religion(en) in Mitteleuropa bezeichnet.
Wenn man die Mythologie dieser Volksmärchen mit anderen Quellen vergleicht, findet man alte Bekannte wieder: Zwerge, Elfen (Alben), Schwarzalben, Riesen, Götter, Hexen, Zauberer, Trolle sowie allerlei Ungeheuer.
Diese wunderbare Welt mussten unsere Vorfahren für eine aus den Nahen Osten importierte, ziemlich unfrohe Religion aufgeben : Dem Christentum. Damit haben weder die Juden noch die Grimms was zu tun, denn die kamen erst später.
Diese Diskrepanz zwischen dem geforderten und dem gefühlten Glauben kam immer mal wieder zum Ausbruch, z.B. in der Hexenverehrung, die als Gegenreaktion der Obrigkeit zur Hexenverfolgung führte. Die Menschen im Mittelalter waren sich dieses Zusammenhangs jedoch nicht mehr bewusst, sie haben nicht gesagt "wir sind die Heiden und opponieren gegen Euch Christen", denn sie hielten sich ja selbst für Christen.
Und jetzt erst, Mercy, gingen zufällig die Juden durch's Bild und hatten nichts damit zu tun. "Wenn die wahren Feinde zu mächtig sind, muss man sich eben schwächere suchen" (U. Eco), dachten sich die verkappten Heiden und opponierten nun einfach gegen diese, mit klammheimlicher Billigung ihrer Obrigkeit.
So also habe ich behauptet (aber bestehe nicht darauf), dass der Antisemitismus zum Teil ein - auf die Juden projizierter - Antichristianismus (gibt's das Wort ?) ist.
Also, kein Grund zur Panik