Ja, auch Fotos bedürfen der Quellenkritik, nicht nur Extremfälle, wo z.B. ein Trotzki einfach wegretuschiert wird. Fotos gaukeln uns Authetizität vor, denn wenn wir unseren eigenen Augen nicht mehr trauen können, wem dann noch. Aber es sind eben nicht unsere Augen, die den Augenblick für die Ewigkeit festhalten, sondern es sind die Augen eines anderen gefiltert durch die Kamera und wir können und sollten uns immer fragen: Was ist eigentlich nicht zu sehen?
Handelt es sich bei einem Foto um einen zufälligen Schnappschuss oder um eine Inszenierung?
Welche Nachbearbeitung hat das Bild erfahren? Es muss sich ja nicht immer gleich um böswillige Retusche handeln.
Ein Beispiel mag dieses Foto von Nick Ut sein, das jeder von uns kennt:
Was sehen wir auf dem Bild? Wir sehen einige fliehende und heulende Kinder darunter ein nacktes Mädchen: Kim Phuc. Sie ist das wohl berühmteste Napalm-Opfer, dieses Foto hat weithin beigetragen zur Antikriegsstimmung in der westlichen Welt.
Was sehen wir noch auf dem Foto? Ein paar Soldaten. Ist ja Krieg, Soldaten gehören in den Krieg.
Allerdings... wir sehen nur einen Ausschnitt von diesem Foto. Also eine bewusste Auswahl.
Und wenn ich jetzt behauptete, auf diesem Foto sind gar keine Soldaten? Würde jeder sagen, "So ein Quatsch, die sehe ich doch mit meinen eigenen Augen." Richtig. Und trotzdem sind keine Soldaten darauf. Schauen wir uns die Soldaten doch mal an.
"Der" in der Mitte, "der" zurückschaut, hat ne ziemliche weibliche Figur, oder? Frauen in der US-amerikanischen Armee 1972 im Kampfeinsatz?
Und was macht denn da der Typ im Vordergrund? Hantiert der mit ner Waffe? Nein, der hat ja eine Kamera in der Hand! Der wechselt 'nen Film!!!
Weniger berühmt ist dann dieses Photo, einige Sekunden später entstanden: Presseleute helfen oder gehen ihrer Arbeit nach.
Und das war die Szenerie einige Sekunden bevor die Kinder auftauchen:
Während eine Gruppe von Presseleuten, darunter Nick Ut etwas mutiger ist und näher an das mit Napalm beschossene Dorf herangeht, ist der Fotograf bei der Masse der Journalisten, ein Stück weiter hinten.
Auf Filmaufnahmen, die damals gemacht wurden, lassen sich, nachdem eine ältere Frau mit einem weiteren schwer verbrannten Kind an der vorderen Gruppe vorbei ist, auch der Tross der Journalisten im Hintegrund erahnen.