Übergang von der Friedens- in die Kriegsgesellschaft (Kalter Krieg)

@thanepower. Ja, die Versorgungsproblematik mit Treibstoff war bekannt. Aber gab es dazu nicht die sogenannten Pipelinekompanien, welche wie auch immer den Treibstoff vom Zentrallager bis zum, sagen wir mal, Bataillonsversorgungspunkt, verfügbar machten? Deine Überlegungen sind natürlich absolut richtig. Ein Gefechtsfahrzeug verbraucht im Gefecht natürlich enorm viel Treibstoff. Feuer und dann wieder mit Vollgas in die nächste Wechselstellung. Ein ständiges Hin und Her. Mit kraftstoffsparender Fahrweise hat das natürlich nichts zu tun. :)

Ein Krieg um die Logistik, ja vielleicht. Eine Panzergrenadierkompanie bekommt einmal ihre Kampfbeladung (Treibstoff und auf dem „Bock“ als fahrende „Munbüchse“ natürlich enorm viel Munition: 1.500 Schuss 20mm HE- und AP-Granaten, 7,62mm Munitionskisten für das MG, G3, Hohlladungsgeschosse für die PzFst 44 – wieviele weiß ich nicht mehr, mindestens 4 MILAN Lenkflugkörper, außerdem Handflammpatronen, Handgranaten, etc.), um einen Gefechtstag überstehen zu können. Wieviel Munition aber tatsächlich verbraucht werden müsste, kann ich nur schlecht schätzen. Beim Sturmabwehrschießen, BMK, Turm-MG des SPz Marder auf Dauerfeuer, MG natürlich auch, natürlich enorm hoch, dann reicht eine Kampfbeladung vielleicht nur für wenige Stunden oder noch viel weniger.
 
Der bedrohte Friede – Carl Friedrich von Weizsäcker
Um auf Thanepowers vorgeschlagener Quelle zurückzukommen. Hier die wichtigsten Thesen aus dem Werk:
· Die Arbeitslosenzahlen werden weltweit ungeahnte Dimensionen erreichen. => derzeit noch nicht, kann mit der Digitalisierung, Industrie 4.0 jederzeit passieren, ja
· Die Löhne werden auf ein noch nie dagewesenes Minimum sinken.
· Alle Sozialsysteme werden mit dem Bankrott des Staates zusammenbrechen – Rentenzahlungen zuerst. Auslöser ist eine weltweite globale Wirtschaftskrise ungeheurer Dimension, die von Spekulanten ausgelöst wird.
· Zirka 20 Jahre nach dem Untergang des Kommunismus werden in Deutschland wieder Menschen verhungern. => das hat sich in der BRD nicht bewahrheitet
· Die Gefahr von Bürgerkriegen steigt weltweit dramatisch. => 100% richtig!!!
· Die herrschende Elite wird gezwungen, zu ihrem eigenen Schutz Privatarmeen zu unterhalten. => in der BRD noch nicht aber in anderen Staaten mit inegalitären Gesellschaften auf jeden Fall!
· Um ihre Herrschaft zu sichern, werden diese Eliten frühzeitig den totalen Überwachungsstaat schaffen und eine weltweite Diktatur einführen.
· Die ergebenen Handlanger dieses Geld-Adels sind korrupte Politiker. => als Lobbyisten ja
· Die Kapitalwelt fördert wie eh und je einen noch nie dagewesenen Nationalismus als Garant gegen einen eventuell wieder erstarkenden Kommunismus. => falsch, Kapitalismus ist globalisiert und hat mit Nationalstaaten nichts zu tun
· Zum Zweck der Machterhaltung wird man die Weltbevölkerung auf ein Minimum reduzieren. Dies geschieht mittels künstlich erzeugter Krankheiten. Hierbei werden Bio-Waffen als Seuchen deklariert – aber auch mittels gezielten Hungersnöten und Kriegen. Als Grund dient die Erkenntnis, dass die meisten Menschen ihre eigene Ernährung nicht mehr finanzieren können. Jetzt wären die Reichen zu Hilfsmaßnahmen gezwungen; anderenfalls entsteht für sie ein riesiges gefährliches Konfliktpotenzial. => halte ich für Science Fiction
· Um Rohstoffbesitz und dem eigenen Machterhalt zu dienen, werden Großmächte Kriege mit Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen führen. => das ist denkbar, ja
· Die Menschheit wird nach dem Niedergang des Kommunismus das skrupelloseste und menschenverachtendes System erleben, wie es die Menschheit noch niemals zuvor erlebt hat. Das System welches für diese Menschen verantwortlich ist, heißt unkontrollierter Kapitalismus. => wenn man es so sehen möchte ja, allerdings sehe ich in den Besitzenden kein kriminelles Konstrukt, dass sich die Ausrottung der Rest-Menschheit, der Nicht-Besitzenden auf die Fahnen geschrieben hat

Ein Wissenschaftler legt Rechenschaft ab: Überleben in Frieden

Carl-Friedrich von Weizsäcker: „Der bedrohte Frieden. Politische Aufsätze 1945-1981“; Carl Hanser Verlag, München 1981; 648 S., 39,80 DM (ist heute im Antiquariat um ein Vielfaches teurer!)

Die Zentralthese etwa, daß der große Krieg zwischen den Weltmächten heute wahrscheinlicher sei als noch in den sechziger und siebziger Jahren, wird nicht ausdiskutiert.

Die Verbindung mit dem theoretischen Kriegszustand der Bundesrepublik der 1980er Jahre sehe ich allerdings nicht.
 
Soll man hervorheben, dass diese polemische "thesenartige" Zusammenfassung ohne jegliche Zitierung bzw. Seitenzahlen aus den Originaltexten von Weizsäcker auskommt. Für eine angemessene Diskussion seiner Aufsätze bzw. Analysen wäre aber eben der konkrete Verweis notwendig und eigentlich auch selbstverständlich.

Bei einem "Querlesen" der entsprechenden Beiträge von Weizsäcker stellt sich zudem die Frage, welchen "Wahrheitsgehalt" die thesenartige Zusammfassung von BerndHH eigentlich hat. Meine Antwort wäre: "Keinen". Die Thesen haben wenig bis nichts mit der Sicht von Weizsäcker zu tun.

Und der Verweis auf den Artikel aus der "Zeit" hat auch wenig mit den "Thesen" von BerndHH zu tun.

Deswegen vor allem die Forderung, für diese sogenannten „Thesen“ mit entsprechender Seitenzahl zu versehen, sofern ein Interesse besteht, überhaupt inhaltlich die gesamte Sicht von Weizsäcker auf das gesamte Thema von Kriegsverhütung zu diskutieren. Was sicherlich für BerndHH kein Problem ist, da das Buch gelesen wurde und diese sogenannten „Thesen“ nicht ohne Nennung der ursprünglichen Quelle unkritisch übernommen worden sind.

Der auffälligste Schwachpunkt der Thesen ist zunächst, dass sie einen Kontext betreffen, der eigentlich überhaupt nicht zur Diskussion stand. Deswegen der Hinweis auf die Thematik, die eigentlich angesprochen war, die Frage der „Kriegsfolgen“ als Resultat eines Atomkrieges. Und das betrifft primär den Abschnitt „Kriegsfolgen und Kriegsverhütung“ (Weizsäcker, 1971 und 1994, bes. S. 217 ff). Diese Darstellung bezieht sich dabei im Kern auf die entsprechende Studie von 1971, in der die Auswirkungen von A-Waffenwirkungen erstmal von der Gruppe um Weizsäcker und Afheldt für eine breitere Öffentlichkeit dargestellt worden sind.

In diesem Sinne stellt Weizsäcker (ab Weizsäcker, 1994, S. 227 und bezieht sich dabei auf die Studie von 1971) im Rahmen eines hypothetischen Szenarios die konkrete mathematische Darstellung der Nutzung von A-Waffen über dem Gebiet der Bundesrepublik dar. Und setzt das Gebiet der Bundesrepublik, aufgeteilt in 2469 Quadrate von 10 x 10 km, in das Verhältnis zu den ca 5000 bis 7000 taktischen A-Waffen der Nato bzw. der ca 700 Mittelstreckenraketen des WP, die nuklearwaffenfähig sind.

Und geht von einer Eskalation im Rahmen der Verteidigung der BRD aus, bei der bis zu 1000 dieser Quadrate durch A-Waffeneinsatz kontaminiert werden können. Allerdings: „Es ergibt sich, dass schon der gezielte Abwurf von nur 10 A-Waffen mit einer Sprengkraft von je 2 Megatonnen TNR auf die 10 dicht besiedelsten Gebiete unserer Karrees mehr als 8 Millionen Tote hinterlassen hätte.“ (Weizsäcker, 1994, S. 229).

Und an diesem Punkt war jegliche Diskussion über Formen der Verteidigung absurd, sei es die „soziale Verteidung“, sei es der massenhafte Einsatz von „Technokommandos“ etc., die als Alternative zur damaligen konventionell-atomaren Hochrüstung diskutiert worden sind. Da die Bevölkerung eines Landes insgesamt zur „Geisel“ gemacht wird durch die gezielte Androhung der Vernichtung bei fortlaufender Verteidigung. Da in der Konsequenz die Verteidigung zwar „erfolgreich“ sein könnte, aber die Bevölkerung, also das was erhalten werden soll, vernichtet worden wäre.

In diesem Kontext erfolgte der Verweis auf Weizsäcker und dem weitgehend sinnfreie Spekulieren über einen 3. WW und den Cowboy und Indianer Phantasien, was passiert, wenn eine polnische und eine deutsche Einheit in einem Wald oder wo auch immer aufeinander getroffen wäre. Das Beste wäre gewesen, sie hätten einen zusammen gesoffen. Auf dieser Ebene verstehen sich Soldaten aller Länder sofort.


Afheldt, Horst (1976): Verteidigung und Frieden. Politik mit militärischen Mitteln. München: C. Hurst.

Weizsäcker, Carl Friedrich von (1971): Kriegsfolgen und Kriegsverhütung. München: Hanser.

Weizsäcker, Carl Friedrich von (1994): Der bedrohte Friede - heute. München: Hanser.
 
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Halllo zusammen,

"sinnfrei" ist mit Sicherheit nicht das richtige Wort. Immerhin wurde das WK III-Szenario wiederholt von der NATO geübt: "Trutzige Sachsen", die Manöverserie "BOLD GUARD", etc., etc.
Eine triphibische Landung: amphibische Landung polnischer Streitkräfte in der Hohwachter Bucht, Luftlandungen am Nord-Ostseekanal und einen Panzervorstoß im nördlichen Sektor der 6. Panzergrenadierdivision bei Lübeck, da panzergünstiges Gelände. Also im Verantwortungsbereich der PzGrenBrig 17. Das alles als Unsinn abzutun, finde ich befremdlich und sorry - leicht naiv.

Heute wissen wir natürlich, dass dieses Szenario einer Invasion der 1. Polnischen Armee und der 5. NVA-Armee Neubrandenburg (u.a. 8. Mot-Schützendivision Schwerin) am Ende nicht sehr wahrscheinlich war. Vermutlich wurden von der Sowjetischen Küstenfront (Armeegruppe f.d. "Aufknacken der Ostseezgänge") die möglichen Verluste hochgerechnet und für nicht realisierbar gehalten.

Ich bin nicht der Meinung, dass uns sowjetische Panzerkeile in einem 9-tägigen Blitzkrieg bis zum Rhein hinfortgefegt hätten. Dazu war die Panzerabwehr der NATO viel zu gut organisiert: kleine MILAN-"Nester" als Wellenbrecher, luftgelandete Fallschirmjäger auf Krakas mit TOW-PALR, die ebenfalls schwerpunktmäßig in Durchbruchsabschnitten auftauchen konnten, Jaguar-Jagdpanzer aus teilgedeckten Stellungen, "Panzerknacker aus der Luft", Rotten von Bo-105 PAH-Hubschraubern, die Feindpanzer auf 4km Kampfentfernung bekämpfen konnten und natürlich das berüchtigte Erdkampfflugzeug A-10 "Warthog".

Aber darum ging es mir in der Eingangsfrage überhaupt nicht, sondern lediglich um die Grundsatzfrage, ob die Friedensgesellschaft der 1980er Jahre dazu bereitgewesen wäre, in die wenigen "Bunker zu gehen" und wie hoch der Einsatzwillen war, als MobReservist am VRV "verheizt" zu werden. Ich weiß, eine sehr schwierige Frage, zu deren Beantwortung man tief in den damaligen Zeitgeist zurückgehen muss.

Gruss,
Bernd
 
Zu den oben angenommenen Prämissen einer erfolgreichen Panzerabwehr.

Grundbedingung dafür natürlich intakte Gefechtsstände auf Btl-, Brig-, Div- und Korpsebene, lückenlose Kommunikation bei entsprechender Schleierung des Funkverkehrs, Abwehr fdl. ELOKA und zumindest nachts Luftüberlegenheit. Luftüberlegenheit bei Tage angesichts der schieren Masse an MiG und Suchois sehr ambitioniert.
 
Doch anders als am Vorabend des WK I und WK II war die pazifistische Nachkriegsgesellschaft niemals bereit, diesen Krieg, PzGren vs- MotSchtz, zu führen. Er fand daher auch nur in den Köpfen der NATO OpCons statt.
 
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