Übernahme von Daten für kirchliche Feiertage

Zitat aus Wikipedia:

Das Fest „Mariä Aufnahme in den Himmel“ wurde im 5. Jahrhundert von Bischof Kyrill von Alexandrien eingeführt. Er legte es im Zuge der Christianisierung auf den 15. August, das wichtige römische Fest feriae Augusti, Feiertage des Augustus ...

Diese Aussage stützt sich wohl auf: Marion Giebel: Augustus. 6. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1984, ISBN 3-499-50327-1, S. 59.

Ja, kenne ich. Das ist ein dünnes populärwissenschaftliches Büchlein. Da steht:

"Die drei Triumphtage - der 13., 14. und 15. August 29 v. Chr. - wurden mit allem Glanz gefeiert; sie galten als Festtage auch für die künftige Zeit und sind es bis heute in Italien geblieben: Ferragosto, feriae Augusti, von der Kirche durch das Fest Mariä Himmelfahrt christlich sanktioniert."​

Und was da steht, stimmt halt so nicht.

Die Behauptung, dass die drei Triumphtage "als Festtage auch für die künftige Zeit" galten, wird in dem Buch nicht belegt und lässt sich m. W. auch nicht belegen. (Das Fest, an dem der Sieg von Actium gefeiert wurde, war der 2. September, siehe diesen Thread: Übernahme von Daten für kirchliche Feiertage )

Der ferragosto gehört auch nicht seit alters her zur Augustmitte, sondern bezeichnet den 1. August, zumindest war das noch im 19. Jahrhundert so:

ENCICLOPEDIA ECONOMICA ACCOMODATA ALL' INTELLIGENZA
 
Ebenfalls aus dem anderen Thread:

Um auf den kirchlichen Festtagkalender zurückzukommen: Die Feiertage wurden erfunden und im Laufe der Jahrhunderte so hin und her geschoben, dass man heute nicht mehr sicher sein kann, ob an einem früheren römischen Festtag auch mal ein christliches Fest gefeiert wurde oder nicht.

Man muss halt im Einzelfall schauen, was wann hin- und hergeschoben wurde. Ab dem 4. Jahrhundert haben wir ja Informationen zu christlichen Feiertagen. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass einige der wichtigsten Feiertage wie schon im Judentum nach dem Mond berechnet werden, darunter Karfreitag, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten (und seit dem Mittelalter auch Fronleichnam). Damit können dann auch christliche Feiertage miteinander kollidieren.
Angesichts der Vielzahl der römischen (und christlichen) Feste kann man sich aber sicher sein, dass das eine oder andere christliche Festdatum mit dem einen oder anderen heidnischen Festdatum kollidiert haben muss.

Überall gab und gibt es auch regionale und lokale Festtage (und in der katholischen Kirche hat sogar jeder Orden seine eigenen Festtage). Wenn sich etwa die Jerusalemer Gemeinde für ein neues Festdatum entschieden hat, hat man sich wahrscheinlich nicht groß darum gekümmert, ob es an diesem Tag zufällig ein Fest von lokaler Bedeutung in Alexandria, Karthago, Rom, Konstantinopel oder sonstwo gegeben hat.
 
Das ist ein dünnes populärwissenschaftliches Büchlein.
Ja, aber geschrieben von einer Altphilologin, die für ihre Verdienste mehrfach ausgezeichnet wurde. Außerdem ist sie mit dem, was sie schrieb nicht allein – siehe auch: Vocabolario Etimologico della Lingua Italiana.

Die römischen Kaiser haben den Titel Pontifex Maximus (oberster Priester) innegehabt und haben als solche auch den Kalender geführt, d.h. sie bestimmen u.a. die staatlichen Festtage. Seit dem Papst Leo I. führ(t)en die Päpste diesen Titel – und bestimm(t)en die Feiertage. Es war somit für sie ein Leichtes, heidnische Feste (u.a. auch landwirtschaftliche geprägte (Vinalia Rustica, Consus und Ops Consiva)) mit Mariä Himmelfahrt anzureichern bzw. zu vereinigen. Konsequenterweise wird Ferragosto in Italien so ähnlich gefeiert wie zur Zeit der Römer – Mariä Himmelfahrt hin oder her.
 
Man muss halt im Einzelfall schauen, was wann hin- und hergeschoben wurde.
Na ja, schon mit dem Geburtstag Christi hat man seine Schwierigkeiten gehabt: Zuerst dachte man an einen Tag im Frühling, dann legte man sich auf den 25. Dezember fest, um dem Sol Invictus den Garaus zu machen, was auch gelang.

ludi saeculares, die u.a. von Augustus und den späteren Kaisern ungefähr alle 100 Jahre abgehalten wurden, um das römische Volk von seinen vergangenen Sünden zu reinigen, wurden ab 1300 von Päpsten wiederbelebt mit: Jubeljahr – siehe auch Secular Games – bezeichnenderweise auch mit Ablass der Sünden für Rompilger.

Auch das war/ist eine kulturelle Aneignung. :D

Interessant auch diese Aussage: As practiced by the Romans the festival lasted three days and three nights, during which sacrifices were made to various deities.
 
Ja, aber geschrieben von einer Altphilologin, die für ihre Verdienste mehrfach ausgezeichnet wurde.
Das imponiert mir nicht im mindesten, ich bin nicht autoritätsgläubig.

Vielleicht sollte ich Dir doch nochmal erklären, wie Wissenschaft funktioniert: Man präsentiert nachprüfbare Belege und schlüssige Argumente. Wo das nicht der Fall ist, kommt es vor, dass auch noch so verdiente Historiker, Altphilologen oder Mediziner hin und wieder mal Käse erzählen.
 
Die römischen Kaiser haben den Titel Pontifex Maximus (oberster Priester) innegehabt und haben als solche auch den Kalender geführt, d.h. sie bestimmen u.a. die staatlichen Festtage. Seit dem Papst Leo I. führ(t)en die Päpste diesen Titel – und bestimm(t)en die Feiertage. Es war somit für sie ein Leichtes, heidnische Feste (u.a. auch landwirtschaftliche geprägte (Vinalia Rustica, Consus und Ops Consiva)) mit Mariä Himmelfahrt anzureichern bzw. zu vereinigen. Konsequenterweise wird Ferragosto in Italien so ähnlich gefeiert wie zur Zeit der Römer – Mariä Himmelfahrt hin oder her.
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Die Frage, die mich hier interessiert, ist, ob das so war.

Wenn es so gewesen wäre, dann wäre es doch ein Leichtes, einige einschlägige päpstliche Dekrete zu zitieren.

dann legte man sich auf den 25. Dezember fest, um dem Sol Invictus den Garaus zu machen
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Das gehört zu den Behauptungen, für die nie jemand nachprüfbare Belege gebracht hat und die trotzdem hundertfach ungeprüft abgeschrieben werden. Gebetsmühlenhaftes Wiederholen ersetzt keine Argumente.

ludi saeculares, die u.a. von Augustus und den späteren Kaisern ungefähr alle 100 Jahre abgehalten wurden, um das römische Volk von seinen vergangenen Sünden zu reinigen, wurden ab 1300 von Päpsten wiederbelebt

Nach tausendjähriger Unterbrechung, was für eine Diskontinuität!

Aber was wurde eigentlich "wiederbelebt" - außer der Idee, das ab jetzt alle hundert Jahre so halten zu wollen? Sicherlich wurden weder Tieropfer noch Zirkusspiele oder Wagenrennen wiedereingeführt...
 
Das imponiert mir nicht im mindesten, ich bin nicht autoritätsgläubig.
Ich bin auch nicht autoritätsgläubig, aber ich zitiere gern Dinge, die mir in den Kram passen. :D

Das tust auch du – siehe deinen Hinweis auf ENCICLOPEDIA aus dem 19. Jhdt. –, aber wenn ich das auch tue und auf Vocabolario aus dem Anfang des 20. Jhdt. verweise, die das Gegenteil sagt, wird das ignoriert, wohl um weiter einer Altphilologin unterstellen zu können, sie schriebe Käse.

Außerdem verstehe ich nicht, warum du diese Diskussion in 2 Threads aufgeteilt hast – um dann ein Post von mir 2 mal beantworten zu können oder müssen? Dieses hin und her ist jetzt schon mehrmals geschehen, wer soll sich da noch zurechtfinden?
 
Die Frage, die mich hier interessiert, ist, ob das so war.

Wenn es so gewesen wäre, dann wäre es doch ein Leichtes, einige einschlägige päpstliche Dekrete zu zitieren.
Du verlangst immer schriftliche Belege, die es nicht oder nicht mehr gibt, und erklärst eine naheliegende Handlung als nicht existent, selbst wenn die heutigen Feste eine große Ähnlichkeit mit den ursprünglichen aufweisen; dass es so etwas wie Analogieschluss gibt, ignorierst du einfach.

Nach tausendjähriger Unterbrechung, was für eine Diskontinuität!

Aber was wurde eigentlich "wiederbelebt" - außer der Idee, das ab jetzt alle hundert Jahre so halten zu wollen? Sicherlich wurden weder Tieropfer noch Zirkusspiele oder Wagenrennen wiedereingeführt...
Ich habe das gebracht, weil dem Heiligen Jahr der katholischen Kirche das gleiche Prinzip unterliegt wie den ludi saeculares der Römer: Vergebung der Sünden.

Das ist das Wichtigste, aber das übergehst du und schreibst lieber was von Wagenrennen, die doch jetzt nicht mehr durchgeführt würden, um die Verschiedenheit von heute und einst hervorzuheben.

Du hast solche Tricks doch gar nicht nötig!
 
Außerdem verstehe ich nicht, warum du diese Diskussion in 2 Threads aufgeteilt hast
Das kann ich Dir erklären: Weil die Kalenderdiskussion mit Kultstätten nichts zu tun hat und ich die Kalenderdiskussion für ein eigenes interessantes Thema halte.

Du hast aber recht, konsequenterweise sollte ich nur noch im anderen Thema antworten.
 
Du verlangst immer schriftliche Belege, die es nicht oder nicht mehr gibt,

Ich verlange Belege, nichts weiter.

Wenn Du mit "Belegen" argumentierst, die es nicht gibt bzw. die nur in Deiner Phantasie existieren, ist Deine Argumentation nichts wert.

und erklärst eine naheliegende Handlung als nicht existent

Was für eine "naheliegende Handlung"?
Ich habe hier schriftliche Belege gebracht, die es gibt. Aus diesen geht hervor, dass es zumindest aus der Sicht des 4./5. Jahrhunderts absolut nicht "naheliegend" war, christliche Feiertage mit heidnischen Feiertagen zusammenzulegen und heidnische Bräuche mit christlichen Deckmäntelchen weiterzuführen. Im Gegenteil!

Ich habe das gebracht, weil dem Heiligen Jahr der katholischen Kirche das gleiche Prinzip unterliegt wie den ludi saeculares der Römer: Vergebung der Sünden.
Der Ablass ist nicht mit der Vergebung der Sünden zu verwechseln.

Also: Was genau wurde wiederbelebt?


selbst wenn die heutigen Feste eine große Ähnlichkeit mit den ursprünglichen aufweisen
Auch hier mal ganz konkret: Welche "großen Ähnlichkeiten" siehst Du denn bei welchem Fest? Wo gibt es unverwechselbare Merkmale, die über allgemeine Kennzeichen von Festen hinausgehen?
Wenn Du mit Dingen kommst wie: Leute besuchen, Geschenke machen, zum Gottesdienst gehen, Kerzen/Leuchten/Laternen anzünden, Leckereien schlemmen, da findest Du Parallelen zu beliebig vielen Festen und kannst meinetwegen alles vom chinesischen Neujahr ableiten.
 
Das tust auch du – siehe deinen Hinweis auf ENCICLOPEDIA aus dem 19. Jhdt. –, aber wenn ich das auch tue und auf Vocabolario aus dem Anfang des 20. Jhdt. verweise, die das Gegenteil sagt, wird das ignoriert, wohl um weiter einer Altphilologin unterstellen zu können, sie schriebe Käse.

Es bleibt dabei: Für die Behauptung "Die drei Triumphtage - der 13., 14. und 15. August 29 v. Chr. - wurden mit allem Glanz gefeiert; sie galten als Festtage auch für die künftige Zeit und sind es bis heute in Italien geblieben" liefert Marion Giebel in dem Büchlein keinen Beleg, und ich finde auch sonst keinen Beleg. Das 740-seitige Buch von Jörg Rüpke, Kalender und Öffentlichkeit - Die Geschichte der Repräsentation und reiligösen Qualifikation von Zeit in Rom (Berlin/New York 1995) belegt auch nichts anderes, als dass Octavians Sieg am 2. September gefeiert wurde.

Und wenn noch im 19. Jahrhundert der ferragosto auf den 1. August bezogen wird, bleibt überhaupt kein Spielraum, den 15. August zur unveränderten zweitausendjährigen Tradition zu erklären.
 
Iaber wenn ich das auch tue und auf Vocabolario aus dem Anfang des 20. Jhdt. verweise, die das Gegenteil sagt,
Das Dizionario Etimologico Online, aus dem du zitierst, weist ebenfalls - etwas versteckt - auf die Verschiebung des Datums hin:

ferragosto dal lat. Feriae Augusti giorni feriali introdotti dall' imperatore Augusto, che ricorrevano nel mese di Agosto, nei quali gli uffici e le scuole stavano chiusi e vi era il costume di darsi all'allegria e farsi regali.
Cosí dicesi oggi il giorno quindicesimo d'Agosto, in cui rimane il costume di fare regali e dar mance.
Der zweite Satz, ist der, auf den es ankommt: heute ist es der 15. August, an dem sich der Brauch des Schenkens und der Trinkgeldverteilung fortsetzt.
Das renommierte Treccani:

ferragósto s. m. [lat. feriae Augŭsti «ferie d’agosto»]. – Festività popolare, che in origine era celebrata il 1° d’agosto, e fu trasportata poi dalla Chiesa cattolica al giorno 15 del mese, in coincidenza con la festa religiosa dell’Assunzione: è il giorno tipico delle ferie, cioè della breve sospensione del lavoro nel pieno dell’estate, che si estende in genere anche ai giorni contigui, e che conserva l’antico carattere popolare, con l’uso delle scampagnate e delle mance: passare o trascorrere il f. al mare, in montagna; augurî di buon f.!; dare al portiere la mancia di f. (ma anche, per ellissi: dare o ricevere il f.; eccovi il f., e sim.).
Ich halte diese Darstellung (katholische Kirche als Urheber der Verschiebung) und Begründung zwar für fragwürdig, aber darum geht es ja nicht. Wesentlich für die hier diskutierte Frage ist, dass das Fest erst in jüngerer Zeit mit dem seit der Spätantike gefeierten Mariae Himmelfahrt zusammenfällt. Damit ist die These, dass die Christen die Feriae Augusti mit dem Mariae Himmelfahrtsfest belegt hätten, widerlegt. 1400 Jahre fanden beide Feste parallel in einem Abstand von zwei Wochen statt. Erst seit "kurzem" werden sie an demselben Tag gefeiert.
 
Das Dizionario Etimologico Online, aus dem du zitierst, weist ebenfalls - etwas versteckt - auf die Verschiebung des Datums hin:
Einspruch: Das von mir verlinkte und von dir zitierte Dokument heißt auf Deutsch:

Feriae Augusti, von Kaiser Augustus eingeführte Wochentage im August, an denen Ämter und Schulen geschlossen waren und der Brauch des Schenkens und der Fröhlichkeit herrschte.

Heute ist also der fünfzehnte Tag im August, an dem der Brauch des Schenkens und Trinkgeldes erhalten bleibt.

Hier wird von einstigen Feiertagen im August gesprochen und heute von einem Tag (am 15.). Man kann das oggi, also das heute, auch so verstehen, dass jene Tage heute zu einem Tag geschrumpft seien.

Damit ist die These, dass die Christen die Feriae Augusti mit dem Mariae Himmelfahrtsfest belegt hätten, widerlegt. 1400 Jahre fanden beide Feste parallel in einem Abstand von zwei Wochen statt. Erst seit "kurzem" werden sie an demselben Tag gefeiert.
Das kann man aus dem zweiten Zitat nicht herauslesen, denn da steht nur – Zitat:

ferragósto s. m. [lat. feriae Augŭsti 'Augustferien']. - Ein beliebter Feiertag, der ursprünglich am 1. August begangen wurde und später von der katholischen Kirche auf den 15. des Monats verlegt wurde, um mit dem religiösen Fest Mariä Himmelfahrt zusammenzufallen: Er ist der typische Tag der Ferien, d. h. der kurzen Arbeitsunterbrechung im Hochsommer, die sich im Allgemeinen auf die angrenzenden Tage erstreckt und ihren alten volkstümlichen Charakter beibehält, mit der Nutzung von Ausflügen und Trinkgeldern

Die Frage ist, wann war dieses später?

Und es geht in diesem Zusammenhang vor allem um die im weitesten Sinn landwirtschaftlich geprägte Feste, auf die ich bereits gestern hingewiesen, aber von euch keine Antwort bekommen habe – ich wiederhole daher das entsprechende Posting:
Die römischen Kaiser haben den Titel Pontifex Maximus (oberster Priester) innegehabt und haben als solche auch den Kalender geführt, d.h. sie bestimmen u.a. die staatlichen Festtage. Seit dem Papst Leo I. führ(t)en die Päpste diesen Titel – und bestimm(t)en die Feiertage. Es war somit für sie ein Leichtes, heidnische Feste (u.a. auch landwirtschaftliche geprägte (Vinalia Rustica, Consus und Ops Consiva)) mit Mariä Himmelfahrt anzureichern bzw. zu vereinigen. Konsequenterweise wird Ferragosto in Italien so ähnlich gefeiert wie zur Zeit der Römer – Mariä Himmelfahrt hin oder her.
Vinalia Rustica wurde am 19. August gefeiert, Consus am 21. August und Ops Consiva am 25. August. Das waren vielleicht die Wochentage, von denen oben Treccani schreibt.
 
Der Ablass ist nicht mit der Vergebung der Sünden zu verwechseln.
Klar. Aber auch hier verlegst du dich auf offizielle Deutung der Kirche und vergisst, was das Volk seit den Kreuzzügen über den Ablass der Sünden dachte und denkt.

Und auch der Papst Bonifatius VIII. hat in seiner Begrüdung des Jubeljahres in der Bulle "Antiquorum habet" vom 22. Februar 1300 das so verkündet – Zitat:

Ein glaubwürdiger Bericht der Alten besagt, daß denen, die zu der ehrwürdigen Basilika des Apostelfürsten in der Stadt kamen, reiche Nachlässe und Ablässe der Sünden gewährt wurden.

Auch hier wird nicht vom Ablass der (kirchlichen zeitlichen) Strafen gesprochen, die gemeint sein sollen, sondern von Sünden.

Es wäre übrigens interessant zu erfahren, was dieser glaubwürdige Bericht der Alten enthielt – vielleicht doch was über ludi saeculares? :D
 
Klar. Aber auch hier verlegst du dich auf offizielle Deutung der Kirche und vergisst, was das Volk seit den Kreuzzügen über den Ablass der Sünden dachte und denkt.

Das Volk, das zum Zweck der Sündenvergebung regelmäßig zur Beichte ging (und geht), verstand (und versteht) wohl mehr davon, als Du ahnst.

Es wäre übrigens interessant zu erfahren, was dieser glaubwürdige Bericht der Alten enthielt – vielleicht doch was über ludi saeculares? :D

Statt Dir in Deiner Phantasie auszumalen, welche Belege es geben könnte, könntest Du doch mal versuchen, die zeitgenössischen Berichte über altrömische ludi saeculares darauf abzuklopfen, worum es da eigentlich ging.

Falls der Papst tatsächlich Berichte über ludi saeculares studiert haben sooote, wird er wenig über Ablässe, dagegen viel über Fruchtbarkeit und Nachkommenschaft gelesen haben.
 
Die Frage ist, wann war dieses später?
Das lässt sich ziemlich genau sagen:

Im Almanacco Italiano von 1900 ist es noch der 1. August und zwar als Tag, an dem die Arbeiter Trinkgeld bekamen und mit ihren Chefs feierten.
In der Ausgabe von 1905 ist es immer noch der 1. August, allerdings bereits mit der Zusatzinformation, dass in "gewissen Gebieten" am 15. gefeiert wurde.
1910 wird Ferragosto am 1. als traditionelles Datum und am 15. August aufgeführt, an dem es schon "viele Orte" feierten.
Seit 1860 war der 15. August, wegen Maria Himmelfahrt, in Italien gesetzlicher Feiertag, an dem die Arbeiter (zuerst nur ab 13:00 Uhr) frei hatten und die freie Zeit bezahlt wurde. Ich gehe darum davon aus, dass sich aus praktischen Gründen der Brauch des Ferragosto in den Unternehmen allmählich auf den 15. verschob.

Die heutige Art Ferragosto am 15. August zu feiern, beginnt ab Mitte der 1920er, als nämlich die Faschisten für die Bevölkerung vergünstigte Inland-Reisen organisierten. Das Angebot galt jeweils vom 13.-15. August und man konnte die Reise für einen oder drei Tage buchen.

Domenico Bernini in seiner Istoria di tutte l'eresie, 1705-1717, spricht nur vom 1. August und deutet den Namen als Ferri d'agosto, weil doch am 1. August das Fest Catena Petri (St. Peter in Ketten) gefeiert wird und diese Ketten schließlich aus Eisen waren.
Istoria di tutte l'eresie descritta da Domenico Bernino, compendiata ed accresciuta da Giuseppe Lancisi ... tomo 1 [-4]

Auch Gaetano Moroni schreibt in seinem Dizionario di erudizione storico-ecclesiastica, 1840-1879, über Ferragosto nur vom 1. August.
Er hält die Namensherleitung Berninis für falsch, bietet gleich eine neue (Ferrare agosto), ist aber der Meinung:
Per altro può credersi che coll'introduzione della solennità de' Vincoli di S. Pietro, si sieno voluto abolire le suddete feste gentilesche.
Andererseits darf angenommen werden, dass mit der Einführung des Petrus-Ketten-Festes die oben erwähnten Heidenfeiern abgeschafft werden sollten.

Er gibt dazu ein paar Quellen an, die aber alle nicht weiter als ins 16. Jh. zurück reichen.
Dizionario di erudizione storico-ecclesiastica da S. Pietro sino ai nostri giorni ...

Gemäß Legende soll auf Wunsch der Eudoxia, der Frau Valentinians III., das Fest St. Peter ad Vincula auf den 1. August festgelegt worden sein. Das vertritt auch das Heiligenlexikon so. Petrus - „Petri Kettenfeier” - Ökumenisches Heiligenlexikon
Einen Beleg aus dem 5. Jh. dafür fand ich noch keinen, wüsste aber gerne, was sich Eudoxia dabei dachte, falls es so war.

Interessant finde ich bei St. Peter in Ketten, dass es im Mittelalter und der frühen Neuzeit, regional und zeitweise auch nördlich der Alpen sehr populär gewesen sein soll.
Nicht, dass das mit heidnischen Festen etwas zu tun hätte, ist aber ein schönes Beispiel dafür, dass katholische Feste im Verlauf der Jahrhunderte schwankender Beliebtheit unterlagen.
 
Gemäß Legende soll auf Wunsch der Eudoxia, der Frau Valentinians III., das Fest St. Peter ad Vincula auf den 1. August festgelegt worden sein. Das vertritt auch das Heiligenlexikon so. Petrus - „Petri Kettenfeier” - Ökumenisches Heiligenlexikon
Warum liegt dann der orthodoxe Gedenktag auf dem 16. Januar? Dass man den Wunsch der Kaiserin nur in Rom berücksichtigt haben soll, in Konstantinopel jedoch nicht, klingt nicht sehr plausibel.

Ohne auch nur annähernd Überblick zu haben, scheint mir die Zuschreibung an Gregor den Großen dagegen stimmig zu sein; bis das Fest nördlich der Alpen populär geworden ist, dürfte es aber noch gedauert haben.
Im sogenannten Sacramentarium Gelasianum ist es (noch) nicht enthalten:
The Gelasian Sacramentary: Liber sacramentorum Romanae Ecclesiae : Catholic Church , Henry Austin Wilson , Gelasius : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
Gelasian Sacramentary - Wikipedia

In jüngeren Sakramentarien ist es zu finden, z. B. im St. Galler Sacramentarium triplex (9. Jh.)
e-codices – Virtuelle Handschriftenbibliothek der Schweiz
 
Warum liegt dann der orthodoxe Gedenktag auf dem 16. Januar?
Der feine Unterschied soll wohl darin liegen, dass in Konstantinopel die Ketten Petri aus seiner Gefangenschaft in Jerusalem verehrt werden und in Rom diejenigen aus der Gefangenschaft in Rom, bzw. eine neue Kette der auf wunderbare Weise verschmolzenen beiden alten Ketten.
bis das Fest nördlich der Alpen populär geworden ist, dürfte es aber noch gedauert haben.
Weit entfernt einen Überblick zu diesem Thema zu haben, kann ich auch keine älteren Belege liefern.
Es gibt aber in Deutschland eine erhebliche Anzahl Petri Ketten Kirchen Petri-Ketten-Kirche – Wikipedia
deren Geschichte ich im Einzelnen noch nicht studiert habe.
Bei der Kirche von Montabaur soll in der Weiheurkunde von 959 des Erzbischofs von Trier als Hauptpatrozinium Petri Ketten aufgeführt sein. Ich kann das nicht erkennen.
APERTUS

Eine gewisse Popularität könnten die Ketten in der Zeit Ottos I. erfahren haben, nach dem von Sigebert von Gembloux beschriebenen Vorfall anno 969 , bei dem ein mit Otto befreundeter Graf durch die Ketten geheilt wurde.
https://www.dmgh.de/mgh_ss_6/index.htm#page/351/mode/1up (25)

Entscheidend für seine Bekanntheit dürfte sein, ob ein Fest zum gebotenen Feiertag erhoben wurde.
Da gibt für das 17. Jh. Deutsche Biographie - Schulting, Cornelius in Bibliothecae ecclesiasticae, seu Commentariorum sacrorum de expositione et illustratione missalis et breviarij, tomi quatuor. ... Opera, studio & industria D. Cornelij Schultingij Steinuuichij .. etwas Auskunft. Er führt ein paar deutsche Bistümer auf, wo das Fest gefeiert wurde.
Auch Deutsche Biographie - Beck, Matthias Friedrich im Martyrologium Ecclesiae Germanicae führt das Fest in der Liste der besonderen Feiertage.
Martyrologium Ecclesiae Germanicae
 
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