...und Varus wird immer weiter geschlachtet

Eine Frage habe ich: 5 n römische Flotte auf der Elbe.....kann es sein, daß sie bis Stendal gekommen sind?.....habe ich im Forum gelesen, nur wo??
Die hamburgische Stadtarchäologie / Stadthistoriker haben auf eine ihrer Infoseiten ziemlich selbstsicher die Stadt Hitzacker als Ort der Landung genannt. Wie sie darauf kommen? Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, argumentieren sie mit den geographischen Gegebenheiten der damaligen Zeit (Befahrbarkeit der Elbe in der Eisenzeit)

Hitzacker (Elbe) – Wikipedia
 
Dieser Tage bin ich bei WIKI mal wieder auf diese "Karte" gestoßen.

Immensum bellum – Wikipedia

Interessant finde ich, dass darauf die Angrivarier nördlich der Cherusker verortet werden. Ich hätte jetzt eher die Angrivarier westlich der Cherusker vermutet. Wobei die Kartensituation als 1. Jahrhundert n. Chr. datiert ist. Haben sich die Siedlungsgebiete der Angrivarier / Cherusker nach Varus/Germanicus verschoben?

Als Benefit kann man sich anhand der Karte grob die Verortung des Angrivarierwalles vorstellen. Keinesfalls so, dass man mit dem Spaten losziehen könnte. Aber man hat einen Anhalt der Möglichkeiten.
Im Band Terra Incognita? von 2008 versucht Bernhard Sicherl eine archäologische Regionalgruppe abzugrenzen und mit den Angrivariern zu verbinden:
B. Sicherl, Ansätze zu einer regionalen Gruppierung im Ravensberger Land und an der Mittelweser (3.Jahrhundert v. Chr. – 1. Jahrhundert n. Chr.). In: M. Zelle (Hrsg.), Terra incognita? Die nördlichen Mittelgebirge im Spannungsfeld römischer und germanischer Politik um Christi Geburt. Akten des
Kolloquiums im Lippischen Landesmuseum Detmold vom 17. bis 19. Juni 2004 (Mainz 2008). Er nennt sie Eilshausener Gruppe, ich habe dies jedoch nicht mehr weiterverfolgt.
Kritisch zum Kulturbegriff in der Archäologie von Stefan Burmeister, 2017: Die Germanen im Blickfeld der Kollektivwissenschaft

Auf Seite 104 kommentiert Burmeister den Versuch Sicherls beispielhaft:
"Einen interessanten Versuch machte jüngst Bernhard Sicherl, der anhand einer Reihe von Trachtbestandteilen und Bestattungssitten für das Ravensberger Land und die Mittelweser eine archäologische Gruppe auswies, die er ausgehend von dem namengebenden Gräberfeld als Eilshausener Gruppe bezeichnete. Seine Verbreitungskarten, auf denen er eine Abfolge verschiedener Trachtutensilien – meist metallene Broschen und Fibeln zum Schließen der Kleidung, denn nur die haben sich von der Tracht bis heute erhalten – aus dem dritten bis ersten vorchristlichen Jahrhundert kartiert, zeigen durch die Jahrhunderte eine immer wiederkehrende konvergente Fundregion von augenfälliger Konstanz. Dieses klare Verbreitungsbild würde sich jedoch auflösen, zöge man andere Merkmale der materiellen Kultur heran. Warum also diese? Ketzerisch geantwortet: Weil sie ein prägnantes Bild ergeben. Methodisch lassen sich auf diesem Wege Muster herausarbeiten, doch eine kritische Kontrolle, ob es sich hierbei um Zufallsprodukte handelt, erlaubt das Verfahren nicht. Sicherl schließt in der Folge seines Argumentationsgangs die von ihm ausgewiesene Eilshausener Gruppe an die lokale Besiedlung der folgenden nachchristlichen Jahrhunderte in der Region an. Interessant für unsere Betrachtung ist hier, dass er versucht, diesen Raum und die mit ihm verbundene Kultur mit der römischen historiographischen Überlieferung in Einklang zu bringen. Im Ergebnis identifiziert er seine Kulturgruppe mit dem germanischen Stamm der Angrivarier. Dass er hierbei zu abweichenden Ergebnissen gegenüber der bisherigen historischen Forschung kommt, ist bemerkenswert....Ich werde auf das Narrativ der ethnischen Deutung gleich zurückkommen; bezeichnend ist m. E. die Eindimensionalität des Gedankengangs. Sicherlich spiegeln sich in den Verbreitungskarten kulturelle Handlungsmuster wider und durch den offensichtlichen Habitus, der sich hier niederzuschlagen scheint, sind wir mit Kollektiven konfrontiert, die sich durch standardisiertes Handeln ausweisen lassen. Doch welcher Art sind diese Kollektive? Haben wir mit Verweis auf die problematische Angrivarier-Identifikation ethnisch zu denken oder können nicht gänzlich anders verfasste Gruppen hier ihren Ausdruck gefunden haben? So ist etwa bei Betrachtung des metallenen Trachtschmucks auch an die Absatzkreise von Kunsthandwerkern zu denken. Die Ethnologie kennt ungezählte Beispiele, wo sich materielle Kultur einer ethnischen Deutung entzieht."

Auf einer Karte aus dem o.g. Band gibt es an der Mittelweser und im Ravensburger Land eine starke Bevölkerungskonzetration. Diese Konzentration folgt nördlich des Weserdurchbruchs an der Porta Westfalica dem Flusslauf. Vielleicht müssen wir uns von einer Form "nationaler Territorien" der germanischen Stämme verabschieden. Die Übertragung antiker Informationen auf moderne Karten lässt den Eindruck entstehen.
Auch der Angrivariewall wird/wurde als Grenze nationaler Territorien interpretiert - vielleicht war es auch nur ein Wall bei den Angrivariern?
 
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1000004940.jpg

Bevölkerungskonzentrationen in der vorrömischen Eisenzeit bis älteren Kaiserzeit in Norddeutschland aus Terra Inkognita?, 2008 (abfotografiert)
 
Auch der Angrivariewall wird/wurde als Grenze nationaler Territorien interpretiert - vielleicht war es auch nur ein Wall bei den Angrivariern?

Die Interpretation geht halt auf Tacitus zurück:

"nisi quod latus unum Angrivarii lato aggere extulerant, quo a Cheruscis dirimerentur" = "nur an einer Seite hatten die Angrivarier einen breiten Wall aufgeschüttet, durch den sie von den Cheruskern getrennt wurden" (Übersetzung Goetz/Welwei)
 
Seit ich hier verweile, habe ich diverse Karten gesehen, die Siedlungsgebiete Stämmen zuordneten. Ist eh eine nur ungefähre Zuordnung.
Altenzaun habe ich durch. Mich wundert nur, wie weit er sich gewagt haben soll. Tiberius galt als umsichtig und vorsichtig.
 
Tiberius war zunächst einmal ein relativ erfolgreicher Feldherr, ob in Armenien oder Pannonien und vielleicht auch in Germanien (da habe ich so meine Zweifel, unten mehr). Nach der Varusschlacht soll er bestimmte Vorsichtsmaßnahmen ergriffen haben. Etwa, dass beim Marsch auf Unnötiges und Luxus verzichtet würde, er selbst habe das Beladen der Wagen beaufsichtigt, heißt es.

Meine Zweifel bezgl. seiner Erfolge in Germanien: Bzgl. des immensum bellum geht Velleius Paterculus kaum auf Kampfhandlungen ein, was bei einem Teilnehmer doch erstaunlich ist. Nach der Varusschlacht soll Tiberius zwar angeblich tief ins rechtsrheinische Gebiet eingedrungen sein, aber auch da erfahren wir kaum Handfestes. Und als Tiberius dann Kaiser ist und sein Neffe Germanicus nach Germanien geht, da scheinen die Stammesstrukturen unmittelbar rechts des Rheins, an der Lahn, im Sauer- und Siegerland wie in Westfalen doch noch sehr intakt zu sein. Was hat Tiberius in den Jahren davor also wirklich gemacht?

Dass er 5 n. Chr. hingegen auf der Elbe war, ist durchaus plausibel, ob er dabei Altenzaun erreichte oder daran vorbeisegelte, ist relativ nebensächlich. Eine solche Flottenaktion dürfte auf die Germanen ziemlich beeindruckend gewirkt haben.
 
Es geht mir nicht um Altenzaun,den thread habe ich durch. Tiberius muß sich sehr sicher gefühlt haben, so weit in die Elbe zu fahren. Und er kassiert mit dieser Rundumfahrt und Quermarsch ganz Nordgermanien ein, bildlich. Diesem logistischen Aufwand muß doch ein Ertrag gegenüberstehen. In Deinem Beitrag zweifelst Du die Tiberiuserfolge an, ich meine mit Recht; und dann läßt Du ihn genüsslich die Elbe runterfahren...liest sich wie eine Kaffeefahrt.

Das Heer marschiert unbeeindruckt über Stock und Stein.....September 9 n gibts riesige Waldgebirge, dunkle Moore, gefährliche Täler(Arbalo als Beispiel)...ein krasser Gegensatz zu der Leichtigkeit des Seins 5n.

Der Statthalterwechsel Ahenobarbus/Marcus Vinicius spricht nicht für Konsolidierung.

14/ 15 n Weiter mit groben Führungsfehlern:
1) Verkennung der Gezeiten obgleich bekannt(der Sohn wie der Vater)nicht unbedeutende Zeit- und Personalverluste
2)"Cacina, beeil dich mit den pontes longi"....berücksichtigt Germanicus hier einen eventuellen Verlust von 4 Legionen und einer Tür-ist-auf-Situation bis Vetera?Hat er berücksichtigt, wieviel Zeit die Flotte sowie 4 Legionen für den Rückmarsch benötigen?

Ich finde die Gesamtsituation von 5 n - 16 n unbefriedigend.

Ergänzung:Quelle bleibt Quelle
 
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Tiberius war zunächst einmal ein relativ erfolgreicher Feldherr, ob in Armenien oder Pannonien und vielleicht auch in Germanien (da habe ich so meine Zweifel, unten mehr).

Er hätte zumindest zu der Erkenntnis kommen müssen, dass das alles riesige Gebiete waren, die keineswegs unbesiedelt waren, aber ganz anders als das mit Städten, Handel, Wirtschaft und Infrastruktur gut erschlossene Gallien.

Nach der Varusschlacht soll er bestimmte Vorsichtsmaßnahmen ergriffen haben. Etwa, dass beim Marsch auf Unnötiges und Luxus verzichtet würde, er selbst habe das Beladen der Wagen beaufsichtigt, heißt es.
Das ist ja dann auch wieder einerseits die nachvollziehbare Straffung der taktischen Führung, andererseits aber auch der dicke Pinsel der panegyrischen Geschichtsschreibung.

Meine Zweifel bezgl. seiner Erfolge in Germanien: Bzgl. des immensum bellum geht Velleius Paterculus kaum auf Kampfhandlungen ein, was bei einem Teilnehmer doch erstaunlich ist.
Verräterische Stille?

Nach der Varusschlacht soll Tiberius zwar angeblich tief ins rechtsrheinische Gebiet eingedrungen sein, aber auch da erfahren wir kaum Handfestes. Und als Tiberius dann Kaiser ist und sein Neffe Germanicus nach Germanien geht, da scheinen die Stammesstrukturen unmittelbar rechts des Rheins, an der Lahn, im Sauer- und Siegerland wie in Westfalen doch noch sehr intakt zu sein. Was hat Tiberius in den Jahren davor also wirklich gemacht?
Na, ist das denn nicht schon ein Erfolg?
Nach der Varusschlacht klingt das fast wie der erfolgreiche Rückzug der Heeresgruppe Mitte...
Vor der Varusschlacht war er vielleicht auch nicht schlauer und besser als andere.

Eine solche Flottenaktion dürfte auf die Germanen ziemlich beeindruckend gewirkt haben.
Tut's 2014 Jahre später immer noch, die Germanen ringeln immer noch Runen hier im Geschichtsforum, völlig beeindruckt.

Letzten Endes wird Tiberius strategisch die Sicherung des linksrheinischen Germaniens als vordringliches Ziel im Auge gehabt haben, auch durch Reorganisation der verbliebenen und Ersatz der untergegangenen Legionen, und das auch durch eine den begrenzten Ressourcen geschuldet eher demonstrative Militärpräsenz im rechtsrheinischen Gebiet angestrebt haben.
 
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@pardela
falls Du mich meinst, ich bin vom Geschichtsforum und seinen Teilnehmern beeindruckt, das stimmt. Das Verhalten des Tiberius(Flotte-Heer) finde ich eher befremdlich gegenüber der Gesamtsituation. Vielleicht hatte er auf Rhodos die Demos vermißt.
Die Karte, die Biturigos eingefügt hat, zeigt,durch welche Siedlungsgebiete Tiberius(oder Sentinus Saturninus)
gestürmt sind.

Daß El Quijote so mild kritisiert, liegt ziemlich genau daran, daß er inhaltlich zu 2-4n nichts sagen kann, weil es nichts zu sagen gibt.

Die Tacitusbücher 1 und 2 der Annalen sind eine einzige massive Kritik an der Staatsführung 14n-16n.
 
eine Aufstellung, was ich habe:

9-6 v Markomannen in Böhmen eingewandert
9-7v Sextus Apuleius Statthalter in Illyrien
8 v Tiberius unterwirft Germanien
1.1.7v Triumph für Tiberius
5-2v Ahenobarbus Statthalter in Illyrien
1v 2n Statthalter Cornelius Lentulus in Illyrien
1n Statthalter Germanien Ahenobarbus/Marcus Vinicius
4-6n Anreppen Winterlager des Sentius
4-5n Tiberius zum Abschluss des immensum bellum
5n Marktbreit wird angelegt

Ich bin dankbar, wenn jemand etwas noch dazu beitragen/korrigieren könnte
 
Der Statthalterwechsel Ahenobarbus/Marcus Vinicius spricht nicht für Konsolidierung.
Inwiefern? In allen Provinzen wechselten die Statthalter alle paar Jahre.

eine Aufstellung, was ich habe:

9-6 v Markomannen in Böhmen eingewandert
9-7v Sextus Apuleius Statthalter in Illyrien
8 v Tiberius unterwirft Germanien
1.1.7v Triumph für Tiberius
5-2v Ahenobarbus Statthalter in Illyrien
1v 2n Statthalter Cornelius Lentulus in Illyrien
1n Statthalter Germanien Ahenobarbus/Marcus Vinicius
4-6n Anreppen Winterlager des Sentius
4-5n Tiberius zum Abschluss des immensum bellum
5n Marktbreit wird angelegt

Ich bin dankbar, wenn jemand etwas noch dazu beitragen/korrigieren könnte

Bei den vermeintlich genauen Jahreszahlen für Illyrien handelt es sich um Mutmaßungen.

Hab da noch direkt nachgeschaut.
Fitz weiß auch nicht mehr als alle anderen:

Sextus Apuleius ist für 8 v. Chr. belegt. Danach gibt es, wie gesagt, lange keine gesicherten Daten.

Dann kommt Ahenobarbus. Zu seiner Statthalterschaft gibt es nur die bekannte Stelle bei Dio.

Dann kommt Cn. Cornelius Lentulus. Zu diesem schreibt Fitz: "Der uns interessierende Abschnitt seiner Karriere ist zeitlich nur mit Vermutungen zu verbinden." Lentulus war 2/1 v. Chr. Proconsul in Asia. Dann könnte er direkt im Anschluss daran die Verwaltung von Illyricum übernommen haben.

Aus diesen dürftigen Daten konstruiert Fitz sein chronologisches Gerüst:
Appuleius 9-7 v. Chr., dann kommt eine Lücke, Ahenobarbus 5-2 v. Chr., Lentulus 1 v. - 2 n. Chr.
 
Es geht mir nicht um Altenzaun,den thread habe ich durch. Tiberius muß sich sehr sicher gefühlt haben, so weit in die Elbe zu fahren. Und er kassiert mit dieser Rundumfahrt und Quermarsch ganz Nordgermanien ein, bildlich. Diesem logistischen Aufwand muß doch ein Ertrag gegenüberstehen.
Muss er das? Nehmen wir ein modernes Unternehmen. Das investiert, weil es Profit machen will. Dummerweise stellt sich das ganze als Fehlinvestition heraus. Tja, kann passieren. Wenn das Unternehmen "gesund" ist, kann es das stemmen.

Augustus tut jedenfalls in seinem im Reich inschriftlich verbreiteten Testament so, als sei die Elbe schon Teil des Reichs.

In Deinem Beitrag zweifelst Du die Tiberiuserfolge an, ich meine mit Recht; und dann läßt Du ihn genüsslich die Elbe runterfahren...liest sich wie eine Kaffeefahrt.
Nicht per se, sondern den immensum bellum sehe ich nicht als so immens erfolgreich und seine Aktionen nach der Varusschlacht scheinen eher in Grenzsicherungsmaßnahmen bestanden zu haben. Es ist auch eine Frage der Chronologie.

Das Heer marschiert unbeeindruckt über Stock und Stein.....September 9 n gibts riesige Waldgebirge, dunkle Moore, gefährliche Täler(Arbalo als Beispiel)...ein krasser Gegensatz zu der Leichtigkeit des Seins 5n.
9 nach Christus hast du einen organisierten Feind, 5 nach vielleicht nicht.
1085 eroberte Alfonso VI. mit Leichtigkeit Toledo. Zog Tribute von Córdoba, Sevilla, Granada ein. Ein Jahr später stellten ihn die Königreiche unter Führung der marokkanischen Almoraviden bei Badajoz und er entkam nur knapp dem Tod. Alles eine Frage der Organisation.
 
@ElQuijote,
Dein erster Satz ist nicht ganz ok, es hängt schon von der Art der Investition ab, sowie von der Höhe. Eine völlige Fehlinvestition heißt durchaus exitus, aber ok. Möchte aber darauf hinweisen, daß hier über Aufwand/Ertrag schon diskutiert wurde. Haken wir ab.

@Sepiola,
es sieht in der Tat so aus, als wäre es unabänderliche Jahreszahlen, ich entschuldige mich, allerdings nicht aus der Luft gegriffen, sondern zum Großteil von hier(Thread Altenzaun und Ahenobarbus). Aber man kann damit als Anhaltspunkte arbeiten, als annähernde Chronologie der Ereignisse(ich muß mir das so merken, sonst komme ich wegen der Vielzahl von Infos der letzten Monate ins Schleudern).
Aber ok, ich hätte es kenntlich machen müssen.

Bei den Statthalterwechseln hatte mich angenommen, der Wechsel von Ahenobarbus(1n) zu Marcus Vincinius sei von Jahr zu Jahr erfolgt.
 
Unsere Vorstellungen sind geprägt von der Idee, dass ein Land wie Germanien sukzessive erschlossen werden kann: Militär, Verwaltung, Infrastruktur mit Flüssen, Straßen und Handelsplätzen. Und wir haben da sehr stark die römische Infrastruktur in der erfolgreichen Provinz Gallien vor Augen.

Betrachten wir das aus der Sicht der Römer, war jede Gebietserweiterung anders.
  • Die Provinz Africa war landwirtschaftlich erschlossen, schon vor den Römern auf Handel und Schiffahrt ausgerichtet.
  • Hispania wurde in republikanischer Zeit stückweise erobert, aber auch dort gab es mit dem punischen Bergbau auf Zinn, Blei und Silber wirtschaftliche Selbstläufer, Olivenöl und Garum für das Imperium.
  • Gallien war vor den Römern schon mit Verkehrswegen erschlossen, hatte Städte, regionale Überschussproduktion, und Fernhandel über die Flußsysteme.
Und die Germania libera? Riesige Entfernungen, wenig Infrastruktur, und überwiegend Subsistenzwirtschaft. Und keine Städte, keine lokal ansprechbaren Eliten.

Ein Problem war: Wie kann man dieses Gebiet militärisch verwalten und kontrollieren, wie viele Soldaten und Verwaltungsbeamte braucht man je km², in einem Gebiet, das primär wenig Ertrag gibt? Hatte das römische Reich genügend Soldaten, genügend Geld dafür?
 
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In Gegenden, wo die Oppida-Kultur vor Jahrzehnten völlig zusammengebrochen war, wo es weder Infrastruktur noch Überschussproduktion gab (Dekumatland, Vindelicien) haben die Römer eine Infrastruktur mit Militär, Verwaltung, Straßen und Handelsplätzen hochgezogen.
Warum hätte das nicht in Gegenden gelingen können, wo etwas mehr da war als im heutigen Baden-Württemberg und Bayern?
 
Wo es Münzen bzw. noch eine Münzproduktion in der Spätlaténe (D2) gab, da gab es zwangsläufig auch noch Handel und vorhandene Infrastruktur. Diese lassen sich für das Lahntal (D2b/D2c), das Lippe-Gebiet (D2b/D2c), das Elbknie (D2b/D2c) sowie die Saale-Elster (D2a/D2b) bzw. Saale-Unstrut Region (D2b/D2c) nachweisen. Dabei zeigt sich im Münzbild, dass in Westthüringen und dem Elbknie weiterhin vereinzelt Kontakte zum linksrheinischen Gebiet, dem Lahntal sowie der Lippe-Region bestanden (Potin Regenbogenschüsselchen der Nordgruppe Typ Bochum, Kleinerze der Nervier etc.). Dagegen ist ein Abbruch in der kompletten Saale-Region (um 70/60 v.Chr.) zu verzeichnen (Abzug der Teurier aus Mitteldeutschland in Richtung Donau über Ostbayern; Münzkartierung M. Barkowski 2024 unpubliziert).
 
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  • Gallien war vor den Römern schon mit Verkehrswegen erschlossen, hatte Städte, regionale Überschussproduktion, und Fernhandel über die Flußsysteme.
Und die Germania libera? Riesige Entfernungen, wenig Infrastruktur, und überwiegend Subsistenzwirtschaft. Und keine Städte, keine lokal ansprechbaren Eliten.
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Caesar bewegt seine Legionen durch ganz Gallien über hunderte von Kilometern, und im Winter reist er nach Gallia Cisalpina, um dort bei den Gerichtstagen anwesend zu sein, für uns heute ohne Auto oder Zug fast nicht mehr vorstellbar.

Und in Germanien? Da tasten sich die Römer in winzingen Schritten an den Flüssen entlang, 100 oder 150 Kilometer scheinen aufmal riesig zu sein.
Gallien ist hochentwickelt und besitzt Infrastruktur und Germanien ist schlechter entwickelt als heute die 3. Welt.
 
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