...und Varus wird immer weiter geschlachtet

Gute Morgen El Quijote auf geht`s:

Vergiss Höxter. Flores gilt als unzuverlässig.

Ich habe eine bearbeitete Datei angehangen in die ich die Lage der Wälle eingezeichnet habe wie sie sich heute unter dem Gewerbegebiet in Höxter noch in Resten befinden dürften. Zum Zeitpunkt der Luftaufnahme gab es das Gewerbegebet noch nicht. Natürlich mache ich es mir nicht einfach und was die Geschichtsforschung in der Vergangenheit schon so alles für unzuverlässig oder zuverlässig hielt ist bekannt. Florus kannte die Darstellung wonach Varus unter den Aufrührern zu Gericht sitzen wollte, aber er kannte nicht die Gegebenheiten vor Ort. Er ging folglich davon aus, dass das Notlager am zweiten Marschtag, also das prima Vari castra mit dem Gerichtlager identisch ist. Der zweite Marschtag ergibt sich aus der Theorie, dass die Legionen zunächst einen Marsch ins Aufstandsgebiet zurück zu legen hatten und nicht schon am ersten Marschtag angegriffen wurden. Arminius verließ die Truppe musste erst seine Männer zusammen rufen und konnte daher nicht schon am ersten Tag angegriffen haben. Die September Tage haben nur etwa 12 helle Stunden wenn das Wetter mitspielt. Erst am zweiten Tag brach Varus ins Krisengebiet auf und wurde angegriffen. Die Logik führt zu den Anhaltspunkten und nicht umgekehrt und die Quellen bieten dafür genügend Ansatzpunkte. In keiner Quelle steht, dass Frauen und Kinder im Kampfgebiet dabei waren und wo nirgends werden sie als solches erwähnt. Es war unter Augustus unüblich sie in Gefahrensituationen mit zu nehmen. Nur für den ersten Tag noch ohne Kampfeinwirkung sind sie hinterlassen. Später ist nur von Unbewaffneten die Rede und das sind die "Accensi velati", aber keine Frauen und Kinder. Im Vorhandensein eines Etappenlagers im Raum Brakel liegt der Schlüssel für meine Theorie, woanders habe ich sie noch nicht gelesen.
Was sah Germanicus und was sieht man nach sechs Vegetationsphasen in der Natur ? Die Angabe drei Legionen sagt bekanntlich nichts über die Iststärke aus, ist also zu vernachlässigen. Das am Abend nach dem ersten Kampftag schon ein Schwund aufgetreten sein dürfte ist zudem auch naheliegend.

Hier noch etwas umfängliches zu der Begrifflichkeit von Absteckungen bzw. Abmaßen was Germanicus sah.

Im Original lautet es:
"prima Vari castra lato ambitu et dimensis pricipiis trium legionum manus ostentabant...."

wortgleich rekonstruiert:
"das erste Varus Lager wies umfänglich und dimensionsmäßig auf die Arbeiten dreier Legionen Hände hin....."

offizielle Übersetzung 1.)
Das erste Lager des Varus LIESS an seinem weiten Umfang und der Absteckung des Hauptplatzes die Arbeit von drei Legionen ERKENNEN.

Offizielle Übersetzung 2.)
Das erste Lager des Varus, sowie der weite Umfang und die Raumverhältnisse des Feldherrnplatzes DEUTETEN auf den tatkräftigen Einsatz dreier Legionen hin.

Offizielle Übersetzung 3.)
Das erste Lager des Varus ERWIES sich dem weiten Umfang und den Ausmaßen des Hauptquartiers nach als das Werk dreier Legionen.

Offizielle Übersetzung 4.)
Varus's first camp with its wide circumference (Umfang) and the measurements (Abmessungen) of its central space (Zentraler Raum) CLEARLY INDICATED the handiwork of three legions.

Einige Formen der Übersetzung wackeln was die präzisen Festlegungen bezogen auf die Arbeit dreier Legionen anbetrifft. "LIESS ERKENNEN" - "DEUTETEN DARAUF HIN" - ERWIESEN SICH ALS". Während es die Angloamerikaner mit "CLEARLY INDICATED" als eindeutig hinstellen machen die anderen die diffuse Übersetzungslage deutlich. Dem Lager wie es Germanicus 15 + vorfand und wie es Tacitus darauf basierend beschrieb ließen sich unterm Strich betrachtet nur die frühen Erstarbeiten in Form eines abgesteckten Raumes entnehmen und dieses noch in den Anfängen befindliche Lager deutete lediglich auf die Arbeit von drei Legionen hin. Aber worin genau die Arbeit dieser drei Legionen bestanden haben soll kommt im Originaltext nicht zum Ausdruck. Denn aus Dimensionen wie Umfang und Raum lässt sich nichts über die Arbeitsleistung von tausenden von Männer entnehmen. Wie soll man aus den bloßen Abmaßen für ein zentrales Hauptquartier, einem Hauptplatz oder sogar einem Feldherrnplatz auf die dafür nötige Arbeitsleistung schließen können. So erweckt die Beschreibung den Eindruck, als ob Germanicus vor sich nur eine leere große Fläche sah, die sich lediglich anhand von Bodenkennzeichnungen und Eckfahnen was auch mit Absteckungen übersetzt wird als ein einstiger Lagerplatz zu erkennen gab. Aber was sind Absteckungen. Absteckungen standen am Anfang eines jeden Lagers und auch Hanibal sandte bei Killa nur einige wenige Leute voraus, die die Grundzüge des späteren Lagers festzulegen hatten und keine drei Legionen. Absteckungen waren von wenigen Vermessern zu leisten, dürften aber nach sechs Jahren kaum mehr sichtbar gewesen sein. Die Markussäule in Rom zeigt Soldaten die mit Meßstäben hantierten. Man vermutet, dass schon eine kleine Gruppe ausreichte um ein Marschlager abzustecken. Aber bei Varus blieben schon selbst diese Maßnahmen in den Anfängen stecken und Germanicus erkannte daher auch nur noch wenige Randmarkierungen. So darf man sich die Frage stellen, was er da überhaupt für eine Form und Art an Kennzeichnungen vor sich hatte. Erkannte er nur die letzten Fetzen einstiger farbiger Stoffteile, so wird auch verständlich, dass immer nur von Umfang und Abmessung die Rede ist und kein Wort über den inneren Aufbau fällt. Und sieht dann so ein Marschlager aus an dem drei Legionen gearbeitet haben sollen ? So berichtet Tacitus über Germanicus im Zuge der Schlachtvorbereitung vor Idistaviso, dass dieser während er noch im Begriff war ein Lager abstecken zu lassen die Nachricht bekam, dass die Angrivarier im Rücken des Heeres abgefallen seien. Germanicus war damals also gerade damit beschäftigt ein Lager zu errichten, wurde aber von der Botschaft überrascht, brach die Basisarbeiten ab und übrig blieben wohl auch hier nur die randlichen Absteckungen. Statt nur Umfang, Raum oder ein mögliches Fassungsvermögen als Argument für die Arbeit von drei Legionen anzuführen, hätte man erwartet der Überlieferung auch Hinweise zu baulichen Arbeiten entnehmen zu können. Aber darüber darüber schwiegen die Quellen. Das darin letztlich nie drei Legionen eingezogen sind, dürfte allen damals Anwesenden klar gewesen sein, denn es sollte ihnen leicht satirisch gesehen nicht entgangen sein, dass in dieser Schlacht zuvor schon viele Legionäre umkamen. Man nahm also zunächst mal schlicht an, dass hier noch drei Legionen am Werk gewesen sein könnten. Caecina und seine Männer deuteten es so und so vermutete man nach Inaugenscheinnahme auch lediglich nur, dass die Abmaße zu drei Legionen passen würden und diese vom Volumen her hätten aufnehmen können. Stünde Caecina mit der Redewendung "Vermutung" vor einem Gericht, so wäre ein Prozess um ein ja oder nein von drei Legionen schnell geplatzt. Aber warum sagten Caecina die Überlebenden, die ihn erst zu den Schauplätzen führen konnten nicht, dass es sich hier definitiv nur um ein "für" drei Legionen bestimmtes und nicht um ein "von" drei Legionen errichtetes Lager handelte ? Sie sollten es doch als damalige Augenzeugen am Besten wissen. Vielleicht waren sie sogar daran noch selbst beteiligt. Dann hätte man auch 15 + nicht groß rätseln brauchen, ob es denn mal von oder für drei Legionen errichtet wurde oder nicht. Vielleicht wussten die wenigen Überlebenden selbst schon gar nicht mehr, was sie da vor sich hatten und wollten sich keine Blöße geben und mit Ahnungslosigkeit glänzen. Am Ende hätte man ihnen noch unliebsame Fragen gestellt. Offensichtlich gab es aber damals keine übereinstimmende Klarheit darüber, wie die Schlachtfeldbegutachter um Germanicus das Geschehene beurteilen sollten. Sie sahen Absteckungen verteilt über eine Fläche von möglicherweise 30.000 Quadratmeter und sie sahen tote Gerippe. Vielleicht auch von Pferden, die die Legionäre schlachten mussten um zu überleben. Und führt man denn unter den damaligen heiklen Bedingungen des Jahres 15 + also unweit eines auf sie lauernden Feindes, der sie fest im Auge hatte überhaupt noch eine genaue Schlachtortbegutachung und Größenbestimmung durch, will man da im "Waldgebirge" noch die Außenmaße abschreiten oder umreiten. Sicherlich hatte Germanicus kein großes Interesse daran alles nochmal minutiös zu dokumentieren, denn er hatte so weit an den Außengrenzen des Reiches als Feldherr andere Sorgen. Vermutungen bzw. Deutungen oder Auslegungen lassen viele Spielräume zu.

Der Mann aus dem 18. Jhdt. mag damals auf etwas reingefallen sein, ohne es aber zu ahnen war er m. E auf der richtigen Fährte.
Gruß Ulrich Leyhe
 
Das ist kein Argument. Das ist so als würden wir über Marsmenschen diskutieren und du würedst mir entgegen allem, was wir vom Mars wissen sagen "pauschales Abtun bringt uns nicht weiter".

Was uns tatsächlich nicht weiter bringt und Ressourcen bindet, sind leicht widerlegbare Behauptungen wie etwa Corvey sei der Überrest eines Römerlagers stur zu wiederholen.

Diese ganze Hypothese - die bezeichnenderweise nicht von Fachwissenschaftler vertreten wird - basiert auf der angeblichen Bauinschrift (einem Vers aus einem Kirchenlied) und dem missinterpetierten Westwerk der karolingischen Klosterkirche (die Idee: Die augusteischen Römer hätten ein Lagertor errichtet, wie es aus der augusteischen Zeit in viel länger belegten Lagern nicht belegt ist und erst aus der hadrianischen Zeit ähnliche Strukturen bekannt). Wenn man Bauinschrift und Westwerk aus der These herausnimmt - was man muss, weil sie kontrafaktisch sind- , fehlen ihre Gundlagen. Also vergiss Höxter/Corvey! Das hat nichts mit "Austausch verschiedener Ansichten" zu tun, sondern damit, ob man Fakten akzeptiert oder nicht.

Du wirst einem Grundschüler auch nicht sagen, dass 2+3=7 sei, sei eine Ansicht, über die man sich austauschen könne. Nein, es ist schlicht falsch.
Und genauso ist es mit den Römerlagerhypothesen um Corvey, sie sind das Äquivalent zu 2+3=7.

Na ja der Mars ist ja nun mal etwas weiter weg aber bis zur Varusschlacht sind es überschaubare Generationen.
Aber über Corvey als Römerlager und was noch alles wie Du jetzt in die Diskussion gebracht hast haben wir hier doch meines Wissens noch gar nicht gesprochen. Da machst Du sinnbildlich dargestellt ein neues Fass auf. Gruß Ulrich Leyhe
 
El Quichote:

Die Lagerschlachthypothese wird von Historikern eigentlich nicht wirklich vertreten. Sie beruht auf dem bekanntermaßen unzuverlässigen Florus und einer damit kombinierten Misslesung von Tacitus, denn das erste Lager wird ja ausdrücklich als prima Vari castra bezeichnet.

STIMMT - DIE LAGERSCHLACHTHYPOTHESE SO WIE MAN SIE SICH VORSTELLT HAT ES NACH MEINER THEORIE AUCH NICHT GEGEBEN - DER KENNTNISSTAND VON FLORUS VERHARRTE AUF DEM WISSEN DAS ES EINEN LAGERÜBERFALL GAB UND DEN VERBAND ER MIT DEM GERICHTSLAGER - ETWAS RECHT HATTE ER AUCH DAMIT ABER ER VERKÜRZTE DAS EREIGNIS - DENN DARAUS BESTAND NICHT DIE VARUSSCHLACHT ES WAR NUR DER EINGEENGTE BLICKWINKEL AUF DAS GESCHEHEN IM ERSTEN NOTLAGER - DEM GTACITEISCHEN VARI CASTRA - DAS DIE TRUPPEN WIE DIO SCHRIEB AM ANDEREN MORGEN NOCH AUFBREICHEN KONNTEN UND OFFENES LAND VOR SICH HATTEN - DAS NACH tACITUS NOCH EIN LETZTES NOTLAGER FOLGTE ENTZOG SICH EBENFALLS DEM WISSENSTAND VON FLORUS

Es gab mal im 19. Jhdt. einen Autor, der versucht hat, das noch mit der Marschschlacht von Cassius Dio zu kombinieren.

DER MANN HATTE RECHT
Das widerspricht außerdem direkt der Aussage Tacitus' dass Arminius ausdrücklich riet die Legionen nur auf dem Marsch und nicht im Lager anzugreifen, da dies völlig aussichtlos gewesen wäre, wie sich dann ja auch zeigte.
 
Das widerspricht außerdem direkt der Aussage Tacitus' dass Arminius ausdrücklich riet die Legionen nur auf dem Marsch und nicht im Lager anzugreifen, da dies völlig aussichtslos gewesen wäre, wie sich dann ja auch zeigte.

Habe Dich da was verpasst ? Wo schrieb Tacitus, dass Arminius gesagt haben soll, dass nur der Angriff auf einen Marschzug Erfolg versprechen würde ?
 
Habe Dich da was verpasst ? Wo schrieb Tacitus, dass Arminius gesagt haben soll, dass nur der Angriff auf einen Marschzug Erfolg versprechen würde ?
Ich meine es steht so bei Tacitus: Er beschreibt wie die Germanen die Römer auf dem Rückzug vom Besuch der Varus-Orte überholen und es zu einer Schlacht an den Pontes Longi kommt. Anschließend wird eine Situation geschildert welche eigentlich den Zwist zwischen Arminius und Inguiomer darstellt. Inguiomer rät zu einem Überfall auf das Lager. Die Germanen sind begeistert und folgen ihm, obwohl Arminius ausdrücklich davon abrät die Römer im Lager anzugreifen. Man solle lieber abwarten bis die Römer wieder auf dem Marsch sind und sie dann im unwegsamen Gelände angreifen. Die Germanen entschieden sich aber der Verwegenheit halber zu Inguiomers Plan und erlitten eine Niederlage welche es den Römern übrigens überhaupt erst ermöglichte sich an den Rhein zurück zu retten. Hätte man auf Beininius gehört wäre es womöglich zu einer Clades Caeciniana gekommen.
 
@ELQ

das mögliche Lager (eher Kastell) Brakel wurde bereits in den 1980er Jahren von Alfons Koch mittels Infrarot Film dokumentiert. Rolf Bökemeier erwähnte es in seiner Publikation.

@Leyhe

gibt es mittlerweile Funde von der Fläche ? Wurde mal ein Schnitt gemacht ?
 

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War es denn nötig, beim ersten Lager als Werk dreier Legionen noch eine Beschreibung des üblichen Walls und Grabens zu geben? Das war doch nur interessant für das Halbfertige, wo sich die Reste fesgekrallt hatten.
 
Ich meine es steht so bei Tacitus: Er beschreibt wie die Germanen die Römer auf dem Rückzug vom Besuch der Varus-Orte überholen und es zu einer Schlacht an den Pontes Longi kommt. Anschließend wird eine Situation geschildert welche eigentlich den Zwist zwischen Arminius und Inguiomer darstellt. Inguiomer rät zu einem Überfall auf das Lager. Die Germanen sind begeistert und folgen ihm, obwohl Arminius ausdrücklich davon abrät die Römer im Lager anzugreifen. Man solle lieber abwarten bis die Römer wieder auf dem Marsch sind und sie dann im unwegsamen Gelände angreifen. Die Germanen entschieden sich aber der Verwegenheit halber zu Inguiomers Plan und erlitten eine Niederlage welche es den Römern übrigens überhaupt erst ermöglichte sich an den Rhein zurück zu retten. Hätte man auf Beininius gehört wäre es womöglich zu einer Clades Caeciniana gekommen.

o.k., ich verstehe, Du sprichst von einer Schlacht im Jahre 15 + (Pontes Longi) hier geht es aber um die Varusschlacht.
 
@ELQ

das mögliche Lager (eher Kastell) Brakel wurde bereits in den 1980er Jahren von Alfons Koch mittels Infrarot Film dokumentiert. Rolf Bökemeier erwähnte es in seiner Publikation.

@Leyhe

gibt es mittlerweile Funde von der Fläche ? Wurde mal ein Schnitt gemacht ?

Die Luftaufnahmen von Rolf Bökemeier sind alle in privater Hand aber gut gesichert. Man müsste sie noch mal in Ruhe durch arbeiten. In Brakel befinden sich mehrere interessante Bereiche, die in Nethenähe sind leider überbaut.

War es denn nötig, beim ersten Lager als Werk dreier Legionen noch eine Beschreibung des üblichen Walls und Grabens zu geben? Das war doch nur interessant für das Halbfertige, wo sich die Reste festgekrallt hatten.

"Interessant" ist relativ. Die Frage müsste man noch Tacitus bzw. den Überlebenden stellen können, die das oberirdisch noch sichtbare sechs Jahre nach der Schlacht gesehen haben.

@Leyhe

Was ist aus dem möglichen Lager bei Sommersell geworden. Funde ???

Gute Frage, sie gehört an die adressiert, die die Meinung vertreten der Rückzugskorridor von Varus aus Richtung Höxter/Corvey kommend verlief über Sommersell und dann von Altenbeken nach Paderborn bzw. Anreppen. Meines Erachtens ist aber diese Strecke zu reich an Höhen und Tiefen, ist im Eggeaufstiegsbereich nach Altenbeken vor 2000 Jahren nicht karrentauglich und daher gegenüber dem antiken Hellweg über Godelheim Ottbergen usw. von Nachteil gewesen.

[mod: 3 Beiträge, 13:40, 13:43, 13:49, zusammengeführt]
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das widerspricht außerdem direkt der Aussage Tacitus' dass Arminius ausdrücklich riet die Legionen nur auf dem Marsch und nicht im Lager anzugreifen, da dies völlig aussichtlos gewesen wäre, wie sich dann ja auch zeigte.

Du meinst die Stelle bei der Schlacht an den pontes longi, oder? Tacitus schreibt hier: Haud minus inquies Germanus spe, cupidine et diversis ducum sen(ten)tiis agebat, Arminio sinerent egredi egressosque rursum per umida et impedita circumvenirent suadente, atrociora Inguiomero et laeta barbaris, ut vallum armis ambirent: promptam expugnationem; plures captivos, incorruptam praedam fore.

Es wird häufig argumentiert, dass diese Schlacht von Tacitus als erfolgreiches Gegenstück zur Varusniederlage gestaltet worden sei, zumal sowohl Caecina als auch Arminius in dieser Darstellung des Geschehens sich direkt darauf beziehen, der eine in einem schrecklichen Traum, der andere in einer motivierenden Ansprache an seine Kämpfer. Das spricht sicher zusätzlich gegen eine reine Lagerschlacht, ebenfalls natürlich das Argument von ElQuijote, dass vom prima Vari castra die Rede ist. Wie gesagt, ich wollte diese These nicht selbst vertreten, sondern habe sie bloß als Beispiel dafür angeführt, wie unterschiedlich die literarischen Quellen in dieser Frage gedeutet werden.

Das macht es halt schwierig bis (vermutlich) unmöglich, den Schlachtort aufgrund dieser literarischen Überlieferung zu lokalisieren, zumal wohl auch die meisten antiken Autoren nicht gewusst haben werden, wo er sich befunden hat. Woher auch?
 
Nur auf Grund der Überlieferung ohne Grabungsbefund sicherlich nicht. Auch strategische Überlegungen, wie sie Walter Pflug an Hand der damaligen militärischen Situation anstellte: "und da soll Varus mit drei Legionen an der Lippe herumgezogen sein?" führen nicht weiter, wenn Befunde fehlen. Aber die Mess- und Analyseverfahren werden sehr schnell weiter entwickelt und wir dürfen hoffen.
 
"Interessant" ist relativ. Die Frage müsste man noch Tacitus bzw. den Überlebenden stellen können, die das oberirdisch noch sichtbare sechs Jahre nach der Schlacht gesehen haben.

Wenn wir der Darstellung des Tacitus hier folgen - und an der Stelle scheint mir nicht viel dagegen zu sprechen - ist das wohl ein Hinweis darauf, dass auch am letzten Kampftag noch ausreichend disziplinierte Kämpfer übrig waren, um sich sozusagen (halbwegs) "lehrbuchmäßig" auf den gegnerischen Ansturm vorzubereiten. Wie viele das im Verhältnis zur Gesamtzahl beim Schlachtbeginn waren, wissen wir natürlich nicht. Allerdings spricht die ausdrückliche Erwähnung des ersten Lagers, die das Werk dreier Legionen war, schon für eine dezimierte Schar.
 
o.k., ich verstehe, Du sprichst von einer Schlacht im Jahre 15 + (Pontes Longi) hier geht es aber um die Varusschlacht.

Das war derselbe Arminius.

Ein bisschen Quellenkritik muss allerdings auch hier sein (auch wenn der eine oder andere nicht verstehen mag, was Historiker darunter stehen und wozu sie nötig ist):

Natürlich lagen Tacitus nicht die Protokolle der Besprechungen zwischen den germanischen Heerführern samt lateinischer Übersetzung vor. Wir können daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Tacitus diese Dialoge nach eigenem Gutdünken gestaltet hat.
 
Hallo Stradivari:

Varus unterstanden "drei Legionen" keine Anzahl entnehmen.
Das war derselbe Arminius.

Ein bisschen Quellenkritik muss allerdings auch hier sein (auch wenn der eine oder andere nicht verstehen mag, was
Das war derselbe Arminius.

Ein bisschen Quellenkritik muss allerdings auch hier sein (auch wenn der eine oder andere nicht verstehen mag, was Historiker darunter stehen und wozu sie nötig ist):

Natürlich lagen Tacitus nicht die Protokolle der Besprechungen zwischen den germanischen Heerführern samt lateinischer Übersetzung vor. Wir können daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Tacitus diese Dialoge nach eigenem Gutdünken gestaltet hat.


Natürlich lagen Tacitus nicht die Protokolle der Besprechungen zwischen den germanischen Heerführern samt lateinischer Übersetzung vor. Wir können daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Tacitus diese Dialoge nach eigenem Gutdünken gestaltet hat.
Das war derselbe Arminius.

Ein bisschen Quellenkritik muss allerdings auch hier sein (auch wenn der eine oder andere nicht verstehen mag, was Historiker darunter stehen und wozu sie nötig ist):

Natürlich lagen Tacitus nicht die Protokolle der Besprechungen zwischen den germanischen Heerführern samt lateinischer Übersetzung vor. Wir können daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Tacitus diese Dialoge nach eigenem Gutdünken gestaltet hat.

Hallo Sepiola,

Bei einem Satz wie "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" habe ich so meine Probleme, ich kann auch nicht erkennen inwieweit Deine Überlegungen im Sinne der Sache nützlich sein könnten, kläre mich bitte mal auf.
 
Bei einem Satz wie "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" habe ich so meine Probleme
Ich kann das gern vereinfachen und die Formulierung "sicherlich" verwenden. Tacitus erzählt Dinge, die er sicherlich weder aus Protokollen noch aus Feldzugsberichten abschreiben konnte, und dazu gehört sicherlich die Unterredung den germanischen Anführern. Insofern ist @vindus' Einwand kein Argument.
 
Allerdings spricht die ausdrückliche Erwähnung des ersten Lagers, die das Werk dreier Legionen war, schon für eine dezimierte Schar.

Wenn du hier nicht eine Verneinung vergessen hast, dann würde ich behaupten, dass das Gegenteil richtig ist. Das prima Vari castra zeigt noch die Arbeit der intakten Legionen, als dieses Lager angelegt wurde, war es noch nicht zum Hinterhalt gekommen. Tacitus gestaltet die Schlachtfeldbegehung so, als sei Germanicus die Stationen des Varuszuges in der chronologischen Reihefolge der Schlacht abgegangen. Gleichzeitig gestaltet er das ganze dann aber sich zur Klimax hin (der Tod des Feldherren) steigernd: hier starben die Adlerträger, dort die Legaten, und da hat sich schließlich Varus ins Schwert gestürzt. Nach dem Tod des Feldherren macht er dann chronologisch weiter, nämlich, dass die Römer nach dem Tod des Feldherren ihre Waffen fortgeschmissen hätten und er das Massaker nach der Schlacht an den gefangenen Römer erwähnt.
 
Florus kannte die Darstellung wonach Varus unter den Aufrührern zu Gericht sitzen wollte, aber er kannte nicht die Gegebenheiten vor Ort. Er ging folglich davon aus, dass das Notlager am zweiten Marschtag, also das prima Vari castra mit dem Gerichtlager identisch ist. Der zweite Marschtag ergibt sich aus der Theorie, dass die Legionen zunächst einen Marsch ins Aufstandsgebiet zurück zu legen hatten und nicht schon am ersten Marschtag angegriffen wurden.
Man kann nicht einfach willkürlich irgendwelche Punkte aus Florus herauspicken und mit den Darstellungen bei den anderen Autoren kombinieren. Bei Florus gab es überhaupt keinen Marsch, sondern Varus hielt in seinem Lager ganz friedlich eine Art Gerichtstag ab (was zu den Aufgaben eines Statthalters gehörte) und wurde dabei unvermutet überfallen - aus.
 
Meines Erachtens ist aber diese Strecke zu reich an Höhen und Tiefen, ist im Eggeaufstiegsbereich nach Altenbeken vor 2000 Jahren nicht karrentauglich und daher gegenüber dem antiken Hellweg über Godelheim Ottbergen usw. von Nachteil gewesen.

Du ziehst eigentlich ja ziemlich viel Cassius Dio heran, versuchst die unauflöslichen Widersprüche zwischen Cassius Dio/Tacitus und Florus miteinander zu harmonisieren, aber ausgerechnet hier, wo die Landschaft nach deiner Auffassung genau dem entsprechen würde, was Cassius Dio beschreibt, schließt du anhand der Landschaft aus, dass dies der Weg gewesen sein könnte? Das finde ich fast witzig. (Und nein, ich bin bei Cassius Dio dem alten Fabuleur äußerst zurückhaltend, dem nur irgendwas zu glauben.)
 
Ich kann das gern vereinfachen und die Formulierung "sicherlich" verwenden. Tacitus erzählt Dinge, die er sicherlich weder aus Protokollen noch aus Feldzugsberichten abschreiben konnte, und dazu gehört sicherlich die Unterredung den germanischen Anführern. Insofern ist @vindus' Einwand kein Argument.

Hallo Sepiola,

Tacitus wurde rund 50 Jahre nach der Varusschlacht geboren, war nie in Germanien und konnte über sie auch nichts berichten, was er schrieb entstammte der Zeit als Germanicus Feldherr war. Über das Vorhandensein authentischer Militärberichte wird seit jeher gerätselt. Stichwort "Senatsakten". Es war damals nicht anders als heute, jeder schrieb von jedem ab.

Gruß Ulrich Leyhe
 
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