"Unrechtsstaat" DDR?

Nehmen wir an, vor dem Hintergrund dieser Gesetzgebung, würden 2 Männer gemeinschaftlich die Ehefrau von einem der beiden vergewaltigt haben. Sowas soll ja, so unerfreulich das auch ist schon vorgekommen sein.

Konsequenz wäre dann, dass für ein und die selbe gemeinschaftliche Tat, derjenige von beiden, der nicht Ehepartner des Opfers war für Vergewaltigung belangt worden wäre, der Ehemann selbst auf Grund der Tatsache, dass er der Ehemann war, aber nur für Nötigung oder Körperverletzung?
Nein, der Ehemann, der seine Frau zum Verkehr mit einem Dritten zwang, war genauso wegen Vergewaltigung nach § 177 dran.
 
Wenn die körperliche Unversehrtheit, ein unveräußerliches Grundrecht im Verfassungsrang darstellt und Grundrechte, wenn überhaupt nur durch den Staat und ausnahmsweise zeitlich begrenzt und zu bestimmten Zwecken angetastet werden dürfen (z.B. das Recht auf Freizügigkeit, zwecks Verbüßung einer Haftstrafe), kann es der Legislative dieses Staates nie und nimmer erlaubt sein, Gesetze zu machen, die die Grundrechte von Personen de facto dauerhaft einschränken, aber genau das ist in diesem Fall passiert.

Außerdem stellte meines Erachtens diese Rechtssprechung einen klaren Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz dar.
Wenn eine Vergewaltigung außerhalb der Ehe bestraft wird, eine innerhalb der Ehe aber nicht, obwohl es sich um ein und die selbe Tat handelt, die das schützenswerte Rechtsgut einer anderen Person angreift, wird im Endeffekt nicht die Tat selbst bestraft, sondern nur, dass ein bestimmter Täter sie verübt hat.

Das halte ich für meinen Teil mit Rechtsstaatlichkeit jetzt nicht so wirklich für vereinbar.


So wie mit der Floskel "eheliche Pflichten" um häusliche Gewalttäter zu decken?

Ich bin der Meinung, wer eine schwere Straftat für eine bestimmte Tätergruppe (in diesem Fall Ehepartner) straffrei stellt, obwohl er den Unrechtsgehalt der Tat selbst erkennt, (sonst wäre sie in anderen Fällen nicht strafbewehrt gewesen), setzt letztendlich Anreize für potentielle Täter, außerdem kommt in diesem Fall der Staat selbst seinem Auftrag zum Schutz der unveräußerlichen Grundrechte seiner Bevölkerung nicht nach.

Für mich ist das systematische Produktion von Unrecht.
Du erkennst ja selbst, dass die meisten Grundrechte nicht absolut gelten, sondern für bestimmte Fälle mehr oder weniger eingeschränkt werden. Das gilt sogar für das Recht auf Leben: Ist jeder Staat, in dem die (in einem rechtsstaatlichen Gerichtsverfahren verhängbare) Todesstrafe zulässig ist, deswegen automatisch ein Unrechtsstaat? (Bitte keine Diskussion über die USA, Trump etc., zumal es die Todesstrafe u.a. auch in Japan gibt.) Oder die Diskussionen und unterschiedlichen rechtlichen Ansätze (vor allem in Zusammenhang mit der Frage, bis wann Abtreibung zulässig sein soll: gar nicht? Bis zu einer bestimmten Schwangerschaftswoche? Bis zur Geburt? Bis zu einem bestimmten Lebensjahr?), wann das geschützte Leben überhaupt beginnt.
Dazu kommen noch unterschiedliche Ansichten in den Rechtsordnungen zu Detailaspekten, z.B. wie „scharf“ das Notwehrrecht ist. Z.B. wird die Frage, ob bei Notwehr eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter vorgenommen werden muss, in verschiedenen Rechtsordnungen unterschiedlich beantwortet. Darf z.B. eine Frau, die einer Vergewaltigung nur entgehen kann, wenn sie den Angreifer tötet, das tun? Es gibt Rechtsordnungen, die das bejahen (weil keine Abwägung der Rechtsgüter erforderlich sei, sofern nicht ein krasses Missverhältnis besteht *), und Rechtsordnungen, die zum Ergebnis kommen, dass das Leben des Vergewaltigers höher zu werten sei als das Recht des Opfers auf Wahrung seiner sexuellen Integrität (sodass die Frau die Vergewaltigung notfalls über sich ergehen lassen muss, wenn sie sie nur durch Tötung des Täters verhindern könnte).

* Das klassische Lehrbuchbeispiel ist der gehbehinderte Mann, der auf seiner Terrasse sitzt und sieht, wie ein Bub in seinen Garten eindringt und Äpfel vom Apfelbaum stehlen will. Weil er ihn anders nicht daran hindern kann, schießt der Mann auf den Buben. Das wäre auch in Österreich (mit seinem vergleichsweise eher „scharfen“ Notwehrrecht) nicht zulässig, weil die Verteidigung des Eigentums an ein paar Äpfeln in keinem Verhältnis zum Leben des Buben steht.

Also auch in durchaus „zivilisierten“ Gesellschaften besteht keine Einigkeit darüber, wie weit bestimmte Grundrechte eingeschränkt werden dürfen bzw. wie konkret mit ihnen umzugehen ist.


Der Unrechtsgehalt der Tat wurde bei Vergewaltigung in der Ehe früher eben gerade nicht erkannt, zumindest nicht in dieser Weise, dass ein Ehemann, der die „ehelichen Pflichten“ seiner Ehefrau durchsetzt, als Vergewaltiger angesehen worden wäre.

Das widerspricht auch nicht zwingend der „Gleichheit vor dem Gesetz“: Der Gleichheitsgrundsatz besagt nicht, dass zwingend alles gleich zu behandeln ist, sondern Ungleichbehandlung ist zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist. Grundsätzlich ist nun einmal vorgesehen, dass Ehepartner Sex miteinander haben, wobei die Ansichten darüber, wie weit bzw. intensiv eine derartige Verpflichtung besteht, divergieren, ebenso zur Frage, ob das durchgesetzt werden darf. Da fand eben ein Wertewandel statt, weg vom Fokus auf die Pflicht der Frau, den Beischlaf zu dulden, hin zum Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Keinesfalls aber besteht irgendeine derartige Verpflichtung der Frau gegenüber fremden Personen. Also wenn man von diesen (früheren) Ansätzen ausging, konnte man durchaus die Ungleichbehandlung begründen.
 
Letztendlich kann man jede Form von Recht pervertieren, auch überpositives Naturrecht, je nachdem, was der Interpret gerade zum Naturrecht/Naturzustand erklärt.
Wie meinst Du das, das jede Form von Recht 'pervers' sein kann? 'pervers' = 'widernatuerlich'.
In jedem Land ist Mord strafbar. Wenn jemand seine Mutter toetet, dann ist es ein auf der ganzen Welt empfundenes Naturrecht den Moerder gehoerig zu bestrafen. Was soll daran an der Bestrafung und dem dazugehoerigem Gesetz 'pervers' sein.Die Tat, nicht dessen Verbot, ist pervers.
Man darf nicht vergessen, dass westliches Rechtsempfinden auf judaea-christlichen Prinzipien aufgebaut ist, wie z.B. auf die 10 Gebote.
Die Sklavenhalterlobby, und später die white-supremacy-Anhänger in den USA, z.B. konnten z.B. im Bezug auf Sklaverei und Bürgerrechte für Afroamerikaner damit argumentieren, dass wegen der Hautfarbe, die Afroamerikaner und die weißen Europäer von der Natur unterschiedlich beschaffen worden seien und was von Natur aus unterschiedlich sei, durch geschriebenes Recht nicht künstlich gleich gemacht werden dürfte, weswegen es nicht angehen könne den Farbigen irgendwelche gleichen Rechte zuzugestehen und weswegen geschriebenes Recht, dass solches postuliere selbst Unrecht sei.

Den Quatsch würde in der heutigen Zeit zwar kein vernünftig denkender Mensch mehr akzeptieren, aber im krass rassistisch und sozialdarwinistisch geprägten mittleren bis späten 19. Jahrhundert und im beginnenden 20. Jahrhundert, ging das in diversen Gesellschaften als valide Argumentation durch.
Das ist eine gaanz andere Baustelle. Vorueber gehende Paradigmen mit kurzer Verfallsdauer.
Die zehn Gebote hingegen sind bestimmt drei oder so tausend Jahre alt und heute noch so gueltig wie frueher. Wieso? Sie reflektieren natuerliches Recht. Nichts 'perverses' dabei. "lex talionis" glaube ich taete einem Staat besser zu , als ultra liberale Kuscheljustiz dem Taeter gegenueber.
 
Zuletzt bearbeitet:
In jedem Land ist Mord strafbar. Wenn jemand seine Mutter toetet, dann ist es ein auf der ganzen Welt empfundenes Naturrecht den Moerder gehoerig zu bestrafen. Was soll daran an der Bestrafung und dem dazugehoerigem Gesetz 'pervers' sein.Die Tat, nicht dessen Verbot, ist pervers.
In der griechischen Mythologie wurde Orestes allerdings (auf Betreiben von Göttin Athene höchstpersönlich) freigesprochen, obwohl er seine Mutter getötet hatte, weil er damit die Ermordung seines Vaters durch seine Mutter gerächt hatte.
Auf die Umstände kommt’s an …
Die zehn Gebote hingegen sind bestimmt drei oder so tausend Jahre alt und heute noch so gueltig wie frueher. Wieso? Sie reflektieren natuerliches Recht.
Ist das so? Tatsächlich verboten sind in den meisten (zumindest den "westlichen") heutigen Rechtsordnungen nur Mord und Diebstahl, also gerade einmal zwei der Zehn Gebote. Dass man nicht ehebrechen soll, ist heutzutage großteils nur noch ein moralisches Gebot, dem zuwiderzuhandeln allenfalls für Scheidungsprozesse eine Rolle spielen kann (wobei auch da der Trend rechtspolitisch weg von der Verschuldensscheidung geht). Auch das mit dem falschen Zeugnis spielt nur noch bei Zeugenaussagen in Verfahren eine Rolle. Der Rest sind religiöse und moralische Vorschriften, die in säkularen Rechtsordnungen rechtlich unverbindlich sind und von großen Teilen der Bevölkerung auch nicht (mehr) als verbindlich angesehen werden.
 
Man kann hunderte Beispiele herauskramen, wenn man behaupten will, dass die rechtsstaatlichen Verhältnisse in der alten Bundesrepublik auch nicht besser gewesen wären als in der DDR. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass sich eine Gesellschaft ständig weiter entwickelt, neue Erkenntnisse und Bewertungen hinzukommen und Fehler oder Mängel in einer offenen, diskursiven, demokratischen Gesellschaft ständig verbessert werden. Rechtsstaat bedeutet Herrschaft des Rechts (in angelsächsischen Ländern: Rule of Law). Auch der Staat muss sich dem Recht unterwerfen. Die Handlungen staatlicher Akteure sind überprüfbar durch Gerichte. Es herrscht keine staatliche Willkür. Voraussetzung dafür ist natürlich strikte Gewaltentrennung, die in Deutschland nicht besonders gut umgesetzt ist (z.B. keine unabhängigen Staatsanwaltschaften oder Bestimmung von Richtern durch Parteien). Die DDR war in diesem Sinne kein Rechtsstaat. Ob sie dann gleich ein Unrechtsstaat war, wage ich allerdings auch zu bezweifeln. Denn das Unrecht herrschte nicht. Die Gesellschaft funktionierte im Rahmen bestimmter Regeln, aber staatliche Akteure konnten willkürlich handeln und sich über Recht und Regeln hinwegsetzen. Dagegen gab es dann kein Rechtsmittel im Sinne eines Rechtsstaats.
 
In der griechischen Mythologie wurde Orestes allerdings (auf Betreiben von Göttin Athene höchstpersönlich) freigesprochen, obwohl er seine Mutter getötet hatte, weil er damit die Ermordung seines Vaters durch seine Mutter gerächt hatte.
Auf die Umstände kommt’s an …
So ein Schmarren.
Irgendwelche Mythen haben nicht mit dem 'hier' und 'jetzt' zuntun.
Ist das so? Tatsächlich verboten sind in den meisten (zumindest den "westlichen") heutigen Rechtsordnungen nur Mord und Diebstahl, also gerade einmal zwei der Zehn Gebote.
Unsinn.
Dass man nicht ehebrechen soll, ist heutzutage großteils nur noch ein moralisches Gebot, dem zuwiderzuhandeln allenfalls für Scheidungsprozesse eine Rolle spielen kann (wobei auch da der Trend rechtspolitisch weg von der Verschuldensscheidung geht).
Stimmt.
Auch das mit dem falschen Zeugnis spielt nur noch bei Zeugenaussagen in Verfahren eine Rolle.
= 'perjury' im englischem Sprachraum. Ist kriminell - unter Schwur luegen - und kann sehr empfindlich teuer werden
Der Rest sind religiöse und moralische Vorschriften, die in säkularen Rechtsordnungen rechtlich unverbindlich sind und von großen Teilen der Bevölkerung auch nicht (mehr) als verbindlich angesehen werden.
Stimmt woertlich nicht. Doch im erweiterten Sinn schon, und in der Praxis sehr wohl und ist auch kodifiziert worden. Z.B. haben alte Leute eine nachvollziehbare Erwartung dass ihre Kinder im Alter nach ihnen schauen. Ich weiss, heute dreht sich's nur einzig und allein um's Geld , jeh schneller die Alten abkratzen desto besser.

Nichtsdestotrotz, die zehn Gebote kann man gut und gerne als moralischen Nordstern betrachten, wer sich danach richtet wird kaum 'auf die schiefe Bahn kommen' Ich weiss, hoert sich altbacken an, isabbaso.
 
So ein Schmarren.
Irgendwelche Mythen haben nicht mit dem 'hier' und 'jetzt' zuntun.
Deine Aussage war: „Wenn jemand seine Mutter toetet, dann ist es ein auf der ganzen Welt empfundenes Naturrecht den Moerder gehoerig zu bestrafen.“

Ganz so einfach ist das aber eben nicht. Es gab und gibt immer wieder Fallkonstellationen, in denen es nicht nur als Recht, sondern sogar als Pflicht empfunden wurde, bestimmte Personen zu töten.
Dazu muss ich nicht einmal in die Mythologie und in die Vergangenheit gehen. Auch heute noch gibt es Gesellschaften mit dem verbreiteten Rechtsempfinden, dass die Ermordung sogar naher Angehöriger erlaubt oder sogar geboten sein kann. Stichwort „Ehrenmord“.
 
Man kann hunderte Beispiele herauskramen, wenn man behaupten will, dass die rechtsstaatlichen Verhältnisse in der alten Bundesrepublik auch nicht besser gewesen wären als in der DDR. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass sich eine Gesellschaft ständig weiter entwickelt, neue Erkenntnisse und Bewertungen hinzukommen und Fehler oder Mängel in einer offenen, diskursiven, demokratischen Gesellschaft ständig verbessert werden. Rechtsstaat bedeutet Herrschaft des Rechts (in angelsächsischen Ländern: Rule of Law). Auch der Staat muss sich dem Recht unterwerfen. Die Handlungen staatlicher Akteure sind überprüfbar durch Gerichte. Es herrscht keine staatliche Willkür. Voraussetzung dafür ist natürlich strikte Gewaltentrennung, die in Deutschland nicht besonders gut umgesetzt ist (z.B. keine unabhängigen Staatsanwaltschaften oder Bestimmung von Richtern durch Parteien).
So weit so gut. Zu mindest in Theorie.
Die DDR war in diesem Sinne kein Rechtsstaat. Ob sie dann gleich ein Unrechtsstaat war, wage ich allerdings auch zu bezweifeln. Denn das Unrecht herrschte nicht.
"Denn das Unrecht herrschte nicht." OMG :eek:Stockholm Syndrom?
Der Katalog wo die DDR gegen anerkannte Menschenrechte verstossen hatte, wird wohl mehre Regalmeter fuellen.
Die DDR hatte die Mehrzahl der in der ' Universal Declaration of Human Rights' aufgelisteten Rechte ignoriert. Hier sei nur eines :
  1. Everyone has the right to leave any country, including his own, and to return to his country.
 
@bibliophile
gibt keine dummen Fragen
"rübermachen" war gleichbedeutend mit Republikflucht. Aus meinen Gesprächen weiß ich, daß "Rübermachen" wenig mit der erlaubten Ausreise zu tun hatte. Es war das typische Wort für Flucht, und zwar vorwiegend in die Bundesrepublik......sprachlich:er/sie hat rübergemacht, wenn die Flucht gelungen war. er/sie macht rüber.....wohl kaum, dann wäre Hohenschönhausen oder Bautzen Endstation.
Für mich war das Wort damals neu.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du erkennst ja selbst, dass die meisten Grundrechte nicht absolut gelten, sondern für bestimmte Fälle mehr oder weniger eingeschränkt werden. Das gilt sogar für das Recht auf Leben: Ist jeder Staat, in dem die (in einem rechtsstaatlichen Gerichtsverfahren verhängbare) Todesstrafe zulässig ist, deswegen automatisch ein Unrechtsstaat? (Bitte keine Diskussion über die USA, Trump etc., zumal es die Todesstrafe u.a. auch in Japan gibt.) Oder die Diskussionen und unterschiedlichen rechtlichen Ansätze (vor allem in Zusammenhang mit der Frage, bis wann Abtreibung zulässig sein soll: gar nicht? Bis zu einer bestimmten Schwangerschaftswoche? Bis zur Geburt? Bis zu einem bestimmten Lebensjahr?), wann das geschützte Leben überhaupt beginnt.

Die Todesstrafe ist eine völlig andere Diskussion. Das der Staat unter bestimmten Umständen das Recht für sich beanspruchen kann Menschen das Leben zu nehmen, ergibt sich ja bereits aus dem Anspruch sich oder seine Rechtsordnung verteidigen zu dürfen.
Im Kriegsfall, wird den zum Wehrdienst eingezogenen Landeskindern sogar offiziell befohlen zu töten, unter bestimmten Umständen ist es Polizeikräften erlaubt, in Abwehr gegenwärtiger Gefahren für Leib und Leben der Einsatzkräfte oder Dritte einen Angreifer zu töten.

Damit ist das Recht auf Leben auch in Zentraleuropa seinem Anspruch nach nicht absolut.
Das Problem, dass ich mit der Todesstrafe sehe ist weniger, dass das Leben ein Rechtsgut ist, dass unter keinen Umständen angetastet werden dürfte, als die fehlende Revidierbarkeit der Entscheidung im Falle von Justizirrtümern ein Quell von Unrecht sein könnte und zummindest innerhalb Europas auch der Wiederspruch zum Gedanken, dass bei der Bestraftung auf die Rehabilitation einer Person hingearbeitet werden soll, was bei der Todesstrafe ebenfalls ausgeschlossen ist.
Insofern, ja, ich halte die Todesstrafe für hochproblematisch. Mit der Begründung, dass zwar so ziemlich jeder Staat das Recht auf Leben als nicht absolut betrachtet, hier aber situativ zu unterscheiden wäre. Einer Person in einem Akt der Gefahrenabwehr das Leben zu nehmen kann alternativlos sein um größeren Schaden zu verhindern und in diesem Fall ist eine ausnahmsweise vorgenommene Einschränkung der Grundrechte z.B. eines Geiselnehmers oder Terroristen sicherlich zulässig, aber nur deswegen weil die Gefahrensituation, die es abzuwehren gilt es möglicherweise gebietet.
Bestrafungen von Tätern, von denen keine Gefahr mehr ausgeht, sind aber ein anderes Thema und hier muss die jederzeitige Überprüfung von Entscheidungen der Gerichte und ihre Revision im Fall des Auftauchens neuer Beweise möglich sein was einerseteits die Todesstrafe für mich als Teil eines ordentlichen Rechtssystems ausschließt und zweitens auch den Bogen zurück zum Thema DDR und Unrecht schlägt, denn die hatte ja bis 1987 in der Todesstrafe festgehalten.

Der Unrechtsgehalt der Tat wurde bei Vergewaltigung in der Ehe früher eben gerade nicht erkannt, zumindest nicht in dieser Weise, dass ein Ehemann, der die „ehelichen Pflichten“ seiner Ehefrau durchsetzt, als Vergewaltiger angesehen worden wäre.
Das kann ja nicht sein, wenn die Tat trotzdem, wenn auch niederschwelliger bestraft werden konnte.

Da ergibt sich für mich insofern ein Problem, dass eine Vergewaltigung ja die Strafbaren Handlungen der Nötigung/sexuellen Nötigung und der Körperverletzung mehr oder weniger vorraussetzt.
Wie kann aber der Unrechtsgehalt einer Handlung, in diesem Fall der Vergewaltigung in der Ehe nicht erkannt worden sein, wenn sie notwendig als Bestandteil Handlungen vorraussetzt, deren Unrechtsgehalt durchaus erkannt und strafbewehrt war?


Wie meinst Du das, das jede Form von Recht 'pervers' sein kann? 'pervers' = 'widernatuerlich'.
Ich meine damit, dass ich es für einen Irrglauben halte, positivem Recht Recht skeptisch gegenüber zu stehen, weil es für Zwecke gebraucht werden kann, die man moralisch möglicherweise als Unrecht empfindet und deswegen die absolute Sicherheit im überpositiven Naturrecht zu suchen.
Naturrecht kann genaus so eingesetzt werden, um Unrecht zu produzieren, je nach dem, wer gerade die Definitionshoheit darüber hat, was der Naturzustand oder die natürlichen Rechte sind.
Eine westeuropäische oder nordamerikanische Gesellschaft mag davon völlig andere Vorstellungen haben, als eine Afrikanische oder Asiatische und letztendlich hat überpositives Recht immer ein Legitimitätsproblem, wenn der Anspruch erhoben wird, dass auf verschiedene Kulturkreise auszudehnen, die von den Inhalten der nicht antastbaren natürlichen Ordnung verschiedene Auffassungen haben.
Das ist am Ende immer ein Streit um den rechten Glauben.

Das ist eine gaanz andere Baustelle. Vorueber gehende Paradigmen mit kurzer Verfallsdauer.
In historischen Kategorien betrachtet, haben die meisten Vorstellungen eine kurze Verfallsdauer. Mit Naturrechten für "Rassendiskriminierung" zu argumentieren, hat in Europa und den Amerikas 150-200 Jahre durchaus funktioniert und funktioniert in bestimmten Teilen der Welt vermutlich heute noch.

Die zehn Gebote hingegen sind bestimmt drei oder so tausend Jahre alt und heute noch so gueltig wie frueher. Wieso? Sie reflektieren natuerliches Recht.
Na hoffentlich nicht. Sie beeinhalten immerhin eine Forderung nach erzwungener Religion (1. Gebot), Einschränkung von Meinungsfreiheit (2. Gebot), die Forderung die eigenen Eltern zu ehren unabhängig davon, wie die ihre Kinder möglicherweise misshandelt haben (4. Gebot), sie beeinhalten technisch eine Forderung nach Zwangsehe, wenn postuliert wird, dass Ehebruch zu unterbleiben hat* (6. Gebot) und dass die Möglichkeit des Besitzes anderer Menschen impliziert wird (10. Gebot).**

Die Hälfte dieser 10 Gebote halte ich aus moderner Perspektive offen gesagt für ziemlich barbarisch, und mit moderner Rechtsauffassung in Europa und den Amerikas hat das zum Glück nicht mehr viel zu tun.

Übrigens, wenn diese 10 Gebote natürliches Recht reflektierten, dann müsstest du ja anerkennen, dass das Naturrecht, die Einschränkung der Glaubensfreiheit und die Sklaverei ausdrücklich erlaubt. Insofern bestätigst du damit sehr schön den Einwand, dass auch Naturrecht zu Unrecht führen kann.

Die DDR, wo jeder taeglich unter Angst gelebt hatte, ein boeser Spuk, ein schlimmer Albtraum. Wer aus 'der' Hoelle ohne seelischen Knacks rauskam, der musste schon viel Glueck gehabt haben.
Unrechtsstaat bedeutet nicht, dass jeder automatisch täglich in Angst lebt. Wenn das in der DDR der Fall gewesen wäre, hätte dieses Regime sich nicht 40 Jahre halten können.
De facto ist es für die Bewohner diverser Unrechtsregimes durchaus möglich sich mit dem System zu arrangieren, wenn das System klar definiert, welche Verhaltensweisen es toleriert und welche es bestraft.

Das ist nicht möglich in Staaten, die mit dem Unrecht, dass sie produzieren auf Rassismus abzielen, und damit auf unveränderliche genetische Merkmale (sie seien tatsächlich oder eingebildet), die vom Unrecht betroffene Gruppen nicht ablegen können um sich der Repression zu entziehen, wie im Nationalsozialismus oder in Staaten in denen Unrecht keine klar definierte Richtung verfolgt und in denen sich die Spielregeln, welche Verhaltensweisen das Regime akzeptiert und welche sie bestraft zum teil oft und abrupt ändern, wie es zeitweise in der Sowjetunion der Fall war, im Besonderen in der Stalin-Zeit.
Verglichen damit war das DDR-Regime in Sachen Repression aber relativ berechenbar, machte eigentlich keine Vorgaben, die Teile der Bevölkerung auf Grund äußerer Merkmale nicht erfüllen konnten und gab damit der Bevölkerung im Großen und ganzen die Möglichkeit sich damit zu arrangieren ohne tagtäglich Angst haben zu müssen, was die meisten DDR-Bürger auch taten.

Dokumentationen und Berichte über das Leben in der DDR, die diesen Staat als Ort schilderten, wo permanente Angst allgegenwärtig gewesen wäre konzentrieren sich häufig auf Personen oder Gruppen, die aus verschiedenen Gründen nicht zur Anpassung bereit waren und deswegen permanent von Repression bedroht waren, die Möglichkeit sich anzupassen und dabei weitgehend unbehelligt zu bleiben hätten sie aber in der Regel gehabt, wenn sie sich dafür entschieden hätten.


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* hier müssen wir bitte berücksichtigen, dass der Text in einer Zeit verfasst wurde, in der ehe kein bloßer freiwilliger Vertrag zwischen zwei Menschen war, sondern, in dem Ehen, zum Teil arrangiert wurden, während diejenigen, die da verheiratet wurden oder werden sollten da zum Teil wenig mitzureden hatten, teilweise noch Heranwachsende waren.
** Moderne Übersetzungen sprechen bei den Dingen, die nicht begehrt werden sollen ja von "Magd" und "Knecht", in der lateinischen Version steht da aber auch das Wort "servum", (akk. von servus) was sich zeitgenössisch eher als "Sklave" übersetzen lässt, auch wenn es den europäischen Reformatoren und Übersetzern der Bibel vielleicht zeitgemäßer erschien, hier nicht von "Sklaven" zu reden, sondern sich mehr an der eigenen Feudalordnung zu orientieren, als an der antiken Sklavenhaltergesellschaft Untitled Document . Und der Umstand, dass die Frau des Nächsten da unter dessen Eigentum gerechnet wird, ist auch ein kleines Bisschen bedenklich aus modernerer Perspektive, auch wenn das in der Antike sicherlich nicht ungewöhnlich war das so zu sehen.
 
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@Shinigami, wenn Du der Meinung bist, dass in Ostberlin die Repression größer gewesen wäre, dann schau Dir die Schicksale der vom Westen "freigekauften" Opfer der Repression aus der Provinz an.
Mit der Auffassung "die waren ja nur nicht genug angepasst" stellst Du Dich völlig ins Abseits. Auf dem Boden ist ein Kreidestrich zwischen Rechtsstaat und Unrechtsstaat, und die DDR war weit davon entfernt.

Apropos Rechtsstaat: Wo war denn die erfolgreiche Revision, in der übergeordneten juristischen Instanz, eines der Opfer der Urteile? Wo war denn jemals ein Gerichtsurteil das revidiert wurde, mit dem Urteil "Hier hat der Staat das Recht eines Bürgers verletzt!". Das wäre ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit.

@Shinami, als Advocatus diaboli hättest Du versagt.
 
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Mich beschäftigt aber in diesen Zusammenhang immer wieder die Frage:
  • war das Ende ist „totalen II. Wk“ (so Lügenbaron Goebbels) und dessen Ausgang nun das Ende des deutschen Staates
  • oder Nicht? Mehr so was ähnliches wie der Staat hatte aufgehört zu existieren?
Es wäre aber bei einer Beantwortung für mich wünschenswert, wenn man von eeellenlangen Beiträgen absieht.
 
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@Ralf.M: Deine Frage ist schon lange geklärt, hat aber nichts mit dem Thema zu tun. Vielleicht wäre das ein eigenes Thema, das Du mit Deinem Beitrag beginnen könntest. Als Diskussionsgrundlage aber der Beitrag von @silesia:

Betreffend Wortwahl:

Die Bundesrepublik Deutschland ist völkerrechtlich kein "Rechtsnachfolger" des Deutschen Reiches, sondern völkerrechtlich identisch mit dem Deutschen Reich, ein-und-dasselbe Völkerrechtssubjekt.

Das ist nicht nur ständige Rechtsprechung des BVerfG, sondern auch von der Staatengemeinschaft anerkannt.
 
Auf jeden Fall gilt, dass das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit in der DDR nicht verankert war: Den Bürger vor Machtmissbrauch durch den Staat und seine Institutionen zu schützen.

Es galt die Prämisse, dass der Wille des Volkes in Verfassung und Staat realisiert war, ein Missbrauch und ein Widerstandsrecht waren in diesem System aufgrund dieser Prämisse weder vorgesehen noch möglich.

Fehlende Rechtsstaatlichkeit ist aber nicht identisch mit der Definition eines "Unrechtsstaates".
 
@Shinigami, wenn Du der Meinung bist, dass in Ostberlin die Repression größer gewesen wäre, dann schau Dir die Schicksale der vom Westen "freigekauften" Opfer der Repression aus der Provinz an.
Ich habe nicht geschrieben, die Repression wäre in Ostberlin größer gewesen, sondern die Präsenz der Staatsmacht und des MfS.

- Ostberlin war politische Schaltzentrale der DDR.
- Ostberlin lag direkt an der Grenze zu Westberlin, so dass es einen geeigneten Ausgangspunkt für Fluchtversuche darstellte.
- Ostberlin war der Teil der DDR, wo die Weltöffentlichkeit am ehesten hinschaute.
- Berlin und damit auch Ostberlin, war ein Hotspot der internationalen Spionage während des kalten Krieges.

Es ist vollkommen klar, dass die Überwachungsdichte hier größer war, als irgendwo in Cottbus, Leipzig, Jena, Erfurt oder Neubrandenburg, wo nicht die Zentrale der Macht war, wo das Ausland nur bedingt drauf schaute, wo Spionage weit weniger interessant war und wo man auch so weit von der Grenze weg war, dass von dort aus kaum Fluchtversuche denkbar waren.

Und es ist ebenfalls klar, dass für Personen, die die Mauer, mitsamt ihres Todesstreifens, ihrer Wachtürme und bewaffneten Grenzsoldaten jeden Tag in ihrer Umgebung sahen, der Eindruck der Repression wesentlich präsenter gewesen sein muss, als zig Km abseits davon, wo das nicht andauernd ins Auge sprang.

Mit der Auffassung "die waren ja nur nicht genug angepasst" stellst Du Dich völlig ins Abseits. Auf dem Boden ist ein Kreidestrich zwischen Rechtsstaat und Unrechtsstaat, und die DDR war weit davon entfernt.
Ich weiß nicht, wo du diese Auffassung bei mir gelesen haben möchtest.

Ich habe nirgendwo geschrieben, dass sich die Bevölkerung einfach nur mehr hätte anpassen müssen. Damit würde ich das DDR-Regime rechtfertigen und dass das nicht auf meiner Argumentationslinie liegt, geht, denke ich daraus hervor, dass ich die DDR ausdrücklich als "Unrechtsstaat" benannt habe.

Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass man bei filmischen Dokumentationen mal darauf achten müsste, wer dort zu Wort kommt und von Angst wegen staatlicher Repression berichtet. Das ist in der Regel nicht der Durschnitts-DDR-Bürger aus der Provinz, sondern dass sind in der Regel Leute, die sich als angehörige kirchlicher Organisationen, dem Staat suspekter Jugendgruppen, durch Halten von Auslandskontakten in irgendeiner Form, durch Imitation aus dem Westen/Amerika importierter Kulturformen (z.B. Musik) etc. oder dem Staat unliebsame Äußerungen in einer Weise verhielten, dass sie wussten, dass das MfS sie wahrscheinlich auf dem Radar haben würde.

Das diese Leute Angst hatten und zwar berechtigte Angst, dass staatliche Repression sie jederzeit treffen könnte, liegt auf der Hand, weil sie eben wussten, dass sie da Dinge taten, die das Regime nicht gerne sah.
Demgegenüber hätten sich die Leute auch für Anpassung entscheiden können, dafür sich von allem, was das Regime nicht mochte fern zu halten, dafür brav die gesellschaftlichen Vorfeldorganisationen der SED zu durchlaufen und in die SED selbst einzutreten. Wenn sie das getan hätten, wären sie unter dem Radar der staatlichen Überwachung geblieben oder hätten allenfalls niedrigschwelliges Interesse hervorgerufen und dann dürfte auch der Level an Angst vor dem Regime wesentlich geringer gewesen sein.

Ich sage mitnichten, dass sie das hätten tun sollen, es ist ja durchaus verdienstvoll, dass es Leute gab, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf Alltagsebene nonkonformes Verhalten zeigten und sich dem Bevormundungsanspruch des Staates widersetzten, aber sie hätten eben in der Regel die Möglichkeit gehabt sich auch anders zu entscheiden.
90% der Mitglieder einer Gesellschaft, in der ein diktatorisches Regime entsteht oder vorherrscht verhalten sich allerdings erfahrungsgemäß anders und in der Weise, wie das für sie am Bequemsten ist. Im Modus der Anpassung, der in der Regel dafür sorgt, dass sie keine Angst vor dem Regime haben müssen, der Preis ist dann Eben das Ertragen von Unfreiheit.

Apropos Rechtsstaat: Wo war denn die erfolgreiche Revision, in der übergeordneten juristischen Instanz, eines der Opfer der Urteile? Wo war denn jemals ein Gerichtsurteil das revidiert wurde, mit dem Urteil "Hier hat der Staat das Recht eines Bürgers verletzt!". Das wäre ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit.
Ich hatte doch ausdrücklich geschrieben, dass ich die DDR nicht für einen Rechtsstaat halte, sondern im Gegenteil für einen Unrechtsstaat.

Ich hatte lediglich darauf hingewiesen, dass andere Sichtweisen durchaus legitim sein könnten, je nachdem, wie man den Begriff "Unrechtsstaat" versteht, nämlich dann, wenn man ihn so versteht, dass keinerlei rechtsstaatliche Elemente vorhanden gewesen wären.
Ich hatte klar darauf hingewiesen, dass in der DDR, sobald es um politische Delikte oder überhaupt um Überschneidung von Politik und Recht ging, es sich um einen Willkürapparat handelte.
Demgegenüber hatte die DDR allerdings eine durchaus eine weitgehend funktionierende Justiz wenn es um andere Dinge aus dem Bereich nichtpolitischer Kriminalität, Zivilangelegenheiten etc. ging.

Damit habe ich lediglich darauf hingewiesen, dass es rechtsstaatliche Elemente in der DDR durchaus gab (nur eben nicht in allen Bereichen) und dass von dem her, jemand, der den Begriff des Unrechtsstaates so definiert, dass es sich dabei um die vollständige Abwesenheit rechtsstaatlicher Elemente handelte, zu dem Schluss kommen könnte, dass das auf die DDR nicht zuträfe.
Mein Standpunkt ist das nicht, aber er wäre, da der Begriff "Unrechtsstaat" kein verbindlich definierter Begriff ist, der das ausschließen würde legitim.

@Shinami, als Advocatus diaboli hättest Du versagt.
Es war überhaupt nicht meine Absicht den advocatus diaboli zu spielen.

Sondern lediglich darauf hinzuweisen:

1. Der Umstand, dass es sich um ein Unrechtsregime handelt, nicht automatisch bedeutet, dass es sich gegenüber jedem Bewohner terroristisch oder repressiv verhält und dementsprechend jeder Bewohner eines solchen Staates täglich in Angst lebt, weil es in einem autoritäten aber nicht totalitären Regime weitgehend die Möglichkeit gibt, sich durch Anpassung oder Rückzug ins Private vor Repression zu schützen und dass der Weg ist, den der Großteil der Bevölkerung erfahrungsgemäß geht.
2. Das der Begriff "Unrechtsstaat" nicht verbindlich definiert ist, sondern interpretiert werden kann und dass je nach Interpretation, die Diskussion um die DDR ihre Berechtigung hat. Definiert man den Begriff "Unrechtsstaat" dahingehend, dass es sich um ein System handelt, dass systematisch Unrecht produziert, war die DDR ein solcher. Das kommt ja bereits in der Verfassung des Artikels 6 der Verfassung von 1949 zum Ausdruck, der sich soweit ausdehnen und interpretieren ließ, dass man letztendlich alles, was dem Regime nicht gehehm war als "Kriegs- und Boykotthetze" strafrechtlich verfolgen konnte. Das ist dann natürlich allenfalls noch die Parodie von Recht und auf jeden Fall systematisch darauf ausgelegt den Raum für Willkür zu öffnen.
Versteht man den Begriff "Unrechtsstaat" aber dahingehend, dass es sich um das Gegenteil von "Rechtsstaat" in dem Sinne handelte, dass es entweder kein geschriebenes Recht gäbe oder aber überhaupt keine rechtsstaatlichen Traditionen und dass alles Willkühr sei, dann sieht das anders aus.
In der DDR waren die Beziehungen zwischen Staat und Bürger der Willkür unterworfen und der Bürger hatte faktisch keine oder kaum einklagbare Rechte dem Staat gegenüber. Sehr wohl aber gegenüber seinen Mitbürgern und der Teil der Justiz, der in der DDR die Rechtsgüter seiner Bürger gegen Eingriffe anderer Bürger schützte, funktionierte auch weitgehend.

Insofern hat die Diskussion grundsätzlich eine Darseinsberechtigung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gefragt war nach der

Definition eines "Unrechtsstaates"

Von welcher Definition gehst Du aus?
Gibt es Deiner Meinung nach eine verbindliche Definition?

Während über die Definition des Begriffes „Rechtsstaat“ in der wissenschaftlichen Literatur vergleichsweise Einigkeit besteht und dieser oftmals als positiver Bezugspunkt, wenngleich mit unterschiedlicher Akzentuierung, in der politischen Diskussion verwandt wird, ist die Definition und Verwendung des Begriffs „Unrechtsstaat“ in Forschung und Politik vor allem in Bezug auf die DDR in hohem Maße umstritten. Während man einen Rechtsstaat kurz und allgemein gefasst als einen Staat definieren kann, der die Staatsgewalt durch Recht beschränkt und kontrolliert und bei dem verschiedene rechtsstaatliche Elemente unterschieden werden können, lässt sich in der Forschung eine konsensfähige positive Definition des Begriffes „Unrechtsstaat“ nicht finden. Als kleinster gemeinsamer Nenner in der wissenschaftlichen Literatur kann allenfalls gelten, dass ein Unrechtsstaat ein Staat ist, in dem wesentliche Prinzipien des Rechtsstaats nicht verwirklicht sind.

 
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