Unter diesem Zeichen wirst Du siegen

Le juif

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Ich habe mal irgendwo gelesen, dass die Geschichte von Konstantins Sieg an der Milvischen Brücke keineswegs auf dem Christlichen Zeichen auf den Schildern seiner Legionen beruht, sondern dass es sich um Christliche Propaganda handelt. Die Heerzeichen der Legionen ähnelten lediglich dem Christusmonogramm. Weiss jemand dazu Näheres und kann mich ein bißchen schlau machen?

Liebe Grüße

Le juif
 
Ich habe mal irgendwo gelesen, dass die Geschichte von Konstantins Sieg an der Milvischen Brücke keineswegs auf dem Christlichen Zeichen auf den Schildern seiner Legionen beruht, sondern dass es sich um Christliche Propaganda handelt. Die Heerzeichen der Legionen ähnelten lediglich dem Christusmonogramm. Weiss jemand dazu Näheres und kann mich ein bißchen schlau machen?

Über die Vision Konstantins vor der Schlacht an der Milvischen Brücke berichten mehrere Quellen. Ganz zeitnah ist der Bericht des Lactanz, den er im Jahr 317 verfasste (de mortibus persecutorum (Lact. m.p. 44,1–9). Dort erzählt er von einem Traum, der Konstatin dazu veranlasste, christliche Kreuze auf den Schilden anzubringen.

Ferner gibt es eine ebenfalls zeitgenössische Quelle des Bischofs Eusebios von Caesarea, enthalten in der Vita Constantini (Eus. v. C. 1,27–32). Dort findet sich die bekannte Version: Konstantin und sein Heer hätten vor der Schlacht ein Kreuz am Himmel gesehen und die Worte gehört: "Durch dieses (Zeichen) siege." In einem Traum sei Christus dem Konstantin nochmals erschienen und habe die Verwendung des Kreuzes als Zeichen des Sieges bekräftigt.

Es ist denkbar, dass ein wahrer Kern hinter diesem Ereignis steckt, und Konstantin möglicherweise ein atmosphärisches Phänomen am Himmel sah, das er entsprechend deutete. Vollständig lässt sich heute nicht mehr entwirren, was Sage und christliche Zutat des Eusebios ist. Wie sich Konstantin wirklich gegenüber Eusebios äußerte, wissen wir nicht.
 
Hallo Dieter,

die von Dir angeführten Quellen sind mir bekannt, aber beide favorisieren die Auffassung, dass Konstantin einen Traum und eine Vision hatte. Da die Entwicklung des Labarums erst um 320 stattfand, kommt es wohl irgendwie für die Zeit um 312 nicht in Frage.

Liebe Grüße

Le juif
 
Hallo Dieter,

die von Dir angeführten Quellen sind mir bekannt, aber beide favorisieren die Auffassung, dass Konstantin einen Traum und eine Vision hatte. Da die Entwicklung des Labarums erst um 320 stattfand, kommt es wohl irgendwie für die Zeit um 312 nicht in Frage.

Das so genannte Labarum ist erst 327 eindeutig belegt, was ein füheres Vorkommen nicht ausschließt.

Wichtig ist, was Konstantin zu sehen glaubte, oder was er vorgab, zu sehen. Das zeigt eine Neuorientierung seiner Politik, ganz unabhängig davon, ob er wirklich himmliisch-christlichen Einfluss am Werke sah.
 
Ich denke, dass Du mit diesem Satz eine Kernaussage getroffen hast, die allerdings meine Frage nicht beantwortet.

Wenn wir davon ausgehen, dass sich Konstantin analog zu den Quellen äußerte, kann man das nicht als "Propaganda" bezeichnen. Es ist eine politisch gewollte Neuausrichtung der Innen- und Religionspolitik.
 
Ausgeschlossen werden kann jedenfalls eine Ähnlichkeit römischer Heerzeichen. Ob alter Adler, Fahne, Schwurhand, Kaiserbild oder Draco – sie alle haben keine entfernte Ähnlichkeit mit dem Christogramm.
Was römischen Feldzeichen gemein ist: es sind allesamt Götterbilder, denen üblicherweise Verehrung entgegengebracht wurde (Opfer, Aufbewahrung im Fahnenheiligtum, Trauer und Bestürzung bei Verlust z. B. an die Parther und Frohlocken bei der Rückgabe). Constantins Entscheidung, nicht mit diesen Götterbildern sondern mit christlichen Symbolen in die Schlacht zu ziehen kann einen Motivationsschub bei einem überwiegend christlichen Heer bewirkt haben.
 
Das vexillum soll aber schon eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Christusmonogramm aufweisen und die Lanze mit der Querstrebe erinnert auch ans Kreuz, oder bin ich da jetzt gänzlich auf dem Holzweg?
 
Ausgeschlossen werden kann jedenfalls eine Ähnlichkeit römischer Heerzeichen. Ob alter Adler, Fahne, Schwurhand, Kaiserbild oder Draco – sie alle haben keine entfernte Ähnlichkeit mit dem Christogramm.
Was römischen Feldzeichen gemein ist: es sind allesamt Götterbilder, denen üblicherweise Verehrung entgegengebracht wurde (Opfer, Aufbewahrung im Fahnenheiligtum, Trauer und Bestürzung bei Verlust z. B. an die Parther und Frohlocken bei der Rückgabe). Constantins Entscheidung, nicht mit diesen Götterbildern sondern mit christlichen Symbolen in die Schlacht zu ziehen kann einen Motivationsschub bei einem überwiegend christlichen Heer bewirkt haben.

Christliche Soldaten der Legio XII. Fulminata unter dem Kommando des hl Donatus reklamierten auch das Blitz- und Regenwunder im Quadenland 173 für sich, das auch auf der Marc Aurelsäule in Rom abgebildet ist.
 
Das vexillum soll aber schon eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Christusmonogramm aufweisen und die Lanze mit der Querstrebe erinnert auch ans Kreuz, oder bin ich da jetzt gänzlich auf dem Holzweg?

Bist Du. Das Kreuz hatte noch lange Jahrhunderte vor sich, bevor es Leitsymbol wurde. Beim Vexillum gab es, soweit ich das feststellen kann, mehrere Systeme der Fahne-an-der-Stange-halte-Technik; im British Museum, Limesmuseum Aalen und Römermuseum Weißenburg sah ich verschiedene. Außerdem kam es beim Vexillum drauf an, was drauf abgebildet war.
 
Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Verbindung Konstantin <> Christentum in erster Linie quellenbedingt ist. Bei Eusebius ist Konstantin sozusagen ein "Erlöser" oder wird mit Moses vergleichen und sowas, er zitiert sogar entsprechende Bibelstellen. Außerdem wird die Schlacht an der Milvischen Brücke gewonnen, indem Gott persönlich eingreift. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll...

In Konstantins Hinwendung zum Christentum (z.B. erwähnt er eine "göttliche Hilfe" in der Inschrift am Konstantinsbogen... die er ja sicherlich irgendwie "erlaubt" hat, bevor die da aufgehängt wurde) sehe ich persönlich eher einen Versuch, Christen und "römisch-religiösen Traditionalisten" ;) gleichermaßen gerecht zu werden. Zu dem Zeitpunkt (312-15 in dem Dreh) glaubte er bestimmt noch nicht ernsthaft an christlich göttliche Siegeszeichen- und Visionen... das scheint mir eher eine Erfindung der Quellen zu sein, die den Sieg so toll fanden und selber eben Christen waren und Konstantin dann als "Heiligen" verehrten, weil er später ganz nett zu ihnen war, weil es vielleicht auch nicht mehr anders ging, da es viele viele Christen im Reich (und im Heer) gab.

Oder er hat wirklich irgendwas am Himmel gesehen, z.B. ein Halo, und dann halt ein einfaches Kreuz auf die Schilde malen lassen. Es kann ja sein, dass ein Halo so aussieht. Jedenfalls glaube ich nicht an Träume, Visionen oder Zeichen am Himmel, das muss eine natürliche Erklärung haben. Wenn man es sich anders erklären will, muss man meiner Meinung nach selber glauben, aber das ist für mich nix. Womit ich nicht sagen will, dass das nicht ok wäre, wenn man das tut und die Sache dann entsprechend anders bewertet.
 
Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Verbindung Konstantin <> Christentum in erster Linie quellenbedingt ist. Bei Eusebius ist Konstantin sozusagen ein "Erlöser" oder wird mit Moses vergleichen und sowas, er zitiert sogar entsprechende Bibelstellen. Außerdem wird die Schlacht an der Milvischen Brücke gewonnen, indem Gott persönlich eingreift. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll...
unzweifelhaft favorisierte Konstantin das Christentum, in seiner Regierungszeit fand der Donatistenstreit statt, das Konzil von Nicaea und selbst - selbst ein paganer Autor wie Eunapius lässt an der Hinwendung Konstantins zum Christentum keinen Zweifel (mag es sich dabei auch zeitweilig um eine synkretistische Haltung des Kaisers gehandelt haben)

dass die milvische Brücke zu einer Art primordialer Tat gemacht wird, scheint eine Mixtur aus antiker Tradition und Saulus-Paulus zu sein.
 
Ich habe mal irgendwo gelesen, dass die Geschichte von Konstantins Sieg an der Milvischen Brücke keineswegs auf dem Christlichen Zeichen auf den Schildern seiner Legionen beruht, sondern dass es sich um Christliche Propaganda handelt. Die Heerzeichen der Legionen ähnelten lediglich dem Christusmonogramm. Weiss jemand dazu Näheres und kann mich ein bißchen schlau machen?

Liebe Grüße

Le juif

Dazu gibt es umfangreiche Ausführungen in Bardill, Constantine - Divine Emperor of the Christian Golden Age, 2011, S. 148/168, der die Literaturdiskussion ebenso akribisch aufarbeitet wie die Schriftquellen, Münzfunde, Gräberfunde etc. zwischen 312/327. Er hält auch fest, dass die exakte Interpretation des Zeichens auf den Ticinum-Medaillons unklar ist, und nicht hinreichend als christliches Zeichen gedeutet werden kann, möglicherweise aber Autoren wie Eusebius angeregt haben kann, das hineinzudeuten.

Die Herleitung ist allerdings zu umfangreich, als dass sie hier zusammengefasst werden kann. Du solltest Dir bei Interesse das Buch mal in einer Bibliothek ausleihen.
 
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Soweit ich weiß gibt es bei Eusebius noch das Problem, dass er den Tod des Maxentius mit dem des ägyptischen Pharaoh am Schilfmeer parallelisiert. Allerdings schrieb er ja zu Lebzeiten Konstantins und dürfte deshalb nicht gerade Behauptungen aufgestellt haben, die dem Kaiser völlig widerstrebt hätten. Es kann also davon ausgegangen werden, dass Konstantin selbst diese heilsgeschichtliche Interpretation zumindest nicht ablehnte.
 
Übrigens gehen einige Althistoriker offenbar davon aus, dass der Traum eine sekundäre Angleichung an biblische Gestalten wie Josef und Jakob ist und Konstantin dass Zeichen stattdessen als Flimmern in der Luft wahrgenommen haben könnte. Es wäre dann zumindest nicht völlig ausgeschlossen, dass er hierin in irgendeiner Form ein göttliches Zeichen gesehen haben könnte.
 
Soweit ich weiß gibt es bei Eusebius noch das Problem, dass er den Tod des Maxentius mit dem des ägyptischen Pharaoh am Schilfmeer parallelisiert. Allerdings schrieb er ja zu Lebzeiten Konstantins und dürfte deshalb nicht gerade Behauptungen aufgestellt haben, die dem Kaiser völlig widerstrebt hätten. Es kann also davon ausgegangen werden, dass Konstantin selbst diese heilsgeschichtliche Interpretation zumindest nicht ablehnte.
Kein Widerspruch gegen die Schlussfolgerung, nur ein Hinweis: Das mit dem Tod von Maxentius und der Vergleich mit dem Tod des Pharao stehen nicht in der "Kirchengeschichte", sondern in der Konstantin-Biographie, und die schrieb Eusebius erst nach dem Tod des Kaisers. Das gilt auch für die Geschichte der Kreuzerscheinung am Himmel.
Trotzdem hat Eusebius auch in der Biographie erst gar kein Hehl daraus gemacht, dass es ihm um eine Verherrlichung des Kaisers und primär eine Darstellung von dessen "Christlichkeit" ging, und außerdem herrschten damals Konstantins Söhne.
 
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