Ursprünge des Christentums

Jene Gemeinschaften, die sich zwar zu Christus (als den in der Tora verheißenen Messias) bekannten, dennoch aber an den jüdischen Messiasvorstellungen, an jüdischen Gebräuchen und am Gesetz festhielten, wandten sich gleichermaßen von Kirche und Synagoge ab.
Andersherum: Den Judenchristen wurde von den Juden der Zutritt zu den Synagogen verwehrt, und später waren sie von antijudaistischen Strömungen in der Kirche mitbetroffen. Sie wurden also von beiden Seiten - Juden und Heidenchristen - ausgegrenzt und saßen zwischen allen Stühlen.

Die Entwicklung der unterschiedlichen christologischen Positionen lässt sich gut an den Quellen zu den judenchristlichen Ebioniten festmachen. Für die Ebioniten war Jesus ein einfacher Mensch (siehe bei Kerinth), sie hielten am Gesetz und an der Bescheidung fest, beides war für sie unabdingbare Voraussetzung zur Erlösung. Paulus galt ihnen als Verräter. Sie benutzen ein entsprechend adaptiertes "Matthäusevangelium" (siehe Irenäus, Adv. Haer. I 26,2) und die Grundschriften der Pseudoclementinen.

Kerinth wird in den "Epistula Apostolorum" "Pseudoapostel" (Übers. K. Berger "Feind unseres Herrn Jesus Christus") genannt, für ihn war Jesus ein natürlicher Mensch, ausgezeichnet durch Klugheit, Weisheit und Gerechtigkeit. Bei der Taufe sei Christus in Gestalt einer Taube auf Jesus herabgekommen, er habe dann den "unbekannten Vater" verkündet und Wunder vollbracht. Nur Jesus habe am Kreuz gelitten und sei gestorben, denn der Christus habe ihn vor seinem Tode verlassen (Adv. haer. I,26,1).

Die Christologie des Judenchristentums war offenbar zu dieser Zeit schon zu einem guten Teil gnostisch und doketisch beeinflusst und mit jener der frühen Kirche (aber auch mit den Christologien der heutigen Kirchen) nicht vereinbar.
Von diesen Sekten kann man nicht auf alle Judenchristen schließen. Zumindest die frühen Judenchristen bejahten sehr wohl die Gottessohnschaft Jesu. Immerhin enthält das NT heute noch ein paar judenchristliche Schriften.
 
Andersherum: Den Judenchristen wurde von den Juden der Zutritt zu den Synagogen verwehrt, und später waren sie von antijudaistischen Strömungen in der Kirche mitbetroffen.
Zur Zeit der Jerusalemer Gemeinde wurde den Jesusanhängern der Zutritt zur Synagoge nicht verwehrt. Siehe Apg 13,5.14; 17,17; 18,4.19.26 und 19,8.

In Ephesus hatte Paulus Gelegenheit, drei Monate lang in der Synagoge die Lehren Jesu zu predigen. Warum sollte Judenchristen der Besuch der Synagoge zu dieser Zeit schon verwehrt gewesen sein?

Sie wurden also von beiden Seiten - Juden und Heidenchristen - ausgegrenzt und saßen zwischen allen Stühlen.
"Die Verfolgung der Kirche von Jerusalem" (Apg 8,1) beschränkte sich auf die hellenistische Gruppe und auf deren führende Köpfe. Die "Judenchristen" der Gemeinde blieben unbehelligt. Sie dürften mit der Obrigkeit gut ausgekommen sein.

Zwischen allen Stühlen saßen sie erst, als sich judenchristliche Sekten zu bilden begannen. Das deckt sich mit meinem Kenntnisstand.

Von diesen Sekten kann man nicht auf alle Judenchristen schließen.
Warum kann man das nicht? Die Quellenlage ist dürftig. Welche Belege zu "anderen Judenchristen" des ausgehenden 1. und der ersten Hälfte des 2. Jhts nC hättest Du anzubieten?

Zumindest die frühen Judenchristen bejahten sehr wohl die Gottessohnschaft Jesu. Immerhin enthält das NT heute noch ein paar judenchristliche Schriften.
Natürlich! Könnten wir das anhand von Textstellen diskutieren?

Selbst bei 2Petr vermuten manche einen hellenistisch gebildeten Judenchristen als Verfasser. Aber was sagt das schon. Ein hellenistisch gebildeter Jude (und Christ) war Paulus auch gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Zeit der Jerusalemer Gemeinde wurde den Jesusanhängern der Zutritt zur Synagoge nicht verwehrt. Siehe Apg 13,5.14; 17,17; 18,4.19.26 und 19,8.

In Ephesus hatte Paulus Gelegenheit, drei Monate lang in der Synagoge die Lehren Jesu zu predigen. Warum sollte Judenchristen der Besuch der Synagoge zu dieser Zeit schon verwehrt gewesen sein?
Von dieser Zeit sprach ich auch nicht. Der Zutritt zu den Synagogen wurde den Judenchristen erst ab Ende des 1. Jhdts. verwehrt.

Warum kann man das nicht? Die Quellenlage ist dürftig. Welche Belege zu "anderen Judenchristen" des ausgehenden 1. und der ersten Hälfte des 2. Jhts nC hättest Du anzubieten?
Für das ausgehende 1. Jhdt. nur die in dieser Zeit entstandenen judenchristlichen Teile des NT.
 
Von dieser Zeit sprach ich auch nicht. Der Zutritt zu den Synagogen wurde den Judenchristen erst ab Ende des 1. Jhdts. verwehrt.
Zu dieser Zeit allerdings waren aber auch die Sekten, die aus dem Judenchristentum hervorgegangen sind, schon aktiv. Ebioniten Kerinthianer, Elkesaiten, etc.

Und mit diesen wollten weder Juden noch Christen ihre Bethäuser teilen

Für das ausgehende 1. Jhdt. nur die in dieser Zeit entstandenen judenchristlichen Teile des NT.

Ich diskutiere solche Fragen gerne anhand von Beispielen.

125-130 nC wäre der jüngste judenchristliche Text des NTs zu datieren, wenn man die Autorenschaft von 2Petr einem Judenchristen zugestehen will, wie es viele Theologen tun.

In diesem Text allerdings finde ich eher Pantheistisches als Jüdisches vor.
 
Sehr interessante Fragen tun sich da auf!
Kann man denn für das erste und womöglich auch die erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts schon von "Christentum" sprechen, oder ist das nicht vielleicht die Entstehungsphase der Buchreligion? Und eine leichte Entstehung hatte diese innerhalb der griech.-röm. Welt ja nun nicht gerade.
 
Immerhin wurden die Christen dieser Zeit spätestens ab Nero auch schon von außen als Christen wahrgenommen.
"Entstehungsphase" ist relativ. Veränderungen gab es schließlich immer wieder. Aber grundsätzlich hatte sich mit dem Wirken von Paulus das herausgebildet, was das Christentum ausmacht und allen relevanten Konfessionen heute noch gemein ist.
 
Kann man denn für das erste und womöglich auch die erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts schon von "Christentum" sprechen, ...
Die Rede von "Urkirche" und von "Alter Kirche" suggeriert eine Einheit, die es nie gegeben hat.

Es gab sehr bald eine Reihe eigenständiger Gemeinden, die sich als Christen verstanden. Sie standen miteinander oft nur lose in Verbindung. Von ihrer Umgebung wurden sie häufig noch als jüdische Sekte wahrgenommen.

Die Texte, die in diesen Gemeinden in Gebrauch standen, waren nicht einheitlich. Zum Teil standen auch Texte hoch im Ansehen, die in den Canon später nicht eingegangen sind.

Verschiedene Konkretisierungen der Botschaft Jesu lassen sich schon im NT erkennen. Die Geschichte der Alten Kirche ist eine Geschichte der Spaltungen, der Trennungen und der Auseinandersetzungen.

Das allerdings macht auch den Reiz aus, sich mit der "Geschichte der Alten Kirche" zu beschäftigen.
 
Die Rede von "Urkirche" und von "Alter Kirche" suggeriert eine Einheit, die es nie gegeben hat.
(...)
Das allerdings macht auch den Reiz aus, sich mit der "Geschichte der Alten Kirche" zu beschäftigen.
Ja, das was ich bisher zu diesem Thema gelesen habe, betrachtet diese Anfangszeit auch so. Interessant ist hier Peter Browns schmales Bändchen "Die letzten Heiden": in dieser Zeit konkurrierten ja einige "Erlösungsreligionen" miteinander (wenn man so sagen kann). Ich nehme an, dass im Verlauf des 1. Jh. noch so manches am NT redigiert wurde, ehe es seine cum grano salis verbindliche Form erhielt - und das dürfte gewiß nicht ohne Streitigkeiten geschehen sein. Fest steht allerdings, dass in dieser Zeit sich die neue Religion doch recht rasch ausbreiten konnte - laut Alexander Demandt hatte das nicht nur religiöse, sondern auch soziale Gründe.
 
Sehr interessante Fragen tun sich da auf!
Kann man denn für das erste und womöglich auch die erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts schon von "Christentum" sprechen, oder ist das nicht vielleicht die Entstehungsphase der Buchreligion? Und eine leichte Entstehung hatte diese innerhalb der griech.-röm. Welt ja nun nicht gerade.

Ich würde die Geschichte des Christentums in eine Prähistorie des Christentums, in eine Protohistoire des Christentums und in die Geschichte des Christentums unterteilen.
Die Prähistoire des Christentums wäre die Geschichte der Juden bis etwa zur Zeitenwende.
Die Protohistorie des Christentums würde das Leben Jesu umfassen mit Schwerpunkt auf das Wirken seiner letzten drei Jahre, bis wenige Wochen nach seinem Tod.
Für die Histoire des Christentums wäre der Fixpunkt das historische Ereignis, welches Christen zu Pfingsten feiern. Plötzlich ist der Schalter umgelegt, die Lethargie nach der Hinrichtung Christi ist verflogen, bei den Jüngern hat sich die Überzeugung verfestigt: Jesus ist wieder Auferstanden, Jesus ist Gott. Denn an diesem Punkt wird der Glaube an Jesus zur Religion.
Also ja, von Christentum kann man sprechen ab 53 Tagen nach der Hinrichtung Jesu, zweites Viertel, des ersten Jahrhunderts.
 
Ich gehe davon aus, dass Jesus gelebt hat und am Kreuz hingerichtet wurde. Und ich gehe davon aus, dass die messianische Bewegung, deren Anführer Jesus war, unter den ganzen anderen messianischen Bewegungen eine Ausnahme war. Denn sie löste sich nach dem Tod ihres Anführers nicht auf, sondern veränderte und vergrößerte sich. Diesen Punkt sehe ich mit Pfingsten gegeben. Das heißt aber nicht, dass ich das Osterwunder und das Pfingstwunder als historische Realitäten betrachtete.
 
Für die Histoire des Christentums wäre der Fixpunkt das historische Ereignis, welches Christen zu Pfingsten feiern. Plötzlich ist der Schalter umgelegt, die Lethargie nach der Hinrichtung Christi ist verflogen, bei den Jüngern hat sich die Überzeugung verfestigt: Jesus ist wieder Auferstanden, Jesus ist Gott. Denn an diesem Punkt wird der Glaube an Jesus zur Religion.
Also ja, von Christentum kann man sprechen ab 53 Tagen nach der Hinrichtung Jesu, zweites Viertel, des ersten Jahrhunderts.
Lag da schon die Grundlage der Buchreligion vor? Ich fürchte, dass auch hier vieles in den Bereich der Glaubensfragen weist. So mag das intern für die "die ersten Christen" gelten, aber es gibt ja auch eine Außenperspektive: und die muss die neue Religion ja auch erst einmal wahrnehmen, bemerken und von anderen unterscheiden können. Und was sich ab diesem Fixpunkt entwickelte, das brauchte einige Zeit, um sich zu entfalten - noch war das Buch der Bücher in diesen Anfangstagen ja gar nicht komplett vorhanden.
Deshalb meine Frage: wäre nicht besser vom Zeitpunkt der ersten Bibel auszugehen? (man könnte analog auch fragen: war Franziskus Franziskaner, bevor er die bullierte und die nicht bullierte Regel verfasst hatte?)
 
Zeitpunkt der ersten Bibel? Die Kanonisierung des NT wurde erst im 4. Jhdt. abgeschlossen - und das auch nur, wenn man die Bibel der Katholiken und Orthodoxen hernimmt, Luther verkleinerte sie schließlich wieder, wenngleich er nur Bücher des AT rauswarf. Gibt es das Christentum also erst seit dem 4. Jhdt.? Oder meinst Du die Abfassung der Bücher des NT? Da wurden die letzten um ca. 100 geschrieben. "Wahrgenommen und bemerkt" von den anderen Menschen wurde die neue Religion aber spätestens zur Zeit Neros.
 
Was ist mit den (echten) petrinischen und paulinischen Briefen? Die gingen doch klar an Christengemeinden. Wenn Paulus vor seinem Damaskuserlebnis (dessen wunderhafter Charakter hier genausowenig interesssiert wie Oster- und Pfingstwunder) ein Christenverfolger war, müssen dann nicht mindestens die Juden die Christen als eigene Gruppierung, Sekte, Häresie oder was auch immer wahrgenommen haben?
Was passierte, als Paulus in Athen vor dem Altar für den unbekannten Gott predigte und diesen Altar gleich für den den jüdisch-christlichen Gott beanspruchte?
 
Lag da schon die Grundlage der Buchreligion vor? Ich fürchte, dass auch hier vieles in den Bereich der Glaubensfragen weist. So mag das intern für die "die ersten Christen" gelten, aber es gibt ja auch eine Außenperspektive: und die muss die neue Religion ja auch erst einmal wahrnehmen, bemerken und von anderen unterscheiden können. Und was sich ab diesem Fixpunkt entwickelte, das brauchte einige Zeit, um sich zu entfalten - noch war das Buch der Bücher in diesen Anfangstagen ja gar nicht komplett vorhanden.
Deshalb meine Frage: wäre nicht besser vom Zeitpunkt der ersten Bibel auszugehen? (man könnte analog auch fragen: war Franziskus Franziskaner, bevor er die bullierte und die nicht bullierte Regel verfasst hatte?)


Ich glaube, wir sollten nicht von der Annahme ausgehen, daß es "das" Christentum als statische und homogene Glaubensrichtung gibt oder in seiner Geschichte gegeben hat. Schismen und Wiedervereinigungen gab es doch auch schon in der Urkirche.

Zunächst einmal haben sich doch die frühen Christus-Anhänger zunächst einmal als Juden gesehen. Erst mit Paulus (vorher auch schon Stephanus) wurde auch die Mission der "Heiden" als Aufgabe gesehen. Damit emanzipierte sich diese Gemeinschaft der Christus-Anhänger vom Judentum. Es gab u. a. auch die Frage, ob neue Christen, die vorher Heiden waren, auch die Regeln der jüdischen Religion (z. B. Beschneidung) einhalten mußten. Das wurde dann für die "Heidenchristen" (Christen, die vorher Heiden waren) verneint. Die Christen, die aber auch bzw. vorher Juden waren, mußten jedoch diese Regelungen einhalten.

El Quijote hatte in einem der vorherigen Beiträge den Beginn des Christentums in dem "Pfingsterlebnis" gesehen, aber natürlich vorher Prä- und Protochristentum unterschieden. Ich tue mich schwer, einen Punkt als Beginn des Christentums zu akzeptieren. Es ist eine Entwicklung, die natürlich im Alten Testamen anfängt, aber spätestens dann vollendet ist, als der endgültige Bruch mit dem Judentum erfolgte. Natürlich ging danach die Entwicklung des eigenständigen Christentums in all seinen Varianten weiter.
 
Ich tue mich schwer, einen Punkt als Beginn des Christentums zu akzeptieren. Es ist eine Entwicklung, die natürlich im Alten Testamen anfängt, aber spätestens dann vollendet ist, als der endgültige Bruch mit dem Judentum erfolgte. Natürlich ging danach die Entwicklung des eigenständigen Christentums in all seinen Varianten weiter.
Das sehe ich auch so.
Zu fragen ist meiner Ansicht nach auch, wieviel Wundersames und wieviel Reales im überlieferten Wirken der Apostel angenommen wird. Ich neige dazu, die Berichte über deren Wirken als etwas hagiographisch überhöht bzw. aufpoliert zu betrachten.
Aber ich meine auch, dass die Formulierung Ursprünge des Christentums eine andere Frage enthält, als eine Formulierung wie Ursprünge der Christen oder erste Christen. Für mich enthält der Begriff Christentum schon (salopp gesagt) die Bedeutung der fertigen Religion, die sich schon einigermaßen etabliert hat, ihre Regeln hat und eben auch von außen als eine Religionsgemeinschaft wahrgenommen wird. Und da nehme ich an, dass diese Sorte Anfang oder Ursprung Ende des 1. Jhs. bis Mitte des 2. Jhs. angesetzt werden kann.
Das betrifft in keiner Weise die Frage nach den ersten Christen - die muss es natürlich als anfangs recht kleine Gemeinde gegeben haben.
 
Für mich enthält der Begriff Christentum schon (salopp gesagt) die Bedeutung der fertigen Religion, die sich schon einigermaßen etabliert hat, ihre Regeln hat und eben auch von außen als eine Religionsgemeinschaft wahrgenommen wird. Und da nehme ich an, dass diese Sorte Anfang oder Ursprung Ende des 1. Jhs. bis Mitte des 2. Jhs. angesetzt werden kann.
Wieso so spät? Bereits Tacitus bezeichnete das Christentum als schimpflichen Aberglauben, also muss er es als eine Art Religion wahrgenommen haben.
 
El Quijote hatte in einem der vorherigen Beiträge den Beginn des Christentums in dem "Pfingsterlebnis" gesehen, aber natürlich vorher Prä- und Protochristentum unterschieden.
Ich sprach von Prä- und Protohistorie des Christentums.

Ich tue mich schwer, einen Punkt als Beginn des Christentums zu akzeptieren. Es ist eine Entwicklung, die natürlich im Alten Testament anfängt, aber spätestens dann vollendet ist, als der endgültige Bruch mit dem Judentum erfolgte. Natürlich ging danach die Entwicklung des eigenständigen Christentums in all seinen Varianten weiter.

Mit dem Satz habe ich Probleme, obwohl du es vermutlich nicht anders meinst als ich. Aber ich spreche hier sehr bewusst von der Prähistorie des Christentums, eben weil das Christentum zwar ohne das Judentum nicht denkbar ist, aber es eben keine schon im AT angelegte Entwicklung zum Christentum gibt. Es sei denn natürlich, wir würden jetzt den Evangelisten Johannes und seine Bezüge zu den Prophezeiungen des ATs als Grundlage nehmen. Damit wären wir dann aber in keiner historischen Diskussion mehr, sondern in einer theologischen.

Und @dekumatland: Dass die Apostelgeschichte hagiographisch aufpoliert ist, ist uns wohl allen klar. Aber es geht ja gar nicht um das Wirken der Apostel oder irgendwelche Wunder. Es geht um den Glauben. Als Jesus hingerichtet wurde, verfiel seine Anhängerschaft in Lethargie. Die Bibel berichtet sogar von Auflösungserscheinungen, die in der Emmausgeschichte geradezu personalisiert werden. Die, die sich noch nicht entschieden hatten mit ihrem Leben vor dem Tod ihres Anführers abzubrechen, schlossen sich ein. Und plötzlich kommt dann, nach etwa sieben Wochen der Lethargie, ein Umdenken, laut der hagiographisch aufpolierten Apostelgeschichte in Form von Feuerzungen, welche die Jünger plötzlich zu polyglotten Missionaren auf der agora von Jerusalem macht. Dieses Pfingstwunder sehe ich - befreit von dem wundersamen Gehalt der Erzählung, von Feuerzungen, Heiligem Geist und plötzlichen Fremdsprachenkenntnissen als - als historisch an. Sicher nicht ganz so fix (im Sinne von fest, nicht von schnell), wie der biblische Text das darstellt, denn radikale Verhaltensveränderungen erfordern vorherige Denkprozesse.
 
Wieso so spät? Bereits Tacitus bezeichnete das Christentum als schimpflichen Aberglauben, also muss er es als eine Art Religion wahrgenommen haben.
Tacitus lebte bis um 120, da passt das doch in meinen sehr groben zeitlichen Rahmen. Ich weiß leider die Textstelle nicht: bezeichnet er das Christentum bzw. die Christen als Aberglaube? Das tendiert auf deutsch doch eher in Richtung Sektiererei als in Richtung Religion.
 
Dieses Pfingstwunder sehe ich - befreit von dem wundersamen Gehalt der Erzählung, von Feuerzungen, Heiligem Geist und plötzlichen Fremdsprachenkenntnissen als - als historisch an. Sicher nicht ganz so fix (im Sinne von fest, nicht von schnell), wie der biblische Text das darstellt, denn radikale Verhaltensveränderungen erfordern vorherige Denkprozesse.
vorherige - oder womöglich nachträgliche?
Ich schwanke da, was wahrscheinlicher ist: einerseits dieser frühe Zeitpunkt, welcher quasi schon alles Wesentliche enthält - oder andererseits ein späterer Zeitpunkt, quasi nach einer cum grano salis theologischen Ausarbeitung/Aufbereitung.
 
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