Ursprung der Ritter

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In den Sagen um Dietrich von Bern, Artus, Nibelungen usw. werden Ritter erwähnt. Diese Geschichten stammen zwar aus dem 12. Jahundert, gehen aber auf historische Persönlichkeiten zurück. Das Rittertum wurde aber erst später erfunden. Wenn es vorher also keine Ritter gab, wer waren diese Leute dann? Es sind zu viele um alle erfunden zu sein.
Und es scheint unwahrscheinlich, dass Theoderich die Rabenschlacht ganz allein gewonnen hat. Gab es schon vor Karl dem Großen Ritter? Wenn ja, welche Rolle spielten sie in der Völkerwanderung? Wo kamen sie her und wie sah in der Völkerwanderung das Lehenswesen aus?
 
In der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, als die Araber Spanien eroberten, stellte der fränkische Hausmeier Karl Martell (der Grossvater Karls des Grossen) eine Armee aus bewaffneten Reitern auf, um einen weiteren Vormarsch der Araber zu verhindern. Diese bewaffneten Reiter gelten als Vorläufer der Ritter. Die Vorläufer der späteren Ritter waren also die fränkischen Panzerreiter. Ein früher fränkischer Reiter war normalerweise so ausgestattet:
1. Zum Schutz trug er ein Schild aus Holz oder Leder. Ausserdem trug er einen Schuppenpanzer (Brünne). Brünnen bestanden aus einem festen Lederwams, das mit eisernen Plättchen besetzt war.
2. Die wichtigsten Waffen waren die Lanze und das lange, gerade Schwert.
Übrigens kostete früher eine Ritterrüstung soviel wie der Rinderbestand eines ganzen Dorfes (!). Die Ausfuhr der Brünnen aus dem fränkischen Reich war sogar verboten.
Zu den ritterlichen Heldengestalten aus mittelalterlichen Sagen: Z. T. haben diese Gestalten natürlich existiert, aber sie waren eben keine Ritter. Das entsprach einfach dem Zeitgeist, sie so darzustellen. Im Spätmittelalter z. B. erschien die Scheldsche Weltchronik (1493), in der sogar noch die römischen Caesaren und Herrscher der Frühzeit ritterlich dargestellt wurden. :rofl:
Ich hoffe, das hilft Dir mal weiter. :)
Aber: Gab es überhaupt zur Zeit der Völkerwanderung etwas, das man Lehenswesen nennen könnte?
Und: Frühes 8. Jahrhundert ist ja nicht mehr wirklich Völkerwanderung, oder liege ich da falsch?
 
Zuletzt bearbeitet:
Den Ritterstand gab es schon im alten Griechenland und im alten Rom. Er bildete sich in seinen Anfängen aus der Kavallerie. Da diese aufgrund der teuren Ausrüstung und der Anzahl gegenüber der Infanterie priviligiert war, bildete sich hier im Laufe der Zeit der Ritterstand=Adel heraus. Zu späterer Zeit ist dann die Kavallerie eine normale Waffengattung geworden, aber der Adel blieb.
 
Soviel ich glaube zu wissen entstand das Lehnssystem bei den Franken Ende des 5. Jahrhunerts, als sie das römische Nachfolgereich in Nordfrankreich, das Reich des Syargius, eroberten. Chlodwig vergab das eroberte Land an getreue Gefolgsleute.
 
http://www.butschal.de/pisarski/ritter.htm
"Ursprünge des Rittertums: Die germanischen Krieger, die im frühen Mittelalter Europa überrannt hatten, kämpften noch zu Fuß. Erst zwischen 700 und 1000 n. Chr. wurden erstmals berittene Truppen zum Schutz gegen einfallende islamische Völker, Wikinger und Magyaren eingesetzt.Im 11.Jh. übernahm der Adel deren Ausbildung, unterrichtete in der Taktik des berittenen Kampfwesens und entwickelte das Herren- und Lehnswesen des Feudalismus. Mit der Zeit umgab das Rittertum ein Nimbus, der aristokratische Eigenschaften mit christlichen Tugenden und Minne verband.
Der ideale Ritter sollte – wie die Helden der epischen Dichtung – tapfer, loyal und großzügig sein. Nach Meinung der Kirche sollte er sein Schwert in den Dienst der Armen und Bedürftigen stellen und an den Kreuzzügen ins Heilige Land teilnehmen.
Aus Südfrankreich kam die Vorstellung, ein Ritter solle einer Dame von Stand dienen und ihr seine leidenschaftliche Liebe schenken, auch wenn diese Liebe keine Aussicht auf Erfüllung hatte: Die Dame war meist einem anderen versprochen oder verheiratet. Dieser ritterliche Ehrenkodex spiegelt sich in den französischen Romanzen und Chansons de geste, die von Troubadours und Trouvères vorgetragen wurden. Im 13.Jh. erlebte das Rittertum seine Blütezeit. Es breitete sich in ganz Europa aus und beeinflußte die populäre Literatur. [Quelle: MS Encarta 97]"
Die Völkerwanderung endet aber eigentlich schon im 6. Jh.
http://de.wikipedia.org/wiki/V%F6lkerwanderung
Also:
Völkerwanderung: Mitte 2. Jh. n. Chr bis ins 6. Jh.
Lehnssystem: Entstanden um 500
Rittertum: Entstanden in der ersten Hälfte des 8. Jh.; fränkische Panzerreiter
 
Zuletzt bearbeitet:
Dazu Maurice Keen (Das Rittertum): "Die Einführung des Steigbügels in Europa hat seit dem frühen 8. Jahrhundert die Bedeutung der Reiterei beträchtlich gesteigert. ... Es scheint aber, dass sich erst im 11. Jahrhundert als Ergebnis weiterer technischer Neuerungen eine Taktik entwickelte, bei der ein Angriff der schweren Reiter mit eingelegter Lanze zum richtigen Zeitpunkt den Ausgang der Schlacht entscheiden konnte. Nach anderer Auffassung soll es sich bei dieser Taktik bereits um eine frühere, mit der Einführung des Steigbügels parallelen Erscheinung gehandelt haben. Es deutet jedoch vieles darauf hin, dass erst in der Zeit nach 1000 ... diese Kampfweise ... zum ersten Mal angewendet wurde."
 
Papa_Leo schrieb:
Dazu Maurice Keen (Das Rittertum): "Die Einführung des Steigbügels in Europa hat seit dem frühen 8. Jahrhundert die Bedeutung der Reiterei beträchtlich gesteigert. ... Es scheint aber, dass sich erst im 11. Jahrhundert als Ergebnis weiterer technischer Neuerungen eine Taktik entwickelte, bei der ein Angriff der schweren Reiter mit eingelegter Lanze zum richtigen Zeitpunkt den Ausgang der Schlacht entscheiden konnte. Nach anderer Auffassung soll es sich bei dieser Taktik bereits um eine frühere, mit der Einführung des Steigbügels parallelen Erscheinung gehandelt haben. Es deutet jedoch vieles darauf hin, dass erst in der Zeit nach 1000 ... diese Kampfweise ... zum ersten Mal angewendet wurde."
Soll das heissen, dass die Reiterei Karl Martells 732 (Tours, Poitiers) keine wesentliche Bedeutung hatte? Ich bin jetzt ein wenig verwirrt...
 
Doch - ein Heer von Panzerreitern, aber wohl noch nicht mit der Taktik des Sturmangriffs mit der Lanze. Das Datum passt doch auch mit dem Steigbügel (frühes 8. Jhd.) zusammen.
 
Die fränkischen Panzerreiter warfen die Lanzen noch, wie Papa Leo schon sagte.
Erst um die Jahrtausendwende gingen sie dazu über, sie unter die Achsel zu legen und anzustürmen.
 
Eine Antwort auf die im Thread gestellte Frage, doch von einem Mann aus früheren Zeiten:

Im "Moriz von Craun" steht geschrieben:

"Ihr habt vielmals gehört
und es ist euch mitgeteilt worden
in wahren Berichten,
daß Rittertum schon immer
angesehen gewesen sei und immer sein werde.
Wir vernehmen in Büchern,
wo es zuerst entstanden ist
und wohin es sich seitdem entwickelt hat.
Griechenland nennt man das Land,
wo man zum erstenmal die Lehre entwickelte,
die dem Rittertum zugrunde liegt.
Dort wurde es später falsch ausgeübt.
In Griechenland begann das Rittertum,
als man Troja mit großer Kraft
um einer Frau willen belagerte.
[...]"
 
Zuletzt bearbeitet:
Zu der feststellung, das rittertum beginne schon im antiken griechenland: dies ist wohl eine belegbare Tatsache, man denke an die Garde des Appolon..ich meine mich erinnern zu können dass auch skythen eine ritter-ähnlcihe einheit einsetzen...
 
Wulfenkrieger schrieb:
Zu der feststellung, das rittertum beginne schon im antiken griechenland: dies ist wohl eine belegbare Tatsache, man denke an die Garde des Appolon..
Wo finde ich etwas zu der? Den Begriff habe ich nämlich bisher erst in der Trojaverfilmung von 2004 gehört.
Ein bessere Beleg scheint mir zu sein ist die Bezeichnung der 2. Klasse ("noch Adel") von Solon als Hippias oder die Hetairenreiterei Alexanders.
 
Wobei meiner Meinung nach der Textausschnitt von "Moriz von Craun" doch wohl nur eine zeitgenössische Glorifizierung und Erklärung für das Rittertum bildet, in dem der Autor weit in die Geschichte zurückgreift. Das Ritterum ist wohl weniger aus einer griechischen Idee entstanden. Vielleicht hat es aber dann Züge der griechischen Begebenheit bewusst oder unbewusst angenommen.

Wir können die Hippias mit den Rittern in Vergleich setzen, doch ich denke nicht, dass sie der Anfangspunkt für das Rittertum sind.
Oder sprechen vielleicht noch andere Belege dafür?
 
Dann erlaube ich mir, auch noch etwas dazu zu äußern... :fs:

Die Entstehung des Rittertums ist als solches eng mit der Herausbildung des mittelalterlichen Lehenssystems verbunden. Somit verbietet es sich eigentlich, bereits für die Antike davon zu sprechen...
Allerdings gab es z.B. im Imperium Romanum bereits die sogenannten equites (Berittene), welche mW auch einen eigenen Stand mit eigenen Privilegien bildeten. Ich persönlich jedoch ziehe keine direkte Verbindung von diesen zu den mittelalterlichen Rittern, da durch den Untergang des Weströmischen Reiches und die Völkerwanderung eine epochale Zäsur einsetzte.
Zudem benannte man die mittelalterlichen Ritter lateinisch mW auch nie equites, sondern stets miles bzw. milites (Kämpfende i.S.v. der gesellschaftlichen Dreiteilung Kämpfende-Betende-Arbeitende).

Fazit: der Anfangspunkt des Rittertums liegt in der Herausbildung des Lehenswesens begründet - oder anders gesagt: das europäische Rittertum ist ohne dieses nicht denkbar. Anfangspunkte des Rittertums bereits in die Antike zu legen, finde ich von daher nicht korrekt...
 
Mit dem Hinweis auf die Bedeutung des Lehenwesens für das Rittertum, hat timotheus die Ritter bereits von anderen Reitern mit militärisch hohem Status abgegrenzt, die es schon früher gab.

Josef Fleckenstein geht in seinem Buch "Rittertum und ritterliche Welt" noch einen Schritt weiter. Er schreibt von lokal unterschiedlichen Rittertümern, deren Unterschiede in verschiedenen militärischen, politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktoren liegen. Als Beispiel seien hier die Ministerialien genannt, die es nur im deutschen Gebiet gibt.

Nach Fleckensteins Darstellung gibt es ein einheitliches Rittertum erst mit den Gottesfrieden-, den Kreuzzugsbewegungen und den damit einhergehenden religiösen Einflüssen auf den Ritterstand. Das Rittertum wird demnach erst mit dem Ideal der ritterlichen Tugenden vollständig.
 
Rafael schrieb:
Wir können die Hippias mit den Rittern in Vergleich setzen, doch ich denke nicht, dass sie der Anfangspunkt für das Rittertum sind.
Oder sprechen vielleicht noch andere Belege dafür?
Das wollte ich auch nicht zum Ausdruck bringen. Ist nur ein Beispiel der Verbindung Reichtum - Pferdebesitzer gewesen.
Ich schließe mich Timotheus an, dass das Rittertum fest ans Lehnssystem gebunden ist.

Bliebe eventuell noch eines zu klären: Die Ursprünge des Lehnswesens lassen sich im römisch-keltischen (Vasalität) Bereich und bei den Germanen (Gefolgsschaft?) finden. Beides Fälle, wo die Oberschicht im allgemeinen nicht als Reiter kämpfte. Ich frage mich jetzt, was zum sie aufs Pferd brachte?:confused:
 
Die keltischen Oberschicht kämpfte seit dem Aufkommen der Streitwagen nicht mehr zu Fuß. Später wurde der Streitwagen durch die Reiter verdrängt, welche auch hohe Summen für gute Pferde ausgaben. Die fränkische Oberschicht veränderte ihre Kampfweise vom Ende der Merowingerzeit bis spätesten zur Militärreform Karl des Großen vom Kampf zu Fuß zu dem Einsatz als fränkische Panzerreiter um schneller mit den ständigen Bedrohungen von Überfällen (Wikinger und Ungarn) umgehen zu können. Im Osprey-Heft French Medieval Armies 1000-1300 nennt der Autor die Verknüpfung der südfranzösischen ritterlichen Ideale (wie Courtly Love) und der berühmten Kampfweise der nordfranzösischen Milites als Entstehungsgrund der allseits bekannten Ritter. (Warum löscht die Seite alle Absätze die ich einfüge?)
 
Zuletzt bearbeitet:
ich hab gerade nur eine hand frei, daher nur kleinschreibung. der begriff ritter oder anfangs riter taucht erst im 11 jhd. in quellen auf. zwar gab es schon vorher immer wieder sogenannte ritter oder equites etc. doch kann man sie nicht gleichsetzen. ihnen gemein war nur, daß sie im kriegsfall beritten waren. über die herkunft der ritter wird viel diskutiert. sie scheinen weniger dem geburtsadel zu entstammen, sondern waren vielmehr das ergebnis des aufstiegs von ministerialen, unfreien geschlechtern.
will man also verwechslungen vermeiden, sollte man die römischen ritter equites nennen und nach ihnen folgende ritter ebenfalls mit ihren zeitgenössischen bezeichnungen.
 
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