Verbürgerlichung der Revolution Verbesserung oder Verschlechterung?

gurge

Neues Mitglied
Hy,
wollte man wissen, wie ihr darüber denkt, ob die Verbürgerlichung der Revoution eine Verbesserung oder Verschlechterung war?


Gruß
gurge
 
Es kommt darauf an, wie man Verschlechterung auffasst und wie Verbürgerlichung. Gemeinhin wird mit der Verbürgerlichung der Sturz Robespierres und dessen Diktatur angesehen, da diese als sozial(istisch ?) angesehen wird und Elemente einer großen sozialen Gleichmachung enthalten soll. Besonders positiv wird diese Zeit natürlich von sozialistischen-linken Historikern wie Soboul hervorgehoben, wobei die konstitutionelle Phase, die der demokratischen Gironde und die Zeit nach dem Sturz besonders das Direktorium selbstverständlich abgelehnt wird. Die Verbürgerlichung wird damit in Verbindung gebracht, dass die Bourgoisie wieder die Zügel in die Hand bekommen habe. Dabei wird natürlich etwas übersehen, dass eben Robespierre, Saint-Just und das Gros der Führung während der Schreckensherrschaft eben auch dem Bürger- und Großbürgertum entstammten.
An anderer Stelle beschrieb ich bereits den wirtschaftl. Nutzen aus dem eher zu Kompromissen mit den monarchischen Staaten bereiten Direktorium:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=15382

Einige Dinge kann man wohl festhalten. Es mag noch einige Putschversuche gegeben haben, welche dann im Staatsstreich von 1799 durch Bonaparte ihr Finale fanden, aber im Großen und Ganzen führte die Herrschaft der Thermidorianer zu einer Festigung der Republik und Normalisierung auch der inneren Verhältnisse in Frankreich. Durch die Entwaffnung der Sans-Culottes in Paris im Frühjahr 1795 wurde diese Partei, welche immer wieder den Parlamentarismus und die Staatsform als solche angegriffen hatte, ausgeschaltet, was sich auf eine dauerhaftere Regierung auswirkte. Ähnliches kann man wohl über die Niederschlagung des Royalistischen Aufstandes im selben Jahr sagen, auch wenn damit die Gefahr aus dieser Richtung, wie einige Putschversuche zeigen sollten nicht bannte. Innerhalb der Armee und der Regierung gab es immer wieder Kräfte wie Pichegru, welche sich zu einem Umsturz der demokrat. Ordnung gern bereitfanden.

Man muss zwischen der direkten Phase nach dem Sturz der Diktatur des Triumvirats Robespierre - Couthon - Saint-Just 1794-95, als noch eine erneute Liberalisierung offenstand und der Zeit des Direktoriums unterscheiden, welches dann auch zum Ende hin mehr und mehr in eine Art Diktatur des Rumpfdirektoriums, welchem vor allem Barras (immer einer der Direktoren über die 5 Jahre 95-99) vorstand, abglitt. Da dieses Direktorium vom Militär, so namentlich Augreau gestützt und gegen royalistische Versuche geschützt agieren musste, wird mit dem Direktorium auch eine Art Militärdiktatur in Verbindung gebracht.
Man kann höchstens abwägen zwischen den negativen Aspekten für eine Masse der Bev. wie dem Zensuswahlrecht zur Zeit des Direktoriums, was man aber auch der Diktatur Robespierres gegenüberstellen kann, welche natürlich jegliche Wahlen ausschloss (also nützte das Wahlrecht niemandem). Insgesamt trug sicherlich diese Stabilisierung der Republik dazu bei, dass mit vielen positiven Ergebnissen dann 1815 selbst die Restauration nicht aufräumen konnte. Das Direktorium fand immerhin bei Bewahrung vieler republikanischer Grundrechte wie Pressefreiheit einen Weg über schwierige Jahre hinweg die Republik zu bewahren und existierte also unter den Phasen der Revolution am längsten.:fs:
 
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