Verrückte römische Kaiser

manganite schrieb:
Was unsere Politiker betrift, hast Du sicher recht, aber zu Commodus Zeiten? Als Kaiser, dem eh schon eine göttliche Aura in der Vorstellung der Menschen umgab? Solche Urteile sollte man immer aus der Sicht der damals lebenden Menschen und ihrer Denk- und Vorstellungswelt fällen.

Das würde ich auch so sehen.
Der Kaiser war einfach lebender Gott.
 
Louis le Grand schrieb:
Aloys Winterling hat in seiner historischen Analyse: "Caligula" erst neuerlich dieses Zerrbild sehr kritisch hinterfragt und ist zu einem sehr viel logischeren Ergebnis gekommen. Loht sich zu lesen. ;)

Hallo Louis!
Ich hab von diesem Buch schon gehört. Es hat ja gewaltigen Wirbel verursacht! Ich hab die verschiedensten Kritiken gelesen. Ich will es mir mal vornehmen, wenn ich Zeit hab.
Zu Caligula möchte ich sagen, dass sicher viel Unwahres geschrieben wurde, was man nicht glauben sollte. Aber letztlich entscheidend war, dass er versucht hat, ohne den Senat zu regieren, und das war in diesem Herrschaftssystem eben nicht möglich. Wie hätte denn auch die Alternative ausgesehen?
Zudem brachte er es in kurzer Zeit zu einem völligen Staatsbankrott! Wie hätte es ausgesehen, wenn er noch ein paar Jahre regiert hätte?
 
Ich habe ein Buch über die Rehabilitation von Caesar Nero, der Autor heisst Baus.
Ich dem Buch wird ein völlig anderes Bild von Nero gezeichnet als es die Geschichte überliefert hat. Er zieht z.T. zeitgenössische Literatur mit hinein, also nicht nur die Ceasarenviten, Nero soll zu Lebzeiten sehr beliebt gewesen sein, so das Generationen später die Zeit Neros mit der "guten alten Zeit" in Verbindung gebracht wurde. Er soll sich häufig den Zorn der oberen Zehntausend auf sich gezogen haben, weil er Staatsgelder für , heute würde man sagen, soziale Zwecke entfremdet hatte. Als Rom brannte, opferte er sein Vermögen um die Obdachlosen zu versorgen. Die Christenverfolgung war eher ein Art Sündenbocksuche.
Er soll aus einem ähnlichen Motiv wie der bayrische Märchenkönig abserviert worden sein. Er wurde der Regierung zu teuer!
 
Nero hatte sogar so große Anhänger beim Volk, dass noch viele Jahre lang sein Grab mit Blumen geschmückt wurde! Aber beim Senat und bei der konserativen Oberschicht machte er sich durch seinen Lebenswandel verhasst. Das ist ihm dann letztlich zum Verhängnis geworden.
 
Er soll sogar, ähnlich wie Elvis, nach seinem Tod des öfteren gesehen worden sein. Oft in Rom und einmal sogar in Olympia, dort soll ein reicher Kaufmann aus Kleinasien die Flucht ergriffen haben, weil man ihn mit Nero verwechslte. So kochten die Gerüchte um ihn.
 
Panthea schrieb:
Hallo Louis!
Aber letztlich entscheidend war, dass er versucht hat, ohne den Senat zu regieren, und das war in diesem Herrschaftssystem eben nicht möglich. Wie hätte denn auch die Alternative ausgesehen?
Zudem brachte er es in kurzer Zeit zu einem völligen Staatsbankrott! Wie hätte es ausgesehen, wenn er noch ein paar Jahre regiert hätte?

Da muss ich ein ganz kleines Stück wiedersprechen. Caligula erkannte ganz gut, dass man den Senat eben nicht für die Regierung brauchte. Der Senat hatte keinerlei exekutive, legislative oder judikative Kompetenzen, die der Kaiser nicht auch hatte, um nicht zu sagen seine Machtkompetenz war vorrangiger als die des Senats. Augustus wahrte aber bewusst die Doppeldeutigkeit dieser politischen Fassade. Caligula wollte diese Fassade einreißen und ganz offen "absolutistisch" regieren wie ein hellenistischer König. Er bedachte dabei aber nicht ganz, dass sich aus dem Senat auch weiterhin die administrative und besonders die militärische Elite rekrutierte. In der polit. Praxis regierten die Kaiser Rom, Italien und die Provinzen völlig allein, ohne den Senat auch nur einmal anzuhören. Der Senat verkam zur Quasselbude, alles was dort besprochen wurde, war vom Kaiser abhängig und er übertrug diesem Aufgaben um sich selbst zu entlasten. Die Quellen über die Sitzungen der Kurie zeigen deutlich seine polit. Bedeutunglosigkeit. :)

Zum Staatsbankrott hat es Caligula nie gebracht. Seine gewaltigen Einnahmequellen hätten das auch sicherlich verhindert. Wenn man sich mal mit dem Thema der röm. Kaiser als Geschäftsmann beschäftigt, dann kommt zum Schluß, dass diese zu den reichsten Männern der Weltgeschichte gehörten. Ein Bill Gates ist im Vergleich eine kleine Leuchte. Die privaten Einnahmen des Kaisers übertrafen den röm. Staatshaushalt um ein vielfaches, was diesem auch politisch sehr potent machte. Finanziell war der Princeps mit Abstand die unangefochtene Spitze. :p
 
Wenn man schon nicht von Staatsbankrott sprechen möchte, dann doch davon, dass die Finanzen durch den verschwenderischen Umgang mit dem Geld starken Belastungen ausgesetzt waren. Und die Einnahmequellen Caligulas nahmen manchmal schon seltsame Formen an!
Du hast bestimmt recht damit, dass der Senat in die politische Bedeutungslosigkeit abgerutscht war. Aber in dem Moment wo er sich zu einer Verschwörung gegen Caligula entschloss und zu den Waffen griff, zeigte er, dass er durchaus noch in der Lage war, sich eines Herrschers zu entledigen, der ihm nicht passte.
Augustus tat gut daran, durch Takt und Geduld die Senatoren zu befriedigen und den Schein der "Freiheit" aufrecht zu erhalten. Seine Nachfolger sind an diesem Kunststück erstmal nacheinander gescheitert.
 
Panthea schrieb:
Wenn man schon nicht von Staatsbankrott sprechen möchte, dann doch davon, dass die Finanzen durch den verschwenderischen Umgang mit dem Geld starken Belastungen ausgesetzt waren. Und die Einnahmequellen Caligulas nahmen manchmal schon seltsame Formen an!
Du hast bestimmt recht damit, dass der Senat in die politische Bedeutungslosigkeit abgerutscht war. Aber in dem Moment wo er sich zu einer Verschwörung gegen Caligula entschloss und zu den Waffen griff, zeigte er, dass er durchaus noch in der Lage war, sich eines Herrschers zu entledigen, der ihm nicht passte.
Augustus tat gut daran, durch Takt und Geduld die Senatoren zu befriedigen und den Schein der "Freiheit" aufrecht zu erhalten. Seine Nachfolger sind an diesem Kunststück erstmal nacheinander gescheitert.

Seine Nachfolger? Sicher nicht alle. Gegenbspe: Vespasian, Traian, Antoninus Pius, Marcus Aruelius, etc.

Caligulas Einnahmquelle war angeblich ein Bordell im Palast selbst...

Er selbst wurde in einem engen Korridor des Palastes mit über 30 Hieben zu Tode gebracht.
 
Panthea schrieb:
Wenn man schon nicht von Staatsbankrott sprechen möchte, dann doch davon, dass die Finanzen durch den verschwenderischen Umgang mit dem Geld starken Belastungen ausgesetzt waren. Und die Einnahmequellen Caligulas nahmen manchmal schon seltsame Formen an!

Augustus tat gut daran, durch Takt und Geduld die Senatoren zu befriedigen und den Schein der "Freiheit" aufrecht zu erhalten. Seine Nachfolger sind an diesem Kunststück erstmal nacheinander gescheitert.

Ja, Caligula brachte viel Geld unters Volk. Das musste er auch. Erstens um das beschädigte Ansehen des kaiserl. Amtes seit Tiberius wieder umzukehren. Zweitens war ihm klar, dass er das Volk für sich gewinnen musste. Drittens liebte er den Luxus. Kostet alles sehr viel Geld.

Am polit. Genie eines Augustus kann man ja auch nur scheitern. Das war ein wirklich großer Staatsmann der europäischen Geschichte. :)
 
Louis le Grand schrieb:
Ich hab zum Bordell kurz nachgelesen. Muss man wohl leider auch als Unsinn abtun. In wirklich war es wohl so, dass hochrangige Mitglieder der Gesellschaft, wenn sie auf dem Palatin wohnen wollten, dem Kaiser (also dem Eigentümer) etwas zahlen mussten für dieses enorme "Privileg". Da Caligula unter Geldknappheit litt, gewährte er dieses oft großzügig. Seine Feinde münzten ihm das dann nach seinem Tod einfach zu einem Bordell um. Lustig forzustellen ist das ja, aber genau das war das Ziel. Caligula sollte als "verrückt" dargestellt werden, eines seiner "Verrücktheiten" ist dann halt ein Bordell im eigenen Palast.

Da hatte ich schon dargelegt, dass ein in Wirklichkeit nicht existentes Bordell Wohl oder Übel als Einnahmquelle ausfallen muss. ;)
 
Nein, ich meine nicht alle Nachfolger! Ich spiele damit auf das gespannte Verhältnis zum Senat von Tiberius, Caligula, Claudius und Nero an. Sind doch auch schon eine ganze Menge.
Ich glaube nicht an die Geschichte mit dem Bordell. Aber Caligula führte für damalige Verhältnisse "ungehörige" Steuern ein. Eine "Beischlafabgabe" für Prostituierte und eine Abgabe für die Benutzung öffentlicher WCs. Diese schaffte Claudius wieder ab.
Auch von Enteignung und Erpressung ist die Rede. Von Versteigerungen bei denen die Bieter übervorteilt wurden und auch von fadenscheinigen Vorwänden mit denen sich Caligula fremdes Erbgut angeeignet haben soll wird berichtet.
Ich kann nicht beurteilen wieviel davon der Wahrheit entspricht, aber wer 2700 Mio Sesterzen in einem Jahr verschleudert, muß ein besonderes Talent zur Geldbeschaffung besitzen!
 
Panthea schrieb:
Nein, ich meine nicht alle Nachfolger! Ich spiele damit auf das gespannte Verhältnis zum Senat von Tiberius, Caligula, Claudius und Nero an. Sind doch auch schon eine ganze Menge.
Ich glaube nicht an die Geschichte mit dem Bordell. Aber Caligula führte für damalige Verhältnisse "ungehörige" Steuern ein. Eine "Beischlafabgabe" für Prostituierte und eine Abgabe für die Benutzung öffentlicher WCs. Diese schaffte Claudius wieder ab.
Auch von Enteignung und Erpressung ist die Rede. Von Versteigerungen bei denen die Bieter übervorteilt wurden und auch von fadenscheinigen Vorwänden mit denen sich Caligula fremdes Erbgut angeeignet haben soll wird berichtet.
Ich kann nicht beurteilen wieviel davon der Wahrheit entspricht, aber wer 2700 Mio Sesterzen in einem Jahr verschleudert, muß ein besonderes Talent zur Geldbeschaffung besitzen!

Wurde die Toileten-Besteuerung nicht erst unter Vespasian eingeführt?
Kaiser Vespasian zu seinem Sohn Titus, der sich über die Besteuerung der Bedürfnisanstalten beschwerte; eine Münze aus der ersten Steuererhebung unter die Nase haltend: „Du merkst, mein Sohn Sohn, sie stinken nicht.“
 
Panthea schrieb:
Wer 2700 Mio Sesterzen in einem Jahr verschleudert, muß ein besonderes Talent zur Geldbeschaffung besitzen!

Das war eine unglauliche Summe. Doch auch hier muss man sagen, dass C. dies nicht unbesonnen tat. Tiberius vergab keine öffentlichen Legate, zahlte keine Erbteile des Kaiserhauses an das Volk aus, veranstaltete keine Spiele und machte keine Schenkungen an das Volk. Er war halt sehr ein Sparfuchs. Nichtmal den Augustustempel ließ er zuende bauen. Caligula tat als dies. Mehr noch er zahlte alles nachträglich aus. Es gibt die schöne Geschichte, die man wohl als wahr annehmen darf, wie der junge Kaiser auf dem Dach der Baslica Julia am Forum stand und von dort die Goldmünzen selbst auf die Volksmassen warf ( AUA :heul: ). Zum Vergleich, das ist so als wenn Angela Merkel zur Kanzlerin gewählt wird und als erstes auf das Dach des Reichstags geht und 500 Euroscheine hinunterwirft. Das erfüllt seinen Zweck. Alle liebten Caligula und Merkel würde auch alle andern Wahlen gewinnen. :p
 
Ich glaubte, diese Steuer wurde unter Vespasian wieder eingeführt. Bin mir jetzt aber nicht mehr ganz sicher. Weiß das jemand?
 
@ Konradin: Ich glaube, du hast recht. Ich hab alle möglichen Steuern gefunden, aber tatsächlich keine für WCs. Caligula besteuerte Nahrungsmittel, Prozesse und die Einnahmen von Prostituierten und Zuhältern. Laut Sueton erklärte Claudius alle Gesetze, die unter Caligula erlassen wurden für ungültig.

@Louis: Tiberius hat es sicher mit dem Sparen übertrieben. Das war ja auch einer der Gründe, warum er sich beim Volk so verhasst gemacht hat. Caligula tat gut daran, sich durch Freizügigkeit beliebt zu machen. Schon Augustus hat in den Bürgerkriegen manches durch Geldgeschenke für sich entschieden. Tiberius lehnte solchen Opportunismus ab und ist sich da treu geblieben, auch wenn es sich öfters zu seinem eigene Nachteil auswirkte.
Caligula investierte das Staatsvermögen am Anfang gewiß mit Berechnung und man kann ihm nicht den Vorwurf machen, es sinnlos verschwendet zu haben. Doch ich denke, Caligula hat dann das Maß verloren, als er feststellte, dass das Geld nur darauf wartete von ihm ausgegeben zu werden, und dass ihm niemand Grenzen setzte.
Caligula war ja noch so jung. Er wurde nicht auf diesen Posten vorbereitet, so wie Tiberius, der noch zu Lebzeiten des Augustus Schritt für Schritt in die Macht mit eingebunden wurde. Und trotzdem bewältigte Tiberius dieses riesige Erbe nicht vollständig. Wie sehr musste dann der unerfahrene Caligula scheitern!
 
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