Hallo,
ich mische mich mal freimütig in die Diskussion unter Moderatoren ein
Anm.: die nachfolgende Darstellung ist sehr stark vereinfacht und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Meiner Beurteilung nach beginnt alles mit der Hausmachtspolitik der Habsburger im späten Mittelalter, wo diese außerhalb Österreichs verschiedene europäische Territorien erwerben - weniger durch Kriege als vielmehr durch geschickte Heiratspolitik. Zu dem Zeitpunkt von einem Nationalbewußtsein oder einer Vielvölkerstaatsidee zu sprechen, wäre allerdings - vorsichtig ausgedrückt - sehr weit hergeholt. Auch wenn das Nationalbewußtsein in Frankreich und England durch den Hundertjährigen Krieg gerade am Aufkommen ist.
Die Entwicklung setzt sich in den folgenden neuzeitlichen Jahrhunderten (also nach 1500 bis ins 19. Jh.) im Umfeld der Auseinandersetzung mit dem Osmanischen Reich fort, was schließlich darin gipfelt, daß das Habsburgerreich nach und nach osmanische Gebiete erwirbt. Auch hier handelt es sich jedoch um den Kampf um eine regionale Vormacht - nämlich die auf dem Balkan - ohne daß eine Idee oder dergleichen dahintersteckt.
Den Vielvölkerstaat der Habsburger kann bzw. muß man also schon als "historisch gewachsen" charakterisieren, und auch in den anderen von hyokkose genannten Punkten pflichte ich ihm bei.
Was für das bewußte Zur-Kenntnis-Nehmen des Vielvölkergebildes durch die Habsburger spricht, sind folgende Punkte:
(1) Es gibt eine Amts-, Gerichts- und Verkehrssprache für alle Landesteile - zunächst Latein, später Deutsch -, um dem "babyloischen Sprachgewirr" im eigenen Land rein administrativ Herr zu werden.
(2) Wie in keinem anderen europäischen Land, welches sich mit der Reformation auseinanderzusetzen hatte, wurde religiöse Homogenität strikt durchgesetzt (Katholizismus), um im eigenen Land nicht ähnlich Schiffbruch zu erleiden wie im übrigen Teil Deutschlands (zu dem das Habsburgerreich zu dem Zeitpunkt noch gehört).
Fazit: die Habsburger kümmerte es zunächst wohl wirklich nur sekundär, ob sich ihre Untertanen als bestimmte Völker verstanden. Daß man allerdings die Vielzahl der Völker als Tatsache/Gegebenheit wahrnahm und dies durch die administrativen Strukturen des (österreichischen) Staates verwaltete - was ja sogar einige Jahrhunderte gelang -, ist eine andere Sache. Letztgenanntes wurde später natürlich durch die Doppelmonarchie der beiden Landesteile (Cisleithanien = Österreich, Transleithanien = Ungarn) nochmals abgeändert, wobei die grundsätzliche Intention jedoch die selbe blieb.
Ist wie schon erwähnt nicht vollständig und auch sehr vereinfacht.
In diesem Sinne
Timo