Vorherrschaft Europas

Wir sollten wohl erstmal die Ausgangsfrage definieren.

aber wie oder durch was wurde aus der unterlegenheit eine überlegenheit? ein sprung in der technischen entwicklung? oder lag es am desinteresse chinas, an der zerrissenheit der moslemischen welt, glück auf dem schlachtfeld?

Daraus ergibt sich die Unterfragen:
- Überlegenheit in welchen Bereichen?
sowie
- christliche Europäer, ist diese doppelte Verallgemeinerung zulässig?

In der Diskussion entstand dann die Frage nach der Motivation die zu dieser Überlegenheit führte, und, in meinen Augen, ob dies überhaupt das erste mal in einer solchen Form auftaucht, oder ob wir da nicht einfach ein eurozentralistisches Bild zeichnen.

Lauten die Antworten auf diese Fragen nämlich anders, als bisher von einigen vorausgesetzt, ist die Frage nach dem Charakter europ. Geistes vielleicht hinfällig.
 
Tib. Gabinius schrieb:
Wir sollten wohl erstmal die Ausgangsfrage definieren.



Daraus ergibt sich die Unterfragen:
- Überlegenheit in welchen Bereichen?
sowie
- christliche Europäer, ist diese doppelte Verallgemeinerung zulässig?

In der Diskussion entstand dann die Frage nach der Motivation die zu dieser Überlegenheit führte, und, in meinen Augen, ob dies überhaupt das erste mal in einer solchen Form auftaucht, oder ob wir da nicht einfach ein eurozentralistisches Bild zeichnen.

Lauten die Antworten auf diese Fragen nämlich anders, als bisher von einigen vorausgesetzt, ist die Frage nach dem Charakter europ. Geistes vielleicht hinfällig.

Ich denke auch, dass wir ein eurozentralistisches Bild haben. Das kommt ja auch von unserer Geschichtsschreibung aus und man soll sich mal Karten aus dieser Zeit anschauen, da wird Europa immer Grösser als der Rest gezeichnet, das ist keine Zufall. Interessant wäre hier wie sahen es die arabischen, chinesischen oder japanischen Geschichtsschreiber und wie wird das Bild in diesem Raum vermittelt?
 
ursi schrieb:
Vielleicht weil man in der Ferne etwas von der eigenen Lebensart bewahren möchte und so ein Stück Heimat hat.

Das kann man auch, ohne den anderen seine Lebensart aufzuzwingen. Ausserdem machen wir das heute immer noch, ohne selber in den anderen Laendern dauerhaft zu leben.

ursi schrieb:
Weil man davon ausging, nur diese Lebensart ist die einzig richtige Art zu Leben?

Das sowieso, eine absolute Konstante der Geschichte des Abendlandes.
 
Tib. Gabinius schrieb:
Daraus ergibt sich die Unterfragen:
- Überlegenheit in welchen Bereichen?
sowie
- christliche Europäer, ist diese doppelte Verallgemeinerung zulässig?

Das mit der Ueberlegenheit sehe ich nicht als besonders wichtig an, da gibt es immer wieder Schwankungen in der Geschichte, mal der, mal der andere.

Christliche Europaer? Das ist meiner Ansicht nach eine Steigerung. Ich sehe eine stete Entwicklung, bei der sich das Uebrlegenheitsgefuehl und der Wille, die eigene Kultur in der Welt zu verbreiten, sich immer gesteigert hat. Seine Wurzeln hat es in verschiedenen QUellen. Das Christentum war da der Tropfen, der das Fass dann zum ueberlaufen brachte, um es mal blumig auszudruecken.

In der Diskussion entstand dann die Frage nach der Motivation die zu dieser Überlegenheit führte, und, in meinen Augen, ob dies überhaupt das erste mal in einer solchen Form auftaucht, oder ob wir da nicht einfach ein eurozentralistisches Bild zeichnen.

Lauten die Antworten auf diese Fragen nämlich anders, als bisher von einigen vorausgesetzt, ist die Frage nach dem Charakter europ. Geistes vielleicht hinfällig.

Was heist eurozentrisch? Sicher ist unser Geschichtsbild eurozentrisch, genauso egozentrisch eben, wie das Geshcichtsbild jeder anderen Kultur. Tatsache ist jedoch, dass eben die Welt heute nicht chinesisch, japanisch, islamisch, afrikanisch oder sonstwie gepraegt ist, sondern abendlaendisch. In Asien traegt man europaeische Mode, in Afrika spricht man englisch und franzoesisch, Menschrechte, Umweltstandards, Tierschutz, politische Systeme, alles abendlaendisch.

Und wer sich diesem Zwang zu entziehen sucht, wie es in eingen islamischen Laendern geschiet, der gilt dann als Rueckstaendig und im Mittelalter stehen geblieben.

Es hat sich nix geaendert, nur die Namen, die Konquistadoren heisen jetzt UN-Truppen und die Jesuiten Greenpeace...
 
Tib. Gabinius schrieb:
Wir sollten wohl erstmal die Ausgangsfrage definieren.



Daraus ergibt sich die Unterfragen:
- Überlegenheit in welchen Bereichen?
sowie
- christliche Europäer, ist diese doppelte Verallgemeinerung zulässig?

In der Diskussion entstand dann die Frage nach der Motivation die zu dieser Überlegenheit führte, und, in meinen Augen, ob dies überhaupt das erste mal in einer solchen Form auftaucht, oder ob wir da nicht einfach ein eurozentralistisches Bild zeichnen.

Lauten die Antworten auf diese Fragen nämlich anders, als bisher von einigen vorausgesetzt, ist die Frage nach dem Charakter europ. Geistes vielleicht hinfällig.

1.
die überlegenheit der europäer in wirtschaftlicher, technologischer und militärischer macht, die sie spätestens im 18.jhdt. erreichten, aus einer position der unterlegenheit genau in diesen drei feldern heraus.

2.
da es auch moslemische europäer gibt, denke ich, darf man das so sagen

3.
es gab natürlich schon vorher entdeckungsfahrten der araber, der chinesen, aber diese haben nicht zwei neue kontinente entdeckt. die folgen dieser entdeckungen/eroberungen sind regional begrenzt geblieben. und es waren die europäer (bzw. deren abkömmlinge in den usa), die ab dem 18.jhdt. (mit höhepunkt 19.jhdt.) die welt unter sich aufteilten, von wenige ausnahemen abgesehen. das ist nicht eurozentristisch gedacht.
 
Danke für die Einschränkung.

Aber ich wurde auch etwas mißverstanden.
Die Diskussion trieb in Richtung, als wären es christliche Europäer, die allein dazu tendierten zu erobern.
Ein Blick in die Vergangenheit beweißt: weder haben sich alle Europäer beteiligt, noch alle christlichen Europäer. Also zwei Verallgemeinerungen.
Um genau zu sein ist die Zahl der beeinflußenden europ. Staaten ziemlich gering.

Und eurozentrisch ist die Sicht, wenn wir vergessen, das andere Staaten im Vorfeld ebenso expansiv (beinflußten) und die europ. Kultur kein homogenes Stück von vorneherein war, sondern sich teilweise massivst Unterschied, wenn auch in der Neuzeit diese Unterschiede nicht mehr allzu gut ausgeprägt sind.

m.E. geschah das, was manganite mit einem leicht verbitterten Ton äußert, die Prägung der Welt nach westlichen Maßstäben, erst in den letzten rund 150 Jahren, also im fortgeschrittenen Imperialismus, und ist somit zwar in Verbindung und Aufbauend mit der Kolonialisierung und Entedckungstätigkeit der Rennaisance, aber nicht identisch.

Die Japaner etwa vermochten den protugiesischen Einfluß nach eigenem Antrieb zu verbannen, und sind doch seit der Meiji Zeit dabei sich nach Westen zu orientieren.
 
klar ist der begriff "europäer" verallgemeinernd, genau wie die "araber/moslems", und sogar die "chinesen". es geht einfach darum, diese drei kulturkreise voneinander abzugrenzen, die m.e. alle drei in der lage gewesen wären, die welt zu entdecken/erobern.

im grunde genommen sprechen wir hier nur von den portugiesen, spaniern, engländern, holländern und franzosen (mit gewissen einschränkungen würde ich auch die russen hinzuzählen, die auf dem landweg erfolgreich waren).

und ich meine es ist gerade nicht eurozentristisch gedacht, wenn man sich die frage stellt, warum es nicht die "araber" oder "chinesen" waren, die den "europäern" lange zeit weit voraus waren.

du hast recht, die ausbreitung der abendländischen zivilisation (unter einschluss der us-amerikaner) ist dann erst ein produkt der letzten 2 jahrhunderte. aber die grundlagen dafür wurden eben um 1500 herum geschaffen.

japan ist für mich das einzige beispiel einer gelungenen gegenwehr, was auch eine, aber separate, diskussion wert wäre.
 
collo schrieb:
japan ist für mich das einzige beispiel einer gelungenen gegenwehr, was auch eine, aber separate, diskussion wert wäre.

Lieber Collo,
Japans gelungene Gegenwehr bestand darin, europäische und amerikanische Kriegstechniken zu übernehmen. Wobei sie bei dem Angriff auf Pearl Harbour die vorherige Kriegserklärung vergasen. Sie übernahmen auch bis zu einem gewissen maße den wstlichen Kapitalismus.
Anscheinend kommt nur der weiter, der sich den neuen Gegebenheiten anpaßt. :rolleyes:
 
collo schrieb:
1. die überlegenheit der europäer in wirtschaftlicher, technologischer und militärischer macht, die sie spätestens im 18.jhdt. erreichten, aus einer position der unterlegenheit genau in diesen drei feldern heraus.
Zu welchem Zeitpunkt waren die Europäer in der unterlegenen Position ? Um das Jahr 1000 sicherlich, im Vergleich zur arab. Welt oder zum China der Song. Aber für das 15. Jahr. kann von Unterlegenheit keine Rede mehr sein. Eher im Gegenteil. :grübel:
 
collo schrieb:
japan ist für mich das einzige beispiel einer gelungenen gegenwehr, was auch eine, aber separate, diskussion wert wäre.

Aber letzlich ist auch diese Bastion gefallen und (oberflaechlich betrachtet) sogar drastischer als viele andere Weltgegenden...
 
Tib. Gabinius schrieb:
m.E. geschah das, was manganite mit einem leicht verbitterten Ton äußert, die Prägung der Welt nach westlichen Maßstäben, erst in den letzten rund 150 Jahren, also im fortgeschrittenen Imperialismus, und ist somit zwar in Verbindung und Aufbauend mit der Kolonialisierung und Entedckungstätigkeit der Rennaisance, aber nicht identisch.

Fuer mich ist das eine Entwicklung, die sich immer weiter beschleunigt hat, denn wenn ich ertsmal meinen Fuss in der Tuer habe, dann braucht es nicht mehr viel, um die Tuer ganz aufzureissen (um es mal wieder blumig auszudruecken). Insofern ist es richtig, der endgueltige Sieg bzw. Dominaz (naemlich nicht mehr nur die rein politisch/militaerische, sondern kulturelle) began dann im 19. jahrhundert und setzte sich im 20. immer rasanter fort.

Wuerden die Menschen an sich nicht uerball noch etwas verschieden ausehen, waeren die geographsichen und klimatischen Bedingungen nicht ueberall etwas anders, gebe es nicht noch ein paar alte Bauten, wer koennte, wuerde man ihn mit verbundenen Augen irgendwo hinbringen, noch sagen, wo er ist, wenn er sich umschaut?
 
heinz schrieb:
Lieber Collo,
Japans gelungene Gegenwehr bestand darin, europäische und amerikanische Kriegstechniken zu übernehmen. Wobei sie bei dem Angriff auf Pearl Harbour die vorherige Kriegserklärung vergasen. Sie übernahmen auch bis zu einem gewissen maße den wstlichen Kapitalismus.
Anscheinend kommt nur der weiter, der sich den neuen Gegebenheiten anpaßt. :rolleyes:
Mit Gegenwehr ist eben genau diese Adaption des westlichen nicht gemeint, die in der Meji Zeit weit über die reine Annahme von Kriegstechnik hinaus geht (steht sogar in einer G/Geschichte Ausgabe).

Die Gegenwehr bezieht sich auf die Vertreibung der Europäer, im genauen der Ordensgemeinschaft der Jesuiten und Portugiesen einige Jahrhunderte früher. Nachzulesen im "ferner Osten" Bereich.


Nach reiflicher Überlegung ist es wirklich so, dass der Beginn europäischer Verbreitung maßgeblich im Profit begründet liegt. Die meisten Kolonien wurden angelegt unter der Bedingung daraus Gewinne für die Krone zu erzielen. Die spanischen und portugiesischen Goldgaleonen sind ja legendär, ebenso wie die Freibeuterkolonien der Engländer und Franzosen, nicht zu vergessen den Handelsgesellschaften.
So zeigt sich auch das einzige wirkliche (hin)eingreifen in China (der lebendige Gegenbeweis das Japan die einzige "Bastion" gewesen wäre) durch England im Opiumkrieg als Folge einer wirtschaftlichen Einbuße.

Was nun den heutigen Standart angeht, ich sehe das weitaus weniger pessimistisch, manganite.
In Zentralfrika, Ägypten, Indien, Tibet, China und Australien ist von der eigenen Kultur jede Menge zu sehen. Auch jemand, der nicht die Hautfarbe oder die Umgebung zum Rückschluß nehmen kann würde die Tuarek, die Pygmäen, Masai als solche oder zumindest als "fremd" erkennen. In der Tat sind sogar bei unseren direkten Nachbarn, den Türken, die kulturellen Unterschiede teilweise sehr ausgeprägt.
Unterschätzt Tradition und Kultur nicht.
Auch wenn wir stark geprägt haben, hat sich oftmals etwas neues entwickelt. Gerade die Japaner zeigen das mit ihrer schrillen Jugendkultur.
 
Louis le Grand schrieb:
Zu welchem Zeitpunkt waren die Europäer in der unterlegenen Position ? Um das Jahr 1000 sicherlich, im Vergleich zur arab. Welt oder zum China der Song. Aber für das 15. Jahr. kann von Unterlegenheit keine Rede mehr sein. Eher im Gegenteil. :grübel:

die drei felder, die ich bereits benannte: technologisch, militärisch, wirtschaftlich und zwar auch noch im 15. jhdt.. das ändert sich dann aber dramatisch zugunsten der europäer.

technologisch: erst mit dem typ der karavelle haben die europäer ein hochseegeeignetes schiff zur verfügung, während araber und chinesen mit dhaus und dschunken schon früher auf hohe see fuhren. auch die nautik ist bei chinesen und arabern um 1450 noch weiterentwickelt.
klar, es wurden in der zeit die kathedralen gebaut, aber dieses wissen war nicht unbedingt hilfreich auf hoher see.
viele "erfindungen" der europäer, wie buchdruck, wie schwarzpulver, waren doch im fernen osten lange vorher bekannt.

militärisch: im westen werden zwar die mauren von der iberischen halbinsel vertrieben, im südosten setzen aber die osmanen gleichzeitig zum sturm an und kommen zweimal bis wien. ausserdem bekriegen sich die europäer lieber untereinander als sich gegen einen gemeinsamen feind zu verbünden.
aber auch hier wendet sich das blatt sehr rasch zugunsten der europäischen mächte.

wirtschaftlich: es existierte eine art europäischer binnenhandel, vom globalen austausch blieb europa aber ausgeschlossen, das war ja eine der antriebsfedern, die zu den entdeckungsfahrten gehörten. europa konnte den arabern und indirekt den chinesen doch keine gleichwertigen waren anbieten, sondern musste in edelmetall bezahlen, für china galt dies übrigens bis zu den opium-kriegen im 19. jhdt.!

ich will ja gar nicht schwarzmalen, letztendlich haben "wir europäer" es ja doch geschafft. nur waren doch die ausgangsvoraussetzungen eigentlich schlechter als bei den beiden anderen in frage kommenden zivilisationen
 
Tib. Gabinius schrieb:
Auch wenn wir stark geprägt haben, hat sich oftmals etwas neues entwickelt. Gerade die Japaner zeigen das mit ihrer schrillen Jugendkultur.

Die aber auch viel von Hilflosigkeit hat, von Zerrissenheit zwischen Altem und Neuem und sie ist eben nicht die Regel... Japanische Schueler sehen aus, wie englische mit ihren Schuluniformen, japanische Angestellte sind europaeischer gekleidet, wie die Europaer selbst und wenn Du hier Alltagsklamotten kaufst, sieht alles aus wie in Deutschland, selbst die Schauffensterpuppen haben eine "europaeische Figur" und Gesichtszuege. Die normale Japanerin weiss gar nicht mehr, wie man einen Kimono anzieht. Und die paar Freaks in Harajuku sind keine Massenbewegung. Was bleibt sind Mangas...
 
manganite schrieb:
Aber letzlich ist auch diese Bastion gefallen und (oberflaechlich betrachtet) sogar drastischer als viele andere Weltgegenden...

ich meinte die vertreibung der missionare und die freiwillige abschottung von 1640-1850...
 
Hallo collo,

ich möchte dazu etwas ergänzen...

collo schrieb:
die drei felder, die ich bereits benannte: technologisch, militärisch, wirtschaftlich und zwar auch noch im 15. jhdt.. das ändert sich dann aber dramatisch zugunsten der europäer.

Da beschränke ich mich jetzt einmal auf das Militärische :cool:

collo schrieb:
militärisch: im westen werden zwar die mauren von der iberischen halbinsel vertrieben, im südosten setzen aber die osmanen gleichzeitig zum sturm an und kommen zweimal bis wien. ausserdem bekriegen sich die europäer lieber untereinander als sich gegen einen gemeinsamen feind zu verbünden.
aber auch hier wendet sich das blatt sehr rasch zugunsten der europäischen mächte.

Der Osmanensturm im späten Mittelalter läßt - von der Schlacht bei Varna 1444 einmal abgesehen - das westliche Europa relativ kalt. Sowohl Serbien steht 1389 (Schlacht auf dem Amselfeld) relativ allein gegen die kriegstechnisch überlegenen Osmanen als auch das Byzantinische Reich bis zur Eroberung Konstantinopels 1453.
Zwar kommen die Osmanen bis vor Wien und erlangen auch nach der Eroberung von Rhodos (1522) Dominanz im Mittelmeerraum, doch erleiden sie gegen vergleichbare Gegner empfindliche Rückschläge:
1529 vor Wien gegen die Habsburger
1565 auf Malta gegen den die Malteser (Johanniterorden)
1571 vor Lepanto gegen die Hl. Allianz (Spanien, Venedig)
1683 wieder vor Wien gegen die Habsburger und ihre Verbündeten
Die strategischen Vorteile liegen jedoch eigentlich auf Seiten der Osmanen: Uneinigkeit durch die konfessionelle Spaltung u.ä. im Heiligen Römischen Reich, Bündnis mit Frankreich gegen Habsburg (erstes Zweifrontenproblem der deutschen Geschichte) und zahlenmäßige Überlegenheit. Auch von der Kriegstechnik her sind die Osmanen den Europäern keinesfalls unterlegen - zumindest nicht vom 14. - 17. Jh.
Den europäischen Gegner der Osmanen gelingt es jedoch - vereinfacht gesagt - die vereinzelten Schwächen auszunutzen: ineffiziente Militärführung, berechenbare Taktik etc.

In diesem Sinne

Timo
 
collo schrieb:
den 4. punkt, überbevölkerung, würde ich so nicht gelten lassen. bis 1700 spielte der siedlungskolonialismus eine ganz untergeordnete rolle. ausserdem bin ich mir nicht sicher, ob der bevölkerungsrückgang durch die pestepidemien bereits um 1450/1500 ausgeglichen war.
Die Überbevölkerung sehe ich nur als Teilaspekt, bitte genau lesen.
Andronikos schrieb:
-Motiv 4: Durch das europäische Gesellschaftssystem und die Überbevölkerung gab es jederzeit genügend Kolonisten, die sich eine neue Heimat aufbauen wollten - die Fesseln der Alten Welt hinter sich lassen und der Neuen Welt eben jene Fesseln anzulegen
Es gab in Europa jede Menge zweit- und drittgeborene Söhne des Kleinadels und der Bauernschaft die es in Europa zu nichts bringen konnten. Für die war es ein leichtes Europa den Rücken zu kehren und beispielsweise in Amerika Besitzungen zu erwerben, die weit größer waren als ihr heimatlicher Besitz - diese Strukturen existieren ja in Südamerika teilweise bis heute fort. Gleichzeitig wurde die dortige Bevölkerung zu Zwangsarbeit gezwungen und bekehrt. Hier sehe ich wieder das Sendungsbewußtsein nur am Rande, denn eigentlich wollte den Indios doch niemand die europäische Kultur bringen, man wollte, dass sie für einen arbeiten und sich taufen lassen. Die Lebensweise der Indios ist doch bis heute nur marginal verändert worden.
collo schrieb:
natürlich gab es einen konkurrenzkampf zwischen sapnien und portugal, aber in spanien standen bis 1492 ja noch die mauren und es wäre m.e. eine logische folge gewesen, wenn die spanier sich nach der eroberung nordafrika zugewandt hätten (mit ceuta und mellila hatten sie das ja acuh schon angefangen).
Das war natürlich die logische Folge und das wurde zu Beginn des 16. Jhd. auch konsequent betrieben. Die Spanier eroberten Oran, Algier, Tunis, Tripolis, und noch einige - also alle großen Städte in Nordafrika. Dadurch provozierten sie allerdings auch heftige Gegenwehr und die Osmanen unter Chaireddin Barbarossa (einem zum Islam konvertierten griechischen Seeräuber/Admiral) eroberten die Städte bald wieder zurück.
Zu der Zeit waren die Europäer möglicherweise schon gleich stark wie die Osmanen aber die Kraft und der Willen war noch nicht vorhanden dauerhaft in die Offensive überzugehen. Da wandte man sich zunächst leichteren Eroberungen in Südamerika, Afrika und Asien zu.
 
collo schrieb:
sach ich ja, bis zur niederlage vor wien befinden sich die osmanen auf dem vormarsch.
Freilich war ihnen das nur möglich, solange sie ein Offensivbündnis mit Frankreich hatten. Die geteilte Kraft Karls V. ist ziemlich offensichtlich in dieser Situation.
 
Welche Niederlage vor Wien ist eigentlich gemeint 1529 oder 1683?

Jedenfalls mussten die Osmanen schon nach 1529 weitere Niederlagen einstecken, die deutlich machen dass ihre militärische Stärke schon damals gerade ausreichte, das bis dahin eroberte zu halten. Expansion war ab da für sie nur noch marginal möglich. Einem echten gemeinsamen Vorgehen der Europäer wären sie wohl unterlegen gewesen aber das verhinderte damals die innereuropäische Konkurrenz.
Den von thimoteus genannten Niederlagen möchte ich noch die Eroberung von Tunis 1535 durch Karl V. beifügen. Bei dem Landungsunternehmen waren 30.000 Soldaten beteiligt, darunter 8.000 deutsche Landsknechte und mehrere hundert Schiffe aus Portugal, Spanien, Genua, Neapel, Sizilien und vom Johanniter-Orden - bezahlt wurde die Flotte im wesentlichen durch Silber und Gold aus Amerika.
An dem Beispiel sieht man glaube ich gut, das Europa prinzipiell schon damals logistisch und technisch in der Lage war großangelegte Eroberungen zu starten.
 
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