Wanderausstellung "Im Tode lebendig"

ursi

Moderatorin
Teammitglied
Wieger hat mich gebeten den allgemeinen Text zu der Wanderausstellung "Im Tode lebendig" an der er Mitgearbeitet hat, hier reinzustellen.

Wer Fragen hat soll sich bitte an Wieger wenden.

Die Texte sind nur ein Teil der Ausstellung und jene ist als Wanderausstellung konzipert. Weiterhin ist sie offen, d.h. sie darf und soll ergänzt werden mit neuen Materialien und/oder Materialien, die wir noch besitzen, aber nicht eingearbeitet wurden. Wenn also jemand an der Ausstellung Interesse hat, sei es für eine Schule, o.ä. soll Wieger kontaktieren.


Anmerkung:
Dies ist eine Ausnahme, Wieger besitzt keine Schreibrechte in der Neuzeit und da ich der Meinung bin man sollte solche arbeiten unterstützen habe ich diese Texte hier reingestellt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bewacher

Auch wenn es eine scheinbar unabhängige Häftlingsverwaltung gab, die nur zur Ausspielung der Insassen untereinander diente, hatte eigentlich die SS die Zügel in der Hand mit ihrer Lagerverwaltung.

Die Zahl der Bewacher kletterte in die Höhe mit der ansteigenden Zahl der inhaftierten Menschen. Als am 8.August das Lager ?eröffnet? wurde, waren es gerade einmal 80 SS-Angehörige des Totenkopfverbandes, die von Dachau nach Mauthausen versetzt wurden.
Am 27. März gab dann es 9 859 Mann der SS (SS-Führer, SS- Unterführer und SS-Mannschaften), die das Lager verwalteten, bewachten und mordeten.

Mauthausen 2 962 Mann
Gusen 3 010 Mann
Übrige Nebenlager 3 887 Mann

Kommandantur
An der Spitze in der SS-Verwaltung des KZ Mauthausen kam die Kommandantur, die von Standartenführer Franz Ziereis (1945 von Alliierten auf der Flucht gestellt und tödlich verwundet) geleitet wurde. Sein persönlicher Adjutant (ab Juni 1942 SS-Obersturmführer Adolf Zutter sowie Untersturmführer Fovers) stand ihm zur Seite und regelten die rechtlichen Angelegenheiten der SS und kommandierten die Lagertruppen. Die totale Verfügungsgewalt lag jedoch bei Franz Ziereis laut Richtlinien des Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS.

Kommandanturstab (Verwaltung des Schutzhaftlagers)

Im wesentlichen wurden hier die wirtschaftlichen Belange des Lagers geklärt. Rein hierarchisch gesehen war der Führer der Verwaltung der Kommandantur unterstellt. Der SS-Hauptsturmmann Alfred Dittmann als Kommandoführer war verantwortlich für Zusammenstellung von Transporten, zum Neuaufbau der Nebenlager und Arbeitsaußenkommandos, die besonders gefürchtet wurden von den Häftlingen.

politische Abteilung

Vollkommen unabhängig vom Rest der Verwaltung war die lagerinterne Vertretung der Gestapo, die vom Obersturmführer Karl Schurz geleitet wurde. ? Einlieferung und Einsatz von Häftlingen sowie der gesamte Aktenverkehr von und zur Gestapo wickelte sich über diese Abteilung ab.? Des weiteren enthielt die politische Abteilung die Zuständigkeit für das Krematorium, der fotografische Erkennungsdienst und das Standesamt.

wirtschaftliche Lagerverwaltung

Hauptsturmführer Xaver Strauß leitete diese Abteilung, die sich um die Kasse, Buchführung, SS- und Häftlingsküche, Heizung, Pumpenstation, Bekleidung und Effektenkammer (hier werden die beim Einliefern abgegebenen, persönlichen Gegenstände gelagert).
 
Aufbau und Gliederung des Lagers

Als Vorbild diente hier das erste deutsche Konzentrationslager Dachau, d.h. es gab 3 große Bereiche:
das Schutzhaftlager
den Kommandanturteil und
die SS-Siedlungen

Umgeben war das Schutzhaftlager (25 000m²) von einer 2,50 m hohen Umfassungsmauer auf der sich 80 cm Stacheldraht befand, der in der Nacht mit Starkstrom geladen war. In regelmäßigen Abständen waren ragten Türme aus den Mauern, die mit schwenkbaren MGs und Wachposten versehen waren. Tagsüber wurden alle Werkstätten, der Steinbruch, Baukommandos usw. von Posten umstellt, die in der Nacht abgezogen wurden. Jedoch beleuchtete man das Lager die ganze Nacht, um Fluchten unmöglich zu machen.
Das Eingangstor wird von zwei Türmen flankiert. Bereits innerhalb des Lagers, am linken Turm, befand sich eine Eisenkette, die zum Martern verwendet wurde.
Sofern man das Eingangstor betreten hatte, stand man auf dem Appellplatz, der von Holz- und Steinbaracken umgeben ist.

Nach der Fertigstellung des Lagers bestand das Lager aus:

Lager I
mit den Blöcken 1 bis 20 (Eine Normal-Baracke in Mauthausen war 52,61 Meter lang und 8,22 Meter breit.). Block 1 bildete eine Ausnahme , denn hier befand sich die Lagerschreibstube und die Schuhmacherwerkstatt. Die Baracken 16-20 dienten als “Quarantäneblöcke”, wo die Neuankömmlinge maximal 6 Wochen untergebracht waren, um angeblich die Seuchenverbreitung zu verhindern. In Wahrheit trennte man hier zwischen arbeitsfähigen und schwachen. Die kranken und schwachen Häftlinge wurden meist umgehend den Vernichtungsabteilungen zugeordnet.
Eine besondere Stellung nimmt hier die Baracke 20 ein, wo von Frühling 1944 bis Spätwinter 1945 sowjetische Offiziere interniert waren. 2 Wachtürme und eine eigene Umzäunung sollten Fluchten aus diesem Block verhindern. Der Block 20 erhielt den Namen “Todesblock” unter den Häftlingen, da hier die SS-Verbrecher die Häftlinge langsam verhungern ließen.
Nach dem Zurückdrängen der Front und der ersten Befreiungen der östlichen KZs durch die Sowjetunion kamen vermehrt “evakuierte” Häftlinge nach Mauthausen. Da die Platzkapazitäten nicht ausreichten, errichtete man nördlich des Lager I ein Zeltlager (16 000m²) ab Sommer 1944. In den 6 großen Zelten und 8 Militärzelten wurden überwiegend jüdische und ungarische Häftlinge untergebracht und dem Kälte- und Hungertod überlassen.

Lager II
Bis 1944 dienten die Blöcke 21 bis 24 als Werkstätten zur Ausbeutung. Danach fanden auch hier Häftlinge Unterkünfte.

Lager III
Innerhalb jenes Lagers gab es 8 Blöcke ohne sanitäre Anlage, wo im letzten Kriegsjahr polnische Frauen und ehemalige Häftlinge aus dem KZ Ravensbrück untergebracht waren. Alleine im letzten Monat wurden hier 1 000 der 3 000 Insassen durch die SS ermordet.
Gegenüber der Häftlingsbaracken lagen 4 weitere Gebäude. Zum einen war im ersten Gebäude die Wäscherei und der Dusch- bzw. Desinfektionsraum. Das zweite Gebäude lag die Küche und das Magazin. Der “Bunker” (Lagergefängnis mit 33 Zellen à 5,4 m²) befand sich oberhalb der Krematoriumsanlage.
Das letzte der vier Gebäude diente als Krankenrevier mit der Gaskammer (als Baderaum getarnt). Zwischen dem dritten und vierten Gebäude lag -unterirdisch- die Genickschussanlage.

Krankenlager (15 000 m²)
Im Herbst 1941 begann man mit einem separatem Bau zu einem Krankenlager etwas außerhalb des Lagers I, welches in der Folge eigene Wirtschaftsgebäude (Küche, Schneiderei, etc.) enthielt. Das Krankenlager wurde noch mal extra umzäunt und bewacht. Jene 10 Blöcke waren anfangs nicht einmal mit Bettgestellen ausgestattet. Später lagen dann 3-4 Schwerkranke in einer Pritsche.

Nebenlager

Insgesamt besaß das KZ Mauthausen 52 Nebenlager, wobei eins der größten Gusen war.

Gusen

Das Lager Gusen muss noch mal unterteilt werden in Gusen I, II und III. Es nahm eine besondere Stellung im Lagersystem Mauthausens ein. Gusens Steinbruch war ein maßgeblicher Faktor dafür, dass die DESt die Granitwerke Mauthausen gründeten. Begonnen mit den Bauarbeiten hatte man bereits im Dezember 1939. Man gedachte dort nur polnische Häftlinge unterzubringen, was sich jedoch schnell änderte. Weiterhin wird die besondere Rolle Gusens dadurch untermalt, dass es hier eine gesonderte Häftlingsnummervergabe und eine eigene Lagerverwaltung gab.
Ab 1943 änderte man allmählich die Methoden „zur Vernichtung durch Arbeit“. Die Ausbeutung der Häftlinge wurde nun, wie in Melk durch Stollenarbeit der Rüstungsbetriebe betrieben. Man weitete den Arbeitseinsatz aus, was zur Gründung von Gusen II und Gusen III im Jahre 1945 führte. 1944 waren 25 000 Menschen in Lager Gusen, sprich mehr als im Hauptlager Mauthausen zu dieser Zeit. Die harte Arbeit im Steinbruch und im Stollen, sowie Massenexekutionen und brutale Drangsalierung durch die SS forderten mehr als 40 000 Tote nur für das Lager Gusen. Die Befreiung des Lager fand ebenfalls am 5. Mai statt, war aber von einer massiven Lynchjustiz der Häftlinge begleitet.

“Häftlingsselbstverwaltung”

Die Nazis schufen den Mythos, dass Konzentrationslager lediglich “Umschulungslager für politisch schwer belehrbare” seien, der sich jeglichem Realitätsbezug fern hält. In Wirklichkeit waren sie der wesentlichste Bestandteil der industriellen Vernichtung von Kommunisten, Sozialdemokraten, Homosexuellen, Behinderten, Zeugen Jehovas, Sinti, Roma, Kriegsgefangenen aufrechten, Gewerkschaftern und Christen. Um den Schein zu wahren wurde seitens der SS eine “Häftlingsselbstverwaltung” ins Leben gerufen. In Wahrheit wurde den Häftlingen in keiner Weise in irgendeinem Konzentrationslager die Möglichkeit eingeräumt die eigenen Belange selber zu klären.

Nichtsdestotrotz forderte die riesige Ansammlung von Menschen das verwaltungstechnische Bewältigung vielerlei Probleme. Dazu gehörten u.a. die Erfassung von Häftlingen, Arbeitseinsatz, Registrierung von Kranken und Toten, Küche. Die SS übernahm diese Angelegenheiten nicht, was aber nichts an der Tatsache änderte, dass sie brutal herrschte, vergewaltige und mordete.

Zu diesen Zwecken wurden Lagerfunktionäre eingesetzt, um bestimmte Arbeitsbereiche zu überwachen oder verwalten. Das Innehaben einer solchen Funktion wurde mit Privilegien “bezahlt”. Jene Häftlinge besaßen verhältnismäßig mehr Freiheiten als andere Häftlinge. Besonders einflussreich war die Lagerschreibstube (hier wurden die Lagerkarteikarten aufbewahrt), denn von hier ging die Besetzung bestimmter Posten, Versetzung in Nebenlager, Einweisung in diverse Arbeitskommandos aus.
Ein Kapo (=Häftlingsvorarbeiter) war in den Arbeitskommandos eingesetzt.
Die Länge des Zählappells hing von der Arbeit des Blockältesten und Blockschreibers ab.
Weiterhin war der Stubenälteste dafür verantwortlich wer die Stube reinigte, sprich in den Stubendienst eingeteilt wurde.
Der Knackpunkt des Ganzen besteht darin, dass die “Häftlingsselbstverwaltung” zu nichts anderem diente als der Ausspielung der Häftlinge untereinander. Es war von großer Bedeutung was für ein Häftling (ob kriminell, asozial oder politisch) welche Funktion inne hatte, um das Leben einiger Häftlingsgruppen zu erleichtern oder erschweren.
In Mauthausen bestand das Problem, dass die Kriminellen zumeist die wichtigsten Positionen inne hatten. Die Kriminellen kollaborierten bereitwillig mit der SS, um sich beispielsweise in der Effektenkammer an den Habseligkeiten der anderen Häftlinge zu bereichern. Kriminelle können einfache Diebe gewesen sein, die nur für eine kurze Zeit Insassen waren. Auch sie mordeten, denunzierten und folterten die Häftlinge. Gerade daraus resultiert die große Lynchjustiz im KZ Gusen nach der Befreiung durch die Amerikaner. Mit der Zeit veränderte sich jedoch die Lage, durch geschicktes Ausspielen und Auseinandertreiben der Kriminellen und SS, bei einem Einsetzen aller erdenklichen Mittel, denn das nackte Leben hing davon ab, wurden viele Positionen von Antifaschisten eingenommen, um so das Leben der Mithäftlinge unter den wachsamen Augen der SS einfacher zu gestalten. Die SS ihrerseits begann nun, aufgrund der näher kommenden Front sich mit den Kommunisten im besonderen zu arrangieren, um bei der Befreiung von Faschismus eine Rückversicherung zu erhalten.
 
Häftlinge

Reichsminister des Innern. Berlin NW 40, den 12./26.April 1934. Betr.: Schutzhaft. Zur Abwehr der durch den Reichstagsbrand vom 7.Februar 1933 angekündigten staats- und volksfeindlichen Umsturzbestrebungen [?] die staatsbürgerlichen Garantien der Weimarer Verfassung, darunter das Recht der Freiheit der Person zeitweilig aufgehoben. Die Länder werden damit ermächtigt, nötigenfalls auch die Schutzhaft zu verhängen?
Runderlass vom 25.Januar 1938: ?Die Schutzhaft kann als Zwangsmaßnahme der Geheimen Staatspolizei zur Abwehr aller volks- und staatsfeindlichen Bestrebungen gegen Personen angeordnet werden, die durch ihr Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und des Staates gefährden [?] Die Schutzhaft ist grundsätzlich in staatlichen Konzentrationslagern zu vollstrecken.?

Damit war die Grundlage zur Unterbringung in ein Konzentrationslager geschaffen. Opfer dieser staatlichen Willkür konnte jeder werden der sich dem faschistischen Obrigkeitsstaat nicht bedingungslos beugte oder gar Widerstand leistete. Außerdem reichte es bereits aus dem Judentum, der Zeugen Jehovas anzugehören der homosexuell zu sein, um deportiert zu werden. Das Ziel bestand nicht nur darin den Häftling zu vernichten, sondern zuerst musste er von der Öffentlichkeit vollständig isoliert und entpersönlicht werden
Am 8.8.1938 kamen die ersten 300 Häftlinge in Mauthausen an.
Es waren nur männliche Deutsche und Österreicher unter ihnen, die jedoch bereits Gestapo-Folter, Zuchthaus oder eine Schmerzhafte Verhaftung hinter sich hatten. Die Kleidungsstücke bestanden aus einer zerlumpte Hose, Jacke, Hemd, zwei Fußlappen, sowie zwei Holzsohlen.
Die erste Nacht wurde in den Quarantäneblöcken 16-20 verbracht. Am nächsten Tag wurden in der Arbeitsstube die Personalien aufgeschrieben, sowie eine Nummer zugeteilt mit der man ab nun nur noch angesprochen wurde und auch sich vorstellen musste. Ab diesem Punkt war jeder Häftling nur noch eine Nummer, ein Nichts. Jedoch reichte der SS diese Demütigung noch nicht. Zusätzlich erhielt jeder Neuankömmling ein Dreieck, welches mit einer speziellen Farbe (für den Grund der Deportation) und einem Buchstaben für die Nationalität versehen war.
Später geschah es sogar so, dass häufig Neuankömmlinge nicht registriert wurden, wobei man sie meist dann gleich ermordete.
Die ersten Frauen gelangen erst 1942 ins KZ Mauthausen. Ihre Anzahl steigerte sich auf ca. 4700-8000 im Herbst 1944.
Man kann ungefähr damit rechnen, dass 200.000 Menschen in das Lager Mauthausen verschleppt worden sind. Von ihnen wurden auf vielfältige und bestialische Art und Weise und ohne Grund ungefähr 120.000 Menschen umgebracht, egal welchen Alters, Geschlechts Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung.




Anmerkung: Diese Liste basiert auf den schriftlich Erfassten. Es existieren Schätzungen dass an die 200 000 Menschen ermordet wurden. Diese weitaus höhere Zahl kommt aus folgenden Tatsachen zustande:
- sofortige Exekutionen
- sowjetische Gefangene der Blöcke 16-19
- Gefangene, die aus anderen Lagern evakuiert wurden
 
Sklavenarbeit und der wirtschaftliche Faktor des KZ Mauthausen

Neben den Repressalien und Morden der SS, wurde besonders darauf Wert gelegt, die Häftlinge durch Arbeit zu vernichten. Die Knochenarbeit wurde in Zusammenarbeit mit Konzernen und dem faschistischen Staatsapparat betrieben. Hierzu wurde eigens mehrere SS-Konzerne gegründet, um die Häftlinge physisch ebenfalls zu zerquetschen.
SS-Obergruppenführer Glück befahl im Sommer 1941 bereits, dass Häftlinge, die einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig oder krank waren, beseitigt werden müssen, da sie ?unerwünscht? seien. Dieser Befehl wurde gnadenlos durchgeführt.

Die Schwerstarbeit begann bereits mit der Entstehung des Lagers. So wurde das Lager erst einmal von den Häftlingen erbaut. So mussten beispielsweise schwere Granitblöcke bei Wind und Wetter vom Steinbruch ins Lager gebracht werden (ohne große technische Hilfsmittel) oder im Laufschritt schwer beladene Karren durch den Morast schieben. Total entkräftete blieben einfach liegen, wurden den Steinbruch hinuntergeschleudert oder rannten hinter die Postenkette und wurden dann ?auf der Flucht erschossen?.

Zur besseren Organisierung der Arbeit wurden Arbeitskommandos gebildet. Generell war der frühere Beruf, das Alter oder die Vorkenntnisse der SS gleichgültig. Zum Schleppen der Steine wurden häufig Kranke oder Invalide eingesetzt, um sie dann auch noch zu einem Laufschritt zu zwingen. Ziel war mithilfe dieser Arbeitsweise schneller und ?billiger? die Menschen zu töten.
Als die Alliierten sich im Kriegsverlauf langsam aufrafften, um die faschistischen Armeen zurückzuschlagen, veränderte sich der Charakter der Lagerarbeit.
Der Schwerpunkt wurde nun auf Rüstungssteigerung durch Häftlingsarbeit verlegt. Tag und Nacht wurden Transporte zu den Rüstungsbetrieben oder den unterirdischen Stollen zusammengestellt. Ab diesem Punkt ging es nicht mehr nur um die reine Vernichtung der Häftlinge, sondern vorher musste alles mögliche getan werden, um noch etwas Brauchbares, nämlich die Arbeitskraft aus ihnen herauszupressen. Ein Häftling musste nur ein wenig am Leben erhalten bis neue frische Arbeitskräfte geliefert wurden. Grundlage dafür bildete zum Einen folgender Erlass des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes vom 3. Juni 1942 an alle Kommandanten der KZs: ?Die derzeitige Kriegslage zwingt dazu, die Arbeitskräfte der einsetzenden Häftlinge bis zum letzten produktiv auszuschöpfen.?
Mit diesen beiden Beschlüssen war die Vernichtung durch Arbeit beschlossene Sache.
Das Lager Mauthausen mutierte ab 1943 regelrecht zu einem KZ-Konzern deren Konzernarme in 52 Nebenlagern ihren Ausdruck fanden. Häufig wurden Nebenlager in der Nähe von großen Konzernen errichtet, die sich der Zwangsarbeit der Häftlinge bedienten.
Zu diesen Konzernen gehörte:

SS-Konzern DESt (Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH)

Dieser Konzern pachtete zuerst Steinbrüche in der Nähe von Mauthausen. Deshalb wurde das KZ Mauthausen errichtet, sprich um die Nutzung des Steinbruchs zu sichern. Später kaufte man das Gelände von der Stadt Wien.
Die DESt steigerte ihren Umsatz um mehr als das Zehnfache. So erwirtschaftete man einen Gesamtumsatz von 133 000 RM im Jahre 1938. 1943 war der Gesamtumsatz bis auf 14 822 000 angestiegen.
Anfangs nutzte man das Granit um das Lager aufzubauen. Als das fertig gestellt war, wurde aus den Quadern der Steinbrüche Mauthausens und Gusens Gehwegplatten, Bordsteinkanten, Schotter, Pflastersteine und Grundbausteine für das ganze Reich hergestellt. Die schweren Quader mussten täglich von bis zu 2000 Gefangenen auf primitivste Art und Weise aus dem Gestein geschlagen werden, um dann mithilfe einer Hucke die 186 Stufen der Todesstiege, die mal lang, kurz, steil, abgerundet, niedrig, hoch und kantig waren, zum Lager transportiert werden.

?Hermann-Göring? -Konzern (Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten)

1943 beschäftigte man 600 000 Mitarbeiter von denen zu diesem Zeitpunkt 300 000 Zwangsarbeiter aus den Lagern waren.
Eine Außenstelle des Konzerns befand sich in Linz. Zu diesem Zwecke wurden drei Nebenlager des KZ Mauthausen gegründet.
Bis zu 600 Häftlinge waren beim Bau und der Produktion der Firma Hochofenschlacke Linz GmbH schwersten Bedingungen ausgesetzt. Ihre Unterkünfte bildeten das Lager Linz I.
Im KZ-Nebenlager Linz II arbeiteten 250 Häftlinge für die Gauleitung Oberdonau und die Wehrmacht.
Das größte Lager stellte Linz III dar, wo 5 500, überwiegend für die ?Hermann-Göring? -Werke bei der Panzerproduktion eingesetzt wurden. Zusätzlich mussten die Häftlinge ein Kraftwerk in Linz errichten, sowie Straßen, Bahnen und Luftschutzkeller.

Messerschmitt AG

Die Messerschmitt AG existiert bis heute als Tochterkonzern der EADS.
Als die Alliierten anfingen Deutschland zu bombardieren und auch die Messerschmitt Werke, verlagerte man 1943 die Produktion von Regensburg z.T. nach Österreich. Hierbei griff man auf die Hilfe der DESt zurück. In den unterirdischen Stollen von Gusen wurde Flugzeugteile hergestellt.
Die Kooperation beider Konzerne bestand darin, dass die Messerschmitt AG die Materialen lieferte und die DESt die Häftlinge und den Standort bereitstellte.
Die Bedingungen für die Häftlinge waren hart, so musste man in 12 Stunden Schichten arbeiten. Die Kleidung bestand aus Holzschuhen oder Pantoffeln, die von einem Strick oder Draht zusammen gehalten wurden, sowie der Kleidung verendeter Häftlinge oder den Lageranzügen. Ein Wechsel der Kleidung, aufgrund des Wetters oder der Jahreszeit war nicht möglich. Zur Arbeit wurden häufig ungelernte Häftlinge herangezogen, die dann Bleche schneiden, biegen, nieten und Bolzen drehen, mussten. Bei einem Fehler durften die Kapos, die mit Schlauchschlägern bewaffnet waren, Hiebe auf das Gesäß verteilen. Während der Arbeit durfte nur deutsch gesprochen werden, was sich als schwierig erwies, da fast alle Nationen vertreten waren. Die einzige Pause bestand in der Essenaufnahme 300m vor der Halle. Der schlammige Weg wurde zur Qual, aufgrund der Schlappen.

Steyr - Daimler - Puch AG

1923 nannte man sich in Steyr - Daimler - Puch AG um, wegen der Fusion der Steyr Werke AG, Austro - Daimler AG und der Puch AG.
Heute ist der Konzern in viele kleine Teilkonzerne anderer Großkonzerne zersplittert.
Bereits unmittelbar nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland formte man den Betrieb zu einem Rüstungskonzern um.
Man baute mithilfe der Häftlings Panzer des Typs Panther (1 000 Häftlinge im Nebenlager St. Valentin) und Infanteriewaffensysteme (Infanteriegewehre, Maschinengewehre, Maschinenpistolen) in den Lagern Melk, Peggau, Steyr, Ebensee, Gusen I/II und Leibnitz - Graz.
Die Produktion fand vorwiegend unterirdisch statt, dazu mussten aber Stollen in den Berg gehauen werden. In 3 Schichten wurden die Häftlinge von Melk dazu getrieben in kurzer Zeit 6 mehrere hundert Meter lange Stollen in den Berg zu graben. Am 30. Januar 1944 waren 10 353 Häftlinge mit den Arbeiten am Stollen beschäftigt.

Speer-Ministerium - Heeresversuchsanstalt

Die so genannten Wunderwaffen des Hitlerreiches sollte ja schon früh den Krieg entscheiden zugunsten des Hitlerfaschismus. Im Nebenlager Ebensee begann man mit den Vorbereitungsarbeiten zum Bau starker Raketen (A 4, A 9, A 10) ,die teilweise sogar New York erreichen und bis zu 380km in die Stratosphäre aufsteigen sollten. In 12 - 14 Stunden Schichten haute man bis zu 250 m tief haushohe Stollen in den Berg rein. Alles wurde ausbetoniert, verputzt und mit Büroräumen versehen.
Einzig die Niederlage des Faschismus verhinderte, dass diese Raketen wirklich entwickelt wurden.

Bei den harten Arbeitsbedingungen (man ließ die Häftlinge teilweise die Stollen mit den Händen ausheben) und dem kargen Essen (500g Brot + eine Blechschüssel voll Steckrübensuppe am Tag) kaen insgesamt 17 000 Menschen ums Leben. Der hohe Verlust an Arbeitskräften kompensierte die SS, indem sie täglich neue Arbeitskolonnen aus den Haupt- und Nebenlager in die Stollen trieb.

?Arbeitsentlohnung?

Die Verwaltung aller KZs erhielten für jeden zur Verfügung gestellten Häftling eine bestimmte Summe zur Kriegsfinanzierung. Somit wurden die Kosten pro Häftling gedeckt. Pro Tag sollten 2 RM für Essen, Kleidung, Unterkunft, Überwachung, etc. reichen. Der mögliche Überschuss wurde an die Reichsbank überwiesen.
SS-eigene Betriebe zahlten 0,30 RM pro Häftling an die Verwaltung bis Ende 1942.Im Laufe der Zeit stieg dann der gezahlte Betrag für Facharbeiter von 1,50 RM auf bis zu 6,00 RM und für Nichtfacharbeiter von 0,50 RM bis zu 4,00 RM pro Tag.
Die Profite der Firmen waren enorm und führende Nazis verdienten kräftig mit, indem sie wie Himmler, Kaltenbrunner und Göring Hauptaktionäre vieler Firmen waren.
Ba 1943 erhielten bestimmte Häftlinge wöchentlich ?Prämienscheine? als ?Lohn?, die eine Höhe von 0,50 RM - 3,00 RM besaßen. In KZ - Kantinen konnte man diese Scheine gegen Waren eintauschen bis Herbst 1944 als der Krieg schon zu weit vorgeschritten war.
 
Widerstand/Solidarität

Sobald der Fall eintrat, dass irgendwie organisierte Solidarität, Resistenz und Widerstand sichtbar wurden für die SS, bedeutete das den Tod der Beteiligten. Die Lagerleitung versuchte informiert zu sein über die Vorgänge im Lager durch ein umfangreiches Spitzelsystem. Nur wenige konnten überhaupt an Solidarität oder Widerstand fassen, denn eigentlich ließ der Überlebenskampf jeder gegen jeden nur einen Gedanken zu, nämlich sich selbst mit allen Mitteln zu erhalten. Jedoch konnte auch das gemeinsame schreckliche Los, möglicher Erschießung, Hängung oder Vergasung, die Kräfte vieler mobilisieren sich zu organisieren und wenn auch nur mit minimaler Wirkungskraft ?Sand ins Getriebe? des Faschismus zu schleudern.

Das Internationale Mauthausener Lagerkomitee

Der Ausgangspunkt war, dass das Lager voll gestopft war mit den verschiedensten Nationalitäten. Um sich besser verständigen und den Widerstand koordinieren zu können, wurden fast alle nationales Gruppen (Belgier, Deutsche, Franzosen, Griechen, Holländer, Italiener, Jugoslawen, Luxemburger, Österreicher, Polen, Sowjetbürger, Spanier, Tschechen und Ungarn) in jenes Komitee involviert. Die Schwierigkeit bestand darin Kampfgenossen zu finden, da man sich nicht sicher sein konnte wer mit der SS zusammenarbeitete.
Die Beteiligten hatten bereits vorher in der Illegalität, faschistischen Zuchthäusern oder anderen Konzentrationslagern Erfahrungen gesammelt. Charakteristisch für das Selbstverständnis des Komitees war ein unglaubliches ?Siegesbewusstsein?.
Der Kontakt unter den Komitees war schwierig aufrecht zu erhalten, denn Informationen über Häftlingsbewegungen oder andere wichtige Ereignisse waren von großer Bedeutung für den organisierten Widerstand. Anders konnten Aktionen, wie der ?Nummerntausch? (Häftlinge erhielten Nummern von bereits Toten) oder die militärische Selbstbefreiung nicht vorbereitet werden. Bis Mai 1944 gab in annähernd jedem Arbeitskommando, Block und Nebenlager Widerstandsgruppen.

Sabotage in Rüstungsbetrieben

Die höchste Form des Widerstands fand ihren Ausdruck in der Sabotage in den zahlreichen Rüstungsbetrieben.
Die Formen der Sabotage waren:

1. Arbeitsverzögerung
2. Ausfallenlassen von Maschinen
3. Fabrizieren von Ausschuss
4. langes Fernbleiben von der Arbeit nach Luftangriffen
5. Brandstiftung
6. Verschwendung von Rohstoffen/Materialien

Sobald Sabotage auch nur vermutet wurde, versuchte die SS Exempel zu statuieren, so hing man einfach willkürlich Häftlinge verschiedenster Nationen vor den Augen der anderen auf dem Appellplatz, zur Abschreckung. Dem verschärften Terror fielen Tausende zum Opfer.
 
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