Warum brennt es hier?

Nein - Landwirtschaft ist ohne Sesshaftigkeit nicht zu betreiben.

Es gibt aber Mischformen. Auf der arabischen Halbinsel sind die Beduinenstämme mit dem Vieh umher gezogen, unterhielten jedoch in bestimmten Wadis und Oasen kleine Gärten, zu deren Pflege nur einzelne Individuen zurückblieben.
 
Es gibt aber Mischformen. Auf der arabischen Halbinsel sind die Beduinenstämme mit dem Vieh umher gezogen, unterhielten jedoch in bestimmten Wadis und Oasen kleine Gärten, zu deren Pflege nur einzelne Individuen zurückblieben.
Schon, aber das geht nur mit domestizierenden Tieren, die zusammen mit der Landwirtschaft auftauchen (Schafe, Rinder, etc.). Nur der Hund wurde schon früher gezähmt.
 
Vielleicht ist die Frage blöd, weil "man" das wissen sollte. Aber wenn die Kreter die Schrift gleich drei Mal erfunden haben, haben sie sie dann mindestens 2 mal wieder vergessen? Dann hätten wir ja ein Beispiel dafür, dass eine Bevölkerung durchaus die Schrift auch wieder verlernen kann.

Auch falls das in diesem Fall nicht so sein sollte, halte ich es nach wie vor für eher wahrscheinlich, dass eine ihrer wirtschafltichen Notwendigkeit beraubte Schrift eher wieder vergessen wird. Auch unsere Gesellschaft gibt sich nicht so viel Mühe mit der Schulbildung der Kinder, weil Schöngeistiges gefördert werden soll. Das ist leider nur ein Sahneguss oben drauf. Zuerst einmal geht es um das wirtschaftliche Potential der zu beschulenden Kinder.
 
Vielleicht ist die Frage blöd, weil "man" das wissen sollte. Aber wenn die Kreter die Schrift gleich drei Mal erfunden haben, haben sie sie dann mindestens 2 mal wieder vergessen? Dann hätten wir ja ein Beispiel dafür, dass eine Bevölkerung durchaus die Schrift auch wieder verlernen kann.
Nein, die erste Schrift (Kretische Hieroglyphen) wurde vermutlich zur zweiten (Linear A) weiterentwickelt und diese zur dritten (Linear B).
Solche Entwicklungen gab es auch in anderen Kulturen, z. B. Ägypten (Hieroglyphen - Demotisch)

Auch falls das in diesem Fall nicht so sein sollte, halte ich es nach wie vor für eher wahrscheinlich, dass eine ihrer wirtschafltichen Notwendigkeit beraubte Schrift eher wieder vergessen wird. Auch unsere Gesellschaft gibt sich nicht so viel Mühe mit der Schulbildung der Kinder, weil Schöngeistiges gefördert werden soll. Das ist leider nur ein Sahneguss oben drauf. Zuerst einmal geht es um das wirtschaftliche Potential der zu beschulenden Kinder.
Ja, aber das wirtschaftliche Potential beschränkt sich ja nicht darauf, dass alle Kinder Buchhalter werden. Schon in den alten Hochkulturen gab es professionelle Schreiber für andere Zwecke. Solange jemand da ist, der ihre Dienste benötigt und sie dafür irgendwie entlohnt, lohnt es sich, Kinder zu Schreibern ausbilden zu lassen. Solange es aber Schreiber gibt, gibt es keinen Grund, auf die bereits gewohnte schriftliche Abfassung von Verträgen, Briefen etc. wieder zu verzichten. Solange nicht darauf verzichtet wird, gibt es eine Erwerbsmöglichkeit für Schreiber, sodass es sich lohnt, Schreiber zu werden ...
 
Es gibt aber Mischformen. Auf der arabischen Halbinsel sind die Beduinenstämme mit dem Vieh umher gezogen, unterhielten jedoch in bestimmten Wadis und Oasen kleine Gärten, zu deren Pflege nur einzelne Individuen zurückblieben.
Nomade ist überhaupt mehr ein Sammelbegriff für alles mögliche, in Nordafrika gibts heut noch welche, die mit den Herden ziehen und ihre Angestellten müssen die Felder bewirtschaften.
Vor allem bedeutet Nomade nicht ständiges Umherziehen, sondern umfasst vor allem den saisonbedingten Wechsel des Lagerplatzes, wobei dieser durchaus baulich eingerichtet sein kann, mit Häusern oder Hütten, Öfen, Kultstätten etc.
 
Schon, aber das geht nur mit domestizierenden Tieren, die zusammen mit der Landwirtschaft auftauchen (Schafe, Rinder, etc.). Nur der Hund wurde schon früher gezähmt.

Da bin ich nicht so sicher. Ich meine, mal von (jagenden) Naturvölkern gelesen zu haben, die sich irgendwo Maniok- und Süsskartoffelfelder anlegten, um diese dann nach einiger Zeit wieder aufzusuchen.

Ist aber lange her, dass ich das gelesen habe.
 
Dann hätten wir ja ein Beispiel dafür, dass eine Bevölkerung durchaus die Schrift auch wieder verlernen kann.

Analphabetismusforscher sind der Aufassung, dass bis zu einem Drittel der deutschen Bevölkerung (funktionelle) Analphabeten sind. Ich halte diese Zaheln zwar für zu hoch, aber das ist eine andere Sache. Die meisten dieser (funktionellen) Analphabeten haben lesen und schreiben gelernt. Sie haben es eben mangels Anwendung wieder verlernt. Wie viel leichter dürfte das Vergessen von Schrift gehen, wenn nur eine Funktionelite überhaupt das Schreiben erlernt?
 
Nein - Landwirtschaft ist ohne Sesshaftigkeit nicht zu betreiben.

Die Sahelzone gehört zu den Gebieten mit der ältesten landwirtschaftlichen Tradition, und jahrhundertelang praktizierten die Kulturen des Sahel ein ausgeklügeltes, mobiles System von Landwirtschaft und kombinierter Weidewirtschaft/Viehzucht. Erst nachdem die traditionellen Wanderungsbewegungen durch die starren Grenzen unterbunden wurden und gleichzeitig die Bevölkerung stark anwuchs, funktionierte dieses System nicht mehr und es entwickelte sich die Sahelzone zu einem Krisengebiet mit periodischen Dürre- und Hungerkatastrophen.
 
Ich meine, mal von (jagenden) Naturvölkern gelesen zu haben, die sich irgendwo Maniok- und Süsskartoffelfelder anlegten, um diese dann nach einiger Zeit wieder aufzusuchen.
Ja, aber die beiden Pflanzen kamen erst später aus Amerika zu uns und spielen daher bei dem Thema neolithischen (R)Evolution keine Rolle.


Die Sahelzone gehört zu den Gebieten mit der ältesten landwirtschaftlichen Tradition, und jahrhundertelang praktizierten die Kulturen des Sahel ein ausgeklügeltes, mobiles System von Landwirtschaft und kombinierter Weidewirtschaft/Viehzucht.
Schon möglich, aber die Sahelzone gehört nicht zu den Gebieten mit starken Sommer/Winter-Unterschieden, die eine Lagerhaltung (wie in dem Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds) notwendig machten.

Mobile Gesellschaften (Nomaden) folgen ihren Herden, bauen daher keine größeren Städte, die eine ausgeklügelte Verwaltung brauchen - und ohne eine solche Verwaltung gäbe es keine Schrift, das ist derzeit der Stand der Forschung.
 
Analphabetismusforscher sind der Aufassung, dass bis zu einem Drittel der deutschen Bevölkerung (funktionelle) Analphabeten sind. Ich halte diese Zaheln zwar für zu hoch, aber das ist eine andere Sache. Die meisten dieser (funktionellen) Analphabeten haben lesen und schreiben gelernt. Sie haben es eben mangels Anwendung wieder verlernt.
Ist damit nicht eigentlich gemeint, dass sie zwar rein technisch lesen (also die Buchstaben erkennen) können, aber nicht in der Lage sind, komplexere Texte zu erfassen, also zu verstehen, was das Gelesene eigentlich bedeutet?

Wie viel leichter dürfte das Vergessen von Schrift gehen, wenn nur eine Funktionelite überhaupt das Schreiben erlernt?
Gerade die Funktionselite wird das Schreiben nicht wieder verlernen, weil sie doch extra schreiben lernt, weil sie es praktisch braucht. Solange für die Funktionselite Bedarf am Schreiben besteht, wird sich das Wissen auch erhalten, egal ob der Rest der Bevölkerung schreiben lernt. Ob das alte Ägypten oder das europäische Frühmittelalter: In beiden Fällen konnte anscheinend jahrtausende- bzw. jahrhundertelang nur ein recht kleiner Teil der Bevölkerung schreiben, und trotzdem ging die Kunst nicht verloren.

Ja, aber die beiden Pflanzen kamen erst später aus Amerika zu uns und spielen daher bei dem Thema neolithischen (R)Evolution keine Rolle.
Wieso? Eine neolithische Revolution gab es auch in Amerika - lange vor jeglichem Kontakt mit Europäern.
 
Gerade die Funktionselite wird das Schreiben nicht wieder verlernen, weil sie doch extra schreiben lernt, weil sie es praktisch braucht. Solange für die Funktionselite Bedarf am Schreiben besteht, wird sich das Wissen auch erhalten, egal ob der Rest der Bevölkerung schreiben lernt. Ob das alte Ägypten oder das europäische Frühmittelalter: In beiden Fällen konnte anscheinend jahrtausende- bzw. jahrhundertelang nur ein recht kleiner Teil der Bevölkerung schreiben, und trotzdem ging die Kunst nicht verloren.

Natürlich. Wobei im europäischen Frühmittelalter das Schreiben ja durchaus weit genug verbreitet war, dass selbst wenn es an einem Ort wegen Ausfalls der Funktionselite vergessen worden wäre, insgesamt erhalten geblieben wäre.
Mein Posting war auch mehr theoretischer Natur, wobei mir tatsächlich Beispiele einfallen, wo die Kenntnis verloren gegangen ist: Die Hieroglyphen konnten beispielsweise erst nach dem Fund des Steines von Rosette wieder eintziffert werden*, die Maya-Hieroglyphen sind auch verloren gegangen, konnten erst vor wenigen Jahren wieder decodiert werden und die peruanischen Quipús sind meines Wissens auch nicht "lesbar".
Bei dem Verlust der Kenntnis der Maya-Hieroglyphen spielte wohl eine Kombination von "Elitozid", Bürgerkrieg und schließlich dem missionarischen Eifer spanischer Missionare eine Rolle (wobei ich nicht weiß, in wie weit die Ermordung der Eliten bei den Maya noch in der präcolumbischen Zeit fachwissenschaftlich anerkannt ist).


*Hierbei handelt es sich freilich nicht um eine Analphabetisierung sondern das Ägyptische wurde mit griechischen Buchstaben weiterverwendet. Koptisch kann beinahe jeder von uns, zumindest aber die mit einem Verständnis für griechische Maiuskeln, lesen. Verstehen freilich ist eine andere Sache.
 
Ja, aber die beiden Pflanzen kamen erst später aus Amerika zu uns und spielen daher bei dem Thema neolithischen (R)Evolution keine Rolle.

Es ging um die grundsätzliche Frage, ob Landwirtschaft und Nomadentum unvereinbar sind oder nicht. Es gibt genügende Beispiele die beweisen, dass sie es nicht sind.
 
Ja, aber die beiden Pflanzen kamen erst später aus Amerika zu uns und spielen daher bei dem Thema neolithischen (R)Evolution keine Rolle.

Zu *uns* kamen beide Pflanzen eigentlich gar nicht, da sie in Europa eher nicht angebaut werden können:

Sweet potato - Wikipedia, the free encyclopedia

Sweet potatoes are now cultivated throughout tropical and warm temperate regions wherever there is sufficient water to support their growth.

Europe has only a very small sweet potato production, mainly in Portugal.
It grows best at an average temperature of 24 °C (75 °F), abundant sunshine and warm nights. Annual rainfalls of 750–1,000 mm (30–39 in) are considered most suitable, with a minimum of 500 mm (20 in) in the growing season. The crop is sensitive to drought at the tuber initiation stage 50–60 days after planting, and it is not tolerant to water-logging, as it may cause tuber rots and reduce growth of storage roots if aeration is poor.
Maniok ? Wikipedia

Heute wird Maniok verbreitet in den Tropen angebaut, vor allem in Regionen mit einer trockenen Jahreszeit.
Schon möglich, aber die Sahelzone gehört nicht zu den Gebieten mit starken Sommer/Winter-Unterschieden, die eine Lagerhaltung (wie in dem Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds) notwendig machten.
Das heißt, daß es zb bei den Inka ein gut entwickeltes Schriftsystem gegeben haben sollte. Hat es aber nicht. Bei den Maya (kein starker Sommer/Winter-Unterschied, also keine Lagerung nötig?) gab es ein Schriftsystem.

Es gab auch bei weiteren Ethnien, die Erntevorräte eingelagert haben/einlagern mußten, keine Schrift - der Maisanbau war im Osten von Nordamerika bis knapp über die heutige kanadische Grenze vorgedrungen. In Kalifornien waren zb Eicheln das Hauptnahrungsmittel vieler Ethnien - dh sie mußten in der Saison gesammelt und für den Rest des Jahres eingelagert werden. Auch das ließ sich ohne Schrift verwirklichen.

Die Inka hauen dir auch noch mehr deiner Argumente aus der Spur:

1. the aggregation of people into cities, (Siedlungsgröße)
2. the production and concentration of surpluses, (Überschüsse)
3. the construction of monumental public works, such as temples or irrigation systems; (gemeinsame "Großprojekte")
4. the beginning of longdistance trade; (Beginn des Fernhandelns)
5. the creation of an elite art style; (Ausprägung Kunststile)
Es gab Städte, sogar Großstädte. Es wurden Überschüsse erwirtschaftet; schließlich wollten Adel und Priesterschaft am Klogang gehalten werden. Monumentalbauten bzw gemeinsame Großprojekte waren vorhanden. Fernhandel war gegeben. Der Kunststil war sehr ausgeprägt.


Seßhaftigkeit ist zumindest auf den amerikanischen Kontinenten keine Vorbedingung für Landwirtschaft. Bzw wir müßten wohl zunächst abklären, wie du dir diese Seßhaftigkeit vorstellst. Landwirtschaft/Ackerbau kann nämlich auch in teilseßhafter Lebensweise betrieben werden und es gibt Feldfrüchte, die sehr gut über Monate allein gelassen werden können, während man den Sommer über Kollektivjagden veranstaltet, sammeln geht etc. (Mais, Maniok).

Andererseits ist die Landwirtschaft keine Vorbedingung für die Seßhaftigkeit. Bei genügend Nahrungsangebot können auch nicht-landwirtschaftliche Gesellschaften seßhaft leben - siehe zb Kalifornien, genauso die pazifische Nordwestküste in Nordamerika, wo durch Fischfang und Sammeln sowie ein bißchen Jagd rund ums Jahr eine seßhaft lebende Bevölkerung sehr bequem über die Runden gebracht werden konnte. Es waren sogar Überschüsse zu erzielen, mit denen gehandelt wurde (Kerzenfisch). Auf die Nordwestküste treffen noch weitere Punkte aus der obigen Liste zu: die Siedlungsgröße (die Dörfer erreichten immerhin Einwohnerzahlen, bei denen noch manche Hansestadt vor Neid blaß geworden wäre), Beginn des Fernhandels auf dem Land- und Seeweg, die Ausprägung eines Kunststils.

Auf der arabischen Halbinsel sind die Beduinenstämme mit dem Vieh umher gezogen, unterhielten jedoch in bestimmten Wadis und Oasen kleine Gärten, zu deren Pflege nur einzelne Individuen zurückblieben.
Schon, aber das geht nur mit domestizierenden Tieren, die zusammen mit der Landwirtschaft auftauchen (Schafe, Rinder, etc.).

Ich fürchte, auf der arabischen Halbinsel haben die Beduinen recht wenige Schafe und Rinder gehabt. Daß die nomadische Viehhaltung halt nur mit *domestizierten* Tieren geht, ist (fast) ein Selbstgänger, denn auch da gibt es Gegenbeispiele: zb alle Ethnien, die mit Rentieren unterwegs sind. Und inwieweit die Kamele so richtig domestiziert waren/sind, ist auch eine Frage. Ansonsten ist deine Antwort nun wahrhaftig kein Gegenargument. Sommerliche nomadische Lebensweise hast du zb auch, wenn die Pflanzen auf den angelegten Feldern allein in Ruhe weiter wachsen bzw ein paar weniger Wanderfreudige zu deren Betreuung zurückbleiben und die Mehrheit macht sich in die Plains auf, um dort Büffel zu jagen (eindeutig nicht domestiziert).
 
Zu *uns* kamen beide Pflanzen eigentlich gar nicht, da sie in Europa eher nicht angebaut werden können:

Sweet potato - Wikipedia, the free encyclopedia
Gegenbeweis: Mein Nachbar hat dieses und letztes Jahr hier in München in seinem Garten (Freiland!) Süßkartoffeln geerntet – jeweils ca. 5 Kilo.


Das heißt, daß es zb bei den Inka ein gut entwickeltes Schriftsystem gegeben haben sollte. Hat es aber nicht.
Die Evolution ist nicht gerichtet, hat also kein Ziel. Sie ist auf Zufall aufgebaut – und so war auch neolithische (R)Evolution, wie wir sie kennen, vom Zufall abhängig. Dass man sie heute als logische Folge einer Sesshaftigkeit betrachtet, die in Mesopotamien durch die dort betriebene Art der Landwirtschaft (mit Bewässerung) quasi erzwungen wurde, ist wieder eine andere Sache: Wir suchen nach Ursachen, und das ist halt die beste Erklärung.

Dass woanders diese Verbindungen – Landwirtschaft, Viehzucht, Sesshaftigkeit, Lagerhaltung, Bewässerung, Überschüsse, Fernhandel, Schrift – nicht so funktionierte, ist also kein Gegenbeweis.
 
Interessant schon - und ich habe auch nicht gesagt, dass es in der Altsteinzeit keinen Fortschritt gegeben hätte -, aber dieser (technische) Fortschritt war da wesentlich langsamer als nach der „Erfindung“ der Landwirtschaft. Zig-tausend Jahre lebte der Mensch nach der Methode „Jäger und Sammler“, und nun gab es eine völlig andere Lebensweise, die zudem weitere technische und gesellschaftliche Veränderung nach sich zog, die uns binnen 10.000 Jahre zu dem heutigen Stand der Technik und der Gesellschaft geführt haben.

Der entscheidende Schritt dazu wurde mit der Schrift gemacht, die vor der „Erfindung“ der Landwirtschaft und der damit verbundenen Sesshaftigkeit einfach nicht notwendig war – und deswegen vorher auch nicht „erfunden“ werden konnte.

Bitte keine Geringschätzung der Jäger und Sammler. Auch bei ihnen war eine komplexe gesellschaftliche Organisation möglich. Ich denke dabei an Göbekli Tepe im fruchtbaren Halbmond. Hier ging soziale Organisation, die zum Bau von imposanten Heiligtümern mit Reliefs und Skulpturen notwendig war, der Neolithisierung voraus. Des Weiteren ist an die japanische Jomon-Zeit zu denken, die bereits Keramik und Dörfer kannte, obwohl man noch vom Jagen und Sammeln lebte. Die Landwirtschaft sollte sich erst noch entwickeln. So geradlinig - wie du es darstellst - war die Entwicklung dann doch nicht.
 
Gegenbeweis: Mein Nachbar hat dieses und letztes Jahr hier in München in seinem Garten (Freiland!) Süßkartoffeln geerntet – jeweils ca. 5 Kilo.

Da kannst du dich ja glücklich schätzen, daß du diesen Nachbarn hast...
Allerdings: findest du es nicht ein ganz klein wenig vermessen, aus einem Münchner 2013/2014 gleich eine Aussage wie "kamen erst später zu uns" zu fabrizieren? Oder heißt "bei uns" dann selbstverständlich "Joa mei, hier in Minga", denn wos interessiern uns de Saußpreißn die wo außerhalb der bayrischen Grenzen san?

Die Evolution ist nicht gerichtet, hat also kein Ziel. Sie ist auf Zufall aufgebaut – und so war auch neolithische (R)Evolution, wie wir sie kennen, vom Zufall abhängig. Dass man sie heute als logische Folge einer Sesshaftigkeit betrachtet, die in Mesopotamien durch die dort betriebene Art der Landwirtschaft (mit Bewässerung) quasi erzwungen wurde, ist wieder eine andere Sache: Wir suchen nach Ursachen, und das ist halt die beste Erklärung.

Dann hoffe ich mal, daß die Wissenschaft schon von deinen Erkenntnissen Mitteilung erhalten hat, damit sie auch weiß, was logische Folge ist und was nicht....

Dass woanders diese Verbindungen – Landwirtschaft, Viehzucht, Sesshaftigkeit, Lagerhaltung, Bewässerung, Überschüsse, Fernhandel, Schrift – nicht so funktionierte, ist also kein Gegenbeweis.

Du mißverstehst mein Anliegen. Es geht mir darum, daß du recht vollmundig allgemeingültige Wahrheiten vom Stapel zu lassen meinst - und dies auch noch in ca Fünfzeilern. Der 'Umstieg' von einer Wirtschaftsweise mit Jagen und Sammeln zb ist nicht nur in Mesopotamien gelungen, sondern auch noch in anderen Weltgegenden.

Mit anderen Worten: Geschichte fand nicht nur in Europa statt - es gibt nicht nur ein "bei uns" und alle anderen dürfen uns gepflegt Lichtjahre vorbeigehen, weil sie eh nicht wichtig sind - und allgemein gesprochen ist auch die Wissenschaft aus den Windeln heraus und hütet sich, ex cathedra atombombensichere Wahrheiten als verbindliche Weltsicht zu verkünden.

Hierzu noch folgende Anmerkung:

Bevor der Mensch die Landwirtschaft erfand und dadurch sesshaft wurde
Sedentism - Wikipedia, the free encyclopedia
„... most researchers now believe that sedentism was a prerequisite for the first agriculture to occur.“

Der entscheidende Schritt dazu wurde mit der Schrift gemacht, die vor der „Erfindung“ der Landwirtschaft und der damit verbundenen Sesshaftigkeit einfach nicht notwendig war – und deswegen vorher auch nicht „erfunden“ werden konnte.

History of writing - Wikipedia, the free encyclopedia
Writing system - Wikipedia, the free encyclopedia
Offenbar geht die Entwicklung der Schrift mit Vor- und Frühformen „schriftlicher“ bzw bildlicher/ "symbolischer" Kommunikation dann doch bis ins Paläolithikum zurück.

Auch von daher ist dann auch deine Wertung:
„... in der Altsteinzeit zig-tausend Jahre praktisch kein Fortschritt stattfand ...“
nicht zutreffend.


Nebenbei möchte ich noch zu bedenken geben, daß Tonfälle, die a) gönnerhaft, b) von oben herab bzw c) mit einem Wort ein Eingeständnis antäuschen, um dies danach sogleich zurückzunehmen, etwas schräg rüberkommen und auch einem angenehmen Diskussionsklima durchaus abträglich sein können. Ich denke da an Formulierungen wie:
„Ein sehr schönes und dankbares Thema.“
„Das ist wohl jedem hier klar.“
„Schon, aber“
„Ja, aber“
„Schon möglich“
 
Okay, Ingeborg, ich gebe zu, europazentrisch gedacht und argumentiert zu haben. Das war falsch.

Ich gebe auch zu, dass nicht alle Forscher der Meinung sind, dass Landwirtschaft die Sesshaftigkeit zur Folge hatte. Es ist aber nicht nur nach meiner Ansicht logischer, wenn man das annimmt - siehe bitte dazu auch das Buch „Am Anfang war das Korn“ von Hansjörg Küster.

Es ließe sich jedoch trefflich darüber streiten, ob „die Entwicklung der Schrift mit Vor- und Frühformen „schriftlicher“ bzw bildlicher/ "symbolischer" Kommunikation (…) bis ins Paläolithikum“ zurückgeht. Ich bin da anderer Meinung, was legitim ist, und ich es deswegen nicht verdiene, von Dir mit der Formulierung
Auch von daher ist dann auch deine Wertung:
„... in der Altsteinzeit zig-tausend Jahre praktisch kein Fortschritt stattfand ...“
nicht zutreffend.
niedergebügelt zu werden.

Das ist übrigens genau der Ton, den Du mir vorwirfst.

Um es kurz zu sagen: Es hat in der Paläolithikum zweifellos Fortschritte gegeben, aber die sind in keiner Weise mit denen in der Neolithikum zu vergleichen, sonst hätte man diesen letzteren nicht einen eigenen Namen gegeben: Neolithische (R)Evolution.
 
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