Warum hatte Adenauer nicht den Mut Fritz Bauer zu unterstützen?

Vielleicht wäre dabei nichts Gutes herausgekommen.

Wie kommst du denn darauf?

Ich meine, die Causa Globke ging ja so weit, das Adolf Eichmann in seinem Prozess in Jerusalem direkt Bezug auf Globke nahm und sinngemäß u.a. ausführte, er (Eichmann) sei doch nur Befehlsempfänger des Reichsinnenministeriums gewesen. Dort war u.a. auch ein Globke tätig.
 
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Wie kommst du denn darauf?
Vielleicht war das missverständlich.

Ich wollte Folgendes ausdrücken:

Dass es in der Verwaltung der jungen Bonner Republik vor Altnazis wimmelte, war durchaus nicht nur alten Seilschaften geschuldet, sondern auch einer gewissen Alternativlosigkeit. Allein mit Exilanten waren vor allem die höheren Stellen nicht zu besetzen, und einen politisch unbelasteten Nachwuchs zu generieren, hätte bis weit in die 1960er gedauert – was aber gerade die Westalliierten nicht wollten, denen war es darum zu tun, dass Deutschland möglichst schnell auf eigenen Beinen stehen, und sich selbst verwalten, versorgen und verteidigen könne.

Hätte man die Altnazis außen vor gelassen, wären mithin viele Stellen im Höheren Dienst (d.h. Rat aufwärts) entweder nicht oder nur mit im Hauruckverfahren geschulten, unerfahrenen Amtsträgern besetzt worden. Zeitgleich hätten viele ihrem alten Status nachtrauernde Altnazis mit Verwaltungserfahrung, guten Verbindungen und Unmut im Bauch unbeschäftigt herumgesessen.

Hätte ein instabiler Staatsapparat den mannigfachen Bedrohungen der jungen Demokratie widerstehen können?

Man darf es bezweifeln.

Zu bedenken ist auch, dass Konvertiten oft loyale Frömmler werden.

Meiner Ansicht nach ist das Verwerfliche an den "braunen Altlasten" der Bonner Republik nicht, dass man auf Leute wie Globke zurückgriff, um den Staat aufzubauen, sondern, dass man sie selbst dann in Amt und Würden fett werden ließ, als endlich Nachfolger in den Startlöchern standen.
 
Ich meine, die Causa Globke ging ja so weit, das Adolf Eichmann in seinem Prozess in Jerusalem direkt Bezug auf Globke nahm und sinngemäß u.a. ausführte, er (Eichmann) sei doch nur Befehlsempfänger des Reichsinnenministeriums gewesen. Dort war u.a. auch ein Globke tätig.

Sie ging so weit, dass Fritz Bauer ein Ermittlungsverfahren gegen Globke einleitete:

1960 leitete Fritz Bauer ein Ermittlungsverfahren gegen Dr. Hans Globke ein. Dr. Max Mertens, ein Jurist und ehemaliger Verwaltungsoffizier der Heeresgruppe E in Thessaloniki, Griechenland, hatte ausgesagt, dass er 1943 mit dem SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann zusammengetroffen sei, „der damals als Referatsleiter der Abteilung IV (Gestapo) im Reichssicherheitshauptamt die ‚Endlösung‘ vollzog“. „Merten will mit Eichmann über die Evakuierung – und damit Rettung – von 10.000 jüdischen Frauen und Kindern nach Palästina verhandelt haben. Eichmann sei bereit gewesen, habe sogar von 20.000 Personen gesprochen, wollte aber telefonisch die Zustimmung des Ministerialrats Dr. Globke im Reichsinnenministerium einholen. Dort sei Eichmann auf Widerstand gestoßen, der Rettungsplan damit erledigt gewesen“. Bauers Ermittlungen drehten sich um diese angeblich von Globke verhinderte Rettung von 20.000 Juden und Jüdinnen aus Thessaloniki.
Bundeskanzler Adenauer sprang seinem Staatssekretär Dr. Globke persönlich zur Seite und schrieb im Januar 1961 einen Brief an den hessischen Ministerpräsidenten Georg August Zinn (SPD). Empört stellte der Bundeskanzler fest, erstmals sei es dem Ulbricht-Regime gelungen, einem hohen Staatsorgan in der Bundesrepublik, Herrn Generalsstaatsanwalt Bauer, an dessen Objektivität er „persönlich natürlich in keiner Weise zweifle“, Materialien über Herrn Globke zu übergeben. Er sei in „großer Sorge“ und halte es „für zweckmäßig“, das Verfahren nach Bonn abzugeben (Bevers 2009, S. 170). Tatsächlich gab die Frankfurter Staatsanwaltschaft kurz darauf zuständigkeitshalber das Verfahren an den Oberstaatsanwalt beim Landgericht Bonn ab. Das Ermittlungsverfahren wurde im Mai 1961 eingestellt, da sich „nicht der geringste Anhaltspunkt für die Wahrheit der von Dr. Merten aufgestellten Behauptungen“ ergeben habe, dafür aber der „dringende Verdacht“ falscher Angaben.
 
Ich bin über den vorgenannten Sachverhalt offen gestanden ein wenig verwundert.

„Merten will mit Eichmann über die Evakuierung – und damit Rettung – von 10.000 jüdischen Frauen und Kindern nach Palästina verhandelt haben. Eichmann sei bereit gewesen, habe sogar von 20.000 Personen gesprochen, wollte aber telefonisch die Zustimmung des Ministerialrats Dr. Globke im Reichsinnenministerium einholen. Dort sei Eichmann auf Widerstand gestoßen, der Rettungsplan damit erledigt gewesen“. Bauers Ermittlungen drehten sich um diese angeblich von Globke verhinderte Rettung von 20.000 Juden und Jüdinnen aus Thessaloniki.

Das oben genannte Zitat vom Fritz-Bauer-Forum scheint nahezulegen, als ob Merten mit Eichmann an einer Rettungsaktion für Juden beteiligt gewesen sein sollen. Angesichts der Tätigkeit von Eichmann, der sonst während des 2. Weltkrieges alles daran gesetzt, Juden in die Vernichtungslager zu deportieren, würde das in diesem Falle das absolute Gegenteil bedeuten.

Selbst wenn man unterstellen möchte, dass der erwähnte Dr. Max Merten hauptsächlich dahinterstand, ergeben sich starke Zweifel. Merten war zwar kein Angehöriger der SS, sondern Hauptmann beim Wehrmachtsbefehlshaber Saloniki-Ägäis und dort Chef der Abteilung "Verwaltung und Wirtschaft". In dieser Funktion war er an der Ausgrenzung, Ausplünderung und Deportation der dortigen jüdischen Gemeinden maßgeblich beteiligt.

s. zu weiteren Einzelheiten: Max Merten – Wikipedia


da sich „nicht der geringste Anhaltspunkt für die Wahrheit der von Dr. Merten aufgestellten Behauptungen“ ergeben habe, dafür aber der „dringende Verdacht“ falscher Angaben.

Aus dem nachfolgenden Artikel:

Merten war damals „nur“ Kriegsverwaltungsrat, doch der 31 Jahre alte Jurist konnte in Thessaloniki weitgehend nach eigenem Gutdünken schalten und walten. In Verhandlungen gab er sich als „heimlicher Freund der Juden“. Ende 1942 versprach er der jüdischen Gemeinde, neuntausend Männern die Zwangsarbeit zu erlassen. Schließlich forderte er im Namen der deutschen Behörden ein horrendes Lösegeld. Die Zwangsarbeiter kamen zunächst frei - aber 1943 wurden auch sie nach Auschwitz transportiert.​
Es war Merten, der entscheidende Befehle und Anordnungen unterzeichnete: zur Kennzeichnung der Juden und ihrer „Umsiedlung“, zum Aufbau einer „Abwicklungstelle für das jüdische Barvermögen sowie die jüdischen Wertgegenstände“, zur Übertragung des Vermögens auf den griechischen Staat. Auch zwölf Tonnen Gold sollen die Deutschen in Thessaloniki erbeutet haben, das sie bei der „Aktion zur Stabilisierung der griechischen Währung“ einsetzten.​


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Mir scheint, dass Merten dann in den 60er Jahren einiges an Geschichten in Umlauf setzen wollte, um sich selbst reinzuwaschen.
 
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