Was ist von Solonins & Suvorovs Präventivschlagsthese zu halten?

Das ist alles richtig, nur was wäre geschehen, wenn kompetenter Figuren an der Spitze des Reiches gestanden wären?
 
Die Marine konnte zeitweise die Entschlüsselung vereiteln durch den Einbau neuer Walzen, rein nach dem Stand der Technik war das Reich im Jahr 1945 in vielen Bereichen überlegen. Es war vor allem die materielle Unterlegenheit gegenüber den USA. Wäre die Luftwaffe intakt geblieben, wären die sowjetischen Verstöße weit weniger wirkungsvoll gewesen. Ich denke schon, dass ein Verzicht auf den Angriff 1941 langfristig mit einem technischen Vorsprung verbunden gewesen wäre. Es ist nicht so, dass die Wehrmacht nach 1942 gegenüber der UDSSR von vornherein ein grundsätzlich schwacher Gegner war. Mansteins Operationen beweisen das.
 
1940 wäre die UdSSR militärtechnisch auch kaum/gar nicht in der Lage gewesen im Westen offensiv zu werden. Die Armee befand sich in einer Umrüstungsphase mit neuen Waffensystemen, die Offizierskader litten noch unter den Säuberungen und auch die Logistik war noch nicht gut entwickelt.
Auf sich allein gestellt (Transportkapazitäten und so weiter, nebst der ganzen anderen Probleme, an denen die Rote Armee litt), wäre sie 1941-1942 ähnlich schlecht darauf vorbereitet gewesen.

Nur der Zeitpunkt auch mit einer schlecht vorbereiteten Armee den Krieg zu wagen, der wäre 1940 vielleicht logisch gewesen, 1941 aber vollkommen unsinnig.

Deswegen kann ich dem, was @Pardela_cenicienta cienta in #57 an Überlegungen anstellte wenig abgewinnen.

Wenn Stalin bereit gewesen wäre, mit einer schlecht vorbereiteten Armee gegen Westen Kreig zu führen, wäre 1940 der Zeitpunkt gewesen, nicht 1941, weil es durch die Prekäre Lage des UK 1940 rationale Gründe gegeben hätte, die 1941 weitgehend entfallen waren.


Meine Argumentation wäre einfach: Wenn Stalin 1940 nicht verzweifelt genug war mit einer Armee in diesem Zustand anzugreifen, dann 1941 erst recht nicht.
Und die Rote Armee tatsächlich auf einen Stand zu bringen, dass sie für einen Angriffskrieg ohne Unterstützung der Westalliierten (auf die hätte sich kaum rechnen lassen, wenn von Anfang an auf Eroberungen abzeziehlt worden wäre, die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und dem UK waren ja nach dem Hitler-Stalin-Pakt zunächst ohnehin eher frostig) aussichtsreich hätte führen können, hätte wahrscheinlich jedenfalls noch ein paar Jahre in Anspruch genommen.

Deswegen sehe ich wenig Anlass die Möglichkeiten der Sowjetunion ausgerechnet in 1941 zu diskutieren, die waren ähnlich schlecht, wie in 1940 und damit, dass die Sowjetunion 1940, als NS-Deutschland dabei war die Westmächte in Kontinentaleuropa zu schlagen nicht eingegriffen und gegen Deutschland losgeschlagen oder ihm wenigstens die Ressourcen abgedreht hatte, hatte Stalin eigentlich klar gemacht, dass in näherer Zukunft von der Sowjetunion für Hitler-Deutschland keine Gefahr ausging, der man irgendwie hätte zuvorkommen müssen.
 
Ich habe weder von 1941 noch von 1942 geschrieben. 1941 wäre die Situation weder bei der Organisation noch bei der Ausbildung besser gewesen. Erst ab 1942 hätte hier eine Besserung eintreten können, aber ob die da schon für einen Angriffskrieg ausreichend gewesen wären, das wage ich zu bezweifeln.
 
Das Problem des Reiches war, dass eine Hochindustrialisierung erst ab ca. 1942 begann, ermöglicht durch die Ausbeutung der besetzten Gebiete und Rationalisierungsmassnahmen. Deutschland hatte nach 1945 mehr Industriemaschinen als vor 1939, trotz Kriegszerstörungen. Bei einer höheren Ausgangslage 1939 hätte die Entwicklung u.U. anders ausgesehen. Hatte die NS-Rüstung vor 1942 Fehler gemacht?
 
ihr wittert hier rechten Geschichtsrevisionismus, da seid ihr aber bei mir an der falschen Stelle. Ich bin ein Linker, schon immer gewesen.
Ich habe dir überhaupt keine politische Richtung zugewiesen, der du angehören würdest. Auch Shinigami hat das nicht getan.
Weltanschauliche Bekenntnisse wollen wir hier eigentlich nicht lesen. Aber ganz grundsätzlich - und das ist wieder kein Vorwurf, sondern plaudern aus dem Nähkästchen: Wir hatten hier ein Mitglied im Forum, mittlerweile wegen Trollerei gesperrt, das auch andauernd "links blinkte", um dann "rechts abzubiegen". Das ostentative weltanschauliche Bekenntnis besagt also überhaupt nichts über die tatsächliche Positionierung.
 
@El Quijote

"Blabla" schreibst du - vielen Dank! An deinem Umgangston könntest du ruhig noch etwas feilen, finde ich. Immerhin bist du Moderator in diesem Forum.

Niemand kann einen Krieg im Nachhinein gewinnen. Und ich hätte gedacht, daß ich in meinem Beitrag ganz deutlich gemacht habe, daß es mir gerade darum nicht geht. Daß du von kontrafaktischen Gedankenspielen nichts hältst bleibt dir unbenommen. Ich wiederum finde kontrafaktische Geschichte zumindest recht interessant, manchmal ist sie sogar sehr nützlich, um bestimmte geschichtliche Vorgänge und Abläufe besser zu verstehen. Und nicht zuletzt entspricht es ganz einfach der menschlichen Neugierde, sich zu fragen: "was wäre wenn?".

Das Schöne bei kontrafaktischen Gedankenspielen ist ja, dass man im Kontrafaktischen ein totes Pferd immer wieder aufzäumen kann, bis sich dann doch endlich die Parallelen vereinigen oder die Quadratur des Kreises gelingt.

Deutschland hat mit der Blitzkriegstaktik enorme Erfolge erzielt, die Alliierten haben im Kriegsverlauf tiefe Krisen durchmachen müssen. GB war 1940, 1941 in einer recht verzweifelten Lage, und es gab im Kriegsverlauf Phasen, in denen ein Sieg der Achsenmächte zumindest möglich schien.

Es hat in der Geschichte immer wieder Beispiele dafür gegeben, dass nicht unbedingt die zahlenmäßig stärkere Armee gewinnt. Nach den Gesetzen von Fläche und Einwohnerzahl sprach im Siebenjährigen Krieg eigentlich alles dagegen, dass Preußen sich als Großmacht behaupten konnte.



Sun Tzu schreibt in "Die Kunst des Krieges" dass der Erfolg von folgenden Faktoren abhängig ist: 1. Das moralische Recht, 2. Himmel 3. Erde, 4. Der Anführer und 5. Methodik und Disziplin. Erde das bedeutet Vorteil von Gelände, Topographie, Entfernungen, Himmel bedeutet Klima, Zeit, Jahreszeit.



Wenn man sich die Konstellation 1939 oder 1941 ansieht, dann muss man doch sagen, dass die Vorteile von Himmel und Erde eindeutig bei den Alliierten lagen, dass D nicht mit dem moralischen Recht, nur dem des Stärkeren punkten konnte und lediglich beim Faktor Methodik und Disziplin überlegen war.

Kommen wir zu dem Punkt "der Anführer", da kommen wir im Fall D nicht um den Führer und Reichskanzler Hitler herum.

Und da kommen wir auch zu dem Punkt, wo meiner Meinung nach das kontrafaktische Gedankenspiel etwas absurd wird.


Es gab nun einmal diesen Führer und Reichskanzler, und ohne ihn gab es den ganzen Krieg nicht. J
Er hätte ja gar nicht den 2. Weltkrieg vom Zaun brechen müssen.

Er hatte 1938/39 erreicht was nur möglich war. Der Vertrag von Versailles war tot, er hatte Österreich annektiert und das Sudetenland. Das alles hatte er erreicht, ohne Krieg nur mit Erpressung und man gab ihm das und auch noch die Rest-Tschechoslowakei, und das konnte er legal haben, wenn er nur endlich Ruhe gab. Er hat das nicht einmal erkannt, und er wollte damals schon Krieg haben.

Auch den Krieg mit der SU hätte er nicht haben müssen. Die SU erfüllte ihre Verpflichtungen. Ribbentrop sagte, er habe sich wie unter alten Parteigenossen (und Komplizen) gefühlt. Es wurden ganze Einheiten der Roten Armee buchstäblich im Schlaf überrascht und im Pyjama gefangen, die Luftwaffe wurde zum großen Teil am Boden zerstört. Stalin rechnete nicht mit einem deutschen Angriff, und das Offizierskorps war enorm durch die Säuberungen gelichtet. Von den Offizieren mit Generalstabsausbildung waren nicht mehr viele ünrig.

Man kann natürlich darüber spekulieren, ob der 2. Weltkrieg überhaupt, und in dieser Konstellation ohne Hitler stattgefunden habe, man könnte spekulieren, was gewesen wäre, wenn D eine andere Besatzungspolitik betrieben hätte. Was gewesen wäre, hätte es nicht den Holocaust und all die Leichenberge gegeben.

Aber dann wäre Hitler eben nicht Hitler gewesen.

Diesen Mann, diesen Anführer kriegt man aus der Rechnung nicht raus, und mit ihm konnte Deutschland den Krieg nur verlieren.
 
@Scorpio

Du hast geschrieben: "Diesen Mann, diesen Anführer kriegt man aus der Rechnung nicht raus, und mit ihm konnte Deutschland den Krieg nur verlieren".

In genau dieselbe Richtung habe ich argumentiert, im Beitrag Nr. 46 in diesem Thread hatte ich geschrieben:

"Ich denke aber, daß das Dritte Reich letztendlich an seiner inneren Verfasstheit gescheitert wäre. Das Dritte Reich war seinem Wesen nach instabil, auf Krieg, Aggression und Expansion ausgelegt. Und diese Merkmale hätten das Dritte Reich in immer neue Konflikte und Kriege gedrängt. Ein Sieg hätte vorausgesetzt, dem Dritten Reich eine dauerhafte, stabile Form geben zu können, das aber hätte der inneren Natur Nazideutschlands widersprochen".

Das ist von dem, was du geschrieben hast, nicht so weit entfernt. Ich hatte die Person Adolf Hitler nicht explizit benannt, aber es liegt auf der Hand, daß ich bei der "inneren Natur Nazideutschlands" vor allem auch Hitler meinte. Und selbstverständlich ist gerade auch in der Person Adolf Hitlers ein entscheidender Grund für die Niederlage Nazideutschlands zu sehen, das ist so selbstverständlich, daß es geradezu eine Binsenweisheit ist.
 
Ich klinke mich an dieser Stelle aber aus dieser Diskussion aus. Die Frage, ob Nazideutschland den Krieg hätte gewinnen können, ist für mich nicht wirklich wichtig. Sie war für mich nur aus einer Antwort auf den Foristen Jaga enstanden. Dieser Thread dreht sich auch nicht um diese Frage, sondern um die sog. "Präventivkriegsthese, die u.A. von Viktor Suworow (bei dem es sich um den 1983 in den Westen übergelaufenen ehemaligen russischen Geheimdienstoffizier Wladimir Resun handelt) aufgebracht wurde. Um es kurz zu machen: ich halte von dieser These absolut nichts, das Dritte Reich hat gegen die UdSSR einen Angriffskrieg geführt, der durch nichts provoziert war. Die Gründe für den Angriff auf die UdSSR liegen in der Weltanschauung Hitlers und des Nationalsozialismus begründet, und wurden im sog: "Generalplan Ost" auch ausformuliert.
 
Ich verstehe den Sinn dieser "kontrafaktischen" Diskussionen nicht - ganz besonders nicht wenn es um den 2. WK geht. Man mag vielleicht einigermaßen sinnvoll darüber diskutieren können, ob im Mittelalter der Krieg von Fürst X gegen Herzog Y anders verlaufen wäre, wenn X statt die Stadt A zu belagern rasch auf B vorgestoßen wäre. Aber im 2. WK?

Ich will auch einmal "kontrafaktisch" sein: Wäre der Krieg in Europa im August 1945 nicht zu Ende gewesen, wäre wahrscheinlich mindestens eine der beiden US-Atombomben über einer deutschen Großstadt gezündet worden; je nach aktueller deutscher Stärke eventuell auch beide. Hätte das Deutsche Reich dann immer noch nicht aufgegeben, wäre das (mit dem Bau weiterer Bomben) wohl so weiter gegangen, da das Deutsche Reich (allen kursierenden Hirngespinsten zum Trotz) nicht in der Lage gewesen wäre, in absehbarer Zukunft atomar zurückzuschlagen. Dann wäre völlig egal gewesen, wie viele Panzer das Reich noch gehabt hätte und ob es im Osten vor Berlin oder am Ural gestanden wäre.

Ich wüsste also wirklich nicht, wie der Krieg hätte anders ausgehen können - außer mit noch viel mehr Toten und noch viel mehr Zerstörung.
 
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